Auschwitz, 21. Oktober 1944

An die Kommandanturen KL Auschwitz I, II und III und deren unterstellten Kompanien
an SS-Zentralverwaltung, SS-Standortarzt, Zentralbauleitung, Hygiene-Institut sowie alle Außenstellen des SS-WVHA

Folgende Auszüge aus dem Heerestechnischen Verordnungsblatt sind genauestens zu beachten und den Sachbearbeitern zugänglich zu machen:

I. Panzerfaust
Die Panzerfaust dient zum Bekämpfen von Panzern auf nächste Entfernung.
Beschreibung, Handhabung, Verwendung und Sicherheitsbestimmungen sind aus den Vorschriften
D 560/1 - Merkblatt für die Panzerfaust klein 30,
D 560/2 - Merkblatt für die Panzerfaust 30,
D 560/3 - Merkblatt für die Panzerfaust 60
zu ersehen. Im Kasten für Panzerfaust befindet sich der Mun.-Art entsprechend eines der vorgenannten Merkblätter. Abgeschossene Panzerfaustrohre sind zu sammeln und an die nächste Mun.-Ausgabestelle abzugeben.

Besondere Bemerkungen:
Zum Vermeiden von Unfällen ist bei der Ausbildung auf die Eigenart der Panzerfaust besonders hinzuweisen.

1. Die Panzerfaust ist in zweifacher Hinsicht scharf.

a. Sie ist immer scharf, auch beim Transport, durch die im Rohr befindliche Treibladung. Beim Abschuß treten aus dem hinteren Rohrende Pulvergase auf, die bis auf 3 m tödlich wirken können. Daher dürfen bis 10 m rückwärts des Rohres keine Personen stehen - vergl. Sicherheitsbestimmungen im Merkblatt. Die Panzerfaust ist immer ,,geladen" mit der im Rohr eingesetzten Treibladung. Versager - Treibladung zündete nicht - sind nach den Sicherheitsbestimmungen zu sprengen.

b. Sie ist ferner scharf nach dem Einsetzen des Zünders und der Zündladung in dem mit Sprengstoff gefüllten Geschoßkopf.
Es ist zu beachten: Blindgänger dürfen auf keinen Fall berührt werden. Sie sind nach den Sicherheitsbestimmungen zu sprengen.

2. Unterricht und Ausbildung an der Panzerfaust haben nur im Freien stattzufinden.
Es ist darauf zu achten, daß nur seitlich der Waffe angetreten wird. Mündung und Rohrende müssen unter allen Umständen frei bleiben. Auch bei abgeschraubtem Geschoßkopf darf der Auslöseknopf nicht betätigt werden, weil dadurch die Treibladung entzündet wird und der ausgestoßene Flügelschaft bis auf 50 m noch tödlich wirken kann.

3. Der Zünder der Panzerfaust wird 5 m nach dem Verlassen des Rohres scharf. Deshalb: Vorsicht beim Schießen auf nächste Entfernungen. Vorsicht bei entsicherter Panzerfaust.

4. Bei der Handhabung ist immer darauf zu achten, daß der Geschoßkopf eine Erhöhung hat, um ungewollte Kurzschüsse zu vermeiden.
Nach dem Abschuß ist sofort Deckung zu nehmen. Gesicht der Detonation abgewandt.

II. Leucht- und Signalmittel
Zur Sicherheit gelagerter Leucht- und Signalmunition ist darauf zu achten, daß beschädigte oder z.T. entlaborierte Leucht- und Signalmunition gesondert gelagert und möglichst bald vernichtet wird, da solche Munition die Ursache zur Selbstentzündung sein kann.

III. Scharfe Munition für Exerzierzwecke
Trotz des bekanntgegebenen grundsätzlichen Verbotes der Verwendung von scharfer Munition zu Exerzierzwecken hat sich durch Nichtbeachtung dieses Befehls ein neuer Unglücksfall ereignet. Durch Verwenden bzw. Abziehen einer scharfen Stielhandgranate 24 im Unterricht wurden ein Soldat getötet und sieben weitere Teil schwer verletzt. Es wird nochmals nachdrücklich darauf hingewiesen, daß für Exerzierzwecke keine scharfe Munition verwendet werden darf. Monatliche Belehrung, insbesondere des Ausbildungspersonals, hat stattzufinden. Die erfolgte Belehrung ist aktenmäßig fortzulegen.

IV. Eintragung der Waffen in das Soldbuch
Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß sämtliche Waffen, die sich im Besitz der Männer befinden, in das Soldbuch einzutragen sind.

gez. Baer
SS-Sturmbannführer

F.d.R.
Höcker
SS-Obersturmführer und Adjutant