Durchgangslager Mechelen/Malines
Durchgangslager für Juden & unerwünschte Elemente
Belgien, Region Flandern, Provinz Antwerpen, Bezirk Mechelen
Das Lager Mechelen war administrativ dem "Auffanglager Breendonk" zugeordnet, dessen SS-Kommandant Philip Schmitt für die Leitung beider Lager zuständig war. Die Wachmannschaft setzte sich - mit Ausnahmen einiger Flamen - aus deutschem Personal zusammen.
Es diente als Durchgangslager für die Deportation der Juden, Sinti und Roma aus Belgien in deutsche Vernichtungslager.
Im Rahmen des Holocaust wurden 25.257 Juden und 351 Sinti und Roma aus Mecheln vor allem in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Ca. 16.000 der deportierten Personen erhielten in Auschwitz erst gar keine Stammnummer, d. h. sie wurden wahrscheinlich unmittelbar nach ihrer Ankunft in Gaskammern ermordet. Lediglich 1.207 der Deportierten überlebten den Krieg.
Die Deportationen per Eisenbahn fanden in 28 Zugtransporten statt, wobei der Befehl lautete, mit einem Transport 1.000 Personen zu deportieren. Der Großteil der Transporte fand zwischen August und Oktober 1942 statt. In einem Zeitraum von hundert Tagen wurden ca. 17.000 jüdische Menschen aus Belgien deportiert. Danach versuchten die meisten Juden, unterzutauchen und sich so der Vernichtung zu entziehen. Bis zur Befreiung Belgiens im September 1944 gelang es den Deutschen jedoch, weitere 8.000 Juden zusammen zu treiben. 56% der ca. 60.000 vor dem Krieg lebenden jüdischen Belgiern konnten sich durch Flucht und Untertauchen bis zur Befreiung erfolgreich der Deportation entziehen und so überleben.
Eine von ihnen war Jeanette Passmann geb. Vogelsang * 28.01.1878 in Gelsenkirchen
Jeanette Passmann emigriert im Juli 1934 in die Niederlande und lebt in Roermond, nach dem Einmarsch durch die Deutsche Wehrmacht bereitet sie ihre Flucht vor, sie findet einen Schlepper, der ihr verspricht, sie gegen 10000 Gulden in die Schweiz zu bringen. Stattdessen wird sie am 15. Februar 1943 in Mechelen interniert und am 19. April 1943 mit dem Zug von Mechelen nach Auschwitz deportiert. Bei ihr handelte es sich um eines der Opfer von Juden des KZ Auschwitz, die auf Anordnung des an der Straßburger Universität lehrenden Anatom August Hirt mit Billigung Himmlers vergast, konserviert und in Hirts anatomischem Museum ausgestellt wurden. Aufgrund des weiteren Kriegsverlaufs sollte die Sammlung beseitigt werden, was aber nicht mehr gelang, und so konnten am 23. Oktober 1945 die Überreste von 86 Leichen bestattet werden. Wer diese Männer und Frauen gewesen sind, habe man bislang nicht gewusst. Mittels akribischer Recherchen, deren Ausgangspunkt eine Liste der eintätowierten KZ-Nummern war, ist es Hans- Joachim Lang gelungen, den Toten ihren Namen und ihre Identität wiederzugeben und sie als Menschen in ihre Lebenszusammenhänge zurückzuführen.
04.08.1942
Mit diesem ersten Transport des RSHA wurden 570 Männer und Jungen sowie 428 Frauen und Mädchen aus dem Durchgangslager für Juden und unerwünschte Elemente Mechelen/Malines (St. Georges Kaserne) in das Konzentrationslager KL Auschwitz deportiert. Nach der Selektion in Auschwitz werden 426 Männer, die die Nummern 56433 - 56858 erhalten, sowie 318 Frauen, die die Nummern 14784 - 15101 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen. Die anderen wurden der Sonderbehandlung zugeführt.
11.08.1942
Mit diesem Transport wurden 999 Personen (407 Männer u. 79 Jungen sowie 445 Frauen u. 68 Mädchen) aus dem Durchgangslager für Juden und unerwünschte Elemente Mechelen/Malines (St. Georges Kaserne) in das KL Auschwitz deportiert. Nach der Selektion werden 290 Männer, die die Nummern 58226 - 58515 erhalten, sowie 228 Frauen, die die Nummern 16737 - 16964 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen. 481 Deportierte werden der Sonderbehandlung zugeführt.
