SS-Hauptsturmführer

Grab Dr. Mengele

* 16.03.1911(11:45 Uhr) in Günzburg
† 07.02.1979 in
Bertioga

Spitzname Beppo (wurde auch als der Engel des Todes bekannt)

Eltern
Mengele Karl (Maschinenbauingenieur) (1881-1959) u. Mengele Walburga geb. Hupfauer (1890 - 1946)

Brüder
Karl Mengele junior (1912 - 1949)
Alois Mengele (1914 - 1974)

1921 - 1930
Besuch des Günzburger Gymnasium

1924
Mengele tritt dem Großdeutschen Jugendbund bei, einem Verband der bündischen Jugend von national-konservativer Prägung. Von 1927 an bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 1930 stand er der Günzburger Ortsgruppe vor.

April 1930
Abitur (mit eher mittelmäßigen Noten)

1930
Beginn des Studiums der Medizin, später auch der Anthropologie in München, Wien und Bonn.
(Sein Schulfreund J. Diensbach äußerte sich nach 1945 über Mengele mit den Worten: „Er wollte nicht einfach nur erfolgreich sein, sondern sich auch von der Masse abheben. Es war seine Leidenschaft, berühmt zu sein. Er erzählte mir einmal, daß ich eines Tages seinen Namen im Lexikon lesen würde.)
(wechselte zum dritten Semester wegen einer privaten Beziehung nach Bonn. Bewusst, so schildert er es selbst, schloss er sich keiner schlagenden Studentenverbindung an, da ihm deren Trinksitten nicht behagten.)

Sommer 1932
bestand Mengele das Physikum und kehrte im Sommer 1933 nach einem Semester in Wien nach München zurück. Er schrieb sich jetzt zusätzlich auch für Anthropologie ein, das an der naturkundlichen Sektion der Philosophischen Fakultät gelehrt wurde.

1932
Eintritt in den Stahlhelm (Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten)

1934
Eintritt in die SA

1934
Mitglied des Forschungsstabes des neugegründeten Institutes für Erbbiologie und Rassenhygiene in Berlin

1935
Promotion an der Universität München
Promotion (Dr. phil.) am Anthropologischen Institut der Universität München bei Prof. Theodor Mollison, Titel: Rassenmorphologische Untersuchung des vorderen Unterkieferabschnittes bei vier rassischen Gruppen.

bei dem Münchener Anthropologen Theodor Mollison (1874–1952) mit der Dissertation „Rassenmorphologische Untersuchung des vorderen Unterkieferabschnittes bei vier rassischen Gruppen“ zum Dr. phil. promoviert.

1936
Staatsexamen
Mengele legt die medizinische Staatsprüfung ab und leistet für vier Monate sein Medizinalpraktikum an der Kinderklinik der Universität Leipzig.

00.01.1937
am Universitätsinstitut für Erbbiologie und Rassenhygiene in Frankfurt am Main

01.05.1937
Eintritt in die NSDAP (Mitglieds Nu. 5 574 974)

01.09.1937
Assistent von Dr. Otmar von Verschuer an der Universität Frankfurt am Main
(Institut für hereditäre Biologie und Rassenhygiene)

1938
Eintritt in die SS (Mitglieds Nu. 317 885)

12.05.1938
Mit Schreiben vom 12. Mai 1938 an das Kuratorium der Universität Frankfurt schlug von Verschuer Mengele als Nachfolger von Dr. Steiner für die Besetzung der planmäßigen Assistentenstelle an seinem Institut ab dem 1. Juni 1938 vor

1938
promovierte er in Medizin mit „Sippenuntersuchungen bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalte“, einem Versuch, deren Erblichkeit statistisch nachzuweisen, ebenfalls mit der Höchstnote.
(Für diese Studie wählte er 17 Probanden aus, die sich zwischen 1925 und 1935 in der Chirurgischen Universitätsklinik Frankfurt deswegen hatten operieren lassen. Durch die „Sippenuntersuchung“ ermittelte er insgesamt 1222 Personen, von denen er 583 persönlich aufsuchte.

00.05.1938
Beförderung zum SS-Schütze

24.10.1938 - 21.01.1939
Mengele leistet einen auf drei Monate verkürzten Grundwehrdienst bei der 19. Kompanie des Gebirgsjägerregiments 137 in Saalfelden am Steinernen Meer ab

28.07.1939
Mengele heiratet Irene Schoenbein (in Obersdorf). Aus der Ehe geht ein Sohn hervor. (Mengele Rolf * 11.03.1944)
Die im August 1917 in Leipzig geborene Irene Schoenbein war die Tochter eines aus der Schweiz stammenden Kaufmannes. Da ihr Vater unehelich geboren und dessen Vater unbekannt war, gab das Rasse- und Siedlungshauptamt die Heirat lediglich „auf eigene Verantwortung“ der Familie frei
(Weil der Großvater des Vaters seiner Frau nicht bekannt war, wurde die Aufnahme des Ehepaars in das „Sippenbuch der SS“ durch das Rasse- und Siedlungshauptamt abgelehnt.)

00.07.1939
Im Juli 1939 kam Dr. Josef Mengele mit seiner jungen Frau Irene, geb. Schoenbein, mit dem Auto in Niebüll an, um auf der Insel Sylt die Flitterwochen zu verbringen.

15.06.1940
Einberufung zur Wehrmacht
(Sanitätsersatzabteilung 9 in Kassel)

00.08.1940
Mengele meldet sich freiwillig zur Waffen-SS
Angeblich weil er von einem Ausbilder schikaniert wurde, meldete sich Mengele zur Waffen-SS und absolvierte im Range eines Hauptscharführers von Anfang August bis Anfang November 1940 eine militärärztliche Ausbildung bei der Sanitätsinspektion der Waffen-SS.

11.08.1940
Einsatz in der Einwandererzentralstelle in Posen. offenbar bereits unmittelbar nach dem Übertritt zur Waffen-SS – war er zur „Umsiedlungsstelle“ in Łódź und zur „Einwanderungsstelle“ in Posen des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstumsabgeordnet, wo er im Rahmen der nationalsozialistischen „Eindeutschungs“-Politik Gutachten zur rassenbiologischen Klassifizierung von volksdeutschen Umsiedlern nach den Maßgaben der Deutschen Volksliste vornahm.

ab 01.08.1940
der Sanitätsinspektion der Waffen-SS unterstellt

01.08.1940
Beförderung zum SS-Untersturmführer

1940
Wohnort: Freiburg Sonnhalde 81

1941
Sanitätsoffizier in der SS-Panzer-Division „Wiking“ (SS.Pion.Bat. V)
Dass Mengele von Beginn an am Russlandfeldzug teilnahm, belegt das Zusammentreffen mit einem Studienfreund an der Front bei Dnjepropetrowsk im Sommer 1941.

00.01.1942 - 00.07.1942
Truppenarzt bei der SS-Division Wiking
(dennoch gutachtet er im selben Jahr für Verschuer, inzwischen Direktor des Kaiser-WilhelmInstituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik)

30.01.1942
Beförderung zum SS-Obersturmführer

1942
Mengele rettet zwei deutsche Soldaten aus einem brennenden Panzer. Diese Aktion brachte ihm das Eiserne Kreuz ein.
(Für sein Einsatzverhalten in der Sowjetunion 1941 und 1942 wurde Mengele mit dem Eisernen Kreuz I. und II. Klasse ausgezeichnet und zum SS-Obersturmführer befördert. Es existieren unterschiedliche Angaben darüber, wie lange Mengele mit der Division „Wiking“ an der Front kämpfte. Spätere Aussagen des Kriegskameraden und späteren Auschwitzer KZ-Arztes Horst Fischer, von Verschuer sowie von Mengeles Ehefrau Irene deuten darauf hin, dass Mengele erst Mitte Januar 1943 wegen einer Verwundung von der Front zurückkehrte.)

00.07.1942 - 11.02.1943
Dienststelle Reichsarzt-SS

ab 19.02.1943
SS-Infanterie-Ersatzbataillon »Ost«.

20.04.1943
Beförderung zum SS-Hauptsturmführer

24.05.1943
Arzt von
Auschwitz-Birkenau (Zigeunerfamilienlager)
(Nach seiner Ankunft war Mengele Leitender Lagerarzt für das Zigeunerlager (Lagerabschnitt BIIe), nach der Liquidation des Zigeunerlagers übernahm er die Leitung des Häftlingskrankenbaulagers BIIf.)

30.05.1943
erster Arbeitstag in Auschwitz-Birkenau

Mengele führte medizinisch sinnlose Übungsoperationen ohne Betäubung durch oder infizierte Häftlinge mit tödlichen Krankheiten, um deren Verlauf zu studieren. Starb ein Zwillingskind an einer solchen Krankheit, war dies das Todesurteil für sein Geschwister: Mengele tötete es umgehend durch eine
Phenolinjektion direkt ins Herz, um danach die Leichen zu obduzieren und die Befunde zu vergleichen.

