Eine erste Entscheidung über die Trennung der Ausländerkinder von ihren Müttern fiel bereits im Herbst 1942, als der Gauleiter und Reichsstatthalter in Oberdonau, Eigruber, in einem Schreiben an Himmler um eine Regelung für die Unterbringung der Kinder von Polinnen und Ostarbeiterinnen nachsuchte:

Auf der einen Seite möchte ich die Arbeitskräfte nicht verlieren, auf der anderen Seite ist es jedoch untragbar, daß diese Kinder in einem deutschen Haushalt oder im Lager aufgezogen werden.
Eigruber schlug Himmler vor, daß die Bezirksfürsorgeverbände den ausländischen Arbeiterinnen die Kinder abnehmen und auf Kosten der Mütter in geschlossenen Heimen unterbringen sollten. Kinder mit deutschen Vätern sollten auf ihre Eindeutschungsfähigkeit hin untersucht werden.
Die unehelichen Kinder von Fremdvölkischen wurden bereits im September 1942 vom Reichssicherheitshauptamt systematisch erfaßt:
Durch die Erfassung ist in gewisser Beziehung schon eine Handhabe gegeben, die uns die Ausscheidung unerwünschter Elemente ermöglicht.

In einem Schreiben vom 9. Oktober 1942 bestätigte Himmler die Vorschläge Eigrubers und teilte ihm mit, der Führer habe den Oberbefehlsleiter des Hauptamtes für Volkswohlfahrt, Hilgenfeldt, mit der Errichtung solcher Heime beauftragt.
An diesen schrieb Himmler:
ich darf Sie bitten, nun vielleicht in Oberdonau mit der Errichtung von zwei solchen Heimen zu beginnen. Hier könnten wir die Dinge einmal gleich in der Praxis durchführen und Erfahrungen sammeln.

Eine Durchschrift des Schreibens ging an den damaligen Leiter des Rasse- und Siedlungshauptamtes der SS (RuSHA), Otto Hofmann, mit der Bitte, sich der Dinge anzunehmen. Das RuSHA, anfangs für die rassische Auslese von SS-Anwärtern zuständig, hatte sich im Lauf des Krieges auf rassische Untersuchungen Fremdvölkischer zum Zweck der Eindeutschung, Sonderbehandlung oder des Schwangerschaftsabbruchs spezialisiert.

Am 23. Dezember 1942 hatte das Reichssicherheitshauptamt klargestellt, daß das RuSHA die schwangeren Frauen und die Kinder rassisch überprüfen und die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) die gutrassischen„ Kinder übernehmen sollte, während der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz um die Einrichtung der Kindersammelstätten für die schlechtrassischen Kinder wesentlich mit bemüht bleiben sollte:
Die schlechtrassischen Kinder wären in Kindersammelstätten abzugeben, um ein gemeinsames Aufwachsen deutscher und fremdvölkischer Kinder zu unterbinden und die Mutter für den Arbeitseinsatz frei zu machen. Kindersammelstätten, die von Angehörigen ausländischer Nationen zu leiten wären, ließen sich nahezu in jedem Dorf und ausnahmslos in jedem Ausländerlager errichten.

Bereits einige Tage zuvor hatte Sauckel in dem schon erwähnten Erlaß vom 15. Dezember 1942 bestimmt:
In verständnisvoller Zusammenarbeit mit den Betrieben sind Stilleinrichtungen und Kleinkinderbetreuungseinrichtungen einfachster Art zu schaffen. Unter keinen Umständen dürfen die Kinder durch deutsche Einrichtungen betreut werden, in Kinderheimen den deutschen Kindern Platz wegnehmen oder sonst mit diesen gemeinsam erzogen werden. Im allgemeinen wird es zweckmäßig sein, sie von weiblichen Angehörigen des entsprechenden Volkstums betreuen zu lassen.

Da Himmler angeregt hatte, eine hochtrabende Bezeichnung für die Sammelstätten einzuführen, wurden sie in späteren Erlassen als Ausländerkinder-Pflegestätten bezeichnet. Das hinderte untere Dienststellen nicht, intern beispielsweise vom Aufzuchtsraum für Bastarde zu reden.

Wie die Kinderbetreuungseinrichtungen nun aber tatsächlich ausgestattet sein sollten, darüber herrschte nach dem ersten Erlaß des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz Unklarheit. Wie und wo sollten sie eingerichtet werden, wer hatte die Kosten zu tragen? Der Kreisamtsleiter des Amtes für Volksgesundheit in Diepholz sprach in einem Schreiben an den Gaugesundheitsführer verärgert vom Versagen der Berliner Stellen, die Anordnungen erlassen, ohne vorher die Voraussetzungen für deren Durchführung zu schaffen.

