146
7. Die Hauptverhandlung hat keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß sich der Angeklagte Olejak die Kenntnisse über das Lager Czechowitz und die Evakuierung dieses Lagers auf andere Weise als durch den von ihm geschilderten Einsatz als Lagerführer und die Teilnahme am Evakuierungsmarsch verschafft hat.
Dabei ist zu bedenken, daß der Angeklagte Olejak vor der am 8.7.1976 erfolgten Festnahme nicht gewußt hat, daß gegen ihn wegen seiner Tätigkeit im Lager Jaworzno ein Ermittlungsverfahren durchgeführt wird, da er vor seiner Festnahme nicht vernommen worden ist.
Lediglich in den wegen der Vorgänge im Lager Blechhammer durchgeführten Ermittlungsverfahren ist der Angeklagte Olejak am 18.6.1971 durch die für seinen Wohnsitz zuständige Polizei als Zeuge zu seinem Einsatz in diesem Lager vernommen worden. Schon bei dieser Vernehmung hat der Angeklagte Olejak im übrigen, wie auch in der Hauptverhandlung, erklärt, er sei von März 1944 bis November 1944 in Blechhammer gewesen.
Im Rahmen dieser Vernehmung, die dem Angeklagten wiederholt vorgehalten wurde, machte er auch Angaben über seinen weiteren persönlichen Werdegang. Dabei gab er an, er sei von etwa Oktober 1943 bis zu seinem Einsatz in Blechhammer in der Verwaltung des Arbeitslagers Jaworzno tätig gewesen. Von Blechhammer aus sei er dann an die Front versetzt worden.
Es ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum sich der Angeklagte Olejak aufgrund dieser Zeugenvernehmung, die seinen Einsatz im Lager Blechhammer betraf, hätte veranlasst sehen können, sich für die Zeit von November 1944 bis Januar 1945 ein Alibi zurechtzulegen, indem er sich Detailkenntnisse über ein Lager, in dem er nicht gewesen ist und Vorgänge bei einem Evakuierungsmarsch, an dem er nicht teilgenommen hat, verschafft hat. Im übrigen stellt sich für diesen Fall die Frage, woher er sich solche Kenntnisse, zum Beispiel über die Änderung der Unterbringung der drei SS. Leute im Lager Czechowitz oder die Teilnahme von weiblichen Häftlingen am Evakuierungsmarsch hätte verschaffen sollen. Dafür, daß der Angeklagte Olejak etwa bereits vor seiner Festnahme mit dem Zeugen Repke Kontakte hatte, haben sich keine Anhaltspunkte ergeben. Die Kammer ist vielmehr vom Gegenteil überzeugt. Denn sonst hätte der Angeklagte Olejak sicherlich nach seiner Verhaftung die Vernehmung des Zeugen Repke als Entlastungszeuge beantragt und der Zeuge Repke hätte in diesem Fall nicht erklärt, er kenne den Angeklagten Olejak nicht.
Im Übrigen kann nach Meinung der Kammer aus der Tatsache, daß der Angeklagte Olejak bei der erwähnten Zeugenvernehmung im Jahre 1971 erklärt hat, er sei von Blechhammer aus direkt an die Front versetzt worden, keine Folgerungen dafür hergeleitet werden, ob er zwischen diesem Einsatz in Blechhammer und der Versetzung an die Front in Jaworzno oder in Czechowitz stationiert war. Dies gilt sowohl für den Fall, daß er, wie er im Rahmen seiner Einlassung vorgebracht hat, an den relativ kurzen Einsatz im Lager Czechowitz bei dieser Vernehmung nicht gedacht hat und auch für den Fall, daß er dabei bewußt den Eindruck erwecken wollte, zum Zeitpunkt der Evakuierung der im Raum Oberschlesien gelegenen Konzentrationslager sei er schon an der Front gewesen. Die Hauptverhandlung hat auch keine ernsthaften Anhaltspunkte dafür ergeben, daß sich der Angeklagte Olejak schon 1944 oder 1945 die von ihm wiedergegebenen Kenntnisse über das Lager Czechowitz und die Evakuierung dieses Lagers verschafft hat oder hätte verschaffen können ohne dort stationiert gewesen zu sein.
Zwar liegt, wie aus der Landkarte von Oberschlesien festgestellt wurde, der Geburtsort des Angeklagten nur ca. 3,9 km Luftlinie östlich von Bielitz-Biala und dieses wiederum nur ca. 7,2 km Luftlinie von Czechowitz entfernt.
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Aus dieser Tatsache kann jedoch nicht geschlossen werden, daß der Angeklagte Olejak aus diesem Grund das Lager Czechowitz gekannt hat. Zum einen hat der Angeklagte Olejak ausdrücklich erklärt, ihm seien das Stallgebäude und dessen Umgebung vor seiner Versetzung nach Czechowitz nicht bekannt gewesen. Selbst wenn dies jedoch der Fall gewesen wäre, so lassen sich damit nicht die Kenntnisse des Angeklagten Olejak vom Lager Czechowitz und von der Evakuierung dieses Lagers erklären. Denn das Lager ist erst im September 1944 errichtet worden, zu einer Zeit also, in der der Angeklagte in Blechhammer stationiert war.
Dafür, daß etwa zwischen dem Lager Blechhammer und dem Lager Czechowitz irgendwelche dienstlichen Beziehungen bestanden haben in der Form, daß SS. Leute, die der Kommandantur in Blechhammer angehört haben, auch in Czechowitz zum Einsatz kamen, hat die Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte ergeben. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß Blechhammer von Czechowitz schon in der Luftlinie ca. 75 km entfernt ist. Desweiteren haben beide Angeklagte und zum Beispiel auch die über die Zusammenhänge gut informierten Zeugen Pasikowski und Smigielski übereinstimmend bestätigt, daß die Auschwitzer Nebenlager ab Herbst 1943 dem Konzentrationslager Auschwitz III, also Monowitz, unterstellt waren. Von einem direkten Kontakt zwischen einzelnen Nebenlagern, jedenfalls was die Lagerkommandantur betrifft, hat keiner der Angeklagten oder der vernommenen Zeugen berichtet. Lediglich der Angeklagte Olejak hat im Rahmen seiner Einlassung erklärt, das Lager Czechowitz habe, da es so klein gewesen sei, keinen eigenen Sanitätsdienstgrad (SDG) gehabt. Dieser sei vielmehr gelegentlich aus dem Nebenlager Jawischowitz nach Czechowitz gekommen.
Desweiteren hat der Zeuge Repke ausdrücklich bekundet, ins Lager Czechowitz seien zwar zwei- oder dreimal Kommissionen aus dem für die Nebenlager zuständigen Hauptlager in Monowitz zu Inspektionen gekommen. Andere SS. Leute seien im Lager jedoch nicht erschienen. Auch für irgendwelche dienstlichen Berührungspunkte zwischen den Lagern Czechowitz und Jaworzno hat die Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte ergeben.
