Chasan Shaul

Jüdisches Sonderkommando (Häftlingsnummer 182527)
* 25.08.1924 Saloniki.
Ankunft Auschwitz nach neuntägiger Fahrt im abgeriegelten Güterwaggon am 11.04.1944 aus Athen.
Zunächst Leichenschlepper am Bunker V (als Vergasungsstätte für die Ungarntransporte reaktiviertes weißes Bauernhaus, früher Bunker II genannt). Im Krematorium II im Entkleidungsraum und zum Herausziehen der Leichen aus der Gaskammer eingesetzt. Chasan gegenüber Greif: »Wir machten fast alles mit dem Stock. Nicht mit den Händen. Mit dem Stock war es leichter, die Körper voneinander zu lösen.« Kernsatz: »Was mir bis zum heutigen Tag im Kopf geblieben ist, daß man 2300 Menschen sieht und dann am nächsten Morgen ist plötzlich nur noch ein Haufen Asche und Staub da.«

Cespiva Johann

Häftlingsarzt (Obduzent für Dr. Mengele)
* 18.08.1911 Nymburk (Tschechien). Chirurg.
Am 15.11.1940 Verhaftung in Prag.
Januar 1943 von Prag nach Auschwitz deportiert. Häftlingsarzt in Block 12 (unheilbar Kranke), zuletzt im »Zigeunerlager«. Cespiva: »Ich selbst bin vier oder fünfmal im Krematorium II, und zwar in dem dort eingerichteten Sezierraum, gewesen. Auf Anordnung des Standortarztes Dr. Wirths und des Dr. Mengele. Mehrfach mußte ich Zigeunerkinder, die an Wasserkrebs [Noma] litten und an dieser Krankheit verstorben waren, im Sezierraum des Krematoriums II sezieren. Ich mußte ihnen die Köpfe abtrennen und präparieren.« Bis zum 18. 8. 1943 in Auschwitz, danach Häftlingsarzt im KZ Mittelbau-Dora. Cespiva über seine letzten Tage in Auschwitz: »Es waren tausende von Kindern, die damals vergast wurden. Die Kinder waren frisch und gesund. Was ich damals erlebte, war so fürchterlich, daß ich in diesen Tagen das erste und einzige Mal Brennspiritus getrunken habe. Eigentlich hatte ich Schluß machen und in den Draht gehen wollen, weil es einfach zu viel war. Aber ein Kamerad gab mir eine Ohrfeige und sagte, daß ich den Brennspiritus trinken soll.« Nach 1945 zunächst Gynäkologe in Prag: »Infolge der körperlichen Schäden, die ich durch die Haft erlitt, habe ich in der Zeit von 1949 bis 1956 dreimal Herzmuskelinfarkte durchgemacht. Seit 1956 bin ich Invalide.«

Ciesielska Romualda

Häftlingskinderbetreuerin (Häftlingsnummer 27184)
* 07.02.1908 Grabiny (Kreis Rypin).
Ankunft Auschwitz Herbst 1942 aus dem Gestapogefängnis Montelupich.
Feldarbeit, Gerätekammer. August 1944 mit der Betreuung von etwa 500 überlebenden Kindern des Warschauer Aufstands beauftragt. Aussage »Nachdem die Kinder laut Befehl von Mengele aufgestellt waren, ging er mit seiner Begleitung die Reihen der aufgestellten Kinder entlang, schaute ihnen in die Augen und ließ die SS-Aufseherin die Nummern mancher Kinder eintragen.« Etwa 30 Kinder werden mehrmals zu Mengele gebracht und kehren mit geschwollenen Augen zurück. Nach einiger Zeit verschwinden die Symptome. Ciesielska, die bei ihrer Aussage nichts von Mengeles Forschung wissen kann: »Mengele sprach davon, daß er über die Möglichkeit einer Veränderung der Irisfarbe arbeitete.«

