SS-Obergruppenführer

* 01. 02.1891 in Herringsen
† 12.11.1971 in
Bündheim bei Bad Harzburg

(Pseudonym Rudolf Berg)

jüngstes von sieben Kindern des Waldwärters Klagges Kaspar

Der Vater stirbt sehr früh und erlebt den Aufstieg des Jüngsten nicht mehr. Viel Kontakt zu den Geschwistern pflegt er nicht. Klagges zeigt früh die Neigung zur Reserviertheit, sogar Verschlossenheit. So bleibt er als Kind mit Fragen, die sich ihm stellen, allein. Er habe seine Zweifel mit sich selber ausmachen müssen, klagt er. Wo sein verstorbener Vater nun sei - im Himmel, in der Hölle? - beide Antworten befriedigen ihn nicht. Die Mutter hat ihr Kind taufen und konfirmieren lassen. Aber die mit dem Abendmahl verbundene Sündenvergebung habe er nicht besonders ernst nehmen können, schreibt er. Seine heimatliche Dorfkirche empfindet er als kahl, unfreundlich, kalt und ungemütlich. Klagges wird mit den Ergebnissen der historisch-kritischen Forschung bekannt. In Wilster liest er Kommentare zu biblischen Büchern, aber er kommt zu dem Ergebnis: "Das deutsche Glaubensleben befindet sich auf allen Gebieten in einem Zustande hochgradiger Unklarheit und Zerrüttung." Er fühlt sich wie in "einem ungeheuren religiösen Trümmerfeld", bis ihm die beiden Bände von Houston Stewart Chamberlain "Die Grundlagen des 20. Jahrhunderts", 1899 1. Auflage, 1907 bereits 8. Auflage, in die Hände fallen.

Volksschule in Neugeseke

Präparandenanstalt in Holzwickede
(Eine Präparandie (Präparandenanstalt) bereitete Schulabsolventen bis zum 20. Jahrhundert für die nichtakademische Lehrerausbildung in einem Lehrerseminar vor)

Ausbildung zum Volksschullehrer am Königlich-Evangelischen-Lehrerseminar in Soest

ab 1911
Volksschullehrer in Harpen bei Bochum

1911
Wehrdienst im Infanterie-Regiment 15 (Minden) (hat diesen aber wegen einer Mittelohrvereiterung abbrechen müssen.

Januar/Februar 1915
zunächst bei einem Landsturmarbeitsbataillon und dann einen Monat in einer Infanterieeinheit an der Front. Dann wird er 1916 bei Neuve-Chapelle schwer verwundet bringt fast ein Jahr in verschiedenen Lazaretten im Reich zu und wird 1916 als Landsturmmann entlassen. Es ist eine kurze Einsatzzeit ohne Möglichkeiten zur Beförderung.

00.11.1918
er besteht die Prüfung für das Lehramt an Mittelschulen, ist in Botanik und Zoologie gut, in Physik, Chemie und Mineralogie genügend.

1918 - 1924
Mitglied der DNVP

1918
Mittelschullehrer in Wilster/Holstein

00.03.1919
Klagges heiratet Krugmann Amalie, eine Kollegin seiner Volksschule in Harpen
(2 Söhne u. 3 Töchter * 1920, * 1925 u. 1930)
Krugmann Emilie Amalie * 1890.08.06 in Annen / Westfalen, NSDAP Mitglieds Nu. 18 823.
Ihr Sohn Hugdietrich * 1922, am 23.12.1942 als SS-Unterscharführer dR an der russischen Front gefallen.
(während seiner Zeit als Ministerpräsident des Freistaates Braunschweig bewohnte er zusammen mit seiner Familie eine Dienstvilla auf dem Löwenwall 3 in
Braunschweig)

ab 1921
Autor völkischer, antidemokratischer und antisemitischer Schriften

1924 - 1925
Mitglied der Deutschvölkischen Freiheitspartei (DVFP)
Das Ehepaar Klagges findet in den 20iger Jahren in der evangelischen Gemeine in Wilster mit solchen Gedanken keinen Anschluß. Sie lassen ihre Tochter zunächst auch nicht taufen. Die Kinder nennen sie Ingrun, Hugdietrich und Irmhild. Anschluß findet Klagges jedoch beim völkischen Flügel der DNVP. Dort in völkischen Kreisen Schleswig-Holsteins erleben Klagges, wie Grundfragen von Gott, Welt und Mensch "leidenschaftlich erörtert und durchgekämpft werden". Hier in der DNVP gewöhnt er sich den Widerwillen gegen das parlamentarische System an. Aber die DNVP ist Klagges im Kampf gegen die Demokratie noch nicht radikal genug. Daher tritt er 1923 der deutsch-völkischen Freiheitsbewegung und 1925 der NSDAP bei. Er hat die niedrige Parteinummer 7646.

