Allgemeines

Fahrplan Sammeltransport Auschwitz

In einem Sammeltransport befinden sich mehrere Häftlinge aus verschiedenen Gefängnissen. In einem Gefangenenwagen werden bis zu 56 Häftlinge befördert. Die Deutsche Reichsbahn besitzt 64 solcher Gefangenenwagen, die an Kurszüge angeschlossen werden; sie befahren festgelegte Strecken, sog. Ringe. Diese Ringe verlaufen durch das ganze Reichsgebiet, das Generalgouvernement, die Ostmark (Österreich) sowie das Protektorat Böhmen und Mähren. Es gibt 17 Ringe, von denen jeder wieder bis zu sieben Umläufe hat, die an den einzelnen Wochentagen, außer sonntags, von einem Gefangenenwagen angelaufen werden. Nach dem, ab dem 6. Oktober 1941, gültigen Fahrplan wird Auschwitz freitags und Samstags im vierten Südring, im ersten Umlauf, angefahren. Der Streckenverlauf und Fahrplan lautet: Ab Beuthen (5.43 Uhr) nach Kattowitz—Trzebinia—Krakau—Auschwitz (Ankunft: 19.46 Uhr) zurück über Kattowitz nach Beuthen (Ankunft: 22.42 Uhr). Beuthen ist Ausgangsstation für diesen Umlauf, dorthin werden die Häftlinge aus den anderen Ringen gebracht; dort werden auch die u. a. zur Einlieferung in das KL Auschwitz bestimmten Häftlinge zugeladen. So werden in Beuthen bei jedem Sammeltransport Gestapo- und Kripohäftlinge aus Kattowitz hinzugeladen.

Allgemeine Bestimmungen

1.) Die Gefangenenwagen verkehren an den im Kursbuch angegebenen Tagen. An Feiertagen fallen die Wagenumläufe aus, wenn der ganzeUmlauf sich nur auf Feiertage erstreckt. Ist es nicht der Fall, so läuft der Wagen in dem vorgeschriebenen Kurse weiter, nimmt aber an dem betreffenden Tage Gefangene nur in dringenden Fällen auf (z. B. bei
Wahrnehmung von Terminen). Die Transportbehörden haben nach Möglichkeit die Gefangenenbeförderung so einzurichten, daß die durch Feiertage bedingte Zwischenhaft an anderen Orten vermieden wird.
Im Zweifelsfalle haben die Polizei-Verwaltungen, welche dem Sammelwagen Gefangene zuzuführen oder solche vom Sammelwagen abzuholen haben, bei der Reichsbahn (dem zuständigen Bahnhof) vorher festzustellen, ob wegen des Feiertags eine Änderung im Gefangenenwagenumlauf eingetreten ist.

2.) Die Transportbegleiter haben sich vor der Abfahrt so zeitig im Gefangenensammelwagen einzufinden, daß sie dessen Zustand eingehendüberprüfen sowie Schlüssel und sonstiges Wagengerät übernehmen können. Sie haben besonders darauf zu achten, daß Zellenwände, Fenster, Türen und Türschlösser ausreichend gesichert sind. Etwaige Mängel, auch soweit sie die Reinigung, Heizung oder Lüftung des Wagens betreffen, sind umgehend der Reichsbahnverwaltung zur Beseitigung mitzuteilen. Die «Wasserkannen müssen mit frischem Trinkwasser gefüllt sein. Hat die Reichsbahnverwaltung keine Trinkgefäße zur Verfügung gestellt, so sind sie von der Transportbehörde zu beschaffen. Anträge auf Wagenausbesserungen hat der Transportleiter dem Reichsbahnaufsichtsbeamten am Heimatbahnhof des Wagens zu übermitteln.

3.) Die Transportbegleiter haben darauf zu achten, daß der Wagen in den richtigen Zug eingestellt wird und auf den Übergangsbahnhöfen auf den Anschlußzug übergeht. Während des Umsetzens, bei Aussetzen des Wagens und im Stillager müssen gelbe Flaggen herausgesteckt werden.