Cohen Leon

Jüdisches Sonderkommando (Häftlingsnummer 182 492) Spitzname: Dentist
* 15.01.1910 Saloniki
Beruf: Kaufmann.
Ankunft Auschwitz am 11.04.1944 aus Athen. Von 2500 Deportierten werden 1872 sofort in der Gaskammer ermordet.
Cohen in seinen Erinnerungen (From Greece to Birkenau): »Man kann nicht sagen, daß die Arbeit der Dentisten die härteste Arbeit im Lager war, aber es war sicherlich die ekelhafteste. Leider weiß ich, wovon ich spreche, denn ich habe dies selbst in elf langen Monaten erfahren. Es war nicht leicht, die Münder der starren Leichen zu öffnen und den widerlichen Gestank, der aus ihnen entwich, einzuatmen. So war es auch kein Wunder, daß ich oft eine Pause machen mußte, um hinauszugehen und mich zu übergeben.« Cohen im Interview mit Greif: »Wenn ich einen besonders großen Goldzahn bei einer Leiche fand, nahm ich ihn für mich. Ich gab es in der Regel einem SS-Mann, der jede Nacht zu mir kam. Er fragte mich, was er mir am nächsten Morgen bringen sollte. Ich verlangte im allgemeinen Schnaps und besondere Delikatessen. Er nahm das Gold und kam am nächsten Morgen mit den Dingen, die ich bestellt hatte, in einem Sack und sagte: "Bitte schön, mein Herr!" Gestorben 1989 in Bar Yam (Israel).

Cougno Erika

(Häftlingsnummer 38 912) Politische Abteilung (PA)
* 26.03.1926 Saloniki
Aussage Cougno: Im April 1941 überfiel die deutsche Armee Griechenland. Im ersten Jahr der Besetzung wurden keine Maßnahmen gegen Juden ergriffen. Ich erinnere mich noch daran, wie sich meine Eltern in der Dachstube versammelten, um die BBC-Nachrichten zu hören. Eines Nachts verkündete der Sprecher, daß ein aus dem KZ Lublin entkommener Jude berichtete, daß Juden zu Tausenden systematisch vernichtet würden. Großvater Löwy (wurde später in Auschwitz vergast) stand ärgerlich auf, drehte das Radio ab und sagte: "Das ist Unsinn. Englische Propaganda". Am 14. März 1943 werden Erika Cougno, ihr Bruder Heinz, ihre Mutter Hella und ihr Vater Salvatore mit dem ersten Transport aus Saloniki nach Auschwitz deportiert. Ankunft am 20.03. 1943. Von 2800 Juden werden 2191 gesondert untergebracht (Tarnwort für Vergasung). Da die Cougnos Deutsch sprechen, werden sie für die folgenden Griechentransporte als Dolmetscher verwendet. Alle vier überleben, Erika und ihre Mutter in der Registratur des Standesamts der PA (Lager-Gestapo).

Czekalski Leon

Friseur der SS (Häftlingsnummer 2 955)
*11.04.1920
* 11.04.1920. Friseur. Am 15.05.1940 Verhaftung, Gestapogefängnis Pawiak. Ankunft Auschwitz am 15.08.1940 mit dem ersten Transport aus Warschau:
"Wir wurden auf einem Nebengleis des Bahnhofs Auschwitz ausgeladen und unter SS-Bewachung in das Lager geführt. Hier wurden wir zunächst auf einem freien Platz zu je hundert Mann aufgestellt, wo man uns einen ganzen Tag ohne Verpflegung stehen ließ. Anschließend erhielten wir die Häftlingsnummer, die auf einem Streifen Stoff geschrieben war und die wir uns auf der Brust und an der Hose festheften mußten. Tätowiert wurden wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, sondern erst im Jahre 1942".
Zuerst Häftlingsfriseur. Ab 17.01.1941 Friseur für die SS im Gebäude der Kommandantur. Czekalski bleibt dies bis zum November 1944, als ich von dem Adjutanten des Lagerkommandanten mit einem Stück Margarine erwischt wurde und in den Bunker kam. Im Bunker blieb ich für zwei Wochen und kam dann für zwei Wochen zur Strafkompanie nach Birkenau. Anschließend (Dezember 1944) kam ich mit einem Transport in das KZ in Buchenwald. Nach 1945 Inhaber eines Friseurladens in Polen.