Herbst 1943
an Fleckfieber erkrankt

11.03.1944
Geburt seines Sohnes Rolf (in Freiburg)

Herbst 1944
Chefarzt des Krankenhaussektors (B II f)

1944
Wohnort in Günzburg: Am Stadtbach 4
wohin Irene und Rolf Mengele im November 1944 unter dem Eindruck der alliierten Bombenangriffe gezogen waren

02.05.1945
Mengele schließt sich in Saaz in Nordböhmen in Wehrmachtsuniform dem Wehrmachtslazarett 2/591 an.
(Einer der Angehörigen dieses Feldlazaretts war Dr. Otto-Hans Kahler, der vor dem Krieg ebenfalls an Verschuers Frankfurter Institut tätig gewesen war und den Mengele kannte. Er setzte sich bei dem Kommandanten für seinen alten Kollegen ein, so daß diesem erlaubt wurde, sich der Einheit anzuschließen. Das Lazarett zog sich weiter Richtung Westen zurück, passierte Karlsbad und hielt sich dann mit Erlaubnis der Amerikaner etwa sechs Wochen in einem Waldgebiet im Erzgebirge auf, das im „Niemandsland" lag, einem Gebiet, das zwar zum amerikanischen Einflußbereich gehörte, aber östlich der Besatzungslinie lag. Mengele wurde von Kahler getrennt und hielt sich nun an Dr. Fritz Ulmann. Kahler sagte später den Ermittlern des OSI, Mengele habe zu diesem Zeitpunkt unter starken Depressionen gelitten und sogar an Selbstmord gedacht; er habe sich deswegen an Dr. Fritz Ulmann, einen Neurologen mit psychologischen Kenntnissen, gewandt. Kahler spekulierte in seiner Aussage nicht über den Grund von Mengeles Depressionen, deutete aber an, daß Mengele zu diesem Zeitpunkt offen über die Selektionen in Auschwitz gesprochen habe.)

30.10.1945
Seit dem 30.10.1945 arbeitete Mengele, alias Fritz Hollmann, als Stallknecht auf dem Lechnerhof in Mangolding bei Rosenheim

Später trafen sich Irene und Josef Mengele, der bereits auf einer Fahndungsliste der Amerikaner stand, unter großen Vorsichtsmaßnahmen meist in der Nähe der Autobahn zwischen Schwaben und Oberbayern.

01.08.1948
Mengele verließ am 1. August 1948 den Lechnerhof, und trat notariell seinen Erbteil ab.

1948
im Frühsommer 1948 wird für Mengele der Personalausweis Nr. 114 der südtirolischen Stadt Termeno auf den Namen Helmut Gregor ausgestellt.

15.04.1949
Mengele überquert die „grüne Grenze“ nach Italien.

25.05.1949
Mengele schifft sich in Genua an Bord der North King mit dem Reiseziel Buenos Aires ein.

20.06.1949
von Genua kommend Einreise in Argentinien mit Paß des Internationalen Roten Kreuzes auf den Namen Helmut Gregor
(Als der Dampfer "North King" aus Genua am 20. Juni 1949 im Hafen von Buenos Aires mit rund 3000 europäischen Einwanderern vor Anker ging, war auch Josef Mengele an Bord, der dank eines falschen Passes unerkannt einreisen konnte. Er ließ sich unter dem Namen "Helmut Gregor", 38 Jahre alt, katholisch, von Beruf Mechaniker, registrieren. Die Karteikarte verschwand in den Archiven der argentinischen Einwanderungsbehörde und wurde erst zusammen mit Dokumenten über andere führende Kriegsverbrecher gefunden.) Er fand Unterschlupf bei Gerald Malbranc, erhielt am 17. September einen Fremdenausweis auf seine falsche Identität und lernte in der deutschen Kolonie andere Emigranten wie Rudel, Willem Sassen und Adolf Eichmann kennen. Durch die Unterstützung seiner Familie war Mengele wirtschaftlich unabhängig.


25.03.1954
Am 25. März 1954 wurde seine Ehe mit Irene Mengele durch das Landgericht Düsseldorf geschieden; Mengele ließ sich durch einen Rechtsanwalt vertreten.

1956
1956 wurde ein Treffen Mengeles mit Maria Martha Will zum Skiurlaub im schweizerischen Wintersportort Engelberg organisiert. Mengele flog über New York City nach Genf ein und traf in Engelberg auch seinen Sohn Rolf, dem er als „Onkel Fritz“ vorgestellt wurde. Anschließend besuchte Mengele kurz Günzburg, bevor er wieder nach Argentinien zurückkehrte.

25.07.1958
Heirat mit der Witwe (Maria Martha Will) seines verstorbenen Bruders in Nueva Helvecia in Uruguay
(Martha, lebte später zurückgezogen in einem Appartement in der Via del Parco 4 in Meran)

03.08.1958
Der Schriftsteller Ernst Schnabel erstattet Strafanzeige gegen Mengele. Schnabel macht im Rahmen seiner Veröffentlichungen über Anne Frank auf Mengele, seine Verbrechen und die unzureichende Fahndung nach Mengele aufmerksam.

27.11.1959
Josef (Jose) Mengele wird am 27. November 1959 in Paraguay eingebürgert, nachdem der russische Baron Alexander von Eckstein, ein Major der paraguayischen Armee, und der Kaufmann Werner Jung, vormals Vorsitzender der paraguayischen Auslands-NSDAP, für ihn gebürgt hatten.

03.09.1974
In einem Brief an seinem österreichischen Freund Wolfgang Gerhard vom 3. September 1974 bedauert Mengele, dass eine seiner Nichten die Braut eines deutschstämmigen Brasilianers sei, dessen Familie nicht mit der "Arier-Ideologie" einverstanden sei.

1977
Rolf Mengele besucht seinen Vater

07.02.1979
Josef Mengele ertrinkt nach einem Schlaganfall beim Schwimmen im Badeort Bertioga bei São Paulo. Unter dem Namen "Wolfgang Gerhard" wird er in Embu (Brasilien) begraben. Seiner Familie gelingt es, den Tod geheimzuhalten
( Bereits am nächsten Tag wurde er auf dem Friedhof Nossa Senhora do Rosario in Embu, einem Vorort von São Paolo, unter dem Namen Wolfgang Gerhard beerdigt.)

19.01.1981
Haftbefehl gegen Josef Mengele

06.06.1985
am 06. Juni 1985, wird auf einem Friedhof der Stadt Embu bei São Paulo vor laufenden Fernsehkameras eine männliche Leiche exhumiert, die sterblichen Überreste des ehemaligen SS-Arztes. Er war, wie seine frühere Frau drei Monate zuvor berichtet hatte, bereits 1979 im Alter von 67 Jahren gestorben und unter falschem Namen beerdigt worden.

12.02.1999
am 12.02.1999 entschuldigte sich das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in Genf, dass man Mengele im Jahre 1949 ein Reisedokument auf den Namen Helmut Gregor ausgestellt hatte, mit dessen Hilfe er unerkannt nach Südamerika flüchten konnte und welches somit auch Verantwortung für die Unerreichbarkeit Mengeles im Ausland trägt

Mengele war mittelgroß, von zarter Statur und hatte dunkles Haar. Er war ein auffallend hübscher und eleganter Mann. Er war auch sehr intelligent und ist durch sein Benehmen von den übrigen SS-Ärzten sehr abgestochen.

A Report to the Attorney General of the United States [16.257 KB]

Falschnahmen
Wolfgang Gerhard
Fritz Hollmann
José Mengele
Helmut Gregor [i]
Rudolph Weiss
Dr. Fausto Rindón
S. Josi Alvers Aspiazu

Kleine Anfrage der Fraktion der SPD [183 KB] - Auslieferung des ehemaligen Arztes Dr. Josef Mengele durch Argentinien

Die Universität Frankfurt hat Josef Mengele den Dr. med. Im Juli 1961, die Universität München den Dr. phil. im Juli 1964 aberkannt.
(Diese Entscheidung wurde am 23. September 1963 rechtsgültig.)

Wahrheit oder Gerücht (bisher nicht bewiesen)
Mengele has an illegitimate daughter born to an Australian woman of German descent for a relationship between the two; when the woman, aged 23, and her mother and brother a German colony in Paraguay mid 1960s visited. was born the child in Melbourne Australia on 10 March 1961. It was privately believed.

Mengele Irene

Irene Mengele, Ehefrau des berüchtigten Auschwitz- Arztes Joseph Mengele, empfand ihre Zeit in Auschwitz als idyllisch, Häftlinge in gestreifter Gefängniskluft waren ihre Bediensteten. Ihre Tage verbrachte sie damit, Brombeeren zu sammeln und Marmelade zu kochen.

