171

Zu der Frage, wie lange der Angeklagte Olejak Rapportführer im Lager Jaworzno gewesen sei, konnte der Zeuge keine sicheren Angaben machen. Er meinte jedoch sicher zu sein, daß er auf dem Evakuierungsmarsch dabei gewesen sei. Während dieses Marsches habe er ihn mit einer automatischen Waffe in der Hand auf einem Pferd reiten sehen.

Bei der Aussage des Zeugen zur Person und zu den Bildern des Angeklagten kann zwar davon ausgegangen werden, daß er den Angeklagten Olejak in Jaworzno kennengelernt hat. Was seine Aussage zum Evakuierungsmarsch betrifft, ist der Zeuge nicht glaubwürdig, da der Angeklagte Olejak, wenn er überhaupt dabei war, nicht auf einem Pferd geritten ist. Mit diesem SS. Mann auf einem Pferd meint der Zeuge offensichtlich den Lagerführer Pfütze, der nach Aussago mehrerer Zeugen in Jaworzno ein oder mehrere Reitpferde hatte und eines dieser Pferde auch beim Evakuierungsmarsch zum Reiten benutzte.

16. Der Zeuge Ahron Ojzerowicz ist nach seinen Angaben in der Hauptverhandlung Ende September 1943 als Häftling nach Jaworzno gekommen. Er hat zu Beginn seiner Vernehmung den Angeklagten Olejak sowohl in Person als auch auf den ihn darstellenden Lichtbildern als den Rapportführer des Lagers bezeichnet. Weiter sagte der Zeuge, seiner Erinnerung nach habe dieser SS. Mann in Jaworzno immer die Funktion des Rapportführers ausgeübt, an einen anderen Rapportführer könne er sich nicht erinnern. Er habe ihn auch bei Beginn des Evakuierungsmarsches im Lager gesehen, ebenso noch in Blechhammer.

Auch bei diesem Zeugen hat die Kammer keinen Zweifel daran, daß er den Angeklagten Olejak im Lager Jaworzno kennengelernt hat. Da sich der Zeuge jedoch nur an den Angeklagten Olejak als Rapportführer erinnert, obwohl Olejak ca. 7 Monate nicht in Jaworzno war und während dieser Zeit ein oder mehrere andere SS. Leute die Funktion des Rapportführers inne gehabt haben, erscheint die Aussage des Zeugen Ojzerowicz nicht geeignet, die Einlassung des Angeklagten Olejak zu widerlegen.

17. Der Zeuge Schmuel Ben-David wurde zweimal in der Hauptverhandlung vernommen, da die erste Vernehmung aus Zeitgründen nicht abgeschlossen werden konnte. Dabei hat der Zeuge bekundet, er sei im Juli 1943 nach Jaworzno gekommen und habe während der ganzen Zeit in der Dachsgrube gearbeitet.

Zur Person des Rapportführers sagte der Zeuge bei seiner 1. Vernehmung am 21.11.1977, dieser habe Olejak geheißen, mit diesem Namen sei er gerufen worden. Dieser Olejak sei eine Zeitlang nicht in Jaworzno gewesen. Direkt vor Beginn der Evakuierung sei er in das Lager zurückgekehrt und habe auch am Evakuierungsmarsch teilgenommen. Er habe ihn selbst beim Abmarsch am Tor gesehen. Außerdem schilderte der Zeuge Ben-David einen Vorfall, in dessen Verlauf der Rapportführer nach Rückkehr der Häftlinge des Kommandos Dachsgrube Nachtschicht einen Häftling erschossen habe.

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Nach Vorhalt seiner polizeilichen Vernehmung bei der er in diesem Fall den SS. Mann mit dem Spitznamen Mietliczka als Täter genannt hatte, erklärte der Zeuge, er habe bei dieser Vernehmung nur die Namen der beiden SS. Leute, nicht aber die Täter verwechselt.

Bei seiner 2. Vernehmung am 20.11.1978, also etwa 1 Jahr später, erklärte der Zeuge Ben-David zur Person des Rapportführers Olejak, er wisse nicht, ob dieser immer in Jaworzno gewesen sei. Er habe ihn im Lager zwar gesehen, wann er anwesend und wann er abwesend gewesen sei, könne er nicht sagen. Insbesondere sei ihm nicht mehr erinnerlich, daß Olejak in einem bestimmten Zeitraum abwesend gewesen sei Bei der Evakuierung sei Olejak dabei gewesen, er könne jedoch nicht mehr sagen, in welchem Zusammenhang er sich daran erinnere.

Zu dem Fall einer Häftlingstötung, die er bei seiner 1. Vernehmung in der Hauptverhandlung dem Rapportführer Olejak und bei seiner polizeilichen Vernehmung dem SS. Mann mit dem Spitznamen Mietliczka angelastet hatte, erklärte der Zeuge Ben-David nunmehr, es habe 2 solcher Fälle gegeben. In einem sei der Olejak und in einem anderen der SS. Mann mit dem Spitznamen Mietliczka der Täter gewesen. Er sei nicht mehr in der Lage, zu diesen beiden Taten irgendwelche Einzelheiten zu schildern.

Die Kammer hält diese Aussage des Zeugen, der in den wesentlichen Punkten, nämlich der zeitlichen Anwesenheit des Rapportführers Olejak im Lager Jaworzno und insbesondere bei der Angabe von Tätern bei der Tötung von Häftlingen widersprüchliche Angaben gemacht hat, nicht für zuverlässig. Des Weiteren ist noch darauf hinzuweisen, daß sich der Zeuge bei seiner polizeilichen Vernehmung nicht von sich aus an den Namen des Rapportführers Olejak erinnert hat, sondern erst nach Vorhalt verschiedener Namen, darunter Olejak. Auch von einer zeitweiligen Abwesenheit des Rapportführers Olejak vom Lager oder von einem anderen Rapportführer hat der Zeuge bei dieser Vernehmung nicht gesprochen.

18. Der Zeuge David Lerer hat bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung ausgesagt, er sei Mitte September 1943 nach Jaworzno gekommen.

Zu Beginn seiner Vernehmung, als die beiden Angeklagten mit 7 etwa gleichaltrigen Vergleichspersonen, darunter die beiden Ergänzungsschöffen Flörchinger und Zang, im Zuhörerraum des Sitzungssaales saßen, deutete der Zeuge auf den Angeklagten Pansegrau und erklärte, diese Person sei, wie er glaube, der Mietliczka. Außerdem deutete er auf den Ergänzungsschöffen Flörchinger und meinte, dieser sei Rapportführer in Jaworzno gewesen. Den Angeklagten Olejak erkannte der Zeuge Lerer zu diesem Zeitpunkt nicht wieder. Auch bei Vorlage der Lichtbilder erkannte der Zeuge den Angeklagten Olejak nicht.

Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung, als die Angeklagten dann auf der Anklagebank Platz genommen hatten, erklärte der Zeuge, der Angeklagte Olejak sei ohne Zweifel Rapportführer in Jaworzno gewesen, er habe sich nicht viel geändert.

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Er sei sich ganz sicher, daß er diesen Rapportführer bei Beginn des Evakuierungsmarsches in Jaworzno gesehen habe. Er habe ihn auch während des Marsches und beim Weitermarsch eines Teil der Häftlinge in Blechhammer gesehen. Ihm sei nicht bekannt, daß der Rapportführer einige Zeit nicht in Jaworzno gewesen sei An eine Ablösung und an einen anderen Rapportführer könne er sich nicht erinnern.

19. Der Zeuge Arroyo ist nach seinen Angaben in der Hauptverhandlung im Sommer 1943 nach Jaworzno gekommen.

Er hat den Angeklagten Olejak weder in der Person noch auf Bildern als den Rapportführer des Lagers Jaworzno erkannt. Er hat lediglich zu den Bildern 14 und 15 der Bildtafeln und Bild 18 des Bildbandes erklärt dieser Mann sei in Jaworzno gewesen. Er sei sich jedoch nicht ganz sicher. Nachdem er zunächst noch gemeint hatte, er sei sich auch nicht sicher, ob dieser Mann beim Evakuierungsmarsch dabei gewesen sei, hat er dann erklärt, er sei sich zwar sicher, daß er dabei gewesen sei. Nicht sicher sei er sich jedoch, ob er auch geschossen habe. Dieser Mann, den er meine, hat die Häftlinge wiederholt zu ihrer Arbeitsstelle begleitet. Einen Rapportführer habe es in Jaworzno zwar gegeben, wer es gewesen sei, wisse er aber nicht.

Der Aussage dieses Zeugen kann bei diesen Angaben kein besonderes Gewicht zukommen.

20. Der Zeuge Wigdor Siwek ist nach seinen Bekundungen in der Haupthandlung im Winter 1943 nach Jaworzno gekommen.

Zu Beginn seiner Vernehmung deutete er auf den im Zuhörerraum sitzenden Angeklagten Olejak und erklärte, er glaube, dies sei der Rapportführer des Lagers Jaworzno gewesen. Das gleiche erklärte der Zeuge zu den Bildern, die den Angeklagten Olejak darstellen.

Der Zeuge hat weiter ausgesagt, dieser Rapportführer sei seiner Erinnerung nach immer in Jaworzno gewesen. Erst nach Vorhalt, daß dies nicht richtig sein könne, räumte der Zeuge ein, daß Olejak eine bestimmte Zeit nicht dagewesen sein könne. Beim Evakuierungsmarsch sei dieser Rapportführer jedenfalls dabei gewesen, er habe ihm noch seine Stiefel zum Tragen gegeben. Er habe auch zufällig gesehen, daß der Rapportführer beim Evakuierungsmarsch 2 oder 3 Häftlinge erschossen habe. Er habe ihn dabei an seinem Gesicht und seiner Gangart, die eine besondere gewesen sei, erkannt. An dieser Gangart habe er ihn auch auf dem Flur des Gerichtsgebäudes wiedererkannt.

Die Kammer verkennt nicht, daß auch die Aussage dieses Zeugen, ebenso wie die des Zeugen Charlupski, ein gewisses Indiz für die Teilnahme des Angeklagten Olejak am Evakuierungsmarsch des Lagers Jaworzno darstellt.

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Gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen Siwek spricht neben dem unter D, E und F erläuterten Ergebnis der Beweisaufnahme auch die Tatsache, daß er sich nur an einen Rapportführer im Lager Jaworzno erinnert.

21. Der Zeuge Jakob Wigdor kam nach seinen Bekundungen in der Hauptverhandlung im Oktober 1943 als Häftling nach Jaworzno.

Zu Beginn seiner Vernehmung zeigte der Zeuge auf den im Zuhörerraum des. Sitzungssaales sitzenden Angeklagten Olejak und erklärte, er glaube, dies sei der Rapportführer des Lagers Jaworzno. Sicher sei er sich aber nicht.

Zu Lichtbild Nr. 14 der Bildtafeln sagte der Zeuge, die Person sei ihm aus Jaworzno bekannt. Wen das Bild darstelle, wisse er nicht. Zu Bild Nr. 18 des Bildbandes, das mit dem vorgenannten Bild identisch ist, erklärte der Zeuge dann, er glaube, das sei der Rapportführer. Den Namen dieses Rapportführers habe er niemals gewußt.