Schließlich geht die Kammer auch davon aus, daß der Angeklagte Olejak nach seiner Verhaftung am 8.7.1976 nicht mehr in der Lage war, sich bis zu seiner Vernehmung zur Sache irgendwelche Informationen über das Lager Czechowitz zu verschaffen.
Insgesamt sieht die Kammer deshalb die Tatsache, daß die Einlassung des Angeklagten Olejak zum Lager Czechowitz und zur Evakuierung dieses Lagers durch das Ergebnis der Beweisaufnahme im Wesentlichen bestätigt worden ist, als wichtigsten Anhaltspunkt dafür an, daß der Angeklagte Olejak Ende 1944 nicht in Jaworzno, sondern in Czechowitz stationiert war und auch an der Evakuierung dieses Lagers teilgenommen hat.
II.
Desweiteren hat auch die Beweisaufnahme zur Person des 2. Lagerführers in Czechowitz nicht unerhebliche Anhaltspunkte dafür ergeben, daß dies der Angeklagte Olejak war.
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1. Der Zeuge Repke hat den 2. Lagerführer wie folgt beschrieben: Dieser neue Lagerführer im Range eines SS-Unterscharführers sei ein kleines, schmächtiges Jüngelchen mit dunklen Haaren gewesen. Wenn er von schmächtig und schlank rede, so meine er damit das Aussehen dieses Unterscharführers in Bezug auf seine eigene Person. Er selbst sei 1.76 m groß und habe damals ein Gewicht von 82 - 83 kg gehabt. Heute wiege er 87 - 88 kg. Der 2. Lagerführer sei etwa einen ganzen oder einen halben Kopf kleiner als er selbst und viel schmäler gewesen. Der Unterscharführer habe während des Aufenthaltes in Czechowitz mehrmals Besuch von einer Frau bekommen, von der er ihm gesagt habe, es sei seine Ehefrau. Es könne auch sein, daß diese Frau den neuen Lagerführer am Abend vor Beginn des Evakuierungsmarsches besucht habe. Genau könne er sich daran nicht mehr erinnern. Er sei ihm damals bekannt vorgekommen, er wisse aber nicht mehr woher. Wahrscheinlich sei er Volksdeutscher gewesen. Nach Czechowitz sei dieser Mann gekommen, als es schon kalt gewesen sei, wahrscheinlich im November oder Dezember 1944. Diese Beschreibung, die der Zeuge Repke von dem 2. Lagerführer gegeben hat, paßt in vollem Umfang auf den Angeklagten Olejak. Dieser hatte damals den Rang eines Unterscharführers inne und ist mit einer Körpergröße von 1,68 m auch wesentlich kleiner als der Zeuge Repke bei einer Größe von 1,76 m. Die Schilderung des weiteren Aussehens, nämlich daß es ein schmaler junger Mann gewesen sei, trifft zwar etwa nicht auf den Angeklagten Olejak, aber in etwa auf den SS-Unterscharführer Olejak des Jahres 1944 zu. Der Angeklagte Olejak, der heute ein Gewicht von ca. 85 kg hat, wog nach seiner eigenen Einlassung im Jahre 1944 ca. 64 - 65 kg. Diese Angabe wird bestätigt durch einen in der Hauptverhandlung teilweise verlesenen ärztlichen Untersuchungsbericht vom 2.8.1944, in dem das Gewicht mit 64 kg angegeben wird.
Nach Meinung der Kammer macht diese Gewichtszunahme von ca. 20 kg bei einer Größe von nur 1,68 m auch die Äußerung des Zeugen Repke verständlich, der Angeklagte Olejak könne gar nicht dieser Lagerführer gewesen sein, da dieser figürlich ganz anders ausgesehen habe. Soweit der Zeuge Repke erwähnt hat, der neue Lagerführer habe mehrmals Besuch von seiner Ehefrau bekommen, so ist darauf hinzuweisen, daß der Angeklagte von Anfang an behauptet hat, seine Frau habe ihn auch in Czechowitz mehrmals besucht.
Bei Vorlage der Lichtbilder erklärte der Zeuge Repke zu Bild Nr. 15 der Bildtafeln und zu Bild Nr. 18 und 19 des Bildbandes, die jeweils den Angeklagten Olejak darstellen, dieser Mann komme ihm irgendwie bekannt vor. Wahrscheinlich kenne er ihn aus Jaworzno, in Czechowitz sei dieser Mann wahrscheinlich nicht gewesen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß der Zeuge Repke nach seiner Aussage auch kurze Zeit bei der Wachmannschaft des Lagers Jaworzno stationiert war und zwar zu Beginn der Lagerzeit im Jahre 1943.
Bei Vorlage eines Bildes der Ehefrau des Angeklagten Olejak, das diese vor einer Baracke zeigt und von dem der Angeklagte Olejak behauptet, es sei in Czechowitz aufgenommen worden, erklärte der Zeuge Repke, dies sei kein Bild der Ehefrau des 2. Lagerführers.
Obwohl der Zeuge Repke die den Angeklagten Olejak darstellenden Bilder nicht mit dem Lager Czechowitz in Verbindung brachte, sieht die Kammer in dieser Aussage insgesamt eine Bestätigung der Einlassung des Angeklagten, da die Beschreibung, die Repke von der Person des 2. Lagerführers gegeben hat, in vollem Umfange auf den Olejak des Jahres 1944 zutrifft.
Was die Aussage des Zeugen Repke zu den Lichtbildern betrifft, ist zu bemerken, daß ihm die Bilder des Angeklagten Olejak immerhin bekannt vorkamen. Hinsichtlich der Aussage zu dem Bild der Ehefrau des Angeklagten Olejak ist darauf hinzuweisen, daß die Zeugin Franziska Wasserthal, eine Jugendfreundin der Frau Olejak, bei Vorlage dieses Bildes erklärt hat, so ernst habe die Frau Olejak damals nicht ausgesehen. Im Übrigen habe sie sehr oft ihre Frisur und damit ihr Aussehen verändert. Auf die Aussage der Zeugin Wasserthal wird in anderem Zusammenhang noch näher eingegangen werden.
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Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß der Zeuge Repke auch die Bilder Nr. 10 und 11 der Bildtafeln, die den 1. Lagerführer Knoblich darstellen, nicht wiedererkannt hat, obwohl Knoblich in Czechowitz gewesen ist.
2. Der Zeuge Kraschewski, der wie erwähnt, bis zur Evakuierung des Lagers Czechowitz Lagerschreiber war und in dieser Funktion fast täglich mit dem Lagerführer zu tun hatte, hat zu Beginn seiner Vernehmung zu den Bildern Nr. 8 und 9 der Bildtafeln (Bilder des Lagerführers von Jaworzno Pfütze) erklärt, er glaube dies seien Bilder des Lagerführers Knoblich. Zu den Bildern 14, 15, 16 und 17 der Bildtafeln, die den Angeklagten Olejak darstellen, sagte der Zeuge Kraschewski, diesen Mann kenne er, er sei Arbeitsdienstführer in Czechowitz gewesen und habe ein Reiterabzeichen getragen.