Konieczna Irena

Häftlingsärztin (Gynäkologin)
* 07.10.1905 in Posen
ab August 1943 Häftling im KL Auschwitz
Aussage zu einer Selektion Mengeles:
»Die Kranken mußten sich nackt vor den Betten aufstellen. Nachdem Mengele eintrat, stellte er sich während einer solchen Selektion beim Eingang zum Block, und die Kranken mußten an ihm vorbeiziehen. Er schaute sich die Körper der Kranken der Reihe nach an und deutete auf die von ihm ausges4hten Kranken, deren Nummer die Schreiberin von ihren Armen ablesen und eintragen mußte. Die ausgesuchten Kranken wurden aus dem Block und aus dem Revier herausgesucht und auf den Block 25 (den Todesblock) gebracht. Ich sah, wie nach einiger Zeit - es kam vor, daß es am selben Tag geschah - die Lastwagen an diesen Block heranfuhren, nackte Frauen dar-aufgeladen und in Richtung Krematorium gebracht wurden.«

13.10.1942

In dem Vorschlag zur „Beförderung in der Waffen-SS“ vom 13. Oktober 1942 durch den Bataillonskommandanten Schäfer der SS-Pionierabteilung 5 (einer Untergliederung der SS-Division „Wiking“) wird Mengele die „volle Ausfüllung seiner Dienststellung als Truppenarzt des SS-Pi. Btl. 5“ bescheinigt. Auch der vorgesetzte Divisionsarzt unterstützte die Beförderung „wärmstens“ (BA Berlin, ehem. BDC, SSO Mengele, Bl. 412). In der Mitteilung an Mengele, daß er tatsächlich befördert werde, firmiert er auch am 16. April 1943 noch als Teil der „SS-Pz.Gren.Div. Wiking‘“

24.05.1943

Betr.:
Versetzungen.
Bezug: Ohne. Anlg.: Keine.
Der SS-Hauptsturmführer d.R. Josef Mengele, geb. 16.3.1911, SS-Inf.Ers.Btl. ‚Ost‘, wird mit Wirkung vom 30.5.1943 zum W.u.V.-Hauptamt, Amtsgruppe D III versetzt. Inmarschsetzung nach Übergabe der Dienstgeschäfte an SS-Sturmbannführer Lack. Inmarschsetzung zum K.L. Auschwitz b. Kattowitz, Meldung beim Lagerkommandanten.“ SS-Führungshauptamt an das SS-Infanterie-Ersatz-Bataillon „Ost“, 24. Mai 1943

25.05.1943

Am 25. Mai 1943 ließ Mengele 507 Sinti und Roma sowie 528 Sinti- und Romafrauen mit Verdacht auf Fleckfieber in den Gaskammern töten, die Todesdaten wurden im Hauptbuch verschleiert.

19 08.1944

Beurteilung Mengeles
Dr. Mengele hat eine offene, ehrliche, solide Charakter. Er ist absolut zuverlässig, aufrecht und unkompliziert. Er manifestiert keine Charakterschwäche, schlechte Tendenzen oder Verlangen. Seine emotionalen und physischen Make-up ist hervorragend. Während seiner Dienstzeit im KZ Auschwitz, bewarb er sich seine praktischen und theoretischen Kenntnisse schweren Epidemien zu bekämpfen. Mit Umsicht und anhaltender Energie und oft unter schwierigsten Bedingungen absolvierte er jede zugewiesene Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit seiner Vorgesetzten. Er zeigte sich der Lage, jede Situation fertig zu werden. Darüber hinaus verwendet er, was wenig freie Zeit er inbrünstig seine Ausbildung als Anthropologin hatte zu fördern. Seine taktvoll und bescheiden Haltung ist die eines guten Soldaten. Wegen seiner Haltung, ist er besonders gut von seinen Kameraden gefallen hat. Er behandelt Untergebene mit absoluter Fairness und erforderlichen Strenge, aber dennoch außerordentlich bewundert und gemocht. In seinem Verhalten, Arbeit aufnehmen und die Haltung, zeigt Dr. Mengele eine absolut solide und reife Einstellung zum Leben. Er ist katholisch. Seine Rede Weise ist spontan, hemmungslos, überzeugend und lebendig.

19.05.1999

Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrates des Kantons Zürich
Sitzung vom 19. Mai 1999

980. Interpellation und Anfrage (Aufenthalt des Kriegsverbrechers
Josef Mengele im Kanton Zürich – Missglückte Verhaftung von Josef Mengele)

Die Kantonsräte Dr. Christoph Mörgeli, Stäfa, Alfred Heer, Zürich, Ernst Schibli, Otelfingen, und Mitunterzeichnende haben am 1. März 1999 folgende Interpellation eingereicht:

Wir bitten den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Trifft es zu, dass Josef Mengele Anfang März 1961 seine Frau an der Schwimmbadstrasse 9 in Kloten besucht und dabei von der Kantonspolizei Zürich observiert wurde?
2. Trifft es zu, dass die Kantonspolizei Zürich über die wahre Identität des Besuchers informiert war?
3. Falls dies der Fall sein sollte, bitten wir um Angabe der Gründe, weshalb im März 1961 die Verhaftung Mengeles unterblieben ist.
4. Welche Kontakte haben im Zusammenhang mit der Observierung Mengeles mit den zuständigen Stellen des Bundes stattgefunden?
5. Wer trägt nach Meinung des Regierungsrates die politische Verantwortung auf Kantonsebene für die unterbliebene Verhaftung Mengeles im März 1961?
6. Wer trägt nach Meinung des Regierungsrates die politische Verantwortung auf Bundesebene für die unterbliebene Verhaftung Mengeles im März 1961?

Begründung:
Die Hinweise verdichten sich, dass sich der etwa 1979 verstorbene Dr. med. et phil. Josef Mengele, SS-Hauptsturmführer und KZ-Lagerarzt in Auschwitz-Birkenau, mehrmals unter falschem Namen in der Schweiz und auch im Kanton Zürich aufgehalten hat. Mengele gehörte auf Grund grausamster Humanexperimente, unter anderem an Zwillingen und Kleinwüchsigen, sowie auf Grund seiner Selektionstätigkeit an der so genannten «Rampe» in Auschwitz zu den meistgesuchten Kriegsverbrechern dieses Jahrhunderts. Tausende haben vergeblich nach Mengele gefahndet; auf sachdienliche Hinweise zu dessen Festnahme waren zuletzt 10 Mio. DM ausgesetzt, weltweit die grösste je zu diesem Zweck vorgesehene Summe. Im März 1956 weilte Mengele offensichtlich als «Helmut Gregor» in unserem Land und konnte sich hier ungestört mit Mitgliedern seiner Familie treffen. Anfang März 1961 soll er seine Frau besucht haben, die eine Wohnung an der Schwimmbadstrasse 9 in Kloten gemietet hatte. Möglicherweise im Wissen um die Identität des Besuchers soll diese Wohnung damals durch die Zürcher Kantonspolizei observiert worden sein, ohne dass es zu einer Verhaftung kam. Dies wäre umso unverständlicher, als kurz zuvor – im Jahre 1960 – die spektakuläre Verhaftung des Kriegsverbrechers Adolf Eichmann und der 1961 mit dessen Hinrichtung beendete Prozess in Israel für weltweites Aufsehen sorgten und somit die Politik und die Öffentlichkeit auch hierzulande für die Thematik der deutschen Kriegsverbrechen durchaus sensibilisiert war. Zur möglichst raschen politischen und historischen Aufarbeitung des Falles Mengele im Zusammenhang mit dem Kanton Zürich möchten wir nicht auf möglicherweise unpräzise Recherchen der Presse angewiesen sein. Um allfällige Falschinformationen zu berichtigen beziehungsweise die angesprochenen Tatbestände zweifelsfrei zu bestätigen, bitten wir den Regierungsrat, anhand der noch vorliegenden Akten die oben stehenden Fragen zu beantworten.

Kantonsrat Alfred Heer, Zürich, hat am 15. Februar 1999 folgende Anfrage eingereicht:
Gemäss einem Bericht des Israelitischen Wochenblattes vom 12. Februar 1999 hat sich der «Todesengel» von Auschwitz Dr. Josef Mengele mehrfach in der Schweiz und auch im Kanton Zürich aufgehalten.
So soll gemäss diesem Bericht Dr. Mengele von der Kantonspolizei Zürich 1961 auf Grund eines Hinweises aus der Bundesrepublik Deutschland überwacht, aber nicht verhaftet worden sein. Das Kommando der Kantonspolizei Zürich hat zuerst die Bundesbehörden in Bern angefragt, ob der Kriegsverbrecher Mengele verhaftet werden dürfe.