Er sei einmal selbst von diesem Rapportführer geschlagen worden. Das sei im Oktober oder November 1944 gewesen. Er habe den Rapportführer schon etwa einen Monat vorher im Lager gesehen. Außer an den Angeklagten erinnere er sich an keinen anderen Rapportführer. Ob dieser Rapportführer beim Evakuierungsmarsch dabei gewesen sei, wisse er nicht.

Die Aussage dieses Zeugen stellt ebenfalls ein Indiz für eine Anwesenheit des Angeklagten Olejak Ende 1944 in Jaworzno dar. Allerdings ist auch diese Aussage mit einem Fragezeichen zu versehen. Wenn sich der Vorfall mit dem Rapportführer tatsächlich im Oktober oder November 1944 abgespielt hat, kann der Zeuge den Rapportführer nicht etwa einen Monat vorher erstmals im Lager Jaworzno gesehen haben, wenn Täter der Angeklagte Olejak war. Normalerweise müßte sich auch dieser Zeuge an einen anderen SS. Mann als Rapportführer in Jaworzno erinnern.

22. Der Zeuge Hersch Nowak ist nach seiner Aussage in der Hauptverhandlung im August oder September 1943 nach Jaworzno gekommen.

Zu Beginn seiner Vernehmung hat er auf den Angeklagten Olejak gedeutet und erklärt, er glaube, das sei der Olejak. Weiter hat der Zeuge ausgesagt, er habe Olejak erstmals im Sommer 1944 in Jaworzno gesehen. Olejak sei auch auf dem Evakuierungsmarsch dabei gewesen. Er habe ihn während des Evakuierungsmarsches auf dem Kutschbock eines Pferdewagens gesehen.

Gegen die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen spricht, daß er Olejak erstmals im Sommer 1944 in Jaworzno gesehen haben will. Zu diesem Zeitpunkt war dieser, wie ausgeführt, nicht im Lager Jaworzno. Gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen spricht weiter, daß er ihn auf dem Kutschbock eines Pferdewagens gesehen haben will. Eine Aussage in diesem Sinn hat kein anderer Zeuge hier in diesem Verfahren gemacht.

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23. Der Zeuge Gerschon Sieradzki kam im November 1943 nach Jaworzno. Bei der Personenerkennung zu Beginn seiner Vernehmung hat der Zeuge den Angeklagten Olejak nicht erkannt, sondern auf einen etwa 1,78 m großen Zuhörer gedeutet und erklärt, das sei der Olejak.

Bei Vorlage der Bildtafeln erkannte der Zeuge die Bilder 14 bis 17 nicht als solche des Angeklagten Olejak. Bei Vorlage des Bildbandes erklärte der Zeuge dann zu den den Angeklagten Olejak darstellenden Bildern, dies seien Bilder des Angeklagten Olejak. Weiter hat der Zeuge erklärt, der Rapportführer, den er meine, sei von kräftiger Statur und so groß gewesen wie der Mann, auf den er gedeutet habe. Er erinnere sich nur an ihn als Rapportführer. In der Position des Rapportführers habe es in Jaworzno keinen Wechsel gegeben, wohl aber in der Position des Lagerführers.

Der Rapportführer sei auf dem Evakuierungsmarsch dabei gewesen. Er habe genau gesehen, wie er einen ihm selbst bekannten Häftling erschossen habe. Gegen die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen spricht, daß die Beschreibung, die er von dem Rapportführer gegeben hat, nicht auf den Angeklagten Olejak, sondern
auf den SS.Mann Otto Hablesreiter zutrifft. Auch dieser war, wie erwähnt, eine zeitlang Rapportführer in Jaworzno.

Bei der Bilderkennung besteht bei dem Zeugen der Verdacht, daß er sich nicht so sehr nach den Bildern selbst, sondern nach den Nummern des Bildbandes gerichtet hat. Andernfalls hätte er die den Angeklagten Olejak darstellenden Bilder der Bildtafeln, die mit denen des Bildbandes identisch sind, ebenfalls erkennen müssen. Schließlich spricht der Zeuge als einziger aller Zeugen von einem Wechsel in der Person des Lagerführers und meint, der Rapportführer habe nicht gewechselt. Tatsächlich ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch davon auszugehen, daß nur in der Person des Rapportführers - nämlich von Olejak zu Hablesreiter - ein Wechsel eingetreten ist, nicht aber in der Person des Lagerführers. Dieser war vielmehr von Anfang bis zum Schluß der SS. Mann Bruno Pfütze.

24. Der Zeuge Meir Sommer hat bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung ausgesagt, er sei im Sommer 1943 nach Jaworzno gekommen. Zu Beginn seiner Vernehmung, als die beiden Angeklagten noch im Zuhörerraum saßen, erkannte der Zeuge niemanden. Auch zu den vorgelegten Lichtbildern konnte er keine Angaben machen. Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung, als die beiden Angeklagten auf der Anklagebank Platz genommen hatten, meinte der Zeuge dann, der Angeklagte Olejak komme ihm aus Jaworzno bekannt vor. Er glaube, dieser SS. Mann sei immer in Jaworzno gewesen. Ob er am Evakuierungsmarsch teilgenommen habe, könne er nicht sagen.

Einen Rapportführer habe es in Jaworzno gegeben. Wer dies gewesen sei, könne er nicht sagen

25. Der Zeuge Benjamin Jachimowicz, ein Bruder des Zeugen Mosche Jachimowicz, wurde, da er einer Vorladung zur Hauptverhandlung keine Folge leistete, im Wege der Rechtshilfe durch den zuständigen Richter beim Amtsgericht in Tel Aviv vernommen.

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Dabei hat der Zeuge ausgesagt, er sei im August 1943 nach Jaworzno gekommen. In Jaworzno habe es insgesamt 6 Rapportführer gegeben, von denen immer jeweils 2 gleichzeitig diese Funktion ausgeübt hätten. Von diesen 6 Rapportführern könne er sich nur noch an einen namens Olejak erinnern. Dies sei deswegen der Fall, weil Olejak zunächst einige Monate als Blockführer in Jaworzno gewesen sei, bevor er Rapportführer geworden sei. Olejak sei jedoch nicht immer im Lager gewesen. Von Zeit zu Zeit sei er nicht dagewesen, wahrscheinlich dann, wenn er Urlaub gehabt habe. Er sei jedoch nicht längere Zeit auf einmal ans dem Lager verschwunden, immer nur tageweise. Daran, ob Olejak beim Evakuierungsmarsch dabei gewesen sei, könne er sich nicht erinnern.

Bei diesem Inhalt sieht die Kammer die Aussage des Zeugen Benjamin Jachimowicz nicht als geeignet an, die Einlassung des Angeklagten Olejak zu widerlegen.

26. Auch der Zeuge Aron Pernat wurde im Wege der Rechtshilfe vor dem Amtsgericht in Tel Aviv vernommen. Dabei hat er ausgesagt, er sei mit dem ersten Häftlingstransport im Sommer 1943 in das Lager Jaworzno vorlegt worden.

In Jaworzno habe es immer einen Rapportführer gegeben. Dieser sei manchmal für wenige Tage nicht im Lager gewesen. In diesen Fällen sei er von einem älteren SS. Mann, der aber immer im Lager und etwas älter gewesen sei, vertreten worden.

Der Rapportführer sei ca. 1,65 m - 1,68 m groß und damals 35 - 38 Jahre alt gewesen. Sein gelegentlicher Vertreter sei kleiner und ca. 60 Jahre alt gewesen. Der Rapportführer sei oft mit einem Hund in das Lager gekommen, Er sei auch auf dem Evakuierungsmarsch dabei gewesen. Er habe selbst gesehen, wie dieser Rapportführer während des Marsches mit einem Schuss aus seiner Pistole 3 hintereinander laufende Häftlinge niedergeschossen habe.

Demgegenüber hatte der Zeuge Pernat bei seiner polizeilichen Vernehmung durch den Zeugen Edelsberg am 2.5.1976, die ihm wiederholt vorgehalten worden ist, erklärt, der Rapportführer sei im Sommer 1944 einige Monate nicht in Jaworzno gewesen und während dieser Zeit sei er von einem älteren Deutschen vertreten worden. Am Schluß sei dann der Rapportführer aber wieder nach Jaworzno zurückgekehrt. Dazu erklärte der Zeuge Pernat, das sei nicht richtig. Der Rapportführer sei immer in Jaworzno gewesen und nur manchmal tageweise von einem älteren Mann vertreten worden.

Auch bei der Schilderung von Tötungshandlungen durch SS. Leute in Jaworzno, insbesondere den Rapportführer und den SS. Mann mit dem Spitznamen Mietliczka, befinden sich in der Aussage des Zeugen Pernat vor dem Amtsgericht In Tel Aviv und vor dem Polizeibeamten Edelsberg zahlreiche Widersprüche. Auf diese wird im Rahmen der Ausführungen zu den einzelnen Anklagepunkten näher eingegangen werden. Hier sei nur darauf hingewiesen, daß der Zeuge bei seiner polizeilichen Vernehmung angegeben hat, er habe selbst beobachtet, wie der Rapportführer zusammen mit dem SS. Mann Mietliczka 2 Häftlinge in einem im Lager gelegenen Wasserbecken ertränkt habe.

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Hierzu sagte der Zeuge Pernat vor dem Amtsgericht in Tel Aviv aus, in Jaworzno habe es überhaupt kein Wasserbecken gegeben, wo so etwas habe geschehen können. Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung erinnerte sich der Zeuge dann zwar noch an das Vorhandensein eines Wasserbeckens. Es habe dort jedoch keine Fälle von Häftlingstötungen durch SS. Leute gegeben.

Bei diesem Inhalt der Aussage und bei den Widersprüchen zwischen der polizeilichen Vernehmung und der Vernehmung vor dem Amtsgericht in Tel Aviv misst die Kammer der Aussage des Zeugen Pernat keine besondere Bedeutung bei.

27. Auch der Zeuge Eljahu Tenzer wurde im Wege der Rechtshilfe vor dem Amtsgericht in Tel Aviv vernommen. Dabei hat er ausgesagt, er sei im Herbst 1943 als Häftling nach Jaworzno gekommen.

Der Zeuge hat weiter erklärt, der Angeklagte Olejak sei bis auf eine Periode von 3 - 4 Monaten im Jahr 1944 im Lager Jaworzno gewesen. Er sei sicher, daß er Ende 1944 in Jaworzno gewesen sei und auch den Evakuierungsmarsch mitgemacht habe. Er habe im Lager immer die gleiche Funktion, nämlich die des Rapportführers ausgeübt.

Bei Vorlage der Bildtafeln erklärte der Zeuge, der Mann auf Bild 17 sei der Angeklagte Olejak, ebenso sei er auf den Bildern 17, 18 und 19 des Bildbandes abgebildet. Nach Vorhalt des Protokolls über seine polizeiliche Vernehmung vom 14.4. 1975, nach dessen Inhalt er zu den Bildern 17, 18 und 19 nichts sagen konnte und den Mann auf Bild 25 (SS. Mann Adam Rausch) als Rapportführer bezeichnet hat, erklärte der Zeuge, er sei jetzt ungefähr sicher, daß der Mann auf den Lichtbildern 17 bis 18 des Bildbandes der Rapportführer Olejak sei. Ganz sicher sei er sich jedoch auch jetzt noch nicht. Nach seiner Vernehmung bei der Polizei habe er viel nachgedacht. Da sei ihm auch die mehrmonatige Abwesenheit des Angeklagten Olejak wieder eingefallen, die er bei der Polizei nicht angegeben habe. Mit anderen Häftlingen habe er nach dieser Vernehmung nicht mehr über Jaworzno gesprochen, wohl aber vor seiner Vernehmung bei der Polizei.