Bei einer Gegenüberstellung mit dem Zeugen Ligon erklärte der Zeuge Kraschewski dann, das sei der Mann mit dem Reiterabzeichen gewesen, den er auf den Bildern gemeint habe.
Bei einer Gegenüberstellung mit dem Angeklagten Olejak konnte der Zeuge Kraschewski eine Anwesenheit des Angeklagten in Czechowitz weder bestätigen noch ausschließen.
Zur Aussage dieses Zeugen ist zu bemerken, daß er mehrere den Angeklagten Olejak darstellende Bilder als solche eines in Czechowitz eingesetzten SS. Mannes bezeichnet hat. Zwar hat der Zeuge hierzu nach einer Gegenüberstellung mit dem Zeugen Ligon erklärt, mit der auf den Bildern abgebildeten Person meine er diesen Zeugen. Durch diese Erklärung des Zeugen Kraschewski wird aber nicht die Tatsache beseitigt, daß ihm die Gesichtszüge des Angeklagten Olejak auf den im Jahre 1944 aufgenommenen Lichtbildern bekannt vorgekommen sind. Dafür, daß der Zeuge Kraschewski den Angeklagten Olejak in einem anderen Lager als dem Lager Czechowitz hätte kennenlernen können, hat die Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte ergeben.
3. Der Zeuge Gutmann, der nach seiner Aussage mit dem 1. Häftlingstransport nach Czechowitz gekommen ist, hat zu Bild Nr. 17 des Bildbandes, das den Angeklagten Olejak darstellt, erklärt, er glaube, diesen Mann von den Appellen im Lager Czechowitz her zu kennen.
Er sei sich jedoch nicht hundertprozentig sicher.
4. Der Zeuge Ervin Habal, der aus der Tschechoslowakei angereist ist, hat zu Beginn seiner Vernehmung zu der Person des Angeklagten Olejak als dieser unter mehreren Vergleichspersonen im Zuhörerraum des Sitzungssaales saß, keine Angaben gemacht.
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Bei der Vorlage der Bildtafeln sagte der Zeuge dann zu Bild Nr. 14 (Olejak), der erinnere ihn an jemand aus Czechowitz. Ähnliche Angaben machte der Zeuge auch zu den Bildern Nr. 10 und 11 der Bildtafeln (Bilder des Oberscharführers Knoblich).
Am 2. Tag seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung deutete der Zeuge dann auf den zu diesem Zeitpunkt auf der Anklagebank sitzenden Angeklagten Olejak und erklärte, er meine sicher zu sein, daß dieser als SS. Mann in Czechowitz gewesen sei. Bezüglich dieser Aussage habe niemand auf ihn irgendeinen Einfluß genommen.
Da die Staatsanwaltschaft der Meinung war, der Zeuge verwechsele den Angeklagten möglicherweise mit dem Zeugen Ligon, fand eine Gegenüberstellung dieser beiden Zeugen statt. Dabei erklärte der Zeuge Habal, an Ligon habe er keine Erinnerung.
Auch bei einer weiteren Vernehmung am 8.5.1980 in der Hauptverhandlung erklärte der Zeuge Habal, ihm habe niemand einen Hinwels etwa auf den Angeklagten Olejak gegeben. Er sei sich auch weiterhin sicher, daß der Angeklagte Olejak in Czechowitz gewesen sei. Wie lange er dort gewesen sei, könne er nicht mehr sagen.
Der Aussage dieses Zeugen zu den Lichtbildern misst die Kammer besonders deswegen erhebliches Gewicht bei, da er von allen Bildern nur solche herausgesucht hat, von denen feststeht, daß sie in Czechowitz waren (Knoblich) oder dort gewesen sein können (Olejak). Insgesamt machte der Zeuge Habal bei seinen Aussagen in der Hauptverhandlung einen sicheren und zuverlässigen Eindruck.
5. Der Zeuge Goldberg, der am 29.12.1977 in der Hauptverhandlung vernommen worden ist, hat zu Beginn seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung, als die beiden Angeklagten mit mehreren Vergleichspersonen im Zuhörerraum des Sitzungssaales saßen, auf einen relativ kleinen, schmalen Justizangestellten gedeutet und erklärt, er glaube, dieser Mann sei in Czechowitz gewesen.
Bei Vorlage der Bildtafeln erklärte der Zeuge Goldberg dann, er meine, die auf den Bildern 10 und 11 abgebildete Person (Knoblich) sei in Czechowitz gewesen. Sicher sei er sich jedoch nicht. Bei Vorlage des Bildbandes sagte der Goldberg dann zu Bild 18 (Olejak) er meine, er kenne auch diese Person ans dem Lager Czechowitz. Er habe die Häftlinge bei der Arbeit bewacht und die Appelle abgenommen. Wahrscheinlich sei diese Person der Lagerkommandant in Czechowitz gewesen.
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6. Der Zeuge Unikowski, der nach seiner Aussage in der Hauptverhandlung mit dem 1. Häftlingstransport nach Czechowitz gekommen ist, hat zu Beginn seiner Vernehmung am 16.1.1978, als die beiden Angeklagten mit mehreren Vergleichspersonen im Zuhörerraum des Sitzungssaales saßen, niemand wiedererkannt. Bei Vorlage der Bildtafeln erklärte der Zeuge dann zu den Bildern 14 und 15 (Olejak), die Person erinnere ihn an einen SS.Mann aus dem Lager Czechowitz. Er sei sich jedoch nicht ganz sicher. Zu Bild 15 erklärte der Zeuge weiter, in Czechowitz habe es bei der SS. Ablösungen und Wechsel gegeben. Es könne sein, daß diese Person im November oder Dezember 1944 abgelöst worden sei. Bei Vorlage des Bildbandes machte der Zeuge Unikowski zu den entsprechenden Bildern des Angeklagten Olejak die gleichen Angaben.
Bis zu Beginn eine längeren Pause, die zur Einnahme einer Zwischenmahlzeit durch den Angeklagten Pansegrau erfolgen mußte, machte der Zeuge Unikowski dann Ausführungen zum Lager Czechowitz. Nach Wiederbeginn der Verhandlung erläuterte der Zeuge dann aufgrund einer von ihm gefertigten Skizze die Örtlichkeit des Lagers. Weiter sagte der Zeuge unter anderem ans, der Lagerführer des Lagers Czechowitz sei im November oder Dezember 1944 durch einen anderen SS. Mann abgelöst worden. Bei der Schilderung des Evakuierungsmarsches erwähnte der Zeuge auch, daß neben ihm auf dem Marsch ein Neffe erschossen worden sei. Einen Täter nannte er zu diesem Zeitpunkt nicht.