4.) Die Zahl der Begleiter ist nach der Anzahl und Gefährlichkeit der Gefangenen, den Umständen des Transports und den Beförderungsverhältnissen so zu bemessen, daß keine Gefährdung des Transports zu besorgen ist. Die zweiachsigen Gefangenensammelwagen werden im allgemeinen von zwei, die vierachsigen von drei uniformierten Polizeibeamten begleitet.

5.) Die Bahnhöfe, welche die Gefangenenwagen zu reinigen haben, sind im Kursbuch genannt. Die für die Hauptreinigung vorgesehenen Bahnhöfe haben, wenn erforderlich, die Lichtversorgung vorzunehmen. Sind einige Zellen besetzt, dürfen die Wagen nur nach vorheriger Verständigung mit dem Transportleiter gereinigt werden. Bei der jedesmaligen Untersuchung sind die Wagen zu entseuchen. Wird vor Ablauf der Untersuchungsfrist in einem Gefangenenwagen Ungeziefer festgestellt, sind die Wagen sofort zur Entseuchung abzusenden.

6.) Die Heizanlage ist, so lange der Wagen besetzt ist, von dem Transportbegleiter zu bedienen. Er ist für die einwandfreie Bedienung des Ofens während dieser Zeit verantwortlich und für Schäden, die aus Bedienungsfehlern entstehen, haftbar. Nach Räumung des Wagens ist die Heizung so zu regeln, daß nur noch ein kleines durchgebranntes Feuer vorhanden ist. Etwaige Mängel an der Heizungsanlage sind der Heimatdienststelle schriftlich zu melden.

7.) Die Einzelzellen sind in der Regel nur mit je einem Gefangenen zu belegen. Ist die Zahl der Gefangenen größer als die Zahl der Zellen, dürfen ausnahmsweise auch mehrere Personen in einer Zelle vorübergehend untergebracht werden. Sobald sich aber eine Besetzung ergibt, die im allgemeinen Interesse die Aufnahme von weiteren Gefangenen verbietet, hat der den Gefangenenwagen begleitende Polizeibeamte den Dienststellenvorsteher zu ersuchen, die Bahnhöfe, die noch zu durchlaufen sind, drahtlich oder fernmündlich zu benachrichtigen, bis wieder Plätze frei werden. Die zweiachsigen Wagen haben einen Fassungsraum für 28-30 Gefangene; die vierachsigen Wagen einen solchen für 56 Gefangene.

8.) Beim Durchschreiten der Bahnsteigsperre haben sich die Polizeibeamten, die Gefangene an den Begleiter des Sammelwagens abzuliefern oder von diesem abzuholen haben, den Reichsbahnbeamten gegenüber durch eine Bescheinigung ihrer vorgesetzten Behörde auszuweisen, während bei Gefangenen der Ausweis durch Vorzeigung des Beförderungszettels zu erbringen ist.

9.) Bleibt der Gefangenenwagen nachts liegen und müssen die Gefangenen mangels geeigneter Unterkunftsräume im Sammelwagen verbleiben, ist die Überwachung des Wagens nach den von der vorgesetzten Reichsbahndirektion getroffenen Anordnungen durch den Bahnhof auszuführen.

10.) Ist ein Beamter zur Abholung auf einem Zwischenbahnhof nicht erschienen und auch ein Bahnpolizeibeamter, der den Gefangenen vorübergehend übernehmen kann, nicht zur Stelle, so ist der Gefangene zunächst weiter mitzunehmen und auf einem der kommenden Bahnhöfe dem Polizeibeamten einer anderen Polizeiverwaltung zu übergeben, die dann die Weiterbeförderung an den Bestimmungsort veranlaßt.