Weiter sagte der Zeuge aus, er habe nicht gesehen, daß Olejak während des Evakuierungsmarsches einen Häftling erschossen habe. Nach Vorhalt seiner polizeilichen Vernehmung, in der er davon gesprochen hatte, er habe mit Sicherheit selbst gesehen, wie der Rapportführer 5 - 6 Häftlinge erschossen habe, erklärte der Zeuge, es könne sein, daß er diese Angaben gemacht habe. Es könne möglich sein, daß seine Erinnerung nachlasse.

Jetzt erinnere er sich nur noch daran, daß er von Mithäftlingen gehört habe, der Rapportführer habe zusammen mit anderen SS. Leuten am Ende der Kolonne Häftlinge erschossen. Er könne sich das nur so erklären, daß bei ihm Erinnerungen aus eigener Wahrnehmung mit Erinnerungen vom Hörensagen verschwommen seien, so daß er Wissen vom Hörensagen als Selbstgeschehenes beschrieben habe.

28. Der Zeuge Abraham Kowalski wurde, da er einer Vorladung keine Folge leistete, im Wege der Rechtshilfe vor dem Amtsgericht in Tel Aviv vernommen.

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Dabei hat er ausgesagt, er sei im Sommer 1943 nach Jaworzno gekommen. Den Evakuierungsmarsch habe er nicht mitgemacht, sondern er sei im Krankenbau des Lagers Jaworzno zurückgeblieben. In Jaworzno habe es ständig 2 Rapportführer gegeben, die einander abgewechselt hätten. Der eine habe Olejak, der andere mit Spitznamen Mietliczka geheißen. Anfang 1944 sei Olejak längere Zeit Rapportführer gewesen, dann sei er von Mietliczka abgelöst worden. Ende der Lagerzeit sei Olejak dann wieder Rapportführer geworden. Zum Evakuierungsmarsch könne er nichts sagen, da er im Lager zurückgeblieben sei. Bei Vorlage der Bildtafeln erkannte der Zeuge Kowalski die Bilder 15, 16 und 17 und bei Vorlage des Bildbandes die Bilder 16, 18 und 19 als solche des Angeklagten Olejak wieder.

Außerdem schilderte der Zeuge Kowalski einen Fall einer Häftlingstötung durch den Rapportführer Olejak am Lagertor (Fall I 1 der Anklage).

Weiter erinnerte sich der Zeuge Kowalski bei seiner Vernehmung noch an die SS. Leute Lapka, Markewicz, Lausmann und einen Sanitäter namens Emil.

Gegen die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen bestehen, aus den gleichen Gründen wie bei dem Zeugen Lipa Dinur erhebliche Bedenken.

Der Zeuge Kowalski gehörte auch zu den ersten Zeugen, die im Ermittlungsverfahren vernommen wurden. Diese Vernehmung fand am 7.3.1965 statt und wurde von dem Polizeibeamten Edelsberg durchgeführt.

Ebenso wie der Zeuge Lipa Dinur erinnerte sich Zeuge Kowalski im Jahr 1965 nur an einen SS. Mann namens Lausmann und an einen SS. Mann mit amputierten Fingern, dessen Namen ihm damals nicht erinnerlich war. Weiter berichtete der Zeuge über die Erhängung von Häftlingen nach einem Fluchtversuch sowie über die Behandlung von kranken Häftlingen im Häftlingskrankenbau, wobei er auch den jüdisch - tschechischen Arzt Dr. Paul erwähnte, der ihn vor einer Selektion gerettet habe.

Bei seiner 2. polizeilichen Vernehmung am 20.5.1975, also 10 Jahre später, erinnerte sich der Zeuge Kowalski außer an den SS. Mann Losmann, den er jetzt mit Lausmann bezeichnet hat, an die SS. Leute Lapka, Markewicz, Miotelka, den Rapportführer Olejak oder Olejaka und an den für den Krankenbau verantwortlichen SS. Mann namens Emil. Ob dieser Rapportführer immer im Lager war oder ob zwischendurch ein anderer SS. Mann die Funktion des Rapportführers innehatte, konnte der Zeuge im Jahr 1975 nicht sagen.

Außerdem schilderte der Zeuge Kowalski dann, ähnlich wie bei seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht in Tel Aviv, einen Fall einer Häftlingstötung durch den Rapportführer Olejak oder Olejaka.

Nach dem Inhalt der Niederschrift vom 20.5.1975 ist dem Zeugen seine frühere Vernehmung aus dem Jahre 1965 nicht vorgehalten worden.

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Auf diese Widersprüche hin angesprochen, erklärte der Zeuge bei der Vernehmung vor dem Amtsgericht in Tel Aviv, er könne nicht erklären, warum er im Jahr 1965 die Tötung eines Häftlings seines Kommandos nicht angegeben habe. Er habe sich wahrscheinlich nicht daran erinnert. Er habe diesen Fall immer in Erinnerung gehabt. Er habe in der Zwischenzeit auch oft mit ehemaligen Häftlingen ans dem Lager Jaworzno über die damalige Zeit gesprochen. Durch diese Gespräche seien die Erinnerungen an Personen und Geschehnisse wieder wachgerufen worden. Mit den Mithäftlingen habe er auch über Olejak und eine mögliche Abwesenheit vom Lager gesprochen. Warum er sich 1978 im Gegensatz zu 1975 an eine zeitweilige Abwesenheit des Rapportführers Olejak vom Lager erinnere, könne er nicht sagen.

Angesichts der erheblichen Widersprüche in den Aussagen aus den Jahren 1965, 1975 und 1978 mißt die Kammer der Aussage des Zeugen Kowalski bei der Frage, wie lange der Angeklagte Olejak in Jaworzno war, keine entscheidende Bedeutung zu. Auf die Aussage dieses Zeugen wird im Übrigen bei den Ausführungen zu dem Anklagepunkt I 1 nochmals eingegangen werden.

29. Der Zeuge Lemel Orenbach hat bei seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht in Tel Aviv ausgesagt, er sei mit dem 2. Transport von Häftlingen nach Jaworzno gekommen. Im Lager sei er zunächst als Läufer eingesetzt gewesen. Diesen Posten habe er etwa 1 Monat nach der Ankunft der ungarischen jüdischen Häftlinge in Jaworzno im Jahre 1944 verloren.

In seiner Eigenschaft als Läufer habe er sehr viel mit den im Lager selbst eingesetzten SS. Leuten zu tun gehabt und er habe sie damals auch alle namentlich gekannt. Im Lager habe es den Lagerführer, den Rapportführer und insgesamt 6 Blockführer gegeben.

Der Lagerführer habe Putze geheißen und habe in der Stadt Jaworzno gewohnt. Er habe einen „Pipel“ namens Wiktor mit der Häftlingsnummer 745 gehabt.

Der Rapportführer sei während der gesamten Zeit, in der er als Läufer tätig gewesen sei, der SS. Mann Hans Olejak gewesen.

Zum Ende der Lagerzeit hin habe ein älterer dicker SS. Mann die Rapporte abgenommen, der vorher als Blockführer im Lager gewesen sei. Auch nach seiner Ablösung als Rapportführer habe er Olejak noch regelmäßig im Lager gesehen. Welche Funktion er zu dieser Zeit ausgeübt habe, wisse er nicht.

Von den Blockführern erinnere er sich namentlich noch an Kraus, der einen Hund gehabt habe, an Losmann und an Ewald Pansegrau, den die Häftlinge mit dem Rufnamen Mietliczka belegt hätten. Außerdem erinnere er sich noch an einen SS. Mann namens Fischer, der für die Lebensmittel zuständig gewesen sei.

Er sei sich sicher, daß Olejak und Pansegrau auch am Evakuierungsmarsch teilgenommen hätten. Dies wisse er deshalb genau, weil beide an einem Vorfall beteiligt gewesen seien, der sich in der 2. Nacht des Evakuierungsmarsches abgespielt habe. Während einer Rastpause seien gegen 2.00 oder 3.00 Uhr morgens 2 LKW an der Häftlingskolonne langsam vorbeigefahren.

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Dabei seien mehrere Häftlinge auf die Ladefläche des 2. Fahrzeuges geklettert. Nach diesen Häftlingen seien 3 oder 4 SS. Leute auf den LKW gesprungen. Was sich dort selbst abgespielt habe, habe er nicht sehen können, da die Ladefläche mit einem Aufbau und einer Leinwand versehen gewesen sei. Er habe 15 - 20 Schüsse gehört und danach seien die SS. Leute wieder auf die Straße gesprungen. Da helles Mondlicht geherrscht habe und er nur ca. 6 m entfernt gewesen sei, habe er während des Herabspringens die SS. Leute Olejak und Pansegrau an ihren Gesichtern erkannt. Anschließend seien 5 tote Häftlinge abgeladen worden. Die anderen SS. Leute seien Wachleute, keine Blockführer gewesen.

Auf Vorhalt, daß er bei seiner polizeilichen Vernehmung im Jahre 1975 neben einigen ihm namentlich nicht bekannten SS. Leuten Olejak und Lausmann In diesem Fall als Täter genannt habe, fragte der Zeuge zunächst: " Damals habe ich Lausmann gesagt? " Weiter erklärte der Zeuge, er habe sich bei dieser Vernehmung überhaupt nicht an den Namen Pansegrau erinnert und ihn deshalb nicht als Täter genannt. Er sei jetzt der Meinung, daß neben Olejak und Pansegrau auch Lausmann unter den Tätern gewesen sei.

Bei seiner polizeilichen Vernehmung habe er nur von dem SS. Mann Mietliczka gesprochen. Erst bei Erhalt der Ladung zur Zeugenvernehmung habe er sich an den Ewald Pansegrau erinnert und auch daran, daß dies der SS. Mann mit dem Rufnamen Mietliczka gewesen sei.

Die Kammer ist der Überzeugung, daß der Zeuge Orenbach die im Lager selbst eingesetzten SS.Leute, bedingt durch seine Tätigkeit als Läufer, gut gekannt hat und sich auch bei seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht in Tel Aviv gut daran erinnert hat. Das beweist der Inhalt der Aussage des Zeugen, der sich zum Beispiel an den Lagerführer, an dessen "Pipel", den Zeugen Wiktor Pasikowski mit der Häftlingsnummer 745, an den für die Küche verantwortlichen SS. Mann Fischer und an die Blockführer Kraus, Lausmann und Pansegrau erinnert hat. Hinsichtlich der Person des Rapportführers hat sich der Zeuge richtig daran erinnert, daß nach Olejak ein älterer dicker SS. Mann, der vorher Blockführer gewesen ist, nämlich Otto Hablesreiter, Rapportführer in Jaworzno war. Allerdings ist die Aussage des Zeugen über den Zeitpunkt des Wechsels in der Person des Rapportführers nicht richtig. Der Zeuge meint, Olejak sei solange Rapportführer gewesen, wie er selbst Läufer gewesen sei. Als Läufer sei er etwa einen Monat nach der Ankunft der jüdischen Häftlinge aus Ungarn abgelöst worden. Diese Häftlinge kamen, wie bereits ausgeführt wurde, Anfang Juni 1944 nach Jaworzno. Die Ablösung des Zeugen Orenbach als Läufer ist demnach Ende Juni oder Anfang Juli 1944 erfolgt. Zu dieser Zeit befand sich aber der Angeklagte Olejak schon mehrere Monate nicht mehr in Jaworzno, sondern im Lager Blechhammer. Auch die weitere Aussage des Zeugen Orenbach, er habe den Angeklagten Olejak nach dessen Ablösung noch regelmäßig Im Lager Jaworzno gesehen, ist nicht richtig, da Olejak mindestens bis zum 9.11.1944 in Blechhammer gewesen ist.