Czelny Kazimierz

(Häftlingsnummer 92 238)
* 17.03.1922. Beruf: Medizinstudent.
Ankunft Auschwitz am 21.01.1943 aus dem Gefängnis in Tarnow.
Frühjahr 1943 Hilfspfleger im Zigeunerlager. Untergebracht in Block 32, der letzte Block vor der Umzäunung, die das Zigeunerlager von der Rampe trennt. Winter 1943/44 im Leichenkommando innerhalb des Zigeunerlagers.
Aussage Czelny: "Wir hatten die Aufgabe, die Leichen der verstorbenen Zigeuner auf Lastwagen zu laden. Die Leichen, die wir aufgeladen haben, hatten manchmal keine Köpfe mehr; es war unbeschreiblich. Im Zuge dieser Tätigkeit ist mir bekanntgeworden, daß sich in einem behelfsmäßig errichteten Holzschuppen in der Nähe von Block 32, in welchem die Leichen gestapelt wurden, Behälter befanden, in welchem die Köpfe von verstorbenen Kindern in Formalin aufbewahrt wurden, die an der Noma-Krankheit (Wasserkrebs) gelitten hatten. Es war bekannt, daß diese Leichenteile für Mengele dort aufbewahrt wurden, der sie m. W. dann später an ein Institut in Berlin (Kaiser-Wilhelm-Institut Anthropologie) schicken ließ".
Nach 1945 britischer Staatsbürger, Labortechniker

Czelny Stanislaw

Häftlingsarzt (Häftlingsnummer 93 242)
* 15.05.1895 Lemberg
Ankunft Auschwitz am 23.01.1943 aus dem Gefängnis in Tarnow. März 1943 bis zur Liquidierung in der Nacht vom 01. zum 02.08.1944 im Zigeunerlager.
Aussage Czelny:
"In diesem Lager lebten ganze Zigeunerfamilien mit ihren Kindern, unter ihnen auch Zigeunerinnen, deren Männer bei der deutschen Wehrmacht gedient haben und später allmählich in das Lager gebracht wurden. Die letzten Blocks des Zigeunerlagers befanden sich in der Nähe der Laderampe. Auf diesem Block befanden sich Zigeunerkinder und insbesondere solche, die keine lebenden Eltern mehr hatten. Ich sah unter diesen Kindern manche mit gewissen körperlichen Anomalien. Meistens waren es Zwillingskinder. Manchmal nahm Dr. Mengele einige Zwillinge in sein Arbeitszimmer mit, von wo sie öfters nicht mehr auf den Block zurückkehrten. Unter diesen Kindern erinnere ich mich an ein Zwillingsgeschwisterpaar, Bruder und Schwester, die verschiedenfarbige Iris hatten. Mengele untersuchte diese Zwillinge sehr häufig und verschrieb ihnen Tropfen, die er mir befahl, in die Augen jener Kinder zu tröpfeln".
Nach 1945 Arzt in Krzeszowice.

Czeszeko Janina

Czeszeko Janina (Häftlingsnummer 18 277)
* 22.10.1919
Ankunft Auschwitz am 26.08.1942 aus dem Warschauer Gestapogefängnis Pawiak. Pflegerin in Birkenau.
Aussage Czeszeko zu Lagerselektionen:
"In den überwiegenden Fällen waren die ausselektierten Häftlinge, also die in das Gas gehen sollten, sogenannte Muselmänner, in einem sehr schlechten körperlichen Zustand nach Fleckfieber sowie Jüdinnen. Diese Kranken konnten bei entsprechender ärztlicher Behandlung wieder gesund werden und zu sich kommen. Ich bin selbst das beste Beispiel dafür. Da ich Muselmännin war. Ich kam ohne größere ärztliche Hilfe dank der Hilfe meiner Kameradinnen zu mir und genas".
Oktober 1944 Deportation nach Ravensbrück. Nach ihren Angaben nach 1945: Infolge der NS-Verfolgung nicht vollendete höhere Schulbildung.