Zu diesen Vorgängen bitte ich den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Wieso hat das Kommando der Kantonspolizei Zürich zuerst die Bundesbehörden um Erlaubnis für die Verhaftung eines Kriegsverbrechers bitten müssen? Hat es entsprechende Weisungen aus Bern an die Kapo Zürich gegeben, dass Kriegsverbrecher nur nach vorgängiger Rücksprache mit Bern verhaftet werden dürfen?
2. In der Anfrage des Kommandos der Kantonspolizei Zürich nach Bern wurde die Frage aufgeworfen, ob mit internationalen Problemen bei der Verhaftung gerechnet werden müsse. An was für internationale Probleme hat das Kommando der Kantonspolizei gedacht?
3. Wie viel Zeit ist verstrichen, bis auf die Anfrage des Kommandos der Kapo Zürich Antwort aus Bern für die provisorische Verhaftung eingetroffen ist?
4. Welche Dokumente, inklusive allfälliger Akten aus Bern, sind aus dem oben genannten Fall in Zürich noch vorhanden, und wie werden diese ausgewertet?
5. Wie würde heute vorgegangen, falls sich ein gesuchter Kriegsverbrecher im Kanton Zürich aufhält? Würde das Kommando der Kapo Zürich auch wieder zuerst in Bern nachfragen, ob man eine Verhaftung durchführen darf?

Auf Antrag der Direktion für Soziales und Sicherheit
beschliesst der Regierungsrat:

I. Die Interpellation Dr. Christoph Mörgeli, Stäfa, Alfred Heer, Zürich, Ernst Schibli, Otelfingen, und Mitunterzeichnende sowie die Anfrage Alfred Heer, Zürich, werden wie folgt beantwortet:

Das Aktendossier des seinerzeitigen Nachrichtendienstes der Kantonspolizei zum Fall Mengele wurde gestützt auf die mit der Polizeidirektion getroffene Vereinbarung betreffend Aufbewahrung von Staatsschutzakten 1993 vom Staatsarchiv übernommen. Diese Vereinbarung sicherte die Überführung jener kantonalen Akten des Nachrichtendienstes in das Staatsarchiv, an denen ein historisches Interesse bestand. Sie regelt auch die für die Gewährung der Akteneinsicht zu beachtenden Sperrfristen und Verfahren. Mit den übrigen kantonalen Akten des Nachrichtendienstes wurde gemäss der Weisung des Regierungsrates vom 28. Februar 1990 verfahren, worin auch bestimmt wird, welche Akten zu vernichten sind. Gemäss Auskunft des Staatsarchivs erscheint das Dossier zum Fall Mengele (Bezeichnung D 4693) zwar vollständig; in gewichtigen Punkten lasse es aber weder eine Bestätigung noch eine Widerlegung des in der Interpellation und in der Anfrage wiedergegebenen Sachverhaltes zu. Es enthält 25 nummerierte Aktenstücke sowie ein vom Oberstaatsanwalt beim Landgericht Frankfurt am Main auf Anfrage der Kantonspolizei Zürich hin zugestelltes Fahndungsdossier Mengele. Bei den 25 Aktenstücken handelt es sich um Fahndungsakten und Überwachungsberichte vom Frühjahr 1961. Archiviert sind sodann verschiedene Medienberichte, die unter anderem 1985 darauf hinwiesen, dass Mengele mit Sicherheit 1979 in Sao Paulo verstorben sei. Ferner enthalten die Akten die Videoaufzeichnung einer Sendung des Fernsehens DRS vom 2. September 1987 zur Flucht und Verfolgung Mengeles. Aus den Akten geht zwar hervor, dass die Kantonspolizei versuchte, über dessen Ehefrau an Josef Mengele heranzukommen. Nicht ersichtlich ist jedoch, ob es der Kantonspolizei gelang, die Person Mengeles klar festzustellen und zu identifizieren. Belegen lassen sich lediglich die Anwesenheit von Mengeles Ehefrau in Kloten im Frühjahr 1961 und seines Sohns im Institut Monte Rosa in Montreux-Territet. In den erwähnten Akten fehlen aber Belege für eine Anwesenheit Mengeles im Kanton Zürich.
Die Frage, weshalb die Kantonspolizei das Fahndungsdossier Mengele beim Oberstaatsanwalt beim Landgericht in Frankfurt anforderte, kann auf Grund der Aktenlage nicht präzis beantwortet werden. Aus den Akten geht nach den Angaben des Staatsarchivs diesbezüglich Folgendes hervor:
Am 4. März 1961 erschien auf dem Posten 4 (Zürich 6) der Kantonspolizei der deutsche «Bild am Sonntag»-Journalist Günther Schwarberg und berichtete über seinen Verdacht, Mengele würde sich bei Martha Mengele an der Schwimmbadstrasse 9 in Kloten aufhalten. Schwarberg war am 2. März in die Schweiz eingereist, um die Spur von Mengele zu verfolgen. Am 15. März bestellte Hauptmann Grob von der Kantonspolizei in Frankfurt das Fahndungsdossier Mengele, das der dortige Oberstaatsanwalt am 22. März nach Zürich sandte.
Schon am 5. März hatte jedoch die Interpol-Stelle der Kantonspolizei mit Hinweis auf die Meldung von Schwarberg die Interpol in Wiesbaden um Zusendung von erkennungsdienstlichem Material gebeten. In Wiesbaden waren aber weder Fingerabdrücke noch Lichtbild vorhanden, lediglich das Polizeikennzeichen des Volkswagens, den Martha Mengele in Kloten benützte, wurde näher identifiziert.
Nach Angaben des Staatsarchivs finden sich in den vorhandenen Akten auch keine Weisungen des Bundes, Kriegsverbrecher dürften nur nach Rücksprache mit den Bundesbehörden verhaftet werden. Es fehlt auch ein Hinweis darauf, das Kommando der Kantonspolizei habe die Bundesbehörden um Erlaubnis für die Verhaftung Mengeles gebeten. Vor dem Hintergrund dieser kantonalen Aktenlage stellt sich die Frage nach der politischen Verantwortlichkeit wegen unterlassener Verhaftung nicht.
Zum polizeilichen Vorgehen, falls sich heute ein gesuchter Kriegsverbrecher im Kanton Zürich aufhalten würde, ist Folgendes auszuführen:
Ein Kriegsverbrecher gilt dann als gesucht, wenn er zur Festnahme ausgeschrieben ist. Die ausschreibende Behörde – in aller Regel ein Gericht, eine Untersuchungs- oder eine Vollzugsbehörde – löst eine Fahndung nur aus, wenn die strafprozessualen und völkerrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die ausschreibende Behörde verbreitet ihre Fahndungsmeldung im Sinne von §51 der zürcherischen Strafprozessordnung (LS 321) über die Fernmeldeeinrichtungen und Fahndungsanzeiger der Polizei. Amtliches Fahndungsorgan für die Schweiz ist heute das sogenannte RIPOL, ein vom Bund und von den Kantonen gemeinsam betriebenes EDV-System für die Personen-, Sach- und Fahrzeugfahndung. Darin werden vom Bundesamt für Polizeiwesen auch die Ausschreibungen ausländischer Behörden aufgenommen, soweit sie eine internationale Fahndung zum Gegenstand haben und sie die für eine Fahndung und Festnahme nach unserem Recht notwendigen Voraussetzungen erfüllen. Ergreift die Polizei einen ausgeschriebenen Kriegsverbrecher, nimmt sie diesen mithin ohne Rückfrage zuhanden der ausschreibenden Behörde fest. Stösst sie auf einen angeblichen Kriegsverbrecher, der nicht rechtsgültig ausgeschrieben ist, fehlt es jedoch an der Berechtigung zu einer Festnahme. Bei einer auf Grund anhaltender kriegerischer Wirren im Ausland unsicheren Lage könnte die Polizei jedoch zu einer Identitätsüberprüfung schreiten und während derselben die Bundesbehörden anfragen, ob ein internationaler Haftgrund besteht.
Diese Rechtslage zeigt keinen kantonalen Handlungsbedarf für die heutige Verfolgung von Kriegsverbrechern. Was die Situation um den Kriegsverbrecher Mengele betrifft, ist ungewiss, ob Akten von Bundesstellen, auf die der Kanton Zürich keinen Einfluss hat, zur Klärung der offenen Fragen um einen Aufenthalt in der Schweiz beitragen könnten. Die historische Forschung befasst sich derzeit intensiv mit verschiedensten Aspekten der Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg und der folgenden Zeit. Auch in anderen Ländern ist die historische Aufarbeitung dieser Zeit nicht abgeschlossen. Es ist zu hoffen, dass in diesem Zusammenhang wissenschaftlich gesicherte neue Erkenntnisse zu Tage gebracht werden, die eine abschliessende Beantwortung der heute offenen Fragen erlauben.