Schließlich hält die Kammer die Aussage des Zeugen Orenbach für den Vorfall mit der Erschießung von Häftlingen auf dem LKW in der 2. Nacht des Evakuierungsmarsches insgesamt nicht für glaubhaft. Insoweit wird auf die Aussage des Zeugen im Rahmen der Ausführungen zum Anklagepunkt I 7 noch näher eingegangen werden. In diesem Zusammenhang sei nur darauf hingewiesen, daß keiner der übrigen Zeugen, die den Evakuierungsmarsch mitgemacht haben, einen solchen Vorfall erwähnt hat, obwohl er sich nach der Aussage des Zeugen Orenbach mitten in der Häftlingskolonne abgespielt haben soll.

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Insgesamt sieht die Kammer deshalb die Aussage des Zeugen Orenbach nicht als geeignet an, die Einlassung des Angeklagten Olejak über seinen Aufenthalt in Czechowitz zu widerlegen.

30. Auch der Zeuge Abraham Nizachon wurde im Wege der Rechtshilfe vor dem Amtsgericht in Tel Aviv vernommen. Dabei hat er ausgesagt, nach seiner Festnahme in Griechenland sei er im Sommer 1943 nach Jaworzno gekommen. Ihm sei aus der Lagerzeit nur ein Name in Erinnerung geblieben, nämlich der des Rapportführers Olejak. Dieser sei kurze Zeit nach ihm selbst nach Jaworzno gekommen und sei dann bis zum Schluß Rapportführer geblieben. Es sei unmöglich, daß Olejak 6 oder 7 Monate nicht in Jaworzno gewesen sei, nachdem er ihn kennengelernt habe. Er sei höchstens einmal für wenige Tage nicht im Lager gewesen.

Er habe Olejak täglich bei der Rückkehr von der Arbeit ins Lager bei Kontrollen gesehen. Er habe besonders 2 Vorfälle in Erinnerung, die sich im Juli oder August 1944, jedenfalls im Sommer dieses Jahres, bei der Rückkehr in das Lager zugetragen hätten.

Auch auf dem Evakuierungsmarsch sei Olejak dabei gewesen. Er habe mit einer Pistole viele Häftlinge erschossen. Dies sei am 2 Tag des Marsches gewesen. Am 1. Tag sei Olejak an der Spitze der Kolonne marschiert, da habe er ihn nicht schießen sehen. Er selbst habe mehr als 30 solcher Erschießungen durch Olejak am 2. Tag des Marsches gesehen. Von den SS. Leuten hätten jedoch nicht nur er geschossen. Von den 4.000 Häftlingen, die aus Jaworzno abmarschiert seien, seien nur 200 in Blechhammer angekommen.

Auf Vorhalt, daß er bei seiner polizeilichen Vernehmung im Jahre 1976 davon gesprochen habe, der Rapportführer habe auch mit einer Maschinenpistole Häftlinge erschossen, erklärte der Zeuge, dies könne er ausschließen. Er habe nicht mit einer automatischen Waffe, sondern mit einer Pistole geschossen. Er habe nur allgemein davon gesprochen, daß SS. Leute Maschinenpistolen gehabt hätten und wahrscheinlich seien diese Angaben dann auch auf den Rapportführer bezogen worden.

Auch die Aussage dieses Zeugen ist in wesentlichen Punkten unrichtig. Weder kann der Zeuge, der als griechischer jüdischer Häftling, wie erwähnt, Anfang Juli 1943 nach Jaworzno gekommen ist, den Rapportführer in der Folgezeit täglich gesehen haben, noch kommt der Rapportführer Olejak für die von dem Zeugen geschilderten Misshandlungen im Sommer 1944 als Täter in Betracht.

Unter diesen Umständen hält die Kammer die Aussage dieses Zeugen über die angebliche Teilnahme des Rapportführers Olejak am Evakuierungsmarsch nicht für so zuverlässig, um damit die Einlassung des Angeklagten Olejak zu widerlegen. In diesem Zusammenhang ist auch noch darauf hinzuweisen, daß der Zeuge über die Waffen, mit denen Olejak angeblich Häftlinge erschossen haben soll, bei der Polizei und bei seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht in Tel Aviv widersprüchliche Angaben gemacht hat.

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31. Der Zeuge David Zimmermann, der nach dem Krieg in die USA ausgewandert ist, hat bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung am 2.5.1978 ausgesagt, er sei am 6.9.1943 nach Jaworzno gekommen.

Zu Beginn seiner Vernehmung hat der Zeuge sowohl den Angeklagten Olejak als auch den Angeklagten Pansegrau erkannt, als diese noch im Zuhörerraum des Sitzungssaales saßen. Bei Vorlage der Bildtafeln erklärte der Zeuge zu Bild 11 (SS. Oberscharführer Knoblich), dies sei der Olejak und zu Bild Nr. 17 (Olejak), dies sei der Pansegrau.

Bei Vorlage des Bildbandes erkannte der Zeuge Olejak auf Bild 18 wieder. Bei Vorlage der Bildtafeln, bei denen dieses Bild die Nummer 16 hat, erkannte der Zeuge Olejak nicht. Zu den Bildern 19 (Olejak) und 24 (dieses Bild stellt einen SS. Mann Wodan Weißmann dar) bekundete der Zeuge, daß es sich hierbei um Bilder des Pansegrau handele, wobei er sich bei Nr. 24 sicher sei. Im Lager habe es immer nur einen Rapportführer gegeben. Wer dies im Einzelnen gewesen sei, könne er nicht sagen. Olejak sei ebenfalls wie Pansegrau in Jaworzno als Blockführer tätig gewesen. Seinen Namen habe er etwa ab Oktober 1943 gekannt. Bei den Häftlingen habe er den polnischen Spitznamen „Krewonovy“ gehabt, was auf Deutsch „krumme Beine“ bedeutet habe. Olejak sei auch immer mit zu der Grube gegangen, in der er gearbeitet habe.

Außerdem habe es bei den Blockführern noch die SS. Leute Markewicz, Lapka, Schwarz, König und Gruber gegeben. Gruber habe geschielt, sei 35 - 40 Jahre alt und sehr stark gewesen.

Beim Evakuierungsmarsch sei Olejak dabei gewesen, ebenso wie König, Markewicz, Pansegrau und Gruber. Nach einer Übernachtung in einer Scheune seien viele in der Nacht erfrorene Häftlinge beerdigt worden. Unter den in die Grube geworfenen Häftlingen seien auch solche gewesen, die noch nicht tot gewesen seien. Diese hätten versucht, wieder aus der Grube zu kriechen. Daran seien sie von Olejak, Pansegrau, König und Markewicz gehindert worden, die die Häftlinge mit den Stiefeln wieder in die Grube zurückgetreten hätten. Er selbst sei beim Ausheben und Zuschaufeln der Grube dabei gewesen.

Nach Vorhalt seiner Aussage vor dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Los Angeles vom 31.10.1972, in der er als einen der Täter an der Grube den SS. Mann Gruber genannt und sich an einen SS. Mann namens Olejak nicht erinnert hat, erklärte der Zeuge Zimmermann dann, Olejak sei derjenige, den er bei dieser Vernehmung als Gruber bezeichnet habe.

Die Kammer sieht die Aussago dieses Zeugen nicht als geeignet an, die Einlassung des Angeklagten Olejak zu widerlegen. Zum einen sind die Angaben des Zeugen Zimmermann zu dem SS. Mann Olejak, dieser sei Blockführer in Jaworzno und immer da gewesen, nicht richtig. Zum anderen ist die am Ende der Vernehmung gemachte Aussage, Olejak und der von ihm zuvor genannte SS. Mann Gruber seien identisch, nicht glaubhaft.

183

Denn der Zeuge hat zu Beginn seiner Vernehmung von Olejak und Gruber als 2 verschiedenen Blockführern gesprochen und diese auch gesondert und unterschiedlich beschrieben Schließlich will der Zeuge Zimmermann auch den Blockführer König auf dem Evakuierungsmarsch gesehen haben. Dieser SS.Mann, der als Zeuge in der Hauptverhandlung vernommen wurde, hat jedoch glaubhaft bekundet, daß er nach seinem Selbstmordversuch im Frühjahr 1944 nicht mehr nach Jaworzno zurückgekehrt ist.

32. Der Zeuge Max Diamond, der in Kanada wohnhaft ist, kam nach seiner Aussage in der Hauptverhandlung im September 1943 nach Jaworzno.

Obwohl der Zeuge den Angeklagten sowohl bei der Personenerkennung als auch auf Bildern richtig erkannt hat, kommt seiner Aussage keine besondere Bedeutung zu. Denn er bringt diesen Mann, den er meint, mit einer Funktion im Häftlingskrankenbau in Verbindung. Eine solche Funktion hat den Angeklagte Olejak in Jaworzno jedoch sicherlich nicht ausgeübt. Des Weiteren will er den Angeklagten Olejak bei einem Appell kurz vor Weihnachten 1944 erlebt haben, bei dem die Häftlinge aufgefordert worden seien, Verstecke von Schmuck und anderen Wertgegenständen mitzuteilen. Von einem solchen Appell hat außer dem Zeugen Diamond kein anderer Zeuge berichtet.

Dafür, daß nicht der Angeklagte Olejak diesen Appell gemacht hat, falls er überhaupt stattgefunden hat, spricht auch die Tatsache, daß sich der betreffende SS. Mann nach der Aussage des Zeugen Zimmermann eines Dolmetschers für die polnische Sprache bedient hat. Bei dem Angeklagten Olejak wäre dies aber, da er in Oberschlesien aufgewachsen ist und dadurch die polnische Sprache beherrscht, nicht notwendig gewesen.

33. Der Zeuge Jakob Glazer hat bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung ausgesagt, er sei im Herbst 1943 nach Jaworzno gekommen. Er sei während der ganzen Zeit bis zur Auflösung des Lagers im Lager selbst als Maler eingesetzt worden.

Er hat weiter ausgesagt, Olejak sei über 40 Jahre alt, klein und dick gewesen. Er habe jiddisch gesprochen und aus Rumänien gestammt. Bei der Evakuierung sei er in das Lager zurückgefahren und habe die Kranken umgebracht.

Zum Rapportführer könne er nur sagen, daß es einen solchen gegeben habe.