1925
Eintritt in die NSDAP (Mitglieds Nu. 7 646)

1926 - 1930
Nach 6jähriger Schultätigkeit in Wilster erhält Klagges 1926 eine Konrektorenstelle im preußischen Benneckenstein im Harz

1928
erfolglose Kandidatur zum Preußischen Landtag

1928 - 1930
Leiter der NSDAP-Ortsgruppe in Benneckenstein im Harz
(Stadtverordneter und Stadtverordnetenvorsteher in Benneckenstein, Mitglied des Kreistages Kreis Grafschaft Hohenstein)

00.11.1929
Die parteipolitische Betätigung bringt ihm die ersten Beschwerden im November 1929 beim Regierungspräsidenten ein. Klagges sei demagogisch und die Qualifikation als Lehrer sei ihm abzusprechen. Eine kurz vorher durchgeführte Visitation durch die Schulbehörde hat jedoch ergeben, daß Klagges einen "ansprechenden Chemieunterricht" gebe. Er sei "als maßvoller Nationalsozialist aufgetreten, der auch in bürgerlichen Kreisen in Ansehen gestanden habe", bezeugt der spätere Ministerialrat Sting. Klagges verliert jedoch seine Konrektorenstelle, weil er sich weigert, aus der NSDAP auszutreten. Die preußische SPD-Regierung hatte allen preußischen Beamten die Mitgliedschaft in dieser Partei untersagt.

00.11.1930
Klagges wird vom Dienst ohne weitere Pensionsansprüche suspendiert. Er sitzt nun mit Frau und seinen inzwischen 5 Kindern auf der Straße. Er betrachtet sich als Opfer der Roten.

ab 1930
Propagandaredner der NSDAP im Freistaat Braunschweig

01.01.1931 - 00.09.1931
Regierungsrat im Braunschweigischen Staatsministerium für Volksbildung

1931/32
Unterabteilungsleiter in der Reichsorganisationsabteilung der Reichsleitung der NSDAP

15.09.1931–1945
Innen- und Kultusminister des Freistaates Braunschweig

1931
verhängte Klagges im Land Braunschweig erste Berufsverbote gegen Sozialdemokraten und Juden, wovon u. a. auch zahlreiche Lehrende der Technischen Hochschule Braunschweig betroffen waren

15.09.1931
vom Braunschweigischen Landtag zum Staatsminister für Inneres und Volksbildung gewählt und somit Mitglied der braunschweigischen Landesregierung

02.11.1931– 22.09.1932
Mitglied des Reichswirtschaftsrats der NSDAP

00.05.1932 – 10.06.1932
Leiter der Unterabteilung Wirtschaftswissenschaft der Reichsleitung der NSDAP

1932
in den Reichstag gewählt

10.06.1932 –30.09.1932
Leiter der Abteilung V (Wirtschaftswissenschaft) in der Hauptabteilung IV der Reichsleitung der NSDAP

01.10.1932 – 15.12.1932
Leiter der Abteilung Wirtschaftswissenschaft in der Hauptabteilung III der Reichsleitung der NSDAP

1932
Einbürgerung
Adolf Hitler
(Hitler hatte die österreichische Staatsbürgerschaft 1925 abgegeben und war seitdem staatenlos. „Politische Freunde“ versuchten mehrfach, ihm die deutsche Staatsangehörigkeit zu verschaffen. Dies gelang aber erst 1932 in Braunschweig, als der Freistaat das einzige Land der Weimarer Republik war, in dem die NSDAP mitregierte und so die „Einbürgerung“ Hitlers in ihrem Sinne steuern und beeinflussen konnte.
Verantwortlich für diese Einbürgerung nach § 14 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes war nicht die Stadt Braunschweig, sondern das Land, der „Freistaat Braunschweig“ – in persona: Staatsminister für Inneres und Volksbildung und NSDAP-Mitglied Dietrich Klagges. Er erhielt als Regierungsvertreter des Freistaates Braunschweig einen direkten Auftrag der NSDAP-Parteiführung zur Einbürgerung Hitlers.