Nachdem der Zeuge zu Beginn der Mittagspause auf dem Flur vor dem Sitzungssaal einen Schwächeanfall erlitten hatte und in das Krankenhaus eingeliefert worden war, wurde die Vernehmung des Zeugen am 18.1.1978 fortgesetzt. Zu Beginn seiner Vernehmung machte der Zeuge von sich aus zunächst Ausführungen zur Heizung des Lagers und erklärte dann weiter, er sei sich jetzt sicher, daß die Person, die er auf den Lichtbildern wieder zu erkennen glaube, etwa im Dezember 1944 den Lagerführer des Lagers Czechowitz abgelöst habe. Er sei sich insoweit fast sicher. Er habe sich im Krankenhaus unter einem gewissen Druck befunden, den er auch schon im Flur des Gerichtsgebäudes empfunden habe. Er habe da eine Person (er deutete dabei auf den Angeklagten Olejak) gesehen und er glaube, daß sich dieser Druck auf seinen Gesundheitszustand ausgewirkt habe. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob er den Angeklagten auch von der Größe und Figur wiedererkenne, sagte der Zeuge, die Vergangenheit habe sich mit der Zukunft wieder getroffen. Diese Person sei damals jedoch nicht so voll und korpulent, sondern schlanker gewesen. Auf eine weitere Frage des Vorsitzenden, ob der neue Lagerführer auch bei dem Evakuierungsmarsch dabei gewesen sei, erklärte der Zeuge Unikowski, er glaube, daß er dabei gewesen sei, er sei sich fast sicher. Denn er glaube, daß dieser Mann derjenige gewesen sei, der auf seinen Neffen geschossen habe.
7. Zu diesen Aussagen der Zeugen Goldberg und Unikowski in der Hauptverhandlung ist folgendes zu bemerken:
Der Zeuge Adam Edelsberg, ein israelischer Polizeibeamter, der im Rahmen des Ermittlungsverfahrens tätig gewesen und der im Juli 1978 mehrere Tags in der Hauptverhandlung vernommen wurde , erklärte am 4.8. 1978 im Rahmen einer Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Würzburg, der Zeuge Unikowski habe ihn nach der Rückkehr von der Vernehmung in Aschaffenburg eröffnet, er, Unikowski, habe in der Hauptverhandlung bewußt wahrheitswidrig geäußert, in einem der Angeklagten den früheren Lagerführer des Lagers Czechowitz wiedererkannt zu haben.
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Zu seinen Aufgaben als Untersuchungsreferent der Israel - Polizei habe gehört, die zur Hauptverhandlung geladenen Zeugen vor Antritt ihrer Reise zu beraten und sie über die notwendigen Förmlichkeiten aufzuklären. Zu diesem Zweck habe er die Zeugen vor Antritt der Reise kurz in sein Büro geladen. Dies sei auch bei dem Zeugen Unikowski der Fall gewesen, ebenso bei dem Zeugen Goldberg.
Unikowski sei vor Antritt der Reise in die Bundesrepublik im Januar 1978 zu ihm in das Büro gekommen, wo er die Formalitäten der Reise besprochen habe. Bei dieser Gelegenheit habe er dem Zeugen die ihm von der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellten Bildmappe vorgelegt und ihn gefragt, ob er jemanden darauf erkenne. Nachdem sich Unikowski längere Zeit mit den Bildern befaßt habe, habe er dies verneint. Er habe Unikowski bei diesem Gespräch auch gebeten, nach seiner Rückkehr aus Aschaffenburg noch einmal bei ihm vorzusprechen und ihm über seine Erfahrungen zu berichten.
Wenige Tage nach seiner Rückkehr aus der Bundesrepublik sei Unikowski erneut zu ihm gekommen. Auf die Frage, wie es gewesen sei, habe dieser geantwortet, es sei schlecht gewesen. Auf eine entsprechende Frage habe Unikowski ihm dann berichtet bei der vom Gericht angeordneten Identifizierung habe er niemand erkannt. In einer Sitzungspause seien dann einige Personen auf ihn zugegangen, hätten ihn mitgenommen und ihm irgendwo etwas zu trinken und zu essen gegeben. Wohin er geführt worden sei, ob in eine Wohnung, ein Restaurant oder einen Club habe Unikowski nicht angeben können. Dort habe man ihm gesagt, er solle auf einen der Angeklagten als Lagerführer von Czechowitz hinweisen. Diesen Mann habe man ihm genau beschrieben.
Im Anschluß an dieses Gespräch so er krank geworden und ins Krankenhaus gekommen. Bei der Fortsetzung seiner Vernehmung nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus habe er dann entsprechend den ihm gegebenen Anweisungen vor Gericht erklärt, in einem der beiden Angeklagten den 2. Lagerführer von Czechowitz zu erkennen. Er habe dies aber gegen seine Überzeugung und wider besseres Wissen gemacht, weil er verschüchtert gewesen sei und Angst gehaßt habe.
Als Unikowski zu ihm gekommen sei, sei er noch erschüttert und verängstigt gewesen. Außerdem habe er erwähnt, mit dem Zeugen Goldberg müsse etwas Ähnliches geschehen sein. Auch bei diesem Gespräch habe er Unikowski nochmals die Lichtbilder vorgelegt und er habe erneut bestätigt, daß er niemanden von den dargestellten Personen erkenne.
Weiter bekundete der Zeuge Edelsberg danach, vor Gericht habe er von dieser Sache nichts erwähnt, da danach nicht gefragt worden sei. Es habe sich auch keine Gelegenheit ergeben, die Angelegenheit von sich aus anzusprechen. Die Namen der Zeugen Unikowski und Goldberg seien ihm nicht vorgehalten worden.
Aufgrund dieser Aussage des Zeugen Edelsberg ließ die Staatsanwaltschaft Würzburg die Zeugen Goldberg und Unikowski durch die Israel-Polizei vernehmen. An diesen Vernehmungen, die im Oktober 1978 stattfanden, nahm auch Staatsanwalt Renz teil.
Nachdem der Kammer und den übrigen Prozeßbeteiligten in der Hauptverhandlung vom 19.10.1978 durch die Übergabe der Niederschriften über die Vernehmungen der Zeugen Goldberg und Unikowski im Oktober 1978 und des Zeugen Edelsberg am 4.8.1978 dieser Sachverhalt erstmals bekannt geworden war, ordnete die Kammer die nochmalige Vernehmung der Zeugen Unikowski und Goldberg an.
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Da die Zeugen der Vorladung zur Hauptverhandlung keine Folge leisteten, wurden die Zeugen Unikowski und Goldberg schließlich im Wege der Rechtshilfe durch den zuständigen Richter beim Amtsgericht Tel Aviv in Anwesenheit. der gesamten Kammer vernehmen. Eine weitere Vernehmung des Zeugen Edelsberg in der Hauptverhandlung oder im Wege der Rechtshilfe war nicht mehr möglich, da Edelsberg zwischenzeitlich verstorben war.
Der Zeuge Goldberg erklärte bei seiner Vernehmung am 16.7. 1979 vor dem Amtsgericht Tel Aviv, er habe zu keinem Zeitpunkt während seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung bewußt die Unwahrheit gesagt. Zu Beginn seiner Vernehmung, als die Anklagebank noch leer gewesen sei und er auf einen im Zuhörerraum des Sitzungssaales sitzenden Mann gedeutet habe, sei er sicher gewesen, in diesem Mann jemanden aus Czechowitz wiedererkannt zu haben.
