Ghetto Ariogala
Übersicht
Litauen, Landkreis Kaunas, Bezirk Raseinių
Während des Krieges: Reichskommissariat Ostland
1847 gab es 1237 Juden in Ariogala
1897 gab es 1541 Juden in Ariogala
1921 gab es 420 Juden in Ariogala
1923 gab es 456 Juden in Ariogala
1959 gab es 0 Juden in Ariogala
1931 gab es 26 Unternehmen in Ariogala, von denen 17 (65%) im Besitz von Juden waren.
Im Frühjahr 1931 brachen Bewohner des Ortes in das Haus einer jüdischen Familie ein, und beschuldigten sie des Mordes an einem christlichen Kind, so dass sie während des Passahfests sein Blut benutzen konnten. Trotz der Tatsache, das die Polizei keine solche Beweise fand, stieg die Spannung in der Stadt.
1939 gab es 30 Telefonanschlüsse in der Stadt, von denen 9 Juden gehörten.
Die Stadt hatte eine hebräische Grundschule, die von etwa 70 Schülern besucht wurde, und eine "Heder" mit etwa 20 Schülern. Später gab es eine Theatergruppe, und eine Bibliothek mit über 400 Bücher.
Im August 1940 wurde Litauen von der Sowjetunion annektiert und Teil der Sowjetrepublik. Alle zionistischen Parteien und Jugendorganisationen wurden aufgelöst und die hebräische Schule wurde geschlossen.
Am 23. Juni 1941 einen Tag nach Beginn des deutsch- Russischen Kampfhandlungen (Unternehmen Barbarossa) übernahmen litauische Nationalisten die Kontrolle über die Stadt, sie verhafteten Juden, folterten sie und ermordeten 18 jüdische Männer. Zu ihren ersten Opfer zählten Zvi Ziv, Michael Kaganovitz und Yoseph Markovitz.
Am 24. Juni 1941 erreichen die ersten deutschen Einheiten Ariogala.
Bereits kurz nach dem Einmarsch beginnen die Nazis mit der Plünderung jüdischer Wertgegenstände. Der Jüdischen Bevölkerung wird jeder Kontakt zur christlichen Bevölkerung untersagt. Die jüdischen Bewohner müßen auf Anordnung der Besatzer wie alle Juden in den besetzten Gebieten sowie im Reich einen gelben Davidsstern tragen.
Durch die Nazis wird zwischen der Synagoge und dem Beit Midrasch ein Ghetto eingerichtet. Das Gebiet wird durch Stacheldraht abgeriegelt.
Die Juden wurden täglich zur Zwangsarbeit herangezogen.
Am Morgen des 08. September 1941 wurden alle Juden aufgefordert sich zu sammeln, um in ein „Arbeitslager“ umgesiedelt zu werden. Zusammen mit den Juden aus den nahe gelegenen Städten Cekiske und Veliuona wurden die jüdische Männer, Frauen, ältere Menschen und Kinder, begleitet von bewaffneter litauischer „Polizei“ zu einer Mühle am Ufer des Dubysa Fluss getrieben. Hier hatten die Nazis eine Grube 50-60 Meter lang ausheben lassen.
Das Gebiet war durch Polizei und Gendarmerie abgeriegelt worden. Die Menschen wurden gezwungen, sich vollständig zu entkleiden und in den Graben zu steigen. Im Graben mußten sie sich mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden legen, dann wurden sie von den deutschen erschossen. Die Mörder, trugen Gummistiefel und Handschuhe, stiegen danach in die Grube, platzierten die Leichen so, um Platz für die nächsten zu schaffen. Bei dieser „Arbeit“, raubten sie die Ermordeten noch aus. Sie nahmen den Leichen Gold und andere Wertgegenstände (goldene Ringe, Ketten und Trauringe) ab. Spezialisten rissen den Leichen sogar die Goldzähne aus dem Mund.
Aus dem Bericht des Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD Einsatzkommando 3 Kauen (Kaunas), vom 1. Dezember 1941 (Jäger Bericht)
Am 08. September wurden 22 jüdische Männer, 64 jüdische Frauen und 60 jüdische Kinder aus Ariogala erschoßen.