06.05.1933
von Reichsstatthalter Wilhelm Loeper zum Ministerpräsidenten des Freistaates Braunschweig ernannt

1933
Mitglied des Kulturrates des Deutschen Auslands-Instituts (Stuttgart)

1933
Vorsitzender des Landesverkehrsverbandes Harz

1933
TU-Rektor Prof. Dr. Gustav Gassner wurde 1933 auf Anordnung des Ministerpräsidenten Klagges verhaftet und zum Rücktritt vom Rektorat gezwungen. Gassner lebte von 1934- 1939 in der Türkei und danach bis 1945 als Direktor des Forschungsinstituts für Pflanzenschutz und Biologie der Fahlberg-List AG in Magdeburg.

20.06.1933
Am 20. Juni 1933 wurde
Jeckeln Friedrich vom NSDAP-Ministerpräsidenten des Freistaates Braunschweig, Dietrich Klagges, zum Führer der Gestapo, der Landespolizei und Kommandeur der Schutzpolizei in Braunschweig ernannt. Klagges Ziel dabei war eine enge Verknüpfung von Polizei und SS sicherzustellen.

25.06.1933
Am Sonntag, dem 25. Juni 1933, feiert Klagges in Kneitlingen am Elm in einer großen Menschenmenge eine Sonnenwendfeier und hält dabei die Feuerrede:
"Liebe deutsche Volksgenossen und Volksgenossinnen!
Nun lasset die Glocken von Turm zu Turm / durchs Land frohlocken im Jubelsturm! Des Flammenstoßes Geleucht facht an / der Herr hat Großes an uns getan! ... Der Sieg, auf den wir heute zurückblicken können, ist erfochten worden gegen den Feind im Innern, er ist er-fochten worden gegen den Verrat, der in unseren eignen Reihen wütet, gegen den inneren Zwiespalt, der uns zerriß und schwächte und uns dadurch zu einem Gespött unter den Völkern dieser Welt machte. Dieser innere Zwiespalt, dieser fluchwürdige Klassenkampf, diese Selbstvernichtung, wie sie auf jüdische Einflüsterung von den Parteien des Marxismus in unserem deutschen Volke zu einer politischen Weltanschauung gemacht worden waren, sind vernichtet und ausgerottet aus unseren Reihen. Das ist das gewaltige Ereignis, das wir hinter uns haben und auf das wir heute mit Stolz zurückblicken können ...
Wir wollen wieder deutsch werden, wir wollen unsere Kinder wieder deutsch erziehen, wir wollen wieder deutsch fühlen und deutsch denken dürfen. Wir wollen aus unserem übernommenen Erbgut heraus unser deutsches Leben wieder neu gestalten, frei von jeder fremden Beeinflussung, frei vor allen Dingen von dem furchtbaren, internationalen, zersetzenden Gift des Judaismus in jeder Form. Darum kehren wir zurück zum Altväterbrauch und zünden zur Zeit der Sonnenwende die heiligen Feuer wieder an. Wenn wir heute über die gottgesegneten Fluren schauen, quillt in uns die Freude auf, mit der der Gedanken verbunden ist: jetzt ist das alles wieder unser, jetzt ist dieses ganze Land wieder voll und ganz deutsch geworden.

00.10.1933 – 1944
Ordentliches Mitglied der Akademie für Deutsches Recht (München)

27.01.1934
Eintritt in die SS (Mitglieds Nu. 154 006)

27.01.1934
Beförderung zum SS-Gruppenführer und Ernennung zum Ehrenführer der 49. SS-Standarte, Herausgeber der Zeitschrift »Nordlicht« und der Reihe »Volk und Führer. Deutsche Geschichte für Schulen«

(Als SS-Gruppenführer machte er sich einen Namen als brutaler SS-Verbrecher gegen politische Gegner. In der "Wirtschaftspolitischen Abteilung" der NSDAP, wo er ab 1932 die "wirtschaftswissenschaftliche Abteilung" leitete, trat er als organizistischer Theoretiker auf. Vor allem "die wissenschaftliche Grundlage für die organische Wirtschaftsauffassung des Nationalsozialismus und den ständischen Aufbau der Wirtschaft" wollte er hier legen. Der Allround-Nazi betätigte sich auch als Theoretiker des Geschichtsunterrichts, in dessen Mitte er die "Rassenfrage" und das "Schicksal des deutschen Volkes" gestellt wissen wollte und der zur "totalen Unterordnung unter den Führerwillen" erziehen sollte.)

