Lagerarzt in den Konzentrationslagern Mauthausen, Natzweiler-Struthof und Sachsenhausen

nach 1945 Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Chemie Grünenthal GmbH, Büro Münster (Conterganverbrechen)

* 07.02.1912 Burgsteinfurt
+ 21.04.2001 Münster i.Westf.

Sohn des Eisenbahnbeamten Heinrich Baumkötter (gest. 1956) und Ehefrau Luise Wadenfänger

00.00.1918 - 00.00.1922
Vorschule im Vorsehungskloster in Ahaus i.Westf.

00.00.1922 - 00.03.1934
Humanistisches Gymnasium in Coesfeld, Gymnasium Paulinum in München und Oberrealschule in München

00.03.1934
Abitur

05.05.1934-15.10.1934
Freiwilliger Arbeitsdienst

00.10.1934-00.00.1939
Studium der Medizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster i.Westf.

10.01.1935
Eintritt in die SS (Mitgliedsnr. 278.430)
ehrenamtlicher SS-Dienst im Sanitätszug SS-Sturm in Münster i.Westf.

00.09.1939
Approbation als Arzt

21.11.1939
als Sturmmann d. R. zur SS-Verfügungstruppe einberufen, zunächst bei der Leibstandarte-SS Adolf Hitler (Berlin-Lichterfelde), dann Grundausbildung in der SS-Standarte Deutschland (München-Freimann)

00.01.1941–20.04.1941
kommandiert zum 11. SS-Regiment (Warschau, ab 00.05.1940 Frankreich)

20.04.1941
SS-Untersturmführer d. SS-Regiment

20.04.1941-14.10.1941
Truppenarzt bei der SS-Division Das Reich (Balkan, UdSSR)

00.00.1941
Eisernes Kreuz II.. Klasse

14.10.1941 - 01.11.1941
SS-Sanitätsamt Berlin

01.11.1941
zum KL Mauthausen versetzt
Truppenarzt beim SS-Wachbataillon im KZ Mauthausen
nach 2 Wochen Dienst schwer erkrankt (Fleckfieber), anschließend Lazarettaufenthalt in Linz und Hofgastein

20.04.1942
SS-Obersturmführer d. R. der Waffen-SS (mit RDA vom 01.04.1942)

00.05.1942
in einen achtwöchigen Genesungsurlaub geschickt

Sommer 1942
versetzt in das KL Natzweiler, anschließend in das KL Wewelsburg bei Paderborn, dann kommandiert in das KL Sachsenhausen als Truppenarzt

00.10.1942-00.01.1943
vertretungsweise mit der Wahrnehmung der Geschäfte des 1. Lagerarztes im KL Sachsenhausen beauftragt

00.00.1943
Eheschließung mit Hedwig L.

30.08.1943-09.10.1943
kommandiert zum 3. Lehrgang der Sanitätsschule des Amtes D III (des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes)
zwecks Ausbildung von Sanitätsdienstgraden für die Truppen- und Häftlingsreviere der Konz.-Lager (Oranienburg) als Lehrkraft

09.11.1943
SS -Hauptsturmführer d. R. der Waffen-SS (mit RDA vom 01.11.1942)

00.01.1943-00.04.1945
1. Lagerarzt im KL Sachsenhausen

00.12.1945
in Lübeck in britische Gefangenschaft geraten
zunächst am Aufbau einer Krankensammelstelle bei Eutin beteiligt, dann in das Lager Neuengamme verlegt

Anfang 1946
in das Sennelager überführt

07.06.1946
an die sowjetischen Behörden ausgeliefert

23.10.1947-01.11.1947
vor dem Militärtribunal der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (Berlin-Pankow) im Sachsenhausen-Prozess als Kriegsverbrecher angeklagt

01.11.1947
wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechens zu lebenslänglicher Haft mit Zwangsarbeit verurteilt

00.12.1947-Sommer 1955
im Strafgefangenenlager Workuta (UdSSR) inhaftiert

14.01.1956
Übergabe An die Westdeutschen Behörden als sog. Nichtamnestierter, anschließend in Münster bei seiner Familie Wadenfänger wohnhaft

01.07.1956-01.08.1956
Arzt am St. Marienhospital in Iserlohn

01.08.1956-29.09.1956
Untersuchungshaft

02.10.1956-15.11.1956
Untersuchungshaft

16.11.1956-23.12.1956
Untersuchungshaft

28.12.1956-20.02.1957
Untersuchungshaft

10.12.1958-21.11.1959
Untersuchungshaft

05.06.1959
vorläufige Untersagung des ärztlichen Berufes durch Verfügung des Regierungspräsidenten in Münster i.Westf.