Die meisten der Litauer, die an der Ermordung der Juden beteiligt waren, flohen im Sommer 1944 als die sowjetische Armee Litauen befreite, nach Deutschland.
Nach dem Krieg wurden sie als Displaced Persons eingestuft und wurden als NS-Opfer unterstützt. Als die erste Konferenz der befreiten litauischen Juden in Deutschland, in München im April 1947 stattfand, wurde eine Entschließung über die angenommene "Schuld des litauischen Volkes an der Vernichtung der litauischen Juden" verabschiedet.
1961 gibt vor einer sowjetischen Behörde ein Teilnehmer an den Tötungen zu Protokoll, dass alle Menschen, die an den Morden beteiligt waren, unter denen der Lehrer und der örtliche Priester gewesen waren, später in Ariogala zu einer festlichen Mahlzeit und reichlich Getränken eingeladen wurden.
24.06.1941
Auszug aus dem Kriegstagebuch der Heeresgruppe Nord
Kowno wird eingenommen, ebenso Wilkomierz. Russische Kräfte verteidigen Libau zäh. Die Heeresgruppe hat starke russische Panzerangriffe abzuwehren, die u.a. vom III. MechK stammen. Unklar ist der Verbleib der Panzergruppe um Pskow/Pleskau, die angeblich nach Schaulen und zur Düna vorgezogen wird. Neu aufgetreten ist ein schwerer russischer Panzer, der angeblich Kaliber 7,62, nach dem OKH "unglaubwürdigen" Meldungen Kaliber 15 cm tragen soll.
Die PGr gibt trotz des starken Panzergegners vor dem XXXXI. die 8. PD vom LVI. für den weiteren schnellen Vorstoß auf Dünaburg frei. Morgens nimmt die 8. PD Kedainiai ein und stößt weiter bis zum Nachmittag auf Wilkomierz vor. Sie wird von Norden her nicht durch Gegenangriffe belästigt. Eine Vorausgruppe wird noch Abends weitere 15 km auf Dünaburg vorgetrieben (noch 125 km Entfernung). Das Vorziehen der 3. ID mot. rechts neben der 8. PD litt dagegen unter schwierigsten Straßenverhältnissen. Die Kampftiefe beim LVI. beträgt nun schon fast 100 km. Die 290. ID sichert das Korps nach Norden, nördlich Ariogala gibt es kleinere Panzerangriffe.
Beim XXXXI., 6.PD muss ein kleiner Dubissa-Brückenkopf morgens gegen schwere russische Panzerangriffe aufgegeben werden, die auf Rossienie zielten. Die 6. PD wird vollständig in die Abwehr gedrängt, um 15.oo werden Panzerangriffe hart ostwärts der Stadt abgewiesen. Dagegen ist die 1. PD im Vormarsch weitergekommen, erreichte Beisogala und Saukotas, soll den Gegner vor der 6. PD ggf. den Rücken verlegen. Die 269. ID befand sich abends an der Dubissa und bildet einen kleineren Brückenkopf. Die 1. PD wird südlich abgedreht, um die russische Panzergruppe vor der 6. PD zu sperren.
04.08.1944
Auszug aus dem Kriegstagebuch Korps-Abteilung H 1944
Am 4. August 1944 trat die Rote Armee zum erwarteten Grossangriff gegen die gesamte Front der 3. Panzerarmee an. Sie brach südlich und nordwestlich Ariogala im Abschnitt der Korps-Abteilung H durch. Am 5. August wurde die Front der Korps-Abteilung H an der Straße Ariogala - Juodaicicau erneut durchbrochen. Dabei wurde die Divisions-Gruppe 256 zersprengt. Nach der Einnahme von Raseinen am 9. August endete der russische Vormarsch vorerst.
Herbst 1944
Im Herbst 1944, kurz nachdem Ariogala von den Deutschen befreit wurde, wurde das Massengrab mit den Juden aus Ariogala entdeckt. An der Stelle wurde ein Denkmal errichtet.