II. Mitteilung an die Mitglieder des Kantonsrates und des Regierungsrates sowie an die Direktion für Soziales und Sicherheit.

Vor dem Regierungsrat
Der Staatsschreiber:
Husi

Versteckt in Brasilien

In São Paulo nahm Wolfgang Gerhard vom „Kameradenwerk“ Mengele auf und beschäftigte ihn in seiner Druckerei. Unzufrieden mit der eintönigen Arbeit, übernahm Mengele 1961 eine Stelle als Verwalter auf der Fazenda des ungarischen Ehepaares Stammer bei Araraquara. Als die Stammers gewahr wurden, wer ihr neuer Verwalter in Wirklichkeit war, nötigten sie Mengele zur Beteiligung am Kauf einer neuen Farm, der Kaffeeplantage Santa Luzia bei Lindóia. 1967/68 zogen Mengele und die Stammers nach Jardin Luciana bei Caieiras. Hier befreundete er sich mit Wolfram Bossert, der 1971 die notwendigen Botendienste übernahm, als Wolfgang Gerhard nach Österreich zurückkehrte. Gerhard überließ dabei Mengele seine Papiere. Der Kontakt zur Familie Mengele lief vor allem über Hans Sedlmeier, einen Prokuristen der Firma Mengele. 1975 ließen sich schon lange bestehende Spannungen zwischen Mengele und den Stammers nicht mehr überbrücken, und Mengele bezog ein kleines Haus in São Paulo. Im Oktober 1977 besuchte ihn dort sein Sohn Rolf.

Nach seiner Flucht

Mengele Hütte in Hohenau, Itapúa, Paraguay

Alfredo Stroessner, 51, Paraguays Diktator bayrischer Abstammung, fuhr Bonns Botschafter Eckart Briest an: "Ich werde die Beziehungen zur Bundesrepublik abbrechen!"

Der deutsche Diplomat versuchte seinen Auftrag zu erläutern, doch der General-Staatschef der Gran-Cháco -Republik schnitt ihm während der Audienz Mitte Juli das Wort ab: "Ich verbitte mir jeden weiteren Versuch!"

Botschafter Briest verließ eilig die weiße Casa Presidencial in der paraguayischen Hauptstadt Asunción, in seiner Aktenmappe einen unerledigten Auftrag:

Das Ersuchen der Bundesregierung, den Mann auszuliefern, auf den seit Anfang Juli die höchste Kopfprämie in der Justizgeschichte der Bundesrepublik - 60 000 Mark - ausgesetzt ist: den ehemaligen SS-Hauptsturmführer und Lagerarzt des Konzentrationslagers

Mengele fehlt als prominentester Beschuldigter auf der Anklagebank des Frankfurter Auschwitz -Prozesses. Dem früheren Dr. med. und Dr. phil.* aus dem bayrischen Günzburg an der Donau wird vorgeworfen, er habe Zehntausende von Häftlingen an der Rampe von Birkenau für die Gaskammern von Auschwitz selektiert;

durch Injektionen von Phenol, Luft oder Benzin eine ungenannte Vielzahl von Häftlingen umgebracht;
ein vierzehnjähriges Mädchen mit einem Bajonetthieb getötet;
einen Säugling zu Tode getrampelt;
jüdische Kinder - vor allem Zwillinge - durch medizinische Experimente in einer ungenannten Zahl getötet.

Auschwitz-Arzt Mengele hatte bis 1951 unter seinem richtigen Namen in verschiedenen Orten Bayerns gelebt, dann war er geflüchtet. Erst zwei Jahre später hatten die Erhebungen das mörderische Treiben Mengeles so weit klargestellt, daß die Fahndung nach ihm eingeleitet werden konnte.

Sechs Jahre später hatte sie den ersten Erfolg. Mengele war in Buenos Aires entdeckt worden. Er vertrat unter seinem Namen die Landmaschinenfabrik "Karl Mengele & Söhne", die sein Bruder Alois in Günzburg leitet.

Die Bundesregierung ersuchte Argentinien um die Auslieferung des Auschwitz-Abspritzers. Es dauerte fast ein Jahr, bis ein argentinisches Gericht einen Haftbefehl gegen Mengele erließ.

Zu spät. Mengele war aus Buenos Aires nach dem argentinischen Kurort San Carlos de Bariloche verschwunden. Der zurückhaltende "doctor alemán" war bald ein bekannter Gast.

Am 10. Mai 1960 - an diesem Tag entführten Israelis den Endlöser Adolf Eichmann aus Buenos Aires - verschwand der deutsche Doktor auch dort. Zurück blieb das Rätselraten um den Tod der Jüdin Nora Eldoc, einer Angestellten der Israel-Mission in Köln. Sie war nach Bariloche geflogen, angeblich um ihre Mutter zu besuchen, und eines Tages nach einer Bergtour tot aufgefunden worden. Die Gerüchte, sie sei Mengele auf der Spur gewesen, hielten sich hartnäckig.

Mengele blieb unauffindbar. Alle paar Monate tickerten Agenturmeldungen um die Welt, der KZ-Arzt sei verhaftet worden: in Argentinien, Brasilien und Peru. Sie stimmten nicht.

Der 1,74 Meter große Mann mit der auffallenden Dreieckslücke zwischen den oberen Schneidezähnen und dem schielenden linken Auge hatte einen neuen Unterschlupf gefunden: Er war über Brasilien nach Paraguay gegangen, wo er bereits 1956 vorsorgliche Kontakte geknüpft hatte.

In Paraguay hatte 1887 der Schwager Friedrich Nietzsches, Dr. Bernhard Förster, im Urwalddorf Nueva Germania die germanische Rasse in Reinheit aufzüchten wollen. Sein Versuch scheiterte kläglich, doch die Zuwanderung. Deutscher verstärkte sich ständig.

Heute leben 30 000 Deutschstämmige in Paraguay. Der 22. Staatschef des Landes innerhalb von 21 Jahren, Artilleriegeneral Stroessner, der sich 1954 den Weg zur Macht erputschte, hatte deutsche Großeltern.

Stroessners isolierter, unwegsamer und dünnbesiedelter Agrarstaat (eineinhalbmal so groß Wie die Bundesrepublik, zwei Millionen Einwohner) wurde zum Asyl flüchtiger Nazis. Bayer und Nazifreund Stroessner stellte SS-Offiziere und NS-Funktionäre in Staatspolizei und Administration ein.

Der erste Pulk von Nationalsozialisten war 1955 dem gestürzten argentinischen Diktator Perón ins
Exil nach Paraguay gefolgt. Die zweite Welle retirierte nach Eichmanns Entführung hinter Stroessners sichere Grenzen.

Josef Mengele bewohnte zunächst in der Hauptstadt Asunción die Pension "Astra" des Auslandsdeutschen Peter Fast. Obgleich ohne Approbation, behandelte er den herzleidenden Wirt. Fast: "Er sprach sehr nett zu mir." In seiner Absteige feierte Mengele manch feuchte Fast-Nacht. Sein zackigster Zechkumpan war der Luftwaffenoberst Hans-Ulrich Rudel, Träger der höchsten deutschen Tapferkeits-Auszeichnung im Zweiten Weltkrieg.

Er besaß bereits einen paraguayischen Paß. Während eines Besuchs hatte die Einwanderungsbehörde in Asunción Mengele am 27. November 1959 unter der Nummer 946/M registriert, das Regierungsdekret 809 - Kosten: 5000 Guarani (150 Mark) - hatte ihn unter dem Namen Jose Mengele eingebürgert:

Name: Mengele José, Sohn des Karl Mengele und der Walli Hepfauer (verstorben). Geboren am 16. März 1911 in Günzburg (Bayern), Deutschland.

Verheiratet mit Martha Maria Weil (Wohnort: Buenos Aires).

Sohn: Rolf Mengele, wohnhaft in Deutschland.

Beruf: Kaufmann.

Äußere Merkmale: Helle Haut. Braune Haare, Ansatz zur Glatze. Kleiner Schnurrbart. Hellbraune Augen. Gerade Nase. Lippenstärke mittelmäßig. Augenbrauen stark, getrennt. Ohren mittelgroß. Fingerabdrücke: V. 1344 - V. 4444.

Im Besitz eines argentinischen Personalausweises, ausgestellt von der Bundespolizei in Buenos Aires unter der Nummer 3 940 484, am 27. November 1955.

Im Besitz eines paraguayischen Personalausweises, ausgestellt von der Polizei in Asunción, Nummer 293 384, Aktenzeichen 425 006.

Letzte Einreise noch Paraguay: Mai 1959. Wohnsitz: Fulgencio Moreno 507, Asunción.

Die Wohnsitzangabe war falsch, es war die Adresse von Mengeles Anwalt César Augosto Sanabria. Falsch waren auch die Aussagen der Einbürgerungszeugen, des Weißrussen Alexander von Eckstein und des Deutschen Werner Jung. Sie bezeugten, Mengele habe bereits fünf Jahre in Paraguay gelebt.