Mit dem SS. Mann Olejak meint dieser Zeuge offensichtlich den Blockführer Lausmann. Die von dem Zeugen gegebene Beschreibung paßt nicht auf den Angeklagten Olejak, aber auf Lausmann. Dieser war, wie bereits festgestellt wurde, klein, dick, stammte aus Rumänien und sprach auch jiddisch.

34. Zu den in dieser Ziffer aufgeführten Zeugen ist zu bemerken, daß sie weder in der Hauptverhandlung noch im Wege den Rechtshilfe vernommen werden konnten, da sie zwischenzeitlich verstorben sind (Zeuge Mittelmann) oder ihr Gesundheitszustand eine Vernehmung nicht mehr zuläßt (die übrigen Zeugen).

34.1 Der Zeuge Abraham Rabinowicz wurde am 7.5.1975 durch den israelischen Polizeibeamten Edelsberg in Anwesenheit des Ersten Staatsanwaltes Gandorfer vernommen.

184

Dabei hat der Zeuge ausgesagt, er sei im Herbst 1943 nach Jaworzno gekommen. Er erinnere sich an den Rapportführer Olejak, der damals noch keine 30 Jahre alt gewesen sei Dieser sei zumindest am Ende der Lagerzeit Rapportführer gewesen. Vorher sei einmal ein älterer, dicker Mann Rapportführer gewesen. Auch den SS. Mann mit dem Spitznamen Mietliczka habe gelegentlich den Rapport abgenommen.

Bei Vorlage des Bildbandes erkannte der Zeuge auf Bild 17 den Rapportführer Olejak wieder.

Im weiteren Verlauf der Vernehmung schilderte der Zeuge Rabinowicz dann einen Vorfall, der sich im November oder Dezember 1944 zugetragen habe. Insoweit wird auf die Aussage des Zeugen im Rahmen des Anklagepunktes I 4 noch näher eingegangen werden.

Olejak sei zusammen mit anderen SS. Leuten auch beim Evakuierungsmarsch dabei gewesen. Er habe selbst gesehen, wie Olejak und Markewicz Häftlinge erschossen hätten.

34.2. Den Zeuge Isaak Mittelman wunde am 13.9.1970 von dem Zeugen Edelsberg (3, 239) und am 5.5.1975 von Edelsberg in Anwesenheit des Ersten Staatsanwaltes Gandorfer vernommen (16, 9).

Bei der Vernehmung im Jahre 1970 hat den Zeuge ausgesagt, er sei im Sommer 1943 nach Jaworzno gekommen, wo er als Schmied im Lager habe arbeiten müssen. Von den SS. Leuten in Jaworzno könne er sich lediglich noch an den Rapportführer erinnern. Sein Name sei ihm allerdings entfallen, er werde ihm vielleicht im Laufe der weiteren Vernehmung wieder einfallen. Sein Äußeres sei ihm jedoch im Gedächtnis geblieben. Der Rapportführer sei groß, korpulent und zwischen 40 und 43 Jahre alt gewesen, sein Haar sei braun oder brünett gewesen. Er habe ihn täglich im Lager bei der Rapportabnahme bzw. beim Zählappell gesehen. Er habe stets einen Schäferhund dabeigehabt, den er auch auf Häftlinge gehetzt habe.

Im Jahre 1945 nach Kriegsende sei ihm dieser Rapportführer in einer bayerischen Kleinstadt begegnet. Er habe dies sofort der dortigen Ortspolizei gemeldet und der Rapportführer sei auch aufgrund dieser Anzeige festgenommen worden. Nach 2 Tagen sei er jedoch wieder freigelassen worden. Zur Begründung sei ihm gesagt worden, die Freilassung sei deswegen erfolgt, weil es keine weiteren Zeugen gegeben habe.

Im Rahmen der Angaben des Zeugen über die Hinrichtung von ca. 30 Häftlingen erklärte er dann, jetzt sei ihm der Name des Rapportführers wieder eingefallen, dieser habe Olejak geheißen.

Bei der Evakuierung sei dieser Rapportführer dabei gewesen. Er habe selbst gesehen, wie Olejak, glaublich mit einem Karabiner, zig Häftlinge erschossen habe. Olejak habe sich vorwiegend am Ende der Kolonne aufgehalten und dort erschöpfte Häftlinge erschossen.

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Auf Befragen erklärte der Zeuge dann weiter, die Namen Lossmann und Morgewicz seien ihm bekannt.

Bei den 2. Vernehmung im Jahre 1975 erklärte der Zeuge Mittelman nach einer kurzen Schilderung des Lagers, er erinnere sich an die SS. Leute Pansegrau, Olejak, Lapka, Markewicz und Lausmann. Pansegrau sei von den Juden Besen und von den Polen Mietliczka genannt worden.

Er habe einmal selbst gesehen, wie der Rapportführer Olejak einen Häftling im Rahmen einer Kontrolle am Lagereingang erschlagen habe.

Auf dem Evakuierungsmarsch zwischen Jaworzno und Blechhammer sei über die Hälfte der Häftlinge erschossen worden. Geschossen worden sei von allen SS. Leuten, die er gekannt habe. Besonders Markewicz habe es großes Vergnügen gemacht. Er selbst sei nicht hinten gegangen und wisse daher auch nicht, wer dort geschossen habe. Er wisse nun, daß, wer zurückgefallen sei, am Ende der Kolonne erschossen worden sei.

Auf Frage erklärte der Zeuge, den Rapportführer habe er nicht gesehen.

Auf Vorhalt seiner Aussage aus dem Jahre 1970 erklärte der Zeuge dann, er erinnere sich jetzt, daß alles, was er damals gesagt habe, richtig sei. Der Olejak sei ein großer Menschenfresser gewesen. Er möchte jetzt sagen, daß er Olejak. auf dem Marsch habe schießen sehen. Die Erinnerung daran verwische sich „allmöglich“ in ihm. Er bemühe sich auch zu vergessen.

Auf die Person angesprochen, die er nach dem Kriege in der bayerischen Kleinstadt getroffen habe, erklärte der Zeuge, er glaube jetzt nicht mehr, daß es Olejak gewesen sei.

Olejak habe er als 27 bis 30 Jahre alten Mann in Erinnerung, der mittelgroß gewesen sei und dunkle Haare gehabt habe. Da er polnisch gesprochen habe, müsse er aus Schlesien gestammt sein.

Infolge den erheblichen Widersprüche zur Person des Rapportführers hält die Kammer die Aussagen dieses Zeugen nicht für geeignet, um auf sie eine Entscheidung stützen zu können. So stimmen die Beschreibungen, die er von dem Rapportführer im Jahre 1970 und 1975 gegeben hat, nicht überein. Auf diesen Widerspruch ist der Zeuge bei der 2. Vernehmung nach dem Inhalt den Niederschrift nicht hingewiesen worden und er wurde nicht gefragt, warum er den Rapportführer 1975 nach Aussehen, Größe, Alter und Haarfarbe ganz anders beschrieben hat als im Jahre 1970. Der Zeuge wurde auch nicht danach gefragt, warum er sich 1975 an den SS. Mann Pansegrau mit dem Spitznamen Besen oder Mietliczka erinnert hat, obwohl er 5 Jahre früher zu diesem SS. Mann keine Angaben gemacht hat. Auch was die angebliche Teilnahme von Olejak am Evakuierungsmarsch und die Erschließung von Häftlingen dabei betrifft, sind beide Aussagen des Zeugen nicht in Übereinstimmung zu bringen. So hat der Zeuge 1970 erklärt, er habe zahlreiche Erschießungen von Häftlingen durch den Rapportführer Olejak gesehen, das sei am Ende der Kolonne passiert.

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1975 dagegen hat der Zeuge ausgesagt, er sei gar nicht am Ende der Kolonne gegangen und wisse deshalb nicht, wer dort geschossen habe. Den Rapportführer habe er nicht beim Schießen auf Häftlinge gesehen. Erst nach Vorhalt seiner Aussage aus dem Jahre 1970 erklärte den Zeuge dann, was er damals gesagt habe sei richtig und er glaube jetzt, daß er Olejak auf dem Marsch doch habe schießen sehen. Auf den sich hieraus ergebenden Widerspruch, daß nämlich Olejak am Ende den Kolonne auf Häftlinge geschossen habe, der Zeuge selbst aber nach seiner eigenen Aussage nie am Ende der Kolonne gewesen ist, wurde der Zeuge nicht hingewiesen.

34.3 Der Zeuge Jechiel Sieradzki wurde am 30.3.1976 von dem Zeugen Edelsberg in Anwesenheit des Ersten Staatsanwaltes Gandorfer vernommen (22, 157).

Dabei hat der Zeuge ausgesagt, er sei im Winter 1943 nach Jaworzno gekommen. Von den SS. Leuten des Lagers Jaworzno erinnere er sich an den Rapportführer, der Olejak geheißen habe und ein Schlesier gewesen sei. Er sei ein junger Mensch, mittelgroß und glaublich blond gewesen. Dieser Rapportführer sei schon im Lager gewesen, als er selbst dorthin gekommen sei. Auch zum Zeitpunkt der Evakuierung sei er in Jaworzno gewesen. Zwischendurch habe er ihn einige Zeit nicht gesehen. Wer während dieser Zeit Rapportführer gewesen sei, könne er nicht sagen.

Bei der Evakuierung auf dem Weg nach Blechhammer sei er selbst immer am Ende der Kolonne gegangen. Dort sei auch Olejak gewesen und er habe gesehen, daß dieser mindestens 10 Häftlinge mit einer Pistole erschossen habe. Er habe die Häftlinge von hinten aus kurzer Entfernung in den Kopf geschossen.

Auf die Frage, warum er sich nur an Olejak erinnert habe und nicht an andere SS. Leute, erklärte der Zeuge, er habe den Rapportführer praktisch jeden Tag im Lager bei den Morgen- und Abendappellen gesehen. Außerdem sei er einmal selbst von ihm geschlagen worden. Diese Mißhandlung sei im Winter 1944, etwa einen Monat nach der Hinrichtung der etwa 20 Häftlinge gewesen. Den Namen Olejak kenne er noch aus der Lagerzeit. En habe ihn nicht später erst von ehemaligen Mithäftlingen erfahren.

Hinsichtlich dieses Zeugen wurde weiter ein Bericht des zwischenzeitlich verstorbenen Polizeibeamten Edelsberg vom 22.1.1975 über eine informatorische Befragung verlesen (13, 147). Nach diesem Bericht hat den Zeuge damals angegeben, er erinnere sich an den Rapportführer Olejak, der auf dem Evakuierungsmarsch viele Häftlinge erschossen habe. Er sei auch Augenzeuge gewesen, wie Olejak auf dem Lagergelände einen Häftling totgeschlagen habe. Außer Olejak erinnere er sich von den SS. Angehörigen aus Jaworzno noch an einen namens Lausmann, der Häftlinge schwer mißhandelt habe. Nach der Ankunft in Blechhammer sei er Augenzeuge von Häftlingserschießungen gewesen, die von Marcelli oder Marselie verübt worden seien.

Nach Vorhalt dieser Angaben erklärte der Zeuge bei seiner Vernehmung im Jahre 1976, er erinnere sich jetzt nicht mehr daran, daß er im Lager gesehen habe, wie Olejak einen Häftling totgeschlagen habe. Hinsichtlich der Erschießung von Häftlingen in Blechhammer erklärte der Zeuge, er habe zwar das Schießen auf Häftlinge gesehen, die Namen der SS. Leute kenne er jedoch nicht.