Bei seiner anschließenden Aussage zu den Lichtbildern habe er die volle Wahrheit gesagt. Er sei überzeugt gewesen, auf einem Bild den Lagerführer aus dem Lager Czechowitz wiedererkannt zu haben. Ob seine Aussage nach so langer Zeit richtig sei, könne er nicht sagen. Er habe während seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung unter einer gewissen Beklemmung gelitten, er sei jedoch zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner Form bedroht oder zu einer bestimmten Aussage veranlaßt worden. Er habe nach seiner Rückkehr ans Deutschland mit dem Zeuge Unikowski telefoniert. Dabei habe ihm dieser gesagt, er habe in Aschaffenburg einen Zusammenbruch erlitten und sei ins Krankenhaus gekommen. Von irgendwelchen Bedrohungen habe Unikowski ihm nichts gesagt. Er selbst habe gegenüber Unikowski auch nichts von Drohungen oder gar Morddrohungen erwähnt, er sei ja auch gar nicht bedroht worden.
Der Zeuge Unikowski, der in Tel Aviv, zweimal vernommen wurde, nachdem die 1. Vernehmung wegen eines Schwächeanfalls des Zeugen abgebrochen werden mußte, hat folgendes ausgesagt:
Alles, was er am 1. Tag seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung gesagt habe, entspreche der Wahrheit, Am 2. Tag seiner Vernehmung habe er teilweise bewußt die Unwahrheit gesagt. Dies gelte für den Teil seiner Aussage, in dem er zu bestimmten Lichtbildern und zur Person des Angeklagten Olejak gesagt habe, er erkenne den Mann auf den Lichtbildern und den Angeklagten Olejak aus Czechowitz wieder. Richtig sei, daß er weder den Mann auf den Bildern noch den Angeklagten Olejak aus Czechowitz kenne. Zu der wahrheitswidrigen Aussage am 2. Tag seiner Vernehmung sei es folgendermaßen gekommen: In der Pause des 1. Vernehmungstages habe ihn ein Mann, den er nicht gekannt habe und der in Begleitung zweier anderer Männer gewesen sei, auf dem Flur des Gerichtsgebäudes vor dem Sitzungssaal mit mörderischen Blicken angesehen. Deshalb sei er zusammengebrochen und ins Krankenhaus eingeliefert worden. Während er in einem Krankenzimmer gelegen habe und wegen der eingenommenen Medikamente benebelt gewesen sei, seien zwei Männer in das Zimmer gekommen und hätten ihn drohend angestarrt. Wer das gewesen sei, wisse er nicht. Aus Angst vor weiteren Bedrohungen habe er auf eine möglichst rasche Entlassung aus dem Krankenhaus gedrängt.
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Am nächsten Tag sei in seinem Hotel in Frankfurt angerufen worden. Der Anrufer, eine männliche Person, habe dabei zu ihm gesagt, wenn er den älteren Mann, der sich auf dem Flur um ihn herumgedreht und ihn angestarrt habe, nicht als den 2. Lagerführer des Lagers Czechowitz erkenne, werde es ihm noch schlimmer als in Auschwitz ergehen.
Im Gerichtssaal sei es ihm dann leicht gewesen, den einen Angeklagten als einen Mann aus Czechowitz zu identifizieren. Das Bild dieses Mannes habe er am 2. Tag seiner Vernehmung so identifiziert, daß er sich die Bilder angesehen und sich einfach bemüht habe, jemanden zu finden, der so ausgesehen habe wie dieser Mann, nur 30 Jahre jünger.
Nach seiner Rückkehr nach Israel habe er die ganze Angelegenheit von sich aus dem Polizeibeamten Edelsberg erzählt. Dabei seien ihm von Edelsberg keine Lichtbilder gezeigt worden. Dies sei auch nicht vor seiner Abreise zur Hauptverhandlung der Fall gewesen. Es sei nicht richtig, daß er während seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung von irgendwelchen Personen aus dem Gerichtsgebäude mitgenommen worden sei, er habe so etwas auch nicht dem Polizeibeamten Edelsberg erzählt.
Außer Edelsberg habe er von dieser Sache gegenüber niemandem irgendwelche Andeutungen gemacht, auch nicht gegenüber seiner Ehefrau, dem Dolmetscher oder dem Zeugen Goldberg. Mit Goldberg habe er zwar gesprochen, dieser habe ihm dabei von Morddrohungen gegen sich selbst erzählt. Er selbst habe von den gegen ihn gerichteten Drohungen aber nichts erwähnt.
Bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung sei er sich der entlastenden Bedeutung seiner Aussage für den Angeklagten Olejak nicht bewußt gewesen. Erst am 3.5.1978 habe er bei einer Gedenkfeier von ehemaligen Häftlingen des Lagers Jaworzno von der möglichen Bedeutung seiner Aussage für den Angeklagten Olejak erfahren. Diese Mithäftlinge hätten ihn der Lüge beschuldigt und ihm Vorwürfe gemacht, mit seiner Aussage sei er daran schuld, daß Olejak freigelassen worden sei und später auch freigesprochen werde.
Er habe diesen Mithäftlingen gegenüber nichts davon gesagt, daß er zu seiner für den Angeklagten Olejak günstigen Aussage durch Drohungen veranlaßt worden sei. Diese Vorwürfe seien jedoch nicht der Grund für den Widerruf seiner Aussage in der Hauptverhandlung gewesen. Er habe auch Edelsberg schon vor dem 3.5.1978 von den ganzen Sachverhalten unterrichtet gehabt.
Zur Aussage des Zeugen Goldberg ist zu bemerken, daß aufgrund der Aussage dieses Zeugen vor dem Amtsgericht in Tel Aviv davon auszugeben ist, daß er seine Angaben in der Hauptverhandlung entsprechend seiner eigenen Erinnerung nach bestem Wissen und Gewissen gemacht hat. Die Aussage dieses Zeugen spricht insgesamt für die Einlassung des Angeklagten Olejak. Die Kammer hält die Aussage des Zeugen Goldberg zu den Lichtbildern auch deshalb für wichtig, weil er als einer der wenigen Zeugen auch die Lichtbilder, die den Oberscharführer Knoblich darstellen, als die eines SS. Mannes aus dem Lager Czechowitz wiedererkannt hat.
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Hinsichtlich des Zeugen Unikowski hält die Kammer dessen Aussage vor dem Amtsgericht in Tel Aviv, er habe zu Lichtbildern des Angeklagten Olejak und dessen Person unter dem Eindruck von Drohungen bewußt die Unwahrheit gesagt, nicht für glaubhaft. Die Kammer ist vielmehr der Überzeugung, daß der Zeuge Unikowski bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung entsprechend seiner Erinnerung und Überzeugung ausgesagt hat. Die Kammer ist weiter der Überzeugung, daß der Zeuge Unikowski den Teil seiner Aussage zu den Lichtbildern und zur Person des Angeklagten Olejak nur deswegen widerrufen bat, weil er sich später durch die Vorwürfe von Mithäftlingen aus dem Lager Jaworzno über deren entlastenden Bedeutung bewußt wurde.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Angaben, die der Zeuge zu den Bildern des Angeklagten Olejak gemacht bat, nach der Ausdrücklichen Aussage des Zeugen von dem Widerruf nicht betroffen werden. Denn insoweit hat Unikowski erklärt, am 1. Tag seiner Vernehmung sei er nicht bedroht gewesen und habe deshalb die Wahrheit gesagt. Die Angaben zu den Bildern hat der Zeuge aber, wie ausgeführt, schon am 1. Tag seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung gemacht.