Dafner Moszek

Opfer von Versuchen zur Massensterilisierung mit Röntgenstrahlen
Nach meiner Verhaftung wurde ich nach Auschwitz transportiert. Dort wurde ich im August 1943 mit etwa 20 meiner Kameraden im Alter von 20-24 Jahren, die unter den kräftigsten ausgesucht wurden, in einen Block gebracht, an dessen Nummer ich mich nicht mehr erinnere. Drei Wochen später wurden an uns Experimente vorgenommen, und zwar erhielt ich eine sehr starke Dosis Röntgenstrahlen, wobei man den rechten Hoden durch Bleiplatten abdeckte. Einige Tage später hatte ich eine sehr schmerzhafte Reaktion und eine sichtbare Wunde an der Stelle der Bestrahlung. Gleichzeitig erkrankte ich an Malaria, und während ich aus diesem Grunde noch im Krankenhaus lag, wurde an mir ein zweites Experiment vorgenommen, nämlich die Entfernung beider Hoden unter Lumbalanästhesie. Im Dezember 1943 wurde ich zum Arbeitseinsatz nach Majdanek transportiert.

Degenszajn Fryda

Ankunft Auschwitz aus dem Transport Drancy am 20.07.1943.
Von 1000 Deportierten werden 440 gesondert untergebracht (Tarnwort für Vergasung), von 191 ins Lager selektierten Frauen müssen zwölf auf Claubergs Versuchsstation.

Aussage Degenszajn Fryda * 1911
Opfer von Medizinverbrechen
Degenszajn, acht Jahre nach der Befreiung: Ich mußte immer wieder meine Arbeit als Schneiderin aufgeben und leide unentwegt an Schmerzen im Leib. Ich fühle mich immer schwach und leide seit 4-5 Jahren an starken Wallungen, habe keine sexuellen Bedürfnisse mehr und konnte auch nicht heiraten. Die Versuche verschiedener Ärzte, meinen Zustand zu bessern, sind fehlgeschlagen. Ärztliches Gutachten: Eine Wiederherstellung der Gebärmuttersklerose ist durch keine Maßnahmen mehr möglich. Das Gutachten zum Verbleib der Angehörigen: Ihr Vater und ihre Mutter sind während des Krieges in Konzentrationslagern umgekommen. Die 12 Brüder und Schwestern sind im Konzentrationslager während des Krieges durch Verbrennung umgekommen. Von ihrer Familie bleibt nur noch ein Bruder.

Denesova Klara

* 12.03.1915 in Vrutky
Apothekerin
Ankunft Auschwitz am 17.06.1944 aus Ungarn
Als der Zug hielt, sprangen Angehörige des Sonderkommandos in die Waggons, die die Aufgabe hatten, die Waggons auszuräumen und die Leute vor dem Waggon zu ordnen. Ein Angehöriger des Sonderkommandos sagt zu mir:
Halte dich, sei nicht krank und nimm dir kein Kind! Was er damit meinte, wußte ich nicht. Als wir uns einreihten, gingen wir in der ganzen Gruppe hintereinander, bis wir an eine Stelle kamen, an welcher ein Mann in SS-Uniform stand.
Er schrie in deutscher Sprache:
Greise, Kranke, Frauen mit Kindern auf die linke Seite, Männer und Knaben gesondert und Frauen ohne Kinder bis zu 40 Jahren ohne Kinder auf die rechte Seite! Neben mir ging meine Mutter und weiters eine Familie mit fünf Kindern, welche aus Frankreich stammte. Eines dieser Kinder hatte die Röteln, und der Vater dieses Kindes bat mich, ich solle das Kind in meine Arme nehmen, welcher Bitte ich auch nachkam. Mit diesem Kind, welches etwa zwei Jahre alt war, kam ich in unmittelbare Nähe des Mannes in Uniform.
Als ich um den Mann herumging, drehte er sich abrupt um und rief:
Leg das Kind hin!
Ich antwortete: Das Kind gehört nicht mir und ist krank. Hierauf reagierte der Mann in Uniform, daß er das Kind stieß und es mir aus den Armen riß. Inzwischen trat meine Mutter zu mir und wollte mich nicht aus der Gruppe herauslassen, in der sie war. Dabei bat sie den Mann in Uniform, er möge mich mit ihr gehen lassen.
Daraufhin antwortete er: Ihr werdet euch bald wiedersehen! Weil ich die Mutter weiterhin an der Hand hielt und mich nicht von ihr trennen wollte, ergriff er mich brutal an den Haaren und stieß mich auf die rechte Seite. Tatsache ist, daß ich von dieser Zeit an meine Mutter
nicht mehr gesehen habe.