Zeuge Jung war während des Zweiten Weltkrieges Landeschef der NSDAP -Auslandsorganisation Paraguay. Nach Kriegsende besaß er die Firma "Ferreteria Paraguaya SA.", die 1950 die. Vertretung der Firma des Mengele-Bruders Alois in Paraguay übernahm.

1962 machte Altnazi Jung Pleite. Seine Firma übernahm der Auslandsdeutsche Werner Schubeius, in Jungs Haus zog der Kanzler an der Konsularabteilung der Deutschen Botschaft, Kurt Habermann, ein. Habermann wurde 1963 nach Bonn zurückgerufen und in die Inlandsabteilung des AA versetzt.

Pleite-Pg Jung übersiedelte nach Spanien und vertritt in Eubea (Provinz Vizcaya) eine Filiale der deutschen "Agria-Werke GmbH" in Mockmühl bei Heilbronn.

Mengele fühlte sich im Kreise alter Kameraden in Asunción so sicher, daß er nicht einmal seine auffällige Zahnlücke füllen ließ. Regelmäßige Überweisungen, die er über den Jung-Nachfolger Schubeius erhielt, sicherten ihm ein sorgenfreies Dasein.

Die Geldsendungen kamen aus Buenos Aires. Sie sind Erträge einer 50-Prozent-Beteiligung Mengeles an der argentinischen Eisenwarenfabrik "Fadrofarm KG SA." (Grundkapital: vier Millionen Mark).

Doch 1962 kamen ihm die Nazijäger der Staatsanwaltschaft Frankfurt auf die Spur. Die Deutsche Botschaft in Asunción beantragte auf Weisung Bonns die Feststellung der Identität Mengeles. Die paraguayischen Behörden erklärten nach Monaten, Jose Mengele sei mit dem KZ-Arzt nicht identisch.

Mengele wurde vor Bonns Bemühungen gewarnt und tauchte im Landesinneren unter. Er bezog auf der Farm des Auslandsdeutschen Alban Krug in der deutschen Siedlung Hohenau, nahe der Stadt Encarnación, Quartier. Mit Farmer Krug und Oberst Rudel sei auch öfters, so berichteten Indios den Rechercheuren der Deutschen Botschaft, ein "doctor alemán" zur komfortablen Jagdhütte Krugs gezogen.

Vor etwa zwei Monaten, kehrte Weidmann Mengele noch einmal zu einer Becher-Tour durch die Bars von Asunción in die Hauptstadt zurück. Schluckbruder des letzten Alkohol-Gefechts: wiederum der höchstdekorierte Deutsche Rudel. Danach verlor sich Mengeles Spur im Busch.

Die Frankfurter Fährtensucher geben nicht auf. Sie glauben, durch hartnäckige Interventionen bei Diktator Stroessner - der Ende 1963 von der Bundesrepublik zwölf Millionen Mark Wirtschaftshilfe erhielt - den Auschwitz -Arzt doch noch zu bekommen.

Ihr Chef, Generalstaatsanwalt Dr. Fritz Bauer, glaubt sogar, im Nazi -Paradies Paraguay einen noch fetteren Fang tun zu können. Er ist sicher, daß dort auch ein Mann lebt, der "von hinten wie Franz-Josef Strauß und von vorn wie eine Kartoffel aussieht" (Bauer) und bis 1954 offiziell als tot galt: der ehemalige Chef von Hitlers Parteikanzlei, Reichsleiter Martin Bormann.

27.01.2000

55 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz.
Die Max-Planck-Gesellschaft will keine Opfer von Mengeles Menschenversuchen, will keine "Mengele-Zwillinge" einladen. Beschämend, aber: Wer dort könnte ihnen auch in die Augen sehen?

Frankfurter Universität

Der spätere KZ-Arzt Josef Mengele wurde 1938 an der Frankfurter Universität promoviert. Dass er auch dort tätig war, ist bisher aber nicht weithin bekannt. Das will die Forschungsstelle für NS-Pädagogik ändern.

Mengeles Wirkungsstätte in Frankfurt: das damalige Uni-Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene, gelegen an der Gartenstraße

Das Papier ist vergilbt, die Ecken sind abgegriffen. „Universitäts-Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene Frankfurt am Main“ steht oben auf dem Deckblatt. Und darunter: „Sippenuntersuchungen bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalte“. Ein Wälzer, der die Vererbbarkeit jener Missbildung belegen sollte, die früher auch Hasenscharte genannt wurde. Eine Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt, vorgelegt im Juni 1938. Verfasst hat sie ein gewisser Josef Mengele aus Günzburg an der Donau. Der spätere KZ-Arzt und „Todesengel von Auschwitz“ – jener Mann, der im „Dritten Reich“ Versuche an Zwillingen vornahm und kistenweise Augäpfel toter Kinder nach Berlin verschickte.

Groß feiert die Universität in diesem Jahr ihr hundertjähriges Bestehen. Zu ihrer Geschichte gehört die Gründung im Jahr 1914, die vor allem jüdischen Stiftern zu verdanken war. Dazu gehören aber auch die Verstrickungen während der NS-Zeit, die bis ins Vernichtungslager Auschwitz reichten. Denn der berüchtigte SS-Arzt Mengele, dessen akademische Biografie bisher meist nur mit der Ludwig-Maximilians-Universität München in Verbindung gebracht wurde, arbeitete auch in der Stadt am Main und wurde dort promoviert.
„Nie vertuscht“, aber nicht weithin bekannt

„Frankfurt ist nicht nur Goethe, sondern auch Mengele“, sagt Benjamin Ortmeyer, Professor am Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft der Goethe-Universität und Leiter der Forschungsstelle NS-Pädagogik, in der die Universität und das Fritz-Bauer-Institut kooperieren. Dass in dem heute zum Westend-Campus der Universität gehörenden Poelzig-Bau der IG-Farben-Konzern seinen Sitz hatte, der das Lager Monowitz in Auschwitz betrieb und das Zyklon B für die Gaskammern herstellte, gehört zur bekannten Historie des Ortes. Dass jedoch Mengele an der Universität wirkte, ist zwar in der Forschung bekannt „und auch nie vertuscht worden“, sagt Ortmeyer, „aber im kollektiven, öffentlichen Bewusstsein und Gedächtnis ist das nicht verankert“.

Das will die Forschungsstelle für NS-Pädagogik ändern. Sie beginnt am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, mit einer Ringvorlesung, die sich in vier Vorträgen, über das ganze Jahr verteilt, nicht nur mit Mengele befasst, sondern auch mit dem nationalsozialistisch gesinnten Uni-Rektor Ernst Krieck, dem jüdischen Professor Ernst Kantorowicz und der Speyerschen Hochschulstiftung. „Täter und Opfer“, betont Ortmeyer. Er versteht das als Kontrapunkt zu den offiziellen Jubelfeiern der Uni. Der Professor will zeigen, „dass nicht alles Gold war in diesen 100 Jahren“.

Ein Teil der NS-Vergangenheit schlummert im Universitätsarchiv. Dort lagern noch immer die Personalakte Mengeles und seine Doktorarbeit. Darunter finden sich die Geburtsurkunde, ein vom ihm verfasster Lebenslauf, ein „Arier-Nachweis“ und Belege seiner Anstellung als Arzt. Das Material könne eingesehen werden, für Kopien sei es aber gesperrt, sagt Ortmeyer, der in den vergangenen Monaten akribisch Unterlagen und Fakten zusammengetragen hat.
Bis 1944 auf der Uni-Gehaltsliste

Daraus ergibt sich, dass Josef Mengele von Januar 1937 bis zu seiner Einberufung im Juni 1940 unter dem NS-Rassentheoretiker Otmar von Verschuer am Universitäts-Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene an der Gartenstraße in Frankfurt beschäftigt war. Auf Gehalts- und Personallisten der Uni stand Mengele sogar noch bis 1944, also während er schon in Auschwitz war.
Zunächst arbeitete er als Medizinalpraktikant am Institut, später als Volontär und Stipendiat der Bad Nauheimer Kerckhoff-Stiftung. Im September 1937 erhielt er die „Bestallung“ als Arzt. Direktor Verschuer schlug Mengele im Mai 1938 für die Besetzung einer Assistentenstelle an seinem Institut vor, die er kurz darauf antrat. Wie Verschuer an das Kuratorium der Uni schrieb, nahm Mengele an amtsärztlichen Untersuchungen teil. „Besonders wertvolle Dienste leistet er bei den erb- und rassenbiologischen Begutachtungen zur Abstammungsprüfung“, schreibt der Institutschef.
Durch das Raster der Wahrnehmung

Udo Benzenhöfer, Direktor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin am Universitätsklinikum, hat sich ausführlich mit Mengele und seiner Frankfurter Zeit befasst und dazu im „Hessischen Ärzteblatt“ eine medizinhistorische Abhandlung veröffentlicht. Er bestätigt, dass so manches durch das Raster der öffentlichen Wahrnehmung gefallen ist: „Viel wurde über Josef Mengele geschrieben. Es überrascht deshalb ein wenig, dass im Bezug auf zahlreiche biographische Details noch immer Unklarheit herrscht.“
Benzenhöfer hat sich die Doktorarbeit Mengeles vorgenommen, die die Note summa cum laude erhielt. 17 Probanden wählte Mengele unter 110 Patienten der Chirurgischen Unfallklinik Frankfurt aus. Anhand dieser Patienten stellte er Familienuntersuchungen bei 1222 Personen an. »583 davon besuchte Mengele persönlich«, so Benzenhöfer.