24.09.1935
In der Helmstedter Stadtverordneten-Versammlung vom 24. September 1935 wurde die Straße Sonnenweg zunächst benannt nach Dietrich Klagges. Durch den Ratsbeschluss vom 8. Mai 1945 wurde die Straße wegen der sonnigen Lage am Hang des Warneckenbergs in Sonnenweg umbenannt.

11.12.1935
Mitglied des Ehrenführerrings des Reichsbundes der Kinderreichen (R. d.K.)

15.07.1937 – 04.03.1943
Mitglied des Aufsichtsrats der Reichswerke AG für Erzbergbau und Eisenhütten »Hermann Göring«, Berlin

01.11.1937 – 1945
Braunschweigischer Staatsminister der Finanzen

1938
dem Stab RFSS zugeteilt

22.09.1939 – 1945
Mitglied des Verteidigungsausschusses des i. St. d. RFSS

00.12.1938
Friedrich Jeckeln, Höherer SS- und Polizeiführer im Gebiet des SS-Oberabschnitts Mitte, schickte Ministerpräsident Klagges im Dezember 1938 einen Bericht über den gegenwärtigen Stand der Judenfrage im Land Braunschweig. Vor der Machtübernahme hätten sich in Braunschweig rund 1100 Juden befunden, jetzt würden sich hier noch 250 aufhalten. Im Land Braunschweig habe sich die Zahl der Juden im gleichen Zeitraum von rund 1500 auf rund 500 reduziert. Diese Zahlen ließen die Hoffnung als nicht unberechtigt erscheinen, daß die Judenfrage im Lande Braunschweig bald dahin gelöst sein wird, daß sich Juden hier nicht mehr aufhalten.

30.01.1942
Ministerpräsident Dietrich Klagges zum SS-Obergruppenführer ernannt

1944/45
Vertreter des Leiters und Staatssekretärs des Reichsforstamtes

12.04.1945
vom amerikanischen Counter Intelligence Corps (CIC) verhaftet
Aussage Klagges
"Am 12.4.1945 wurde ich von der amerikanischen Militärpolizei in meinem Dienstzimmer im Braunschweigischen Staatsministerium "automatisch" verhaftet und in das Internierungslager Recklinghausen gebracht. Kriegsverbrechen konnten mir nicht vorgeworfen werden, doch wurde ich nach Mißhandlungen verschiedenster Art in die berüchtigte Haft 3. Grades gebracht, um mich zu zwingen, gegen andere Deutsche auszusagen. Während dieser Zeit machte in Folge grausamster Mißhandlungen einer meiner Zellennachbarn seinem Leben durch Erhängen ein Ende, ein anderer schnitt sich die Pulsadern auf und wurde als tot weggetragen. Da ich mich trotz täglicher Mißhandlungen, völliger Dunkelheit, Lager auf nacktem Steinboden in einem engen und feuchten Zementkoben, Wasser und Brot, offenem, aber scharf gezacktem Kanister als Abort und ohne jede Möglichkeit zum Waschen, Rasieren und dergleichen standhaft weigerte, mich als Denunziant mißbrauchen zu lassen und andere der willkürlichen Verfolgung aufgrund des "Besatzungsrechts" ausliefern zu helfen, wurde ich schließlich wieder in die gewöhnliche Internierungshaft überführt. Von da an zeigten Amerikaner und Engländer kein weiteres , Interesse mehr an meiner Person."

Sommer 1945
seit Sommer 1945 werden mit Hilfe von Plakaten Zeugen gesucht für einen Riesebergprozeß, aber Staatsanwalt Hartmann, der die gesamten Ermittlungen führt, kommt nicht so rasch voran, wie er gedacht hatte. Anfang 1946 erfährt Klagges von einer rasch hingeworfenen Bemerkung des Generalstaatsanwaltes Staff, daß Klagges wohl frei-gesprochen werde. Die Verteidigung von Klagges hat Rechtsanwalt Grünkorn übernommen.
Die Ermittlungen ziehen sich über zwei Jahre hin. Es wird bekannt, daß Staatsanwalt Hartmann vermutlich wegen Ungeschicklichkeiten von seiner Aufgabe entbunden wird - er hatte einen Spitzel auf Klagges angesetzt und eine Hausdurchsuchung bei Frau Klagges vorgenommen.
Das war nicht ganz unberechtigt, denn Klagges schmiedet Pläne für eine neue Parteigründung, die Deutsche Volkspartei. In zehn Punkten wird ein Allerleiprogramm entworfen. Die DVP erstrebe einen Volksstaat; sie sei konservativ, liberal, sozialistisch, christlich, nationalpolitisch, weltpolitisch. "Nationalpolitisch", erläutert Klagges, "wenn es heißt, für die Unversehrtheit des deutschen Volksbodens einzutreten" - vermutlich wie gehabt von der Maas bis an die Memel -,"sozialistisch.., d.h. "den durch Krieg, Vertreibung und Unglück Geschädigten vor Ausbeutung, Unrecht und Not zu schützen und ihm sein Recht zu sichern".