Drei Personen aus diesem Transport überlebten. Cécile Herskovicova , die einen Todesmarsch nach Ravensbrück überlebte, Bruchla Zelda Mechlovits, die einen Todesmarsch nach Mauthausen überlebte und Paul Meyer der 1945 nach drei Jahren der Gefangenschaft nach Belgien zurückkehrte. Er starb kurz nach seiner Rückkehr
15.08.1942
Mit diesem Transport wurden 1000 Personen (342 Männer und 86 Jungen sowie 486 Frauen und 86 Mädchen) aus dem Durchgangslager für Juden und unerwünschte Elemente Mechelen/Malines (St. Georges Kaserne) in das KL Auschwitz deportiert. Nach der Selektion werden 157 Männer, die die Nummern 59344 bis 59500 erhalten, sowie 205 Frauen, die mit den Nummern 17317 bis 17521 gekennzeichnet werden, als Häftlinge in das Lager eingewiesen. 638 Deportierte werden der Sonderbehandlung zugeführt.
18.08.1942
Mit dem vierten Transport des RSHA wurden 337 Männer und 161 Jungen sowie 374 Frauen und 126 Mädchen aus dem Durchgangslager für Juden und unerwünschte Elemente Mechelen/Malines (St. Georges Kaserne) in das Konzentrationslager KL Auschwitz deportiert. Nach der Selektion in Auschwitz werden 104 Männer, die die Nummern 60178 - 60281 erhalten, sowie 71 Frauen, die die Nummern 17714 - 17784 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen. 823 Personen wurden der Sonderbehandlung zugeführt.
25.08.1942
Mit dem fünften Transport des RSHA wurden 995 Juden (363 Männer und 123 Jungen sowie 400 Frauen und 109 Mädchen) aus dem Durchgangslager für Juden und unerwünschte Elemente Mechelen/Malines (St. Georges Kaserne) in das Konzentrationslager KL Auschwitz deportiert. Nach der Selektion in Auschwitz werden 101 Männer, die die Nummern 61938 - 62038 erhalten, und 114 Frauen, die die Nummern 18449 . 18562 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen. 780 Personen werden der Sonderbehandlung zugeführt.
29.08.1942
Transport
Am 29.08.1942 werden mit dem 6. RSHA Transport 1000 Personen 415 Männer und 585 Frauen) aus dem Durchgangslager für Juden und unerwünschte Elemente Mechelen/Malines ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Transport VI war zwei Tage unterwegs, bis er am 31. August in Cosel hielt. Er war der erste Transport aus Belgien, der in Oberschlesien Arbeitssklaven für die Dienststelle Schmelt ablud, die die Juden an die Reichsautobahndirektion und diverse Industrieunternehmen verlieh. Alle Männer zwischen 15 und 50 mussten den Zug verlassen. 248 Deportierte, die dem Befehl gehorchten, wurden zuerst ins Konzentrationslager Groß-Rosen geschickt. Von dort wurden sie auf verschiedene Sklavenarbeitslager wie Gogolin und Klein Mangersdorf verteilt.
Nach der Weiterfahrt sind noch 332 Männer und 90 Jungen sowie 489 Frauen und 89 Mädchen im Zug. Aus diesem Transport wird bei der Ankunft in Auschwitz niemand als Häftling in das Lager eingewiesen.
Transport
am 29.08.1942 treffen mit einem LKW Transport aus Antwerpen 943/1000 Juden im Durchgangslager Mechelen/Malines ein
01.09.1942
am 01.09.1942 werden mit dem Transport No 7 1000 "Häftlinge" (269 Männer u. 175 Jungen sowie 387 Frauen u. 169 Mädchen) aus dem Durchgangslager Mechelen/Malines zum Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Unter den Deportierten befanden sich 317 Kinder und Jugendliche unter 15. Die jüngste Person auf diesem Transport war die anderthalbjährige Jackeline Bryn, die älteste der 85-jährige Joseph Delmonte. Am 02/03.09.1942 erreicht der Transport die Bahnstation Cosel. Hier findet eine erste Selektion durch SS und Angehörige der Organisation Schmelt (benannt nach ihrem Leiter, dem Breslauer Polizeipräsidenten und SS-Oberführer Albrecht Schmelt) statt (bei der Selektion in Cosel wurden wahrscheinlich 200 Arbeitsfähige ausgesondert und in Arbeitslager verschleppt). Emile Vos erinnert sich an die Ankunft in Cosel: „Ich war bei meiner Frau und den Kindern, als der Zug anhielt. Sie schrien: ‚Alle Männer unter 50 aussteigen!‘ In diesem Moment erhielt ich einen Tritt in den Rücken von den Stiefeln eines großen SS-Manns… Bevor ich es begriff, war ich aus dem Zug, ohne Gelegenheit, meine Frau und Kinder zu umarmen und ihnen Auf Wiedersehen zu sagen.“
Die übrigen Deportierten blieben im Zug zurück. Von Cosel aus fuhr der Zug weiter über Kattowitz und erreichte sein Endziel in Auschwitz am 3. September. Nach der Selektion auf der Ausladerampe in Auschwitz werden zehn Männer, die die Nummern 62909 - 62918 erhalten, und 86 Frauen, die die Nummern 18867 - 18952 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen. Wenn man annimmt, daß die Organisation Schmelt in Cosel etwa 200 Männer festgehalten hat, dann werden in den Gaskammern etwa 709 Menschen getötet. Man weiß von 15 Überlebenden dieses Transports. 14 von ihnen hatten den Zug in Cosel verlassen, und ein Mann überlebte Auschwitz.