Gegen die Glaubwürdigkeit der Aussage des Zeugen vor dem Amtsgericht in Tel Aviv spricht in 1. Linie die Tatsache, daß er erst am 2. Tag seiner Vernehmung den Angeklagten Olejak ausdrücklich des Mordes an seinem Neffen bezichtigt hat. Wenn der Zeuge Unikowski meint, er habe den 2. Lagerführer schon am 1. Tag seiner Vernehmung mit dieser Tat belastet, so ist dies nicht richtig. Am 1. Tag sprach der Zeuge nämlich nur davon, sein Neffe sei auf dem Evakuierungsmarsch erschossen worden. Einen Täter hat er zu diesem Zeitpunkt noch nicht genannt. Es ist kaum verständlich und zu erklären, daß ein Zeuge, der von dritten Personen mittels Drohungen für sein eigenes Leben zu einer für einen Angeklagten günstigen Aussage genötigt worden sein will, dann diesen Angeklagten noch mit einem Mord belastet.
Ein erhebliches Indiz dafür, daß die Aussage des Zeugen Unikowski hinsichtlich seines Widerrufs nachträglich konstruiert worden ist, ist auch die Erklärung, die der Zeuge Unikowski auf die Frage, wie er denn die Bilder des Angeklagten Olejak erkannt haben will, gegeben hat. Hierzu hat Unikowski erklärt, er habe sich am 2. Tag seiner Vernehmung einfach den Mann, den er Aufgrund der Drohungen als Lagerführer von Czechowitz habe identifizieren sollen, 30 Jahre jünger vorgestellt und so die Lichtbilder des Angeklagten Olejak herausgefunden. Richtig ist jedoch, wie bereits erwähnt, daß der Zeuge Unikowski schon zu Beginn seiner Vernehmung am 1. Tag diese Angaben gemacht hat, zu einem Zeitpunkt also, zu dem er nach seinen eigenen Angaben weder bedroht noch auf den Angeklagten Olejak aufmerksam gemacht worden war. Die von dem Zeugen Unikowski für das Erkennen der Bilder des Angeklagten Olejak gegebene Erklärung ist deshalb aus zwei Gründen falsch. Weder hat er die Angaben unter Drohungen gemacht, noch konnte er zu diesem Zeitpunkt von der Person des Angeklagten Olejak auf die Bilder schließen. Denn der Zeuge war, als er die Bilder vorgelegt bekam,
nach seiner eigenen Aussage auf den Angeklagten noch gar nicht aufmerksam gemacht worden.
Weiter sprechen auch die erheblichen Widersprüche in den Aussagen der Zeugen Unikowski und Edelsberg über die Art und Weise, wie der Zeuge Unikowski angeblich bedroht worden ist, gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen Unikowski in diesem Punkt. Auch zur Aussage des Zeugen Goldberg steht die Aussage des Zeugen Unikowski in Widerspruch. Während Unikowski erklärt hat, Goldberg habe ihm von Morddrohungen gegen seine Person während seines Aufenthalts in Aschaffenburg erzählt, hat der Zeuge Goldberg dies, wie bereits ausgeführt, ausdrücklich verneint.
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Insgesamt ist die Kammer daher der Meinung, daß der Zeuge Unikowski bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung sowohl am 1. als auch am 2. Tag entsprechend seiner eigenen Erinnerung und nicht unter dem Einfluß von irgendwelchen Drohungen ausgesagt hat. Da der Zeuge sowohl zu Lichtbildern, die den Angeklagten Olejak darstellen, als auch zur Person den Angeklagten Olejak ausgesagt bat, dieser Mann sei in Czechowitz gewesen, sieht die Kammer die Aussage des Zeugen als weiteres Indiz für die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten Olejak an.
Die Kammer sieht die Aussage des Zeugen Unikowski nicht als geeignet an, die Einlassung des Angeklagten Olejak, ihm sei in Czechowitz nicht bekannt gewesen, daß von Häftlingen Schnaps gebrannt worden sei, zu widerlegen.
Der Zeuge Unikowski hat hierzu bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung ausgesagt, er sei zunächst wie die anderen Häftlinge auf dem Gelände der Raffinerie zu Arbeiten eingesetzt worden. Zu einem späteren Zeitpunkt im September 1944 sei er dann auf Veranlassung des Lagerältesten im Lager geblieben und habe geholfen, Schnaps zu brennen. Die entsprechende Anlage habe in dem abgeteilten Raum des Lagerältesten auf der rechten Seite des Stallgebäudes gestanden. Seine Weisungen habe er immer nur von dem Lagerältesten bekommen, nicht von SS. Leuten. Insgesamt seien 4 Häftlinge damit befaßt gewesen, Schnaps zu brennen. Meistens sei nur nachts gearbeitet worden, warum wisse er nicht. Der fertige Schnaps sei an die SS. Leute abgeliefert worden Er habe gehört, daß diese auch damit gehandelt hätten.
Im November 1944 sei die Anlage demontiert und nach etwa 5 Tagen wieder aufgebaut worden. Der Abbau der Anlage habe in Zusammenhang mit der Ablösung des alten Lagerführers und der Ankunft des 2. Lagerführers gestanden. Im Lager sei bis wenige Tage vor Beginn des Evakuierungsmarsches Schnaps gebrannt worden.
Bei seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht in Tel Aviv hat der Zeuge Unikowski ausgesagt, nicht nur der 1. Lagerführer, sondern auch der 2. Lagerführer sei mehrmals in der Woche in den Raum gekommen, wo die Anlage zum Schnapsbrennen gestanden habe. Bei der Ablösung sei ein Appell durchgeführt worden und anschließend seien der alte und der neue Lagerführer in die Brennerei gekommen. Da der Angeklagte Olejak behauptet, nichts von dem Brennen des Schnapses im Lager Czechowitz gewußt zu haben, könne er schon aus diesem Grund nicht der 2. Lagerführer in Czechowitz gewesen sein.