Nach dem Krieg enthob die Goethe-Uni Mengele »im Hinblick auf seine politische Haltung und Vergangenheit« im Juli 1945 schriftlich seines Amtes als Arzt und sperrte die Bezüge. 1961 entzog die Hochschule dem nach Südamerika Geflüchteten den Doktortitel – »wegen seiner als Arzt im Konzentrationslager Auschwitz begangenen Verbrechen«. Dagegen wehrte sich der eitle Mengele sogar aus seinem Versteck heraus. Der Frankfurter Anwalt Fritz Steinacker – Verteidiger vieler Naziverbrecher im Auschwitz-Prozess und Majdanek-Verfahren – übernahm 1961 die Vertretung des KZ-Arztes. Drei Jahre dauerte das Verfahren. Ende 1964 verkündeten die Rektoren der Frankfurter und Münchner Uni gemeinsam, dass Mengele nicht mehr berechtigt sei, den Doktortitel zu führen.

Augenzeugenbericht über Josef Mengele

Augenzeugenbericht über Josef Mengele und die Arbeitsabläufe im Konzentrationslager Auschwitz
Protokoll eines Interviews mit einem (ungarischen) Arzt, der im Juni 1944 nach Auschwitz deportiert wurde. Dort war er an Josef Mengeles Experimenten an Zwillingen beteiligt gewesen. Er schildert ebenso die Selektion und die Ermordnung der Juden in den Gaskammern.

Am 22. Mai 1944 kam ich aus dem Ghetto von Aknaszlatina [Solotwina /Karpaten-Ukraine] zusammen mit 26 Ärztekollegen – wir waren allesamt bestellte Kreisärzte – nach Auschwitz. Nach der Selektion wurden wir auf die rechte Seite gestellt und nach einem 24-stündigen Aufenthalt wurde ich ins 14.000 Häftlinge zählende [Lager] Buna überstellt. Dort arbeitete ich etwa 12 Tage lang beim Betonkommando Nr. 197, bis der Oberarzt von Buna, ein SS-Hauptsturmführer, sämtliche Ärzte zu sich rufen ließ. Wir erschienen auch, 50 an der Zahl. Wir wurden aufgefordert, dass sich, wer die Krankenanatomie (Pathologie) präzise beherrsche, zu leichter Arbeit melden könne. Unter den 50 Ärzten meldeten wir uns zu zweit, umso lieber auch deshalb, da ich fühlte, dass ich wegen der schweren Betonarbeit früher oder später zusammenbrechen würde. Nach einer gründlichen mündlichen Prüfung und Befragungen wurden wir beide auch angenommen. Ich selbst hatte meine ärztlichen Studien in Deutschland abgeschlossen und längere Zeit als Pathologe gearbeitet. Meine Anstellung erfolgte problemlos, ebenso auch die meines Fakultätskollegen, der Arzt an der Straßburger Fakultät gewesen war. Es verging keine Stunde, bis wir uns von dort in Begleitung von zwei bewaffneten SS-Männern in einem luxuriösen Rotkreuz-Wagen auf den Weg machten und sie uns zum meinem größten Entsetzen im Hof des Krematoriums Nr. I von Auschwitz absetzten und die Begleitpapiere dem Kommandanten des Krematoriums übergaben. Wir wurden sofort gründlich belehrt, was wir hier sehen dürften und was nicht. Danach wurden wir in ein eigens eingerichtete sauberes Zimmer gebracht, das uns – laut Oberscharführer Mussfeld – von Dr. Mengele zur Verfügung gestellt wurde, weil wir ein eigenes Zimmer bekommen sollten. Das Personal des Krematoriums wohnte ebenfalls auf dem Stockwerk. Das Personal des Krematoriums bestand aus 200 Personen und war unter dem Namen Sonderkommando bekannt. Der Oberscharführer ließ sofort aus den Kleidern der vergasten Transporte komplette, einwandfreie Kleidung und Unterwäsche für uns besorgen. Einige Stunden später traf Dr. Mengele ein, der uns einer einstündigen mündlichen Prüfung unterzog. Er versorgte uns sofort auch mit Arbeit, die in der ärztlichen lebenden Untersuchung von Personen mit widernatürlichen Entwicklungen, die bei den Arbeitstransporten selektiert wurden, bestand. Wir nahmen an ihnen Maß, dann erschoss Oberscharführer Mussfeld sie mit einem „Kleinkaliber“, also einer Sechs-Millimeter-Waffe, durch einen Genickschuss. Danach erhielten wir den Befehl, sie zu obduzieren und ein genauestes Obduktionsprotokoll zu erstellen. Die Leichen der abnormal entwickelten Menschen lösten wir dann in Chlorkalk auf, setzten die sauberen Knochen zusammen und schickten sie eingepackt an das Anthropologische Institut in Berlin-Dahlem. Zu diesen Fällen kam es sporadisch, bis uns eines Tages mitternachts um 12 Uhr SS-Unteroffiziere aufweckten und uns in den Obduktionssaal riefen, wo Dr. Mengele bereits auf uns wartete. Im Arbeitszimmer neben dem Obduktionssaal warteten unter SS-Bewachung 14 Zigeunerzwillinge, die bitterlich weinten. Dr. Mengele sagte kein Wort zu uns. Er bereitete eine Spritze mit 10 Kubikzentimeter und ebenso eine mit 5 Kubikzentimeter vor. Aus einer Schachtel legte er Evipan, aus einer anderen Chloroform in einem Fläschchen mit 20 Kubikzentimeter auf den Operationstisch. Danach führten sie den ersten Zwilling, ein 14-jähriges Mädchen, herein. Dr. Mengele befahl, ich solle sie ausziehen und auf den Seziertisch legen. Nachdem dies geschehen war, injizierte er Evipan intravenös. Nachdem das Kind eingeschlafen war, tastete er die linke Herzkammer ab und injizierte 10 Kubikzentimeter Chloroform. Das Kind war nach einer einzigen Zuckung tot und Dr. Mengele ließ es in die Leichenkammer bringen. Auf diese Weise erfolgte in dieser Nacht die Ermordung der 14 Zwillinge. Dr. Mengele fragte uns, ob wir 7 oder 8 [Obduktionen] erledigen könnten. Wir antworteten darauf, dass, wenn er eine präzise wissenschaftliche Arbeit wolle, wir durchschnittlich vier Tote täglich obduzieren könnten. Dem stimmte er auch zu.