187

Auch bei diesem Zeugen bestehen zwischen seinen Angaben bei den informatorischen Befragung gegenüber dem Polizeibeamten Edelsberg und seiner förmlichen Vernehmung Widersprüche, die nicht mehr aufgeklärt wenden können.

34.4 Der Zeuge Chaim Schulz schließlich wurde am 1.9.1970 von dem Zeugen Edelsberg vernommen (3, 191). Dabei hat er ausgesagt, er sei im Sommer 1943 nach Jaworzno gekommen. Von den im Lager tätigen SS. Leuten seien ihm Markewicz und Losmann gut im Gedächtnis haften geblieben. Sie seien Kommandoführer gewesen. Etwas schwächer könne er sich noch an den SS. Mann mit dem Spitznamen Lapka und einem weiteren SS. Mann namens Olejak entsinnen. Letzterer habe etwas mit der Erhängung von 20 Häftlingen zu tun gehabt, und zwar mit der Organisation dieses Vorhabens.

Zum Evakuierungsmarsch erklärte der Zeuge, fast alle SS. Leute, die dabei gewesen seien, hätten geschossen. Olejak habe er beobachtet, wie er auf Häftlinge, die zurückgeblieben seien, geschossen habe. Seiner Schätzung nach sei die Hälfte der Häftlinge unterwegs erschossen worden.

II. In dieser Gruppe sind die Zeugen zusammengefaßt, die Anfang Juni 1944 im Rahmen der Judendeportationen aus Ungarn nach Jaworzno gekommen sind. (vgl. 96 - 98). Wie bereits ausgeführt, können diese Zeugen bei ihrer Ankunft im Lager Jaworzno den Angeklagten Olejak nicht als Rapportführer kennengelernt haben. Während des weitaus größten Teils des Aufenthaltes diesen Zeugen im Lager Jaworzno, nämlich von Anfang Juni bis fast Mitte November 1944 war auch ein anderer oder mehrere andere SS. Leute als Rapportführer tätig.

1. Der Zeuge David Preisler, den bei seinem Aufenthalt im Lager Jaworzno 16 Jahre alt gewesen ist, hat zu Beginn seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung, als die beiden Angeklagten noch im Zuhörerraum saßen, diese nicht erkannt. Er deutete vielmehr auf einen Zuhörer und einen Justizangestellten und erklärte, diese beiden seien ihm aus Jaworzno bekannt. Er sei sich aber nicht sicher.

Nachdem die beiden Angeklagten auf den Anklagebank Platz genommen hatten meinte den Zeuge Preisler dann, er glaube, den Angeklagten Olejak aus dem Lager Jaworzno wieder zu erkennen. Was er im Lager gemacht habe, wisse er nicht.

Einmal sei bei der Rückkehr seines Arbeitskommandos, das Gleise verlegt habe, ein Häftling erschossen worden. Täter sei ein SS. Mann gewesen, der an einer Hand keine Finger gehabt und immer einen Hund mitgeführt habe. Diesen Vorfall sei im September oder Oktober 1944 gewesen, hinsichtlich des Zeitpunktes sei er sich jedoch nicht ganz sicher.

In Jaworzno habe es auch einen Rapportführer gegeben. Welche Aufgabe dieser im Lager gehabt habe und wer dies gewesen sei, könne er nicht sagen.

Da der Zeuge den Angeklagten Olejak erst zu einem Zeitpunkt wiedererkannt haben will, in dem er für den Zeugen bereits als Angeklagten erkennbar war, mißt die Kammer der Aussage dieses Zeugen keine entscheidende Bedeutung bei.

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2. Der Zeuge Jonah Schwarz hat zu Beginn seinen Vernehmung in der Hauptverhandlung, als sich die Angeklagten noch im Zuhörerraum aufhielten, auf den Angeklagten Olejak gedeutet und erklärt, diese Person sei möglicherweise Rapportführer in Jaworzno gewesen. Den Namen wisse er nicht, den Namen des Rapportführers habe er auch damals schon nicht gewußt.

Bei Vorlage den Bildtafeln meinte der Zeuge Schwarz zu den Lichtbildern 5, 6 und 7 (Bilder des Angeklagten Pansegrau), dies sei den SS. Mann Mietliczka, der von den Häftlingen auch Besen genannt worden sei.

Zu den Lichtbildern 14, 15 und 16 (Bilder des Angeklagten Olejak) erklärte der Zeuge, das sei der Rapportführer. Die gleichen Angaben machte der Zeuge dann bei Vorlage der Bildmappe zu den Lichtbildern den beiden Angeklagten.

Zur Person des Rapportführers erklärte der Zeuge, dieser sei 30 - 40 Jahre alt gewesen, jedenfalls im mittleren Alter. Dieser Rapportführer habe die Häftlinge seines Transportes bei der Ankunft in Jaworzno in Empfang genommen. Ob dieser Rapportführer abgelöst worden sei, könne er nicht sagen, ebenso nicht, ob er beim Evakuierungsmarsch dabei gewesen sei. Er habe ihn dabei jedenfalls nicht gesehen.

Er sei sich jedoch sicher, daß der Angeklagte Olejak in Jaworzno als Rapportführer gewesen sei. Vielleicht sei es im Mai 1944, vielleicht auch im September 1944 gewesen, als er ihn in Jaworzno gesehen habe. Er selbst sei im November oder Dezember 1944, jedenfalls kurz vor der Evakuierung, einmal 3 Wochen im Häftlingskrankenbau stationär behandelt worden.

Auf die Frage eines Verteidigers des Angeklagten Pansegrau, warum er, wenn er von dem SS. Mann Mietliczka spreche, auf den Angeklagten Pansegrau zeige, erklärte der Zeuge, ihm sei bei Gericht gesagt worden, daß er es sei. Er habe eine Vorladung bekommen und wisse deshalb, daß sich das Verfahren gegen diese Leute richte. Er sei sich dann sicher gewesen, daß einer der Angeklagten den Rapportführer des Lagers Jaworzno und der andere der SS. Mann mit dem Spitznamen Mietliczka sei. Außerdem werde ja vom Gericht kein anderer auf die Anklagebank gesetzt werden. Mietliczka habe sich seit damals im Ganzen verändert, der Rapportführer nicht.

Bei den Würdigung der Aussage dieses Zeugen ist davon auszugehen, daß die Beschreibung, die er von dem Ihm in Erinnerung gebliebenen Rapportführer gibt (30 bis 40 Jahre alt) auf den im Jahre 1918 geborenen Angeklagten Olejak nicht zutrifft. Auch die Aussage des Zeugen, der Angeklagte Olejak habe sich in seinem Aussehen nicht verändert, ist nicht richtig, da der Angeklagte Olejak, wie bereits ausgeführt, damals 64 kg gewogen hat, während er heute ca. 85 kg wiegt. Schließlich treffen auch die Angaben des Zeugen, den Rapportführer, den er meine, habe ihn bei seiner Ankunft in Jaworzno in Empfang genommen, auf den Angeklagten Olejak nicht zu. Der Zeuge Schwarz könnte den Angeklagten Olejak, wenn dieser nach Jaworzno zurückgekehrt wäre, allenfalls in der Zeit vom 9. oder 10.11.1944 bis zum Beginn des Evakuierungsmarsches in Jaworzno gesehen haben, wobei der Zeuge in dieser Zeit noch 3 Wochen im HKB gelegen ist, wo der Rapportführer keine Funktion zu erfüllen hatte.

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Auch die Angaben, die der Zeuge zu der Person des Rapportführers bei seiner Vernehmung durch den Zeugen Edelsberg im Beisein vom Ersten Staatsanwalt Gandorfer am 31.3.1976 gemacht hat und die ihm mehrfach vorgehalten wurden, sprechen dafür, daß der Zeuge an den oder die Rapportführer, die er im Lager Jaworzno erlebt hat, keine sichere Erinnerung hat. Bei dieser erwähnten Vernehmung hat der Zeuge ausgesagt, er habe nur einen SS. Mann als Rapportführer in Erinnerung. Dieser sei ca. 40 Jahre alt gewesen und habe ihn bei seiner Ankunft in Jaworzno in Empfang genommen. Ob dieser Mann bis zum Evakuierungsmarsch in Jaworzno geblieben sei, wisse er nicht mehr. Bei Vorlage der Lichtbildmappe erklärte der Zeuge Schwarz bei dieser Vernehmung zunächst von sich aus, die Bilder 18 und 19, die den Angeklagten Olejak darstellen, kämen ihm bekannt vor. Von der darauf abgebildeten Person habe er jedoch keine bestimmte Vorstellung mehr.

Auf die ausdrückliche Frage, ob der auf Bild 17 und 18 dargestellte Mann der Rapportführer sei, den er beschrieben habe, antwortete der Zeuge, das könne er nicht sagen.

Auf einen entsprechenden Vorhalt hin, warum er diese Bilder damals im Gegensatz zu seiner Aussage in der Hauptverhandlung nicht als solche des Rapportführers identifiziert habe, erklärte der Zeuge, er könne sich jetzt besser erinnern als bei der polizeilichen Vernehmung.

Schließlich trifft die Erklärung, die der Zeuge dafür gegeben hat, warum er wisse, daß sich das Verfahren gegen den Rapportführer des Lagers Jaworzno und gegen den SS. Mann Mietliczka richte, nicht zu. Weder wurde ihm dies während der Hauptverhandlung erklärt, noch konnte er eine solche Schlussfolgerung aus der Ladung zur Hauptverhandlung, die nur die Namen der beiden Angeklagten enthalten hat, entnehmen. Der Zeuge Schwarz muß also von dritter Seite erfahren haben, daß einer der Angeklagten Rapportführer in Jaworzno gewesen ist oder gewesen sein soll und daß der andere Angeklagte von den Häftlingen den Spitznamen Besen oder Mietliczka erhalten haben soll.

Unter diesen Umständen sieht die Kammer die Aussage des Zeugen Schwarz nicht als geeignet an, die Einlassung des Angeklagten Olejak in Verbindung mit dem unter D, E und F geschilderten Ergebnis der Beweisaufnahme zu widerlegen.

3. Der Zeuge Meir Mosche Shimoni hat den Angeklagten Olejak bei der Personenerkennung zu Beginn seiner Vernehmung nicht erkannt. Den Angeklagten Pansegrau hat er dabei als den SS. Mann mit dem Namen Mietliczka bezeichnet.

Bei Vorlage der Bildtafeln erklärte der Zeuge zu den Bildern 14, 15 und 16 (Bilder des Angeklagten Olejak), er glaube, dies sei der von ihm genannte Mietliczka. Auch zu einem Bild des Angeklagten Pansegrau (Nr. 6 der Bildtafeln) sagte der Zeuge, dies sei Mietliczka. Zu den Bildern 8 und 9 der Bildtafeln (Bilder des Lagerführers Pfütze) meinte der Zeuge, dies seien Bilder des Rapportführers des Lagers Jaworzno, er sei sich dabei allerdings insoweit nicht sicher. Auch bei Vorlage des Bildbandes machte der Zeuge Shimoni ähnliche Angaben.