21.11.1959
gegen Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen

19.02.1962
Prozess vor dem Landgericht Münster
Er wurde angeklagt, in Sachsenhausen an der Hinrichtung von rund 125 Häftlingen beteiligt gewesen zu sein und soll zudem zwischen 1942 und 1945 mindestens 110 Häftlinge, die in der Gaskammer sterben sollten, selektiert haben.
Baumkötter wird wegen Verbrechens der Beihilfe zum Mord in 2 Fällen und einer weiteren Beihilfe zu 14 in Tateinheit stehenden Verbrechen durch das Schwurgericht beim Landgericht Münster zu einer Gesamtstrafe von 8 Jahren Zuchthaus verurteilt (durch die sowjetische Haftstrafe verbüßt).

nach 1945 Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Chemie Grünenthal GmbH, Büro Münster (Conterganverbrechen)

Verfahren Lfd.Nr.529
Tatkomplex: NS-Gewaltverbrechen in Haftstätten
Angeklagte:
A., Otto Freispruch
Baumkötter, Heinz 8 Jahre
Gaberle, Alois 3 Jahre 3 Monate
Gerichtsentscheidungen:
LG Münster 620219
BGH 630329
Tatland: Deutschland
Tatort: HS KL Sachsenhausen, HS KL Falkensee, HS KL Berlin-Lichterfelde
Tatzeit: 42-4504
Opfer: Häftlinge, Fremdarbeiter, Juden
Nationalität: Belgische, Deutsche, Luxemburgische, Polnische, Ungarische, Sowjetische, unbekannt
Dienststelle: Haftstättenpersonal KL Sachsenhausen
Verfahrensgegenstand: Straftaten von Lagerärzten des KL Sachsenhausen. Teilnahme an der vom Reichssicherheitshauptamt angeordneten Hinrichtung von KL-Häftlingen und von dazu ins KL überstellten Fremdarbeitern. Teilnahme an mehreren Einzel- und Massenerschiessungen wie jener von 125 Häftlingen in der Nacht vom 31.Januar zum 1.Februar 1945 im Rahmen der Alarmstufe Scharnhorst, welche bei Evakuierung des Lagers die Tötung namentlich bestimmter Häftlinge vorsah. Durchführung medizinischer Experimente an Häftlingen, zum Teil mit Todesfolge. Teilnahme an der Selektion und Tötung von mindestens 110 Häftlingen aus dem Krankenbau sowie Aussonderung marschunfähiger Häftlinge bei der Evakuierung des KL. Selektion und Tötung von mindestens 33 kranken Häftlingen des KL Heinkel-Werke. Teilnahme an der Erhängung von Häftlingen auf dem Appellplatz des KL Falkensee bzw. des KL Berlin-Lichterfelde

Baumkötter wurde durch seine pseudowissenschaftlichen Experimente bekannt, die er an Häftlingen durchführte. Aufgrund der immer bedrohlicher werdenden Kriegslage sollte versucht werden, die Besatzung deutscher U-Boote tagelang ohne Schlaf auskommen zu lassen. Reichsführer SS Himmler hatte zuvor die Erlaubnis erteilt, Experimente an Häftlingen durchzuführen. Baumkötter führte diese durch, indem er ihnen Drogen injizierte. Geprüft wurde unter anderem Kokain und Pervitin. Anschließend mussten sie tagelang jeweils elf Stunden lang ohne Schlaf auf einer 700 Meter langen Laufbahn mit einem halben Zentner Gepäck marschieren. Gleichzeitig testeten sie dabei auf den täglich zurückgelegten rund 40 Kilometern für die Industrie Schuhsohlen.
Weitere Experimente sollten die Ursache, Ansteckung und Heilung von Gelbsucht betreffen, bei der Häftlingen der Erreger injiziert wurden.

Außerdem wurden Häftlingen Verbrennungen 2. und 3. Grades durch Phosphor zugefügt, um die Heilungschancen zu testen.

Baumkötter war direkt verantwortlich für Verbrechen, die an den Gefangenen verübt wurden. Er selektierte Häftlinge, die nicht mehr arbeitsfähig waren und war bei Erschießungen zugegen, um den Tod der Gefangenen zu bestätigen. Außerdem war er Zeuge von Vergasungen, um auch hier den Tod der Opfer zu bescheinigen. Baumkötter führte in Sachsenhausen ein, dass bei Erschießungen laute Marschmusik gespielt wurde, damit Gewehrschüsse von den übrigen Häftlingen nicht gehört werden konnten.

Medizinische Versuche an Häftlingen im KZ Sachsenhausen

Der Sachsenhausen-Prozess