Diamanski Hermann

Politischer Häftling Nu. 71868.
* 04.05.1909 in Danzig + 10.08.1976 Frankfurt am Main
Mai 1942 vom Arbeitskommando Gestapo- und SD-Schule Drögen bei Fürstenberg ins KZ Auschwitz überstellt
Stationen: Monowitz, Birkenau, Block- und Lagerältester im Zigeunerlager sowie anschließend im A-Lager. Zuletzt Lagerkapo im Außenlager Fürstengrube.
Diamanski:
Die Funktionshäftlinge mußten, nachdem das Lagerpersonal 1944 infolge des Krieges knapp geworden war, bei Eintreffen von Transporten mit zugegen sein. Die Transporte wurden von Dr. Mengele bereits bei ihrem Eintreffen besichtigt. Er entschied mit einer Handbewegung, wer als arbeitsfähig zu gelten hatte und wer sofort auf geradem Weg in das Gas kam. Hierbei assistierte Dr. Thilo. Eine Untersuchung fand nicht statt, sondern für ihn entschied scheinbar das Aussehen. Bemerken möchte ich hierzu noch, daß Frauen, die Kinder auf dem Arm hatten, egal ob sie gesund waren oder nicht, grundsätzlich in das Gas kamen. Die Besichtigung und Entscheidung fiel aus einer Entfernung von ca. 5 m. Sie war endgültig. Erwähnen möchte ich noch, daß die Transporte, welche sofort ins Gas mußten, nicht namentlich erfaßt wurden. Es handelt sich um Personen, von denen man heute noch nicht weiß, was mit ihnen geschehen ist.

Kaplan Gustava

Ghetto Krakau - KZ-Auschwitz
„An diesem Tag wurden alle Bewohner des Ghettos gezwungen, sich auf dem Marktplatz zu versammeln. Diese Aktion wurde von Kommandant Gött mit einer großen Anzahl von Gestapoleuten durchgeführt. Als Mütter darum baten, ihre Kinder bei sich behalten zu dürfen, antwortete Gött, dass diese am nächsten Tag nachkommen würden (was natürlich nicht geschah). Viele Menschen wurden an Ort und Stelle erschossen; das Blut floss in Strömen, alle sahen das. Die, die man ausgesucht hatte, wurden auf LKWs verladen zu einem Güterzug gefahren. Bis heute weiß niemand, was mit ihnen geschehen ist. An diesem Tag verschwanden 20.000 Menschen“.

Als wir nach Auschwitz kamen, wurden wir zunächst wieder ins Bad gebracht. Danach wurden uns die Haare abgeschnitten und Kleidungsfetzen wurden ausgeteilt. Die, die groß waren, bekamen zu kleine und die Kleinen bekamen zu große Kleidungsstücke. Obwohl es noch April war, erhielten wir Sommerbekleidung. Beim Appell mussten wir zu fünft in einer Reihe stehen und wir drückten uns aneinander, weil es kalt war. Aber nicht einmal das war erlaubt und auch dafür bestraften uns die Aufseherinnen. Ich arbeitete in einem „Außenkommando.“ Ich schleppte Ziegelsteine, irgendetwas bauten sie. Wir arbeiteten ohne Pause von 8 Uhr morgens bis 5 Uhr nachmittags. Als Hauptmahlzeit bekamen wir um 5 Uhr Kohlrübensuppe. Danach bekamen wir ein Stück Brot (ein Achtel von einem Brotlaib), Margarine und 30 gr. Wurst oder Marmelade.
Beinahe täglich wurde eine große Anzahl zur Selektion abgeholt, wir hatten fürchterliche Angst. Es gab Appelle, bei denen Dr. Mengele aussortierte und die aussuchte, die getötet werden sollten, sogar die, die Pickel hatten oder hinkten. Wenn er kam, mussten wir immer nackt dastehen.