Anfang der 1990er Jahre ein weiteres Denkmal wurde mit einer Inschrift auf Jiddisch errichtet: „Am 08.09.1941 wurde hier von den Nazi-Mördern und ihren Komplizen das Blut von 662 Juden - Kinder, Frauen, Männer vergossen".
Namensliste der Juden im Ghetto
Amolsky Lozer (Itsyk) Ob seine Angehörigen im Ghetto waren ist nicht bekannt)
* 1850 Ariogala
† 21.01.1941 Ariogala
Ehepartner:
Friedland Rifka Nekhe
* 1847
Kinder:
Amolsky Pesia
Levenstein Chana (Ermordet)
* 1865 Ariogala
Palunski Menakhem (Menachem) (Ermordet)
* 1894 Ariogala
Zlatis Beila (Ermordet)
* Ariogala
Palunski Eta (Ermordet)
* Ariogala
Perl Aba (Ermordet)
* 1939 Ariogala
Markovich Leizer (Ermordet)
* 1881 Ariogala
Volman Velvl (Ermordet)
* 1912 Ariogala
Kaganovich Moshe (David) (Ermordet)
* 1873 Ariogala
Eglik Michna (Mikhana) (Ermordet)
* Ariogala
Iglikh Yerakhmiel (Jerachmiel) (Ermordet)
* 1911 Ariogala
Arkovich Yenta (Rasha) (Ermordet)
* 1870 Vilki
Milkhiker Tauba (Taube) (Ermordet)
* 1911 Lithuania
Barit Chava (Khava) (Ermordet)
* 1918 Ariogala
Perl Lea (Leya) (Ermordet)
* 1910 Ariogala
Eglik Rakhmiel (Rachmiel) (Ermordet)
* Ariogala
Perl Ester (Ermordet)
* 1937 Ariogala
Kaganovich Moshe (David) (Ermordet)
* 1873 Ariogala
Volman Miryam (Ermordet)
* 1880 Ariogala
Becker Sholom (Ermordet)
* Ariogala
Becker Taube (Ermordet)
* Ariogala
Palunski Rakhel (Bilha) (Ermordet)
* 1896 Ariogala
Zlatis Yekhezkel (Ikhezkel) (Ermordet)
* Ariogala
Barit Reina (Reine) (Ermordet)
* 1890 Ariogala
Perl Zuse (Zusa) (Ermordet)
* 1930 Ariogala
Palunski Rakhel (Rachel) (Ermordet)
* 1900 Ariogala
Levin Khava (Ermordet)
* Ariogala
Eglik Linka (Sara) (Ermordet)
* Ariogala
Palunski Bluma (Ermordet)
* Ariogala
Becker Peretz (Ermordet)
* Ariogala
Palunski (Yitzkhak) (Ermordet)
* Ariogala
Becker Soske (Ermordet)
* Ariogala
Palunski Gita (Ermordet)
* Ariogala
Kaganowitz Zelda (Ermordet)
* Ariogala
Simchowitz Mendel (Ermordet)
* Ariogala
Volman Ita (Ermordet)
* 1909 Ariogala
Simchowitz Leah (Ermordet)
* Ariogala
Simchowitz Istzka (Ermordet)
* Ariogala
Barit Arje (Arie) (Ermordet)
* Ariogala
Levitt Soske (Ermordet)
* Ariogala
Levitt Herschel (Ermordet)
* Ariogala
Weintraub Beretzik (Ermordet)
* Ariogala
Iglikh Metel (Mikhael) (Ermordet)
* 1886 Ariogala
Iglichas Sara (Ermordet)
* 1919 Ariogala
Perl Khana (Ermordet)
* 1939 Ariogala
Volman Reina (Reine) (Ermordet)
* 1915 Ariogala
Volman Shifra (Ermordet)
* 1917 Ariogala
Kaganowitz Sepscke (Ermordet)
* Ariogala
Palunski Bluma (Ermordet)
* Ariogala
Palunski Yitzkhak (Ermordet)
* Ariogala
Barit Khava (Ermordet)
* 1923 Ariogala
Kushelevski Yenta (Ermordet)
* 1890 Ariogala