Die Kammer hält die Aussage des Zeugen Unikowski, daß auch der 2. Lagerführer immer in die Schnapsbrennerei gekommen sei, nicht für glaubwürdig. Zum einen ist die Aussage des Zeugen Unikowski schon in sich widersprüchlich. So hat der Zeuge einmal ausgesagt, aus Anlaß des Wechsels in der Lagerführung sei die Anlage demontiert worden. Später hat der Zeuge dann bekundet, am Tage der Ablösung seien der alte und der neue Lagerführer in die Brennerei gekommen. Zum anderen hat die Kammer an der Glaubwürdigkeit der Aussage des Zeugen Unikowski vor dem Amtsgerichts Tel Aviv, was die Person des neuen Lagerführers und die Person des Angeklagten Olejak betrifft, aus den bereits dargelegten Gründen grundsätzliche Zweifel. Schließlich steht die Aussage des Zeugen Unikowski insoweit auch in Widerspruch zur Aussage des Zeugen Kraschewski. Dieser hat ausgesagt, das Schnapsbrennen sei nicht von dem Lagerführer, sondern nur von dem 2. SS. Mann im Lager und von Häftlingen durchgeführt worden. Auf die Aussage des Zeugen Silberstein, der Lagerführer habe davon nichts gewußt, wurde bereits hingewiesen.
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8. Zu den Aussagen der anderen Zeugen, die bei der Wachmannschaft des Lagers Czechowitz oder als Häftlinge in diesem Lager waren, ist folgendes auszuführen:
Der Zeuge Walloschek, Mitglied der Wachmannschaft des Lagers Czechowitz kannte sich außer an Repke an keine weiteren SS. Leute in Czechowitz erinnern.
Der Zeuge Mosche Silberstein hat ausgesagt, der 2. Lagerführer sei ein großer, blonder, stattlicher Mann im Alter von 32 - 35 Jahren und im Range eines Oberscharführers gewesen. Dieser SS. Mann sei kurz vor Weihnachten 1944 nach Czechowitz gekommen. Zur Person des 1. Lagerführers könne er keine Angaben machen.
Weiter hat der Zeuge bekundet, er habe von der Israel-Polizei erfahren, daß sich einer der Angeklagten gegen Verbrechen, die er in einem anderen Lager begangen haben soll, damit verteidige, daß er zur Fraglichen Zeit als Lagerführer im Lager Czechowitz gewesen sei.
Die Kammer hält die Beschreibung, die der Zeuge Silberstein von der Person des 2. Lagerführers gegeben hat, unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen Repke nicht für glaubhaft. Die Kammer ist der Überzeugung, daß sich der Zeuge Repke an die Person des 2. Lagerführers, mit dem er Stube an Stube gewohnt hat, besser erinnert hat, als der Zeuge Silberstein. Die Kammer geht deshalb davon aus, daß der 2. Lagerführer in Czechowitz nicht ein großer, blonder Oberscharführer, sondern ein kleiner dunkler Unterscharführer gewesen ist. Möglicherweise meint der Zeuge Silberstein mit dem von ihm beschriebenen Oberscharführer den 1. Lagerführer Knoblich, der ja, wie erwähnt, Oberscharführer war.
Der Zeuge Waag konnte nur aussagen, daß in der Führung des Lagers kurz vor der Evakuierung ein Wechsel eingetreten ist. Nähere Angaben konnte er zu keinem der beiden Lagerführer machen.
Der Zeuge Gruenfeld, dessen Aussage vom 29.11.1976 vor der Israel-Polizei in der Hauptverhandlung verlesen wurde, da der Zeuge zwischenzeitlich verstorben ist, hat dabei ausgesagt, die SS. Leute seien außerhalb des Lagers untergebracht gewesen. An das Aussehen der SS. Leute würde er sich bei Vorlage von Lichtbildern erinnern, da er ein sehr gutes Personengedächtnis habe.
Nach Vorlage des Bildbandes erklärte der Zeuge Gruenfeld dann weiter, von den darin abgebildeten Leuten sei keiner dabei, der in Czechowitz gewesen sei. Dies vermöge er mit Sicherheit zu sagen. Dies gelte auch für die auf den Lichtbildern 17, 18 und 19 (Angeklagter Olejak) abgebildete Person. Auch das könne er mit Sicherheit sagen.
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Hierzu ist zu bemerken, daß sich aus der Aussage des Zeugen nicht ergibt, wie gut seine Erinnerung an die im Lager Czechowitz eingesetzten SS.Leute zum Zeitpunkt der Vernehmung tatsächlich gewesen ist. So hat der Zeuge von sich aus zur Person des Lagerführers und zu der Frage, ob in dieser Funktion ein Wechsel eingetreten ist und zu der weiteren Frage , wieviele SS.Leute überhaupt in Czechowitz waren, keinerlei Angaben gemacht. Nach dem Inhalt der Niederschrift ist er danach auch nicht gefragt worden. Die Kammer kann deshalb der Aussage dieses Zeugen keine besondere Bedeutung beimessen und sieht sie nicht als geeignet an, die Einlassung des Angeklagten Olejak zu widerlegen.
Der Zeuge Rubinstein, dessen Aussage vom 18.7.1977 vor der Staatsanwaltschaft Würzburg verlesen wurde, da er zwischenzeitlich aus Gesundheitsgründen nicht mehr vernehmungsfähig ist, hat ausgesagt, er erinnere sich nur daran, daß es in Czechowitz nacheinander 2 Lagerführer gegeben habe. Der 1. sei etwa 30 Jahre alt gewesen und habe dunkle Haare gehabt. Der 2. Lagerführer sei etwa 25 - 30 Jahre alt und blond gewesen.
Bei Vorlage des Bildbandes erklärte der Zeuge zu Bild 12 (Bild des Lagerführers von Jaworzno Bruno Pfütze), dieser könne der 2. Lagerführer in Czechowitz gewesen sein, er habe so ähnlich ausgesehen. Sonst komme ihm keine Person bekannt vor. Auch die ausdrückliche Frage des vernehmenden Staatsanwaltes, ob der 2. Lagerführer so ausgesehen habe wie die auf Bild 18 (Angeklagter Olejak) abgebildete Person, meinte der Zeuge dann, diese Person könne der 1. Lagerführer in Czechowitz gewesen sein. Der 2. Lagerführer habe anders, nämlich wie der auf Bild 12 abgebildete Mann, ausgesehen.
Zn diesem Zeugen ist zu bemerken, daß er von den beiden Personen, die als Lagerführer in Czechowitz waren, zum Zeitpunkt der Vernehmung keine sichere Vorstellung mehr hatte. Dies ergibt sich daraus, daß er den 2. Lagerführer mit einem Bild des SS. Mannes Pfütze, von dem feststeht, daß er niemals in Czechowitz war, in Verbindung gebracht hat. Im Übrigen hat der Zeuge Rubinstein nicht verneint, daß die auf Bild 18 (Angeklagter Olejak) abgebildete Person in Czechowitz war. Er meinte vielmehr, so könne der 1. Lagerführer ausgesehen haben. Besonders Gewicht mißt die Kammer dieser Aussage jedoch nicht bei.
III.
Weitere Anhaltspunkte dafür, daß die Einlassung des Angeklagten Olejak über seinen Aufenthalt im Lager Czechowitz richtig ist, sieht die Kammer in den Aussagen der Zeuginnen Rudolfine Hassel, Rosa Zdunek, Sabine Becks, Franziska Wasserthal, Marianne Konjor und Gisela Konjor.