11.) Muß ein Gefangenenwagen auf der Fahrt wegen eines Schadens ausgesetzt werden, so sind auf Ersuchen des Begleiters die Gefangenen in einem geeigneten anderen Wagen des Zuges alsbald unterzubringen. Hierbei wird vorausgesetzt, daß es dem Begleiter gelingt, noch vor Abgang des Zuges so viel Begleitmannschaften — nötigenfalls aus dem Personal der Reichsbahn (Zugbegleitbedienstete, geeignete Bahnhofs- oder Streckenarbeiter) — zu beschaffen, als zur sicheren Weiterführung der Gefangenen notwendig sind. Gelingt es nicht, so müssen die Gefangenen bis auf weiteres in dem ausgesetzten Wagen verbleiben. Ist es nicht möglich, so hat der betreffende Bahnhof — falls nicht ein Ersatzwagen gestellt werden kann — nach den von der vorgesetzten Reichsbahndirektion getroffenen Anordnungen auf dem Bahnhofe einen Raum zur vorübergehenden Unterbringung der Gefangenen zur Verfügung zu stellen und, wenn nötig, auch bei der Bewachung Hilfe zu leisten. Die Bahnhöfe sind bei Aussetzung eines Gefangenenwagens verpflichtet, dem Begleiter entgegenzukommen und ihn in zweckmäßiger Weise zu unterstützen.Auf Ersuchen des Begleiters sind die am Beförderungsweg des ausgesetzten Wagens gelegenen Bahnhöfe drahtlich oder fernmündlich zu benachrichtigen, damit diese Bahnhöfe die wartenden Begleiter verständigen können.
Bei Gestellung eines Ersatzwagens läuft er im Kurse ohne Erhebung besonderer Gebühren weiter.
Gehen die Gefangenen als Einzeltransporte weiter, so sind für die Gefangenen und ihre Begleiter gewöhnliche Fahrkarten III. Klasse zu lösen.

12.) Bei der Abortbenutzung durch Gefangene ist besondere Vorsicht geboten. Während des Aufenthalts auf einem Bahnhof ist die Benutzung des Aborts verboten. Ist auf einem Bahnhof ein längerer Aufenthalt vorgesehen, so sind die Gefangenen rechtzeitig zu verständigen und auf die Möglichkeit zur vorherigen Abortbenutzung hinzuweisen.

13.) Der Bahnhof, welcher einen Gefangenenwagen während seines Laufes aussetzt, hat es der vorgesetzten Reichsbahndirektion drahtlich zu melden. In der Meldung ist der Grund des Aussetzens und die Art der Weiterbeförderung anzugeben.Sonderwagen dürfen den planmäßigen Wagen nur mit Zustimmung der Reichsbahndirektion beigestellt werden.

14.) Außerplanmäßige Gefangenenbeförderungen sind von der zuständigen Polizei- oder Justizbehörde rechtzeitig mit der Reichsbahndirektion zu vereinbaren, in deren Bezirk die Beförderung beginnt.

06.10.1941

Der neue Fahrplan für Gefangenenwagen, mit denen Häftlinge aus verschiedenen Gefängnissen zu ihren Bestimmungsorten befördert werden, tritt in Kraft. Nach diesem Fahrplan befährt der Gefangenenwagen, der freitags um 5:43 Uhr an den Zug Nr. 553 in Beuthen angehängt wird, die Strecke Beuthen—Kattowitz—Trzebinia—Krakau—Auschwitz (Ankunft 19:46 Uhr, Abfahrt 20:17 Uhr)—Kattowitz—Beuthen. Samstags fährt er von Beuthen um 6:51 Uhr ab, und kommt in Breslau um 20:21 Uhr an. Der Fahrplan informiert darüber, an welchen Stationen ein Umsteigen vorgesehen ist, wo die Gefangenenwagen gereinigt und an welche Züge sie angehängt werden. Die Polizeibehörden stellen das Bewachungspersonal und den Transportleiter. Sie bestimmen auch, aus welchen Gefängnissen und wie viele Häftlinge dem Gefangenenwagen zugeführt werden sollen, wem sie zu überstellen sind und in welchen Anstalten Häftlinge auf den Weitertransport zum Bestimmungsort warten müssen.