1947
In der Anklageschrift gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten Dietrich Klagges zitiert Staatsanwalt Dieckmann zwei Vorstandsmitglieder der Gemeinde Braunschweig, die im Oktober 1947 aussagen: „Vom Gestapo Gebäude Leopoldstraße wurden alle Juden zum Gefängnis nach Wolfenbüttel überführt. Am nächsten Tag werden alle verhafteten Juden auf dem Hauptbahnhof in Braunschweig verladen und mit der Eisenbahn bis Weimar transportiert. Von dort erfolgte der Weitertransport nach dem KZ Buchenwald mittels Lastwagen ... Insgesamt wurden bei dieser Aktion mehrere 100 Juden verhaftet.

05.07.1949 - 09.07.1949
Klagges muß sich vom 5. - 9. Juli 1949 in Bielefeld einem Militär-Spruchgericht stellen und sich zusammen mit seinem persönlichen Adjutanten Peter Behrends, zuletzt Hauptsturmführer d. R, der Waffen-SS, dem früheren Oberbürgermeister Dr. Wilhelm Hesse, zuletzt SS-Standartenführer und Dr. Otto Diedrichs, zuletzt SS-Oberführer und Ministerialrat im Reichsinnenministerium wegen Zugehörigkeit zur SS verantworten. Klagges war am 27.1.1934 zum SS-Gruppenführer ehrenhalber befördert worden, am 1. Oktober 1934 zum SS-Führer z.b.V. beim SS-Oberabschnitt Nord-West, am 1. April 1936 zum SS-Führer im Stabe des Reichsführers der SS und am 30. Januar 1942 schließlich zum SS-Obergruppenführer. Mit Vorliebe zeigte sich Klagges der Öffentlichkeit in einer Phantasieuniform, die einer SS-Uniform sehr ähnlich war. Seine langjährigen Minister Alpers und Jeckeln gehörten ebenfalls der SS an. Während Hannover als Hochburg der SA galt, war Braunschweig die Hochburg der SS. Das Braunschweiger Schloß war zur SS-Junkerschule umfunktioniert worden - ein Umstand, der später mit zu seinem Abriß führen sollte. Der öffentliche Ankläger beantragt 8 Jahre Gefängnis, der Verteidiger bittet um ein mildes Urteil, das Gericht spricht 6 Jahre Gefängnis aus unter Anrechnung der Internierungshaft; abzusitzen wären also noch zwei Jahre. Klagges erhebt Revision, die verworfen wird. Das Urteil wird mit dem 13.10.1949 rechtskräftig und im Gefängnis Celle vollstreckt.
Unmittelbar danach erhält Klagges die Anklageschrift für ein weiteres Verfahren, den seit 1945 geplanten Riesebergprozeß, der nun am 10. Januar 1950 beginnt und am 5. April endet.

05.04.1950
vom Schwurgericht Braunschweig zu lebenslanger Haft verurteilt (durch BGH aufgehoben)

20.10.1952 - 04.11.1952
Bei diesem zweiten Verfahren ist es nun doch auffällig, daß die Zahl der entlastenden Zeugen - jedenfalls für die Öffentlichkeit - erheblich größer ist. Die Doppelrolle eines Märtyrers und des unbeugsamen Gesinnungstäters macht Eindruck auf die alten Parteigenossen, die sich wieder zu Wort melden, auch auf die Mitläufer und Nutznießer von damals. Es melden sich 3 ehemalige Kreisleiter, 4 Ministerialräte a.D., 2 Oberregierungsräte, 1 Regierungsdirektor, 3 Professoren, 8 Generäle, darunter der General der Waffen-SS, der von Klagges erklärt, er sei ein Mann, vor dem er immer "besondere Hochachtung" hatte. Ministerialrat a.D. Otto Diedrichs versteigt sich zu der Aussage, Klagges habe am 9. November 1938 den Schutz jüdischer Geschäfte durch die Polizei verlangt. Ministerialrat Otto Müller bezeugt von Klagges "schonende Behandlung von Freimaurern und jüdisch-Versippter".