08.09.1942
am 08.09.1942 werden mit dem RSHA Transport No. 8 1000 Personen (498 Frauen und 502 Männer) aus dem Durchgangslager Mechelen/Malines zum Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Die Deportationsliste wurde am 29. August nach der zweiten Razzia in Antwerpen erstellt, als nicht alle verhafteten Juden auf Transport VII geschickt werden konnten und die verbliebenen 159 Häftlinge daher Transport VIII zugeteilt wurden. Die zweite Gruppe bestand aus 318 Juden von der Razzia in Brüssel. Eine dritte Gruppe setzte sich aus den letzten 107 „Freiwilligen“ zusammen, die Ehlers Einberufungen gefolgt und von sich aus nach Mechelen gekommen waren. Zu dieser Hauptgruppe kamen noch andere Juden von Einzelverhaftungsaktionen und aus dem Konzentrationslager Breendonk hinzu. Der Transport erreicht am 10.09.1942 die Bahnstation Cosel. Hier findet eine erste Selektion durch SS und Angehörige der Organisation Schmelt (benannt nach ihrem Leiter, dem Breslauer Polizeipräsidenten und SS-Oberführer Albrecht Schmelt) statt (bei der Selektion in Cosel wurden wahrscheinlich etwa 400 Mann ausgesondert und in Arbeitslager verschleppt) Von Cosel aus fuhr der Zug weiter über Kattowitz und erreichte sein Endziel in Auschwitz am 10. September. Mit dem Transport sind 376 Männer und 124 Jungen sowie 386 Frauen und 114 Mädchen angekommen. Nach der Selektion in Auschwitz werden 21 Männer, die die Nummern 63223 - 63243 erhalten, und 64 Frauen, die die Nummern 19295 - 19358 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen. Die übrigen etwa 438 Menschen werden der Sonderbehandlung zugeführt.
Nur 34 Deportierte von diesem Transport haben die diversen Zwangsarbeitslager überlebt, darunter nur zwei Frauen.
12.09.1942
Der 12. September 1942 ist der jüdische Neujahrstag.
An diesem Tag werden mit dem IX RSHA Transport 498 Männer und Jungen und 502 Frauen und Mädchen (191 von ihnen waren unter 16. Der jüngste Deportierte war ein Jahr alt und der älteste 78) aus dem Durchgangslager Mechelen/Malines zum Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Am frühen Morgen des 3. September wurden alle Gefangenen, die auf der Deportationsliste standen, im Hof der Kaserne versammelt. Hier erhielt jeder eine Erkennungsmarke mit seiner Ordnungsnummer. Diese Nummer (in arabischen Ziffern) ersetzte den Namen des Häftlings und stand gemeinsam mit der Deportationsnummer (in römischen Ziffern) auf einem Schild, das um den Hals getragen wurde. Die Bahngleise lagen vor dem Tor am Ufer der Dijle. Hier wurden die Deportierten in Dritte-Klasse-Passagierwaggons gezwungen.