Was unter dem Begriff Kinderpflegestätten einfachster Art zu verstehen war, darüber bestanden kaum Zweifel. Auf einer Sitzung der Landesjugendämter am 9./10. Februar 1943 hieß ein Tagesordnungspunkt Behandlung der minderjährigen Juden, Zigeuner, Polen. Ministerialrat Ruppert führte aus:
Der Reichsarbeitsminister habe eine allgemeine Anordnung dahingehend getroffen, daß die Arbeitgeber in primitiver Form für Entbindung und erste Versorgung der Kinder sorgen sollen.
In der Provinz Hannover können für einige hundert Mütter unter primitivsten Verhältnissen Entbindungsmöglichkeiten geschaffen und für die Unterbringung der Kinder gesorgt werden.
Gegen die Absicht, Säuglinge unter primitivsten Verhältnissen unterzubringen, äußerte keiner der anwesenden Stadt-, Land- oder Ministerialräte Bedenken, im Gegenteil, einer bedauerte gar, daß das Jugendverwahrlager in Litzmannstadt erst Kinder ab acht Jahre aufnähme.
So primitiv die Bedingungen in den Ausländerkinderpflegestätten„ auch sein sollten, war dennoch alles per Erlaß geregelt vom Stück Stoff, das der Schwangeren zur Änderung ihrer Kleidung bewilligt werden konnte, bis zur Versorgung der Säuglinge mit Spinnstoffwaren. Zur Frage der Ernährung hieß es im Erlaß des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz vom 20. März 1943:
Die Säuglinge der ausländischen Arbeiterinnen erhalten die gleiche Ernährung wie deutsche Kleinstkinder. Die Säuglinge von Ostarbeiterinnen und Polinnen erhalten bis zu 3 Jahren 1/2 Liter Vollmilch.

Dann folgte der Hinweis, daß den ausländischen Müttern Gelegenheit zum Stillen gegeben werden sollte, da dadurch die Kinder am schnellsten versorgt würden und weniger Pflege benötigten als mit der Flasche ernährte Säuglinge. Doch unter den Begriff ausländische Mütter fielen Ostarbeiterinnen und Polinnen nicht. Gerade weil sie nicht stillen sollten, wurde den Kindern 1/2 Liter Vollmilch zugebilligt. Mit dem Verweis auf den Erlaß des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 6. Oktober 1942 war klar, daß die Ernährung der polnischen und sowjetischen Kinder ins Belieben der örtlichen Behörden gestellt war. Darin hieß es nämlich:
In verschiedenen Lagern sind auch Kinder untergebracht. Diese können wöchentlich 1500 g Brot und die Hälfte der den Ostarbeitern sonst zustehenden Lebensmittel erhalten. Außerdem können Kleinstkindern bis zu 3 Jahren ½ 1 Vollmilch, Kindern von 3 - 14 Jahren ¼ 1 Vollmilch gewährt werden.

Auf die Folgen der Formulierung können erhalten wurde Hilgenfeldt, der Leiter des Hauptamtes für Volkswohlfahrt, aufmerksam, als er das Ostarbeiterkinderheim in Spital besichtigte und feststellte, daß die Säuglinge dort nur einen halben Liter Milch und eineinhalb Stück Zucker pro Tag erhielten.

Bei dieser Ration müssen die Säuglinge nach einigen Monaten an Unterernährung zugrunde gehen. Es wurde mir mitgeteilt, daß bezüglich der Aufzucht der Säuglinge Meinungsverschiedenheiten bestehen. Zum Teil ist man der Auffassung, die Kinder der Ostarbeiterinnen sollen sterben, zum anderen Teil der Auffassung, sie aufzuziehen. Da eine klare Stellungnahme bisher nicht zustande gekommen ist, und wie mir gesagt wurde, man das Gesicht gegenüber den Ostarbeiterinnen wahren wolle, gibt man den Säuglingen eine unzureichende Ernährung, bei der sie, wie schon gesagt, in einigen Monaten zugrunde gehen müssen.

Hilgenfeldt ließ Gauleiter Eigruber bitten, vorläufig eine ausreichende Ernährung der Säuglinge sicherzustellen (Umtausch der für Kleinkinder nicht geeigneten Bestandteile der halben Ostarbeiterration in Kindernährmittel) und forderte von Himmler eine grundsätzliche Stellungnahme:
Die augenblickliche Behandlung der Frage ist m.E. unmöglich. Es gibt hier nur ein Entweder - Oder. Entweder man will nicht, daß die Kinder am Leben bleiben – dann soll man sie nicht langsam verhungern lassen und durch diese Methode noch viele Liter Milch der allgemeinen Ernährung entziehen, es gibt dann Formen, dies ohne Quälerei und schmerzlos zu machen. Oder aber man beabsichtigt, die Kinder aufzuziehen, um sie später als Arbeitskräfte verwenden zu können. Dann muß man sie aber auch so ernähren, daß sie einmal im Arbeitseinsatz vollwertig sind.