Lingens-Reiner Ella

Häftlingsnummer 36 088
* 18.11.1908 in Wien + 30.12. 2002 in Wien
Aussage über volksdeutsche SS-Leute:
Man hatte sie von überall hergeholt. Ungelernte Arbeiter, sog. Volksdeutsche aus Polen, Rumänien, Kroatien, die kaum Deutsch sprechen und noch weniger Lesen und Schreiben konnten. Sie folgten jedem Befehl mit Scheuklappen vor den Augen, voll Angst vor Strafe, geistig stumpfe Werkzeuge der Mächtigen mit scharfen Waffen. Menschen dieses Typus. bildeten den Großteil unserer Bewachungsmannschaft.

Aussage
über die Fäkalienentsorgung und Trinkwasser 1943 in Birkenau:
Der Stuhlgang wurde immer seltener und konzentrierter. Trotzdem mußte er stattfinden, und das gehörte mit zum Schlimmsten, was ich im Lager erlebt habe. Die »Toilette« ist einen zehn Meter langen und fünf Meter breiten, fensterlosen Raum, rechts und links eine 20 cm breite, niedrige Mauer, »auf dem die Frauen wie Schwalben auf dem Telegraphendraht aufgereiht hockten, um ihre Notdurft zu verrichten. Das war die "Toilette" für Tausende nicht-jüdische Frauen. Hinter den beiden Mäuerchen zog sich jeweils ein zwei Meter tiefer Graben hin, der die Fäkalien aufnahm und in einem Kanal mündete. Am Ende lief ein eisernes Rohr herab, aus dem, etwa in Höhe der Sitzmauer, ein daumendicker Wasserstrahl herausfloß. Dies war, die einzige Wasserstelle, die den 13 000 Häftlingen für ihren sonstigen Wasserbedarf zur Verfügung stand.


Sie beschreibt, wie Mengele dieser ‚unbarmherzige Zyniker‘, der über Organisationstalent und Initiative verfügte, das Fleckfieber im Frauenlager bekämpft hat, das andere SS-Ärzte nicht
einzudämmen vermochten. Zuerst schickte er 1500 kranke Jüdinnen ins Gas und machte in dem
überbelegten Lager eine Baracke frei, die er desinfizieren und mit neuen Strohsäcken und sauberen Decken ausstatten ließ. Dann wurden Kranke aus einer anderen Baracke gründlich entlaust und nackt in die gereinigte Unterkunft verlegt. Nun ließ er die freigewordene Baracke desinfizieren, belegen und so weiter. Dadurch wurde die Epidemie tatsächlich gestoppt. Dass man dasselbe auch ohne Verschickung von Menschen in den Tod hätte erreichen können, etwa
durch Aufstellung einer neuen Baracke, scheint Mengele gar nicht in den Sinn gekommen zu sein. Im Krankenbau des Männerlagers ist im Januar 1944 das Fleckfieber mit ähnlichen Methoden bekämpft worden.

Ihr Sohn Peter Michael Lingens berichtete:
„Ein paar Tage vor ihrem Tod verließ meine Mutter noch einmal ihr Bett. Sie stützte sich an den Wänden des Zimmers und des langen Ganges ab und stand plötzlich, offenkundig etwas verwirrt, in der Wohnzimmertür. Während jedes Gespräch verstummte, wiederholte sie mit angstvoll geweiteten Augen einen einzigen Satz: Ihr werdet mich nicht verbrennen? Ihr werdet mich nicht verbrennen, gell?“ Sie wurde am 10. Januar 2003 auf dem Wiener Zentralfriedhof in einem ehrenhalber gewidmeten Grab (Gruppe 40, Nummer 90) beigesetzt