Die genaue Fahrtroute dieses Transports ist nicht bekannt. Überlebende berichteten in ihren Aussagen von verschiedenen Routen. Die Mehrheit der Zeugenaussagen von belgischen Transporten erwähnt jedoch Orte wie Leuven, (Löwen), Liège und Köln und vermittelt insofern für den Hauptteil der Fahrt ein Bild von der Strecke. Daher ist es wahrscheinlich, dass die direkte Route durch Löwen über die Bahnlinie Brüssel-Köln nach Deutschland führte. In Belgien waren belgische Waggons und Lokomotiven der staatlichen belgischen Eisenbahngesellschaft SNCB im Einsatz. Die Lokomotiven wurden von belgischen Zugführern gesteuert. In den Grenzbahnhöfen Eupen und Herbesthal hat das technische Personal von der Reichsbahn den Zug übernommen. Die Lokomotiven wurden ebenfalls ausgetauscht. Von Köln aus nahm der Zug dann entweder die nördliche Route über Hagen, Kassel, Erfurt und Leipzig nach Dresden oder die südliche Route über Gießen, Erfurt und Chemnitz nach Dresden. Von Dresden aus fuhr er über Görlitz nach Schlesien. Die Züge passierten anschließend das Bahnkreuz in Kohlfurt (Węgliniec), und fuhren von dort aus entlang der Grenze zum Protektorat Böhmen und Mähren über Königszelt (Jaworzyna Śląska), Kamenz (Niederschlesien), Neisse (Nysa) nach Cosel (Koźle).
Der Transport erreicht am 14.09.1942 die Bahnstation Cosel. Hier findet eine erste Selektion durch SS und Angehörige der Organisation Schmelt (benannt nach ihrem Leiter, dem Breslauer Polizeipräsidenten und SS-Oberführer Albrecht Schmelt) statt (bei der Selektion in Cosel wurden wahrscheinlich etwa 250 Mann ausgesondert und in Arbeitslager verschleppt)
Die übrigen Deportierten blieben im Zug. Von Cosel fuhr der Zug weiter über Kattowitz und erreichte am 14. September sein Endziel Auschwitz. Nach der Selektion in Auschwitz werden 45 Männer, die die Nummern 63531 bis 63575 erhalten, und 105 Frauen, die die Nummern 19608 bis 19712 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen. Die übrigen etwa 600 Menschen werden der Sonderbehandlung zugeführt.
Man weiß von 30 Menschen von diesem Transport, die überlebt haben. 22 von ihnen waren Männer, die den Zug in Cosel verließen; acht Überlebende stiegen erst in Auschwitz aus. Eine von ihnen war eine Frau. Einem Mann gelang in Bobrek, einem Aussenlager von Auschwitz, die Flucht, und er kehrte im Dezember 1942 nach Belgien zurück.
15.01.1943
am 15.01.1943 verläßt ein Doppel-Transport mit 1.626 Juden und unerwünschten Elemente das Durchgangslager für Juden und unerwünschte Elemente Mechelen/Malines. Ziel ist das KL Auschwitz. Der Transport erreicht Auschwitz mit mindestens 1.586 lebenden Menschen am 18.01.1943. 40 Menschen ist unterwegs die Flucht gelungen oder sind unterwegs verstorben. Bei der Selektion werden 130 Männer und 81 Frauen im Lager aufgenommen. 1.375 Menschen werden der Sonderbehandlung zugeführt.
19.04.1943
Am 19.04.1943 abends verlässt der 20. Deportationszug die Dossin-Kaserne in Mechelen mit Ziel Auschwitz. Der Zug besteht nicht wie die vorherigen Transporte aus Personenwaggons der 3.Klasse, sondern aus 30 Viehwaggons, in den Waggons sind 1636 Menschen darunter 242 Kindern eingepfercht. Um eine Flucht zu erschweren, sind die Türen und Oberlichter zusätzlich mit Stacheldraht gesichert. Der Transport erreicht am 22.04.1943 mit 507 Männern, 121 Jungen, 631 Frauen und 141 Mädchen, allesamt Juden das Konzentrationslager Auschwitz, nach der Selektion werden 276 Männer und 245 Frauen als Häftlinge ins Lager geschickt, die übrigen 879 Personen sofort in der Gaskammer umgebracht. Von den Häftlingen die ins Lager überführt wurden, erhielten lediglich 521 eine Häftlingsnummer. 152 von ihnen haben den Krieg überlebt.
Doch dieser Transport ist in der Geschichte der Deportationen einmalig. Es ist der einzige Transport, bei dem gewaltsam Deportierte aus einem Deportationszug aus Belgien befreit wurden.
31.07.1943
Am 31.07.1943 verläßt der Sonderzug XXI mit 1556 Juden und unerwünschten Elementen das Durchgangslager für Juden und unerwünschte Elemente Mechelen/Malines in Belgien. Ziel ist das Konzentrationslager Auschwitz in Polen. Der Zug erreicht das Lager am 02.08.1943. Nach der Selektion werden 255 Männer mit der Tätowierungsnummer 133.250 - 133.504 und 211 Frauen mit der Nummer 51.770 - 51.980 zur Vernichtung durch Arbeit aussortiert. Die restlichen 1.090 gingen am selben Tag ins Gas. Es wird das Krematorium II gewesen sein, das gerade betriebsfertig war.