Zumindest zum Zeitpunkt der Diskussion in den SS-Führungsgremien über die Einrichtung von Ostarbeiterkinder-Sammelstätten Ende 1942/Anfang 1943 war diese von Hilgenfeldt in Spital festgestellte Zwischenlösung (zwischen Vernichtung und Aufzucht) angestrebt worden. Das geht aus einem Schreiben von Pohl, dem Chef des SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes, an Dr. Brandt (Persönlicher Stab Himmlers) vom 9. April 1943 hervor.
Da Himmler mit den reinrassigen Zigeunerkindern in Auschwitz noch etwas Besonderes vorhabe, fragte Pohl an:
Sollen wir die Kinder entsprechend den Sätzen für deutsche versorgen oder auch hier einen Zwischenweg nach Art der Ostarbeiter-Regelung gehen?
Hilgenfeldts Frage allerdings wurde von Himmler dahingehend entschieden, daß die Ostarbeiterkinder in Spital aufzuziehen seien. Am 14. September 1943 schrieb er an den Gauleiter Eigruber:
Ich bitte Sie, sich dieser Frage noch einmal anzunehmen; denn nach meiner Ansicht ist es nicht vertretbar, den Müttern dieser Kinder gegenüber lediglich das Gesicht zu wahren so daß die Kinder durch die unzureichende Ernährung zugrunde gehen. Wenn wir schon durch die Errichtung eines solchen Heimes die Frage im positiven Sinne anfassen, müssen wir auch dafür Sorge tragen, daß die Kinder aufgezogen werden können.
Daß die Säuglinge verhungerten, war demnach kein Einzelfall, der auf dem Versagen irgendeines Landesernährungsamtes beruhte. Auch die Säuglinge, die seit März 1943 im Heim des Volkswagenwerks in Wolfsburg untergebracht wurden, waren hochgradig unterernährt. Im August 1943 wurden, so die Aussage der Schwester Ella Schmidt, Fotos der Kinder nach Berlin geschickt und eine Erhöhung der Rationen erreicht.
Der Werksarzt Dr. Körbel, der 1946 von einem englischen Militärgericht zum Tode verurteilt wurde, gab an: Ich erkannte diese Ernährungsgrundlage als nicht ausreichend und sah mich veranlaßt, zu eingehender Vorstellung in einer Sitzung im Reichsernährungsministerium, an der die maßgebenden Vertreter aller in Frage kommenden Reichsdienststellen teilnahmen und in der auf Grund meiner Ausführungen eine Verbesserung und damit die Gleichstellung mit deutschen Kindern erreicht
wurde.

Kinder unter einem Jahr hätten nun pro Tag erhalten:

Brot bzw. Weizenmehl 115 g
Butter 14 g
Nährmittel 35 g
Zucker 43 g
Tee-Ersatz 1 g
Vollmilch 0,5 1
Kartoffeln 350 g

Tatsächlich müssen im August/September 1943 Besprechungen über die Ernährung der Zwangsarbeiterkinder stattgefunden haben. Der Chef des Reichssicherheitshauptamtes, Kaltenbrunner, und Reichsgesundheitsführer Conti wurden informiert, und am 23. September 1943 berichtete Hilgenfeldt Himmler:
Das Reichsernährungsministerium hat inzwischen dem Landesernährungsamt Oberdonau die notwendige Anweisung bezüglich des Umtausches der den Kindern der Ostarbeiterinnen zugeteilten Nahrungsmittel in Vollmilch und Kindernährmittel gegeben und der Reichsgesundheitsführer hat sich gleichfalls für eine Verbesserung und zweckmäßige Gestaltung der Ernährung der Säuglinge eingesetzt.

Am 6. Januar 1944 gab das Ernährungsministerium einen neuen Erlaß heraus, der die von Dr. Körbel benannten Nahrungsmengen enthielt. Obwohl in diesem Erlaß zugegeben wurde, daß die bisherigen Rationen zur ordnungsgemäßen Versorgung der Kinder nicht ausreichten, galt der neue Erlaß nur für die Pflegestätten. Polnische und sowjetische Kinder, die mit ihren Eltern in Lagern lebten, erhielten weiterhin die Rationen nach dem Kann-Erlaß vom 6. Oktober 1942.