Klagges erhält 15 Jahre Zuchthaus. Weil ihm die bürgerlichen Ehrenrechte nicht entzogen werden, legt die Staatsanwaltschaft Revision ein, zieht diese jedoch zurück.
Klagges sitzt seine Strafe in Lingen ab und kämpft aus dem Zuchthaus für eine Revision. Für ihn ist das Verfahren nichts weiter als die Rache der Marxisten. Nach 3 Jahren, am 24.12.1955, beschließt die Strafkammer die Entlassung aus der Haft, denn Klagges habe 2/3 seiner Strafe verbüßt. Es wird also von 1945 an gerechnet, und die sechs Jahre Gefängnis vom Bielefelder Prozeß werden mit den 15 Jahren Zuchthaus verrechnet. Auf den Einspruch der Staatsanwaltschaft aber verfügt der Senat unter seinem Präsidenten Meier-Branecke die Entlassung nicht nach 2/3, sondern zunächst nach 3/4, dann nach 4/5 der verbüßten Zeit für das Jahr 1957.

1955
1955 stellte seine Ehefrau einen Antrag auf vorzeitige Entlassung aus der Haft ohne weitere Bewährungsauflagen. Dieser erste Antrag wurde jedoch abschlägig beschieden, so wie auch der im Folgejahr.

02.10.1957
1957 jedoch wurde Klagges nach Verbüßung von rund 80 Prozent seiner Haftstrafe entlassen und zog mit seiner Frau nach Bad Harzburg, wo er sich bis zu seinem Tode 1971 hauptsächlich als Verfasser rechtsradikaler Schriften betätigte und Kontakte zu Neonazi-Gruppen in Niedersachsen unterhielt.
(Mit der Auflage, sich schriftstellerischer und politischer Tätigkeiten zu enthalten, wird Klagges 1957 entlassen. In dieser Zeit probt das neonazistische Umfeld in Niedersachsen den Aufstand. Der rechts-radikale Klaggesverleger Schlüter wird 1956 Kultusminister in Hannover und nur auf Druck der Studenten der Göttinger Uni nach einigen Wochen wieder entlassen. Sind die Neonazis wieder ministrabel? In Braunschweig wird zu dieser Zeit ein Mitkommentator der Rassengesetze aus dem Reichsinnenministerium des Jahres 1935 Verwaltungspräsident, nämlich Knost. Und weiß Klagges, daß Senatspräsident Meier-Branecke Oberkriegsgerichtsrat war?)

1964
Zuerkennung des Pensionsanspruchs durch das Verwaltungsgericht Braunschweig

1969
Klagges feiern Goldene Hochzeit.
In den folgenden 14 Jahren lebt Klagges in Bündheim bei Bad Harzburg, wird auf NPD-Versammlungen gesehen und schreibt ein 2-bändiges Werk mit dem aufwendigen Titel "An die Völker der Erde", das ein bzw. 2 Jahre nach seinem Tode am 12. November 1971 im Alma-Verlag erscheint.

16.07.1970
erfolgreiche Klage auf Nachzahlung der Beamtenpension
Klagges klagte als ehemaliger preußischer bzw. braunschweigischer Staatsbeamter auf Nachzahlung seiner Pension, die ihm schließlich vom Bundesverwaltungsgericht in Höhe von 100.000 DM zugesprochen wurde.


Wolfenbüttel 1983
Die CDU-Stadtratsfraktion weigerte sich 1983, einem Antrag der SPD-Fraktion auf Aberkennung der Hitler verliehenen Ehrenbürgerschaft zuzustimmen. Die Begründung : Ehrenbürgerschaften enden mit dem Tod. Da auch der nationalsozialistische Ministerpräsident Dietrich Klagges die Wo
lfenbütteler Ehrenbürgerschaft 1940 erhalten hatte und 1970 gestorben war, bedeutet das, dass der NS-Verbrecher Klagges bis zu seinem Tod Ehrenbürger Wolfenbüttels war.

DUR
In den sechziger und siebziger Jahren wird er unter dem Pseudonym "Godwin" zu einem maßgeblichen DUR-Ideologen und einem unermüdlichen Autor in "glaube und tat". In einem intellektuellen Disput zwischen ihm und Friedrich Schöll wird die Weltanschauung der "Deutschen Unitarier" geklärt, bevor Sigrid Hunke sie in dem Buch "Europas andere Religion" zusammenfaßt.

Braunschweig Löwenwall 3