190

Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung, als die beiden Angeklagten schon auf der Anklagebank Platz genommen hatten und für den Zeugen deshalb als Angeklagte erkennbar waren, erklärte der Zeuge dann zur Person des Angeklagten Olejak, dieser sei Rapportführer in Jaworzno gewesen. Von Augenblick zu Augenblick erkenne er ihn mehr. Sicher könne er es jedoch nicht sagen. Diesen Rapportführer, an den er sich erinnere und den er meine, habe er am 2. Tag seines Lageraufenthaltes in Jaworzno kennengelernt. Da sei ihm von anderen Häftlingen gesagt worden, dies sei der Rapportführer. Dieser Rapportführer sei kräftiger gewesen als der Angeklagte Olejak heute sei, auch größer. Dieser Rapportführer sei auch auf dem Evakuierungsmarsch dabei gewesen und habe dabei einen Häftling erschossen.

Bei diesem Zeugen ist zu berücksichtigen, daß er den Rapportführer, an den er sich erinnert, am 2. Tag nach seiner Ankunft in Jaworzno, also noch im Juni l944 erstmals gesehen haben will. Dies kann nicht der Angeklagte Olejak gewesen sein.

Die Beschreibung, die der Zeuge Shimoni von dem Rapportführer gibt (kräftiger und größer als Olejak heute ist) spricht dafür, daß sich der Zeuge Shimoni an den SS. Mann Otto Hablesreiter als Rapportführer erinnert, der nach der Versetzung des Angeklagten Olejak aus Jaworzno längere Zeit Rapportführer gewesen ist. Dieser SS. Mann war nach übereinstimmenden Aussagen der Zeugen, die sich an ihn erinnert haben, größer und älter als die übrigen Angehörigen der Lagerkommandantur. Wenn der Zeuge Shimoni den Rapportführer, den er meint, als größer und stärker in Erinnerung hat als der Angeklagte Olejak heute ist, kann er mit dieser Person nicht den Angeklagten Olejak meinen, da dieser damals ca. 20 kg weniger wog als heute.

4. Der Zeuge Schmuel Grol hat zu Beginn seiner Vernehmung auf den Angeklagten Olejak gedeutet und erklärt, dies sei der Olejak. Olejak habe im Lager die Appelle durchgeführt, er sei Rapportführer gewesen.

Bei Vorlage der Bildtafeln erklärte der Zeuge zu Bild 16 (Olejak), er glaube die abgebildete Person sei der Rapportführer Olejak.

Den Namen Olejak kenne er schon die ganze Zeit. Er könne sich jedoch nicht daran erinnern, ob er diesen Namen auch bei seiner polizeilichen Vernehmung genannt habe.

Olejak sei damals 25 - 26 Jahre alt gewesen und etwas größer als er selbst (1,64 m) gewesen. Er habe ihn im September 1944 in Jaworzno kennengelernt, vielleicht auch schon im Juli oder August 1944. Er habe den Rapportführer Olejak in Jaworzno sowohl im Lager als auch auf seiner Arbeitsstelle, wo ein Kraftwerk errichtet worden sei, gesehen. Warum er diesen Rapportführer bei seiner polizeilichen Vernehmung auf den vorgelegten Lichtbildern nicht erkannt habe, könne er nicht sagen.

Er habe den Rapportführer bei mehreren Anlässen im Lager Jaworzno und auf seiner Arbeitsstelle beim Kraftwerkbau gesehen.

191

Einmal sei nach Arbeitsschluss festgestellt worden, daß 2 Häftlinge geflüchtet seien. Daraufhin sei noch an Ort und Stelle eine Untersuchung durchgeführt worden, an der auch der Rapportführer Olejak teilgenommen habe. Im Laufe dieser Untersuchung seien mehrere Häftlinge geschlagen worden. Dieser Vorfall habe sich anfangs des Winters 1944 abgespielt, es habe noch kein Schnee gelegen und es sei auch noch nicht besonders kalt gewesen.

Im Gegensatz zu seiner polizeilichen Vernehmung erklärte der Zeuge, er erinnere sich nicht mehr daran, daß Olejak dabei einen Häftling geschlagen habe. Kurz nach einer Operation, die an ihm nach einem Unfall vorgenommen worden sei, habe es in Jaworzno eine Selektion gegeben, bei der Olejak auch eine gewisse Rolle gespielt habe. Die Operation sei zweieinhalb bis drei Monate nach seinem Eintreffen in Jaworzno durchgeführt worden. Er erinnere sich auch noch an einen dritten Vorfall. Da sei nach der Rückkehr von der Arbeit beim Kraftwerk ein Häftling aus der Reihe geholt und in einem Büro geschlagen worden. Olejak habe dabei den Häftling selbst aus der Reihe geholt und ihn in das Büro geführt. Dieser Vorfall habe sich ziemlich lange vor der Evakuierung des Lagers zugetragen.

Bei der Würdigung der Aussage dieses Zeugen ist zunächst darauf hinzuweisen, daß zwischen seiner polizeilichen Vernehmung vom 25.3.1976 und seiner Aussage in der Hauptverhandlung zur Person des Rapportführers erhebliche Differenzen bestehen. Dies gilt sowohl für das Erkennen der Lichtbilder als auch die Nennung des Namens. Soweit der Zeuge angibt, er habe den Angeklagten Olejak schon im Sommer 1944, spätestens im September 1944 in Jaworzno kennengelernt, ist seine Aussage nicht richtig.

Auch wenn er den Rapportführer bei einem Vorfall „kurz nach seiner Operation“ und bei einem anderen Vorfall lange vor dem Evakuierungsmarsch gesehen haben will, kann es sich dabei nicht um den Angeklagten Olejak gehandelt haben.

5. Der Zeuge Mordechaj Hoffmann erklärte zu Beginn seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung, als die beiden Angeklagten noch im Zuhörerraum saßen, er könne niemanden aus dem Lager Jaworzno erkennen. Auf eine entsprechende Aufforderung hin schaute sich der Zeuge dann nochmals um, deutete auf den Ergänzungsschöffen Flörchinger und den Angeklagten Olejak und erklärte: Diese könnten der Rapportführer oder der Lagerführer mit den Hunden gewesen sein. Weiter zeigte der Zeuge auf einen Justizangestellten sowie einen Zuhörer und erklärte, einer der beiden könne Pansegrau sein. Er sei sich aber nicht sicher. Einer habe immer einen Hund gehabt, er meine dies sei der Rapportführer gewesen. Dieser sei ca. 1,70 m groß, etwa 30 Jahre alt und habe dunkle Haare gehabt. Er habe eine Verletzung an den Fingern der linken Hand gehabt.

Der Rapportführer sei bei den Appellen dabei gewesen und habe in den Häftlingsblocks kontrolliert. Er habe einmal gesehen, daß sich ein Häftling an dem im Lager befindlichen Bassin aufgehalten habe. Da sei der Rapportführer mit seinem Hund gekommen und habe dem Häftling befohlen, in das Becken zu steigen. Nachdem er wieder herausgekommen sei, habe er sich ausziehen müssen. Dann habe der Rapportführer den Häftling geschlagen, in das Wasser geworfen und seinen Kopf unter Wasser gedrückt. Dieser Häftling sei ganz geschwollen gewesen. Ob er den Vorfall überlebt habe, wisse er nicht.

Nach Vorhalt seiner Aussage in der polizeilichen Vernehmung, wonach der Rapportführer und der SS. Mann mit den fehlenden Fingern verschiedene Leute gewesen seien, erklärte der Zeuge:

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Der Rapportführer hatte keine Finger. Der Rapportführer war der Mann, dem die Finger fehlten.

Weiter bekundete der Zeuge, dieser SS. Mann sei bei seiner eigenen Ankunft in Jaworzno nicht dort gewesen, sondern erst im Juli oder August 1944 in das Lager gekommen. Im August oder September 1944 sei dieser SS. Mann in Jaworzno gewesen, im Dezember 1944 sei er nicht dort gewesen und im Januar 1945 sei er wieder in das Lager zurückgekehrt. Ob er beim Evakuierungsmarsch dabei gewesen sei, könne er nicht sagen. Er sei sich ganz sicher, daß dieser SS. Mann, den er meine, der Angeklagte Olejak sei.

Im weiteren Verlauf seiner Aussage ging der Zeuge Hoffmann dann davon aus, daß der Angeklagte Olejak mit dem SS. Mann ohne Finger nicht identisch ist.

Bei der Vorlage der Bildtafeln erklärte der Zeuge Hoffmann zu den Bildern Nr. 6 und 7 (Pansegrau), die abgebildete Person sei der Angeklagte Pansegrau. Zu den Bildern Nr. 14 und 15 der Bildtafeln meinte der Zeuge, dies sei der Rapportführer.

Bei der polizeilichen Vernehmung am 12.3.1976, die ihm wiederholt vorgehalten wurde, beschrieb der Zeuge Hoffmann den Rapportführer als einen über 30 Jahre alten, dunkelblonden Mann mit athletischer Gestalt, dessen Namen ihm nicht erinnerlich sei.

Zur Aussage dieses Zeugen, auf die im Rahmen der Ausführungen zu dem Angeklagten Pansegrau zur Last liegenden Einzeltaten noch ausführlich eingegangen werden wird, ist zu bemerken, daß er zur Person des oder der Rapportführer im Lager Jaworzno unterschiedliche Angaben gemacht hat. Soweit der Zeuge davon spricht, der Angeklagte Olejak sei Juli oder August 1944 nach Jaworzno gekommen und sei auch im August und September 1944 dort gewesen, sei im Dezember 1944 nicht in Jaworzno gewesen und im Januar 1945 wieder zurückgekehrt, können diese Zeitangaben auf den Angeklagten Olejak nicht zutreffen. Der Angeklagte Olejak war in der Zeit von Juli bis September 1944 nicht in Jaworzno, sondern im Lager Blechhammer. Wenn er tatsächlich im November 1944 nach Jaworzno zurückgekehrt wäre, so wäre er auch im Dezember 1944 in Jaworzno gewesen.

Auch die Beschreibung, die der Zeuge bei seiner Vernehmung im Jahre 1976 von dem Rapportführer gegeben hat, nämlich über 30 Jahre alt, dunkelblond, athletische Gestalt, paßt nicht auf den Angeklagten Olejak, der damals 26 Jahre alt, nur 1,68 m groß und 64 kg schwer war und dunkle Haare hatte.

Die Kammer sieht deshalb die Aussage dieses Zeugen, die im Übrigen, was die Täter bei bestimmten Vorfällen betrifft, zahlreiche Widersprüche zur polizeilichen Vernehmung aufweist, auf die noch einzugehen sein wird, nicht als geeignet an, die Einlassung des Angeklagten Olejak in Verbindung mit dem übrigen Beweisergebnis zu widerlegen.

6. Der Zeuge Chaim Schuler, der bei seiner Ankunft im Lager Jaworzno 16 Jahre alt war, hat zu Beginn seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung keinen der Angeklagten erkannt.