Die Zeugin Hassel, eine jüngere Schwester der verstorbenen Frau des Angeklagten Olejak, hat bei ihren Vernehmungen in der Hauptverhandlung bekundet, sie sei im Januar 1945 zusammen mit ihrem Vater und ihrer Schwester Else, der Ehefrau des Angeklagten Olejak vor den herannahenden russischen Truppen aus Schakowa geflüchtet. Ihre anderen Angehörigen hätten Schakowa schon einige Tage vorher verlassen. Am Nachmittag des Tages der Flucht sei ihre Schwester in das Geschäft gekommen, wo sie selbst gearbeitet habe und habe sie abgeholt. Zu Hause hätten sie das Nötigste zusammengepackt und seien dann mit einem LKW der Zementfabrik, in der ihre Schwester als Telefonistin gearbeitet habe, nach Kattowitz gefahren.
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Mit dem Zug seien sie dann weiter nach Czechowitz gefahren, wo sie ihre Schwester zu der Unterkunft des Angeklagten Olejak geführt habe. In Czechowitz seien sie am späten Abend angekommen. Sie hätten dann in den Unterkunftsräumen ihres Schwagers übernachtet und seien am nächsten Morgen von Czechowitz aus nach Saybusch weiter gefahren. Am Bahnhof in Saybusch hätten sie den ihnen bekannten Leiter des Bahnhofs, einen Herrn Seidel getroffen, der ihnen noch einen Platz in einem abfahrenden Zug verschafft habe. Herrn Seidel hätten sie bei dieser Gelegenheit erzählt, daß sie Herrn Olejak in Czechowitz besucht hätten.
Ihrer Erinnerung nach seien sie am Abend des 19.1.1945 in Czechowitz gewesen. Sicher wisse sie noch, daß an ihrem Geburtstag am 25. Januar die Flucht in den Westen noch nicht abgeschlossen gewesen sei.
Die Kammer ist der Meinung, daß allein aus der Tatsache, daß die Zeugin meint, der Besuch bei dem Angeklagten Olejak in Czechowitz sei am 19.1.1945 gewesen, was nach den übrigen Feststellungen der Beweisaufnahme nicht richtig sein kann, nicht geschlossen werden kann, daß die gesamte Aussage der Zeugin Hassel falsch ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Zeugin im Januar 1945 erst 16 Jahre alt war und daß bis zur 1. Aussage der Zeugin in dieser Sache im August 1976 im Rahmen des Ermittlungsverfahrens mehr als 31 Jahre vergangen waren. Außerdem steht der Zeugin zur Stützung ihrer Datumsangabe außer ihrer eigenen Erinnerung kein besonderer Anhaltspunkt, wie etwa ein genau festlegbares anderes Ereignis, von dem aus sie rechnen könnte, zur Verfügung. Soweit sie in diesem Zusammenhang ihren Geburtstag erwähnt, kann hieraus auf das mögliche Datum des behaupteten Besuchs bei dem Angeklagten Olejak keine Schlußfolgerung gezogen werden, da die Zeugin nicht angeben konnte, wie viele Tage vor ihrem Geburtstag sie in Czechowitz gewesen ist.
Im Rahmen der Würdigung der Aussage der Zeugin Hassel ist auch auf die Aussage der Zeugin Sabine Becks hinzuweisen. Frau Becks, eine Tochter des bereits erwähnten Leiters des Bahnhofs in Saybusch namens Seidel, hat bekundet, sie habe von ihrem Vater gehört, die Angehörigen des Angeklagten Olejak seien bei ihm auf dem Bahnhof in Saybusch gewesen. Durch diese Aussage, an deren Richtigkeit die Kammer keinen Zweifel hat, wird bestätigt, daß Frau Hassel mit ihren Angehörigen bei ihrer Flucht über Saybusch gefahren ist. Aus der bei den Akten befindlichen Landkarte von Oberschlesien wurde auch festgestellt, daß die Bahnstrecke von Kattowitz nach Saybusch über Czechowitz führt.
Die Zeugin Hassel hat weiter ausgesagt, der Angeklagte Olejak sei im Dezember 1944 nur einmal in Schakowa gewesen und zwar anläßlich der Hochzeit einer Freundin ihrer Schwester Else. Ihrer Erinnerung nach sei der Angeklagte an Weihnachten 1944 und auch beim folgenden Jahreswechsel nicht in Schakowa gewesen, auch nicht am Geburtstag Ihrer Mutter am 28. Dezember. Ihre Schwester Else sei an jedem oder jedem zweiten Wochenende zu ihrem Mann, dem Angeklagten Olejak gefahren. Sie sei samstags weggefahren und sonntags wieder nach Hause gekommen. Auch unmittelbar vor ihrer Flucht im Januar 1945 sei der Angeklagte Olejak nicht nach Schakowa gekommen und er habe auch zu diesem Zeitpunkt keinen Kontakt mit seiner Ehefrau gehabt.
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Die Kammer hat an der Richtigkeit der Aussage der Zeugin Hassel keinen Zweifel, obwohl es sich bei dieser Zeugin um eine Schwägerin des Angeklagten Olejak handelt. Die Zeugin hat ihre Aussage, soweit sie sich erinnern konnte, sicher und bestimmt gemacht.
Die gesamte Aussage der Zeugin Hassel ist nach Meinung der Kammer ein weiteres Indiz dafür, daß der Angeklagte Olejak Ende 1944 und im Januar 1945 nicht in Jaworzno, sondern in dem wesentlich weiter von Schakowa entfernt liegenden Czechowitz stationiert war. Die Kammer hält es für höchst unwahrscheinlich und lebensfremd, daß der Angeklagte Olejak seine Ehefrau, die er erst im September 1944 geheiratet hat, über Weihnachten 1944 oder den Jahreswechsel 1944/1945 nicht in Schakowa besucht hätte, wenn er in dem nur 3,6 km entfernten Jaworzno stationiert gewesen wäre. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es zu den Aufgaben des Angeklagten Olejak, wenn er Rapportführer in Jaworzno gewesen wäre, gehört hätte, den Dienstplan für die Angehörigen der Lagerkommandantur aufzustellen. Nach Meinung der Kammer wäre es für den Angeklagten Olejak als Rapportführer ein leichtes gewesen, die Dienstpläne so zu gestalten, daß er selbst hin und wieder Zeit für einen Besuch bei seiner nur wenige Kilometer entfernt wohnenden Ehefrau und deren Angehörigen gehabt hätte. Daß nicht er seine Ehefrau, sondern diese ihn besucht hat und daß sie dabei auch über Nacht geblieben ist, spricht deshalb dafür, daß der Angeklagte Olejak nicht in den nahen Jaworzno, sondern in dem weiter entfernt liegenden Czechowitz stationiert war.
Die Kammer ist auch der Überzeugung, daß der Angeklagte Olejak seine Ehefrau und deren Angehörigen bei der Vorbereitung und Durchführung der Flucht in den Westen geholfen hätte, wenn er zu