Das Material für die wissenschaftlichen Obduktionen bekamen wir aus dem Lager oder von frisch eingetroffenen Transporten. In den Monaten Mai, Juni und Juli kamen täglich 3 bis 4 ungarische Transporte auf der Judenrampe in Auschwitz an. Die Selektionen nahmen Dr. Mengele und Dr. Tilo vor, abwechselnd. Die Selektionen erfolgten nach Arbeitsfähigkeit und manchmal ganz individuell. Die Selektion trennte den eingetroffenen Transport nach rechts und links. Die rechte Seite bedeutete Leben, die linke Seite das Krematorium. Prozentuell gelangten 78 bis 80 Prozent auf die linke Seite, Kinder, Mütter mit Kindern, Alte, Schwangere, Behinderte und Kriegsinvaliden. Nach einigen Minuten machte sich die linke Seite in langsamen Schritt mit ihrem Handgepäck in Richtung links auf den Weg. Die Krematorien befanden sich 200 Meter von der Judenrampe und die linke Masse von etwa 2.000 Personen bog auf Befehl ins Tor Nr. 1, 2, 3 und 4 des Krematoriums ein. Als sie das Krematorium erreichten, gingen sie auf 10 bis 12 Betonstufen in einen 2.000 Personen fassenden unterirdischen Betonraum. Die erste Reihe hielt am Eingang inne, aber als die Menschen die in allen Weltsprachen beschriftete Tafel „Desinfektion“ und „Bad“ lasen, gingen sie beruhigt in den Raum hinunter. Dort wurde ihnen sofort der Befehl erteilt, sich auszuziehen. Entlang der Wände des Saals waren Bänke, über den Bänken befanden sich Kleiderhaken, auf den Haken waren Nummern. Und die SS ging bei ihrer Täuschung soweit, dass sie die Masse ermahnte, jedermann solle sich die Nummer des Kleiderhackens merken, um bei der Rückkehr aus dem Bad die Kleider leicht wieder finden zu können. Die Masse wäre auch still gewesen, nur das stiftete Verwirrung unter ihr, dass Männer, Frauen und Kinder gezwungen wurden, sich voreinander auszuziehen. Nach dem etwa zehnminutigen Ausziehen wurde die Masse von 2.000 Personen bereits etwas gröber in den nächsten, 2.000 Personen fassenden Betonraum geschickt, wo es keinerlei Einrichtungsgegenstände und nicht einmal Fenster gab. Das war die Gaskammer. Die schweren Eichentüren wurden hinter ihnen zugeschlagen, das Licht gelöscht und in den folgenden Minuten erschien ein Rot-Kreuz-Luxusauto, aus dem ein Arzt-Hauptmann und ein Unteroffizier der Gesundheitsabteilung vier etwa ein Kilogramm schwere Blechdosen herausnahmen. Die vier Betonplatten, die die von der Erdoberfläche in den unterirdischen Bunker
führenden Lüftungen abdeckten, wurden entfernt. Sie zogen Gasmasken an, schlugen den Deckel der Blechdosen auf und schütteten die lilaroten, eher weinroten Chlorkörnchen, die Bohnen ähnelten, durch die vier Öffnungen in die Gaskammer, dann schlossen sie sofort die Öffnungen mit den Betonplatten. Einmal war auch ich selbst Ohrenzeuge, als der Arzt beim Hineinwerfen des Gases den Unteroffizier der Gesundheitsabteilung drängte und sagte: „Gib schon den Juden das Fressen!“. Die Gaskörnchen fielen hinunter und entwickelten beim Kontakt mit der Luft Chlorgas, das innerhalb von 5 bis 10 Minuten den schmerzhaftesten Erstickungstod hervorrief. Nach einer halben Stunde wurden die Ventilatoren in Gang gesetzt, die eingeteilten Männer des Sonderkommandos öffneten die Türen der Gaskammer und dort lagen 2.000 blutbespritzte (ausschließlich Nasenbluten), nicht gleichmäßig verteilte Tote auf der gesamten Länge des Bunkers. Sie türmten sich stockhoch aufeinander, was dadurch zu erklären war, dass das Chlorgas die höheren Schichten später erreichte. Das Sonderkommando spritzte die Toten mit Gummischläuchen ab und es begann ihr Transport mit Lastenaufzügen in den Hochofenraum. Der Hochofenraum bestand aus 15 Öfen, alle waren mit eigenen Elektroventilatoren ausgestattet. Das angelernte Personal zog die Toten so hinein, dass es die gekrümmte Seite eines Spazierstocks in ihre Münder steckte. In jeweils einen Ofen wurden gleichzeitig drei Tote gesteckt, die innerhalb von 20 Minuten zu Asche verbrannten. Vor dem Verbrennen entfernte ein Zahnarztkommando die Goldzähne der Toten. Das sogenannte Aschekommando sorgte sich von Zeit zu Zeit um die Entfernung der Asche und um die Zertrümmerung der nicht verbrannten Knochen. Die Asche wurde wöchentlich von einem Lastwagen in den in der Nähe fließende Fluss Weichsel (Visztula) geschüttet.

Im Krematorium wurden die Verbrennungen am 17. 11. 1944 landesweit untersagt, es erfolgten auch keine weiteren Ermordungen mehr, da es aber keine lebenden Augenzeugen vom dunkelsten Werkstattgeheimnis der politischen SS geben sollte, exekutierte das Sonderkommando das 846 Personen umfassende Personal aus den Krematorien Nr. 1, 2, 3 und 4 zwischen ½ 2 und ½ 3 Uhr. Unter ihnen befanden sich 100 ungarische Juden und 40 russische Offiziere. Die übrigen Personen waren Juden aus Frankreich, Holland, Belgien und Polen. Auch wir Ärzte lagen dort bei unseren Leidensgenossen, vor den Maschinengewehren, aber Dr. Mengele – dessen rassebiologische Arbeit wir noch nicht beendet hatten – nahm uns aus dem Kreis der zum Tode verurteilten Personen heraus. Meine Arbeit führte ich jetzt in Ruhe ohne Vergasung und Genickschüsse im entvölkerten Krematorium fort, bis zum 18. Januar 1945, als die Russen die Front bei Vranovice und Krakau durchbrachen und sich bis Mitternacht auf 6 Kilometer Auschwitz näherten. In den Reihen der SS entstand ein fürchterliches Durcheinander und man brachte uns ins Lager, wo man uns unserem Schicksal überließ und uns vollständig alleine ließ. Vermischt mit ca. 4.000 Lagergefangenen wusste niemand mehr, dass wir Angehörige des Sonderkommandos waren. Noch in dieser Nacht begleitete uns fremdes SS-Personal in einem Transport in schnellem Marsch nach Mauthausen.

Lengyel Olga

Laut Olga Lengyel hatte Mengele intime Beziehungen mit der schönen Irma Grese (in Birkenau)

Joachimowski Tadeusz

Auschwitz Häftlings-Nr. 3720
Rapportschreiber im Zigeunerlager
„Als Schreiber der Hauptschreibstube erhielt ich Meldungen (Verlegungsmeldung) aus der Schreibstube des Krankenhauses über den Tod der Zwillinge. Charakteristisch dabei war, dass sobald der Tod eines der Zwillinge gemeldet wurde, spätestens am nächsten Tag die Meldung vom Tode des zweiten Zwillings erfolgte.

Perl Gisella

* 10.12.1907 in Sighet
nach 1945 Dozentin an der Mt. Sinai Medical School in New York
Gynäkologin (Häftlingsmitarbeiterin Mengeles)

Häftlingsnummer
Nr. A-25404 (nicht am Tag der Ankunft tätowiert)
Mai 1944 mit Ehemann, Eltern und jüngerem Bruder nach Birkenau deportiert.
Am Bahnhof hat Mengele dagestanden und hat nichts gesagt. Er hat lediglich mit seinem Finger zur rechten und zur linken gezeigt, als wir, die Gefangenen, an ihm vorbeigingen. Wir wurden in zwei verschiedene Kolonnen eingeteilt. Auf diese Weise habe ich meine ganze Familie verloren. Herbst 1944 im Frauenlager:
In diesem Lager, so hat er mir gesagt, verlange ich einen lebenden Embryo für Forschungszwecke. Es muß nach Berlin (Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie) geschickt werden. Ich mußte daher eine große Anzahl von Abtreibungen ausführen, um Embryos zu bekommen.

Strickner Jakob

Auf der österreichischen Seite des Brenners , in Gries, war der Gastwirt Jakob Strickner der begehrteste Schlepper. Strickner hatte auch dem KZ-Arzt Josef Mengele den Weg in den Süden gewiesen. Nach 1945 war Strickner 24 Jahre lang ÖVP-Bürgermeister von Gries am Brenner. 1985 deckte die Bunte die Vergangenheit des nunmehrigen Ex-Bürgermeisters auf. Damals wurde auch bekannt, dass Strickner schon 1934 der SS beigetreten war und bei den Novemberpogromen 1938 die Wohnungen von Innsbrucker Juden geplündert hatte. Daraufhin entschuldigte sich der damals amtierende Bürgermeister von Gries, Andreas Hörtnagel, bei den Holocaust-Opfern für die Taten seines Amtsvorgängers. Strickner klagte Hörtnagel wegen Ehrenbeleidigung, blitzte aber vor Gericht ab. 1992 wurde Hörtnagel abgewählt, weil er 20 rumänische Asylanten in der Gemeinde aufgenommen hatte.

Firma Karl Mengele & Söhne

Beim Tod von Mengeles Vater 1959 beschäftigte die Firma Karl Mengele & Söhne weltweit über 2000 Mitarbeiter. Karl Mengele kämpfte im Ersten Weltkrieg, schloss sich während der 1920er Jahre dem Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten an und war zumindest zeitweise Mitglied der DNVP. Er wird als konservativ beschrieben, gilt aber nicht alsAntisemit. Er kandidierte 1924 und 1929 erfolglos auf der Liste der Freien Bürgervereinigung für den Günzburger Stadtrat.

Quellen:
Angaben zu seinen Verbindungen nach Freiburg von
MARKUS WOLTER
(
Markus Wolter: Der SS-Arzt Josef Mengele zwischen Freiburg und Auschwitz. Ein örtlicher Beitrag zum Banalen und Bösen. In: "Schau-ins-Land", Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins, Jahrbuch 133 (2014), Freiburg 2015)