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Bei Vorlage der Bildtafeln erklärte der Zeuge zu den Bildern 14, 15 und i6 (Bilder des Angeklagten Olejak), dies sei der Kommandoführer, der die ins Lager zurückkehrenden Häftlingskommandos am Tor gezählt und kontrolliert habe. Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung erklärte der Zeuge dann, dies sei der Rapportführer gewesen. Ob dieser Mann bei seiner eigenen Ankunft im Lager schon dort gewesen sei, wisse er nicht. Er könne auch nicht sagen, zu welchem Zeitpunkt er ihn erstmals im Lager gesehen habe. Ob er am Ende der Lagerzeit in Jaworzno gewesen sei, wisse er ebenfalls nicht. Er selbst sei wegen einer Lungenentzündung etwa 3 Wochen vor der Evakuierung in den HKB eingeliefert worden und habe deswegen auch den Evakuierungsmarsch nicht mitgemacht.

Die Kammer verkennt nicht, daß die Aussage dieses Zeugen, der in der Hauptverhandlung einen guten Eindruck hinterlassen hat, ein gewisses Indiz für eine Rückkehr des Angeklagten Olejak nach Jaworzno darstellt. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß sich der Zeuge nur an diesen einen SS. Mann als Rapportführer erinnert, obwohl er den Angeklagten Olejak, wenn er tatsächlich nach Jaworzno zurückgekehrt wäre, nur etwa 6 - 7 Wochen als Rapportführer hat erleben können, nämlich von 9. oder 10.11.1944 bis Ende Dezember 1944, als der Zeuge in den HKB gekommen ist. Normalerweise müßte sich der Zeuge Schuler unter diesen Umständen viel besser an den Rapportführer erinnern, der von Juli 1944 bis November 1944 diese Funktion innegehabt hat.

III. Unter dieser Ziffer sind die Zeugen zusammengefaßt, die bei der Auflösung des Lagers Lagischa in der 2. Septemberhälfte 1944 nach Jaworzno gekommen sind. Wie bereits ausgeführt, könnten diese Zeugen den Angeklagten Olejak wenn er am 9. oder 10.11.1944 nach Jaworzno zurückgekehrt wäre weder bei ihrer Ankunft im Lager noch während der ersten eineinhalb Monate ihres Aufenthaltes im Lager Jaworzno gesehen und kennengelernt haben.

1. Der Zeuge Arie Leon Rosenkranz wurde am 1.3., 3.3. und 6.3. vernommen. 1978 in der Hauptverhandlung vernommen. Gleichzeitig mit dem Zeugen Rosenkranz wurde am 1.3.1978 auch der Zeuge Wigdor Siwek, auf dessen Aussage bereits eingegangen wurde, vernommen.

Zu Beginn seiner Vernehmung deutete der Zeuge Rosenkranz auf den noch im Zuhörerraum sitzenden Angeklagten Olejak und erklärte, er glaube, dies sei der Olejak, er sei sich aber nicht sicher. Er glaube, daß dies der Rapportführer des Lagers Jaworzno sei. Weiter deutete der Zeuge auf die beiden Ergänzungsschöffen Flörchinger und Zang, die ebenfalls als Vergleichspersonen im Zuhörerraum saßen und erklärte, diese beiden seien ihm aus Jaworzno her bekannt.

Zu den Bildtafeln Nr. 14 und 16 und den Bildern Nr. 17 und 18 des Bildbandes bekundete der Zeuge, diese Bilder ähnelten dem Olejak. Auch die Bilder Nr. 13 und 14 des Bildbandes (SS. Mann Wilhelm Reichel) erinnerten ihn an den Angeklagten Olejak. Er sei sich aber weder bei der Person des Angeklagten Olejak noch bei den von ihm genannten Bildern sicher.

Wann er den Rapportführer zum ersten Mal nach seiner Ankunft aus Lagischa gesehen habe, wisse er nicht mehr genau. Richtig kennengelernt habe er ihn im November 1944. Er habe damals versucht, Lebensmittel von außerhalb in das Lager zu schmuggeln. Er sei jedoch erwischt und dann von einem SS. Mann geschlagen worden. Von anderen Häftlingen habe erfahren, daß der Mann, der ihn geschlagen habe, der Rapportführer gewesen sei. Wegen der Folgen dieser Schläge habe er einige Zeit im Krankenbau verbringen müssen.

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Dieser Rapportführer, den er meine, sei damals etwa 1,62 m groß, vielleicht auch etwas größer, kräftig und etwa 24 - 27 Jahre alt gewesen. Er habe schwarze Haare gehabt und es habe im Lager geheißen, er spreche auch polnisch. Das dieser SS. Mann in Jaworzno, außer ihm selbst noch andere Häftlinge geschlagen habe, habe er nicht gesehen. Er habe ihn aber am Beginn des Evakuierungsmarsches gesehen, nicht jedoch dabei, wie er während des Marsches auf Häftlinge geschossen habe.

Nach Vorhalt seiner Aussage bei der Israel-Polizei vom 11.3. 1976, bei der der Zeuge erklärt hatte, er sei einmal von Markewicz und noch einem SS. Mann am Lagertor geschlagen worden, er als versucht habe, Kartoffeln in das Lager zu schmuggeln und daß er deswegen in das Krankenhaus gekommen sei, erklärte der Zeuge, er sei in Jaworzno zweimal zusammengeschlagen worden. Einmal sei ihm von Mithäftlingen gesagt worden, der Täter sei der Markewicz gewesen, einmal sei ihm gesagt worden, Täter sei der Rapportführer gewesen. Es könne sein, daß ihm bei der Vernehmung durch die Polizei im Jahr 1976 der Vorfall mit dem Rapportführer nicht eingefallen sei.

Auf einen weiteren Vorhalt hin, daß er bei dieser Vernehmung gesagt habe, er habe den Rapportführer im Lager auch andere Häftlinge schlagen und auf dem Evakuierungsmarsch auf Häftlinge schießen sehen, erklärte der Zeuge, das sei nicht richtig. Er habe weder das Schlagen von Häftlingen noch das Schießen auf Häftlinge während des Evakuierungsmarsches durch diesen Rapportführer selbst gesehen.

Auf den Vorhalt schließlich, warum er bei der erwähnten Vernehmung im Jahr 1976 sich nicht an den Rapportführer erinnert und diesen auch nicht auf Bildern wiedererkannt habe, erklärte der Zeuge Rosenkranz, der Name Olejak sei ihm nach dieser Vernehmung wieder eingefallen. Auf seiner Vorladung zur Hauptverhandlung sei der Name Olejak gestanden. Da habe es in seinem Kopf zu arbeiten begonnen und er habe diesen Namen mit einer bestimmten Person in Verbindung gebracht. Schon vor Erhalt der Ladung zur Hauptverhandlung sei er einmal bei einem Traum aufgewacht und da sei ihm der Name Olejak wieder eingefallen. Er habe zwischenzeitlich auch mit ehemaligen Häftlingen des Lagers Jaworzno gesprochen, aber nicht sehr oft.

Bei der Würdigung der Aussage dieses Zeugen ist zu berücksichtigen, daß zwischen seinen Angaben bei der Polizei im März 1976 und seinen Angaben in der Hauptverhandlung erhebliche Differenzen bestehen und daß sich der Zeuge seiner Angaben zur Person und zu den Bildern des Angeklagten selbst nicht sicher war.

Bei diesem Zeugen kommt hinzu, daß er zusammen mit dem Zeugen Wigdor Siwek bei Beginn der Hauptverhandlung am 1.3.1978 erschienen war. Dieser Zeuge war, wie bereits ausgeführt, schon im Jahre 1943 nach Jaworzno gekommen und hatte deshalb die Gelegenheit, den Angeklagten Olejak bis zum Frühjahr 1944 als Rapportführer in Jaworzno kennenzulernen.

Der Zeuge Rosenkranz hat dazu ausgesagt, er habe zusammen mit dem Zeugen Siwek im gleichen Hotel gewohnt.

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Er habe aber mit ihm nicht über das Verfahren und beiden Angeklagten gesprochen. Weiter hat der Zeuge bekundet, er sei nach Erreichen des Gerichtsgebäudes zusammen mit dem Zeugen Siwek zunächst von einem Justizbediensteten in ein Zimmer im Gerichtsgebäude geführt worden. Da es ihnen in diesem Zimmer zu warm gewesen sei, seien er und Siwek aus dem Zimmer auf den davor liegenden Flur gegangen. Nach kurzer Zeit seien sie jedoch wieder in das Zimmer zurückgeschickt worden. Auf dem Gang seien in dieser Zeit keine anderen Personen gewesen. In ähnlicher Weise hat sich auch der Zeuge Siwek geäußert.

Demgegenüber hat der Justizwachtmeister Heinz Syndikus ausgesagt, er habe die beiden Zeugen zu Beginn der Hauptverhandlung am 1.3.1978 in das Zeugenzimmer geführt und sei dann kurz weggegangen. Als er wieder zurückgekommen sei, seien die beiden Zeugen auf dem Gang vor dem Zeugenzimmer gewesen. Als Erklärung hatten sie angegeben, in dem Zeugenzimmer sei ihnen die Luft zu schlecht gewesen. Er habe die Zeugen gleich wieder zurückgeschickt. Während die Zeugen noch auf dem Gang gewesen seien, seien die beiden Angeklagten in Begleitung von Polizeibeamten auf diesen Flur gekommen. Für die Zeugen sei es möglich gewesen, die Angeklagten und die in ihrer Begleitung befindlichen Polizeibeamten zu sehen.

Die Kammer hält es für sehr unwahrscheinlich, daß sich die beiden Zeugen während ihres gemeinsamen Aufenthaltes im Hotel und im Zeugenzimmer vor Beginn ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung nicht über das Verfahren und die Angeklagten in diesem Verfahren unterhalten haben wollen. Die Kammer hält es deshalb für möglich, daß der Zeuge Rosenkranz seine Kenntnisse über den Angeklagten Olejak von dem Zeugen Siwek hat.

Im Übrigen bestehen zwischen den Aussagen des Zeugen Rosenkranz, wie schon erwähnt, in der Hauptverhandlung und bei seiner polizeilichen Vernehmung im Jahr 1976 gerade zur Person des Rapportführers erhebliche Widersprüche, obwohl diese Vernehmungen nur 2 Jahre auseinander liegen. Eine überzeugende Erklärung dafür, warum er sich im Jahre 1978 im Gegensatz zu 1976 an den Namen Olejak erinnert und ihn auch auf Lichtbildern erkannt hat, hat der Zeuge nicht gegeben.

Die Kammer sieht deshalb die Aussage dieses Zeugen nicht als geeignet an, die Einlassung des Angeklagten Olejak zu widerlegen.

2. Der Zeuge Joel Ryz deutete zu Beginn seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung auf den Angeklagten Olejak und erklärte, seiner Meinung nach sei dies der Rapportführer des Lagers Jaworzno. Zuerst habe er in der Person eines anderen Mannes (Ergänzungsschöffe Zang) den Rapportführer zu erkennen geglaubt, da diese beiden Personen eine gewisse Ähnlichkeit hätten.

Der Rapportführer des Lagers Jaworzno sei damals über 30 Jahre alt, etwas dick gewesen und habe einen kleinen Bauch gehabt. Er sei Volksdeutscher gewesen und habe aus Polen gestammt. Er habe ihn nur deutsch reden hören. Seiner Erinnerung nach sei er Rottenführer gewesen mit einem Winkel auf dem Arm.

Aschaffenburg (
Auschwitz Prozess) Teil 9