Morgen Konrad

Der ehemalige SS-Richter Konrad Morgen im Auschwitz-Prozeß über seinen Besuch Herbst 1943: »Nachdem ich das Lager besichtigt hatte, da schritt ich nun zur Aktion und ließ das ganze SS-Gaskammerkommando in seiner Unterkunft vor den Spinden antreten und nahm eine Durchsuchung vor. Und wie ich es mir gedacht hatte, kam dann da einiges zum Vorschein: goldene Ringe, Münzen, Kettchen, Perlen, so ziemlich sämtliche Währungen der Welt. Bei dem einen wenig Souvenirs, wie der Betreffende sagte, bei dem anderen ein kleines Vermögen. Was ich aber nicht erwartet hatte, daß aus einem der Spinde mir die Geschlechtsteile frisch geschlachteter Bullen entgegenfielen. Ich war zunächst völlig entgeistert und konnte mir also den Verwendungszweck nicht vorstellen. Bis der betreffende Spindinhaber errötend - tatsächlich, das gab es - dann gestand, das besorge man sich zur Auffrischung der eigenen sexuellen Potenz.«

Moszkowicz Imo

* 27.07.1925 in Ahlen + 11.01. 2011 in München
Manchem wurde das Nichtkönnen des Bettenbauens zur Todesfalle. Sowohl der Stubenälteste als auch der kontrollierende SS-Unterscharführer rissen ein nicht proper gemachtes Bett wieder ein, damit der Häftling den Bau wiederhole. Das führte manchmal dazu, daß er nicht zeitig genug fertig wurde, ergo zu spät zum Appell kam, auf den Bock mußte, dann mehrere Schläge über den Arsch verpaßt kriegte, an den geschlagenen Wunden eine Infektion bekam, in den Krankenbau ging, dort selektiert wurde. Ab durch den Kamin

Puzyna Martina

Häftlingsnummer 54 538
„In dem Arbeitsraum neben dem Sektionssaal warteten 14 Zigeunerzwillinge unter Bewachung von SS, bitter wenend. Dr. Mengele sagte kein Wort zu uns, bereitete eine 10 ccm und eine 5 ccm Spritze vor. Aus einer Schachtel legte er Evipan, aus einer anderen Chloroform, das sich in 20 ccm Gläschen befand, auf den Operationstisch. Danach führten sie den ersten Zwilling herein, es war ein 14 Jahre altes Mädchen. Dr. Mengele befahl mir, das Mädchen zu entkleiden und auf den Seziertisch zu legen. Danach spritzte er in dessen rechten Arm intravenös Evipan ein. Nachdem das Kind eingeschlafen war, tastete er die linke Herzkammer aus und injizierte 10 ccm Chloroform. Das Kind war nach einigen Zuckungen tot, worauf Dr. Mengele es in die Leichenkammer bringen ließ. In dieser Weise folgte in dieser Nacht die Tötung aller Zwillinge.

Sadowska Kaminska

Aussage des ehemaligen Häftlings Kaminska Sadowska
über den Abtransport von Frauen aus Block 17 in die Gaskammer im Februar 1944:
Vor die Baracke kamen der Reihe nach offene Lastwagen. Auf die Plattformen dieser Lastwagen wurden nackte Frauen verladen. Die Abfahrt eines jeden Wagens begleitete ein schreckliches Geschrei der Frauen, die sich auf den Plattformen des Wagens befanden und die sich bewußt waren, daß es sich um ihren letzten Weg handelte. Meiner Schätzung nach wurden demals ca. 500 Frauen aus dieser Baracke ins Krematorium fortgebracht.

Symchowicz Henryk

Aussage zum Lager Blechhammer
"Sie ordneten nachts Appelle an und ließen uns dann ein paar Stunden stehen, und nach dem Appell waren dann immer zehn oder zwanzig Juden tot. Ich erinnere mich an einen dieser Appelle. Es war im Oktober. Der Tag war windig und die Nacht war kalt. Wir wurden im Hemd rausgetrieben. Sie ließen uns sechs Stunden lang bewegungslos stehen, und bei der kleinsten Bewegung setzte es Schläge, und sie schlugen wütend, sadistisch und unmenschlich. Dieser Appell kostete uns 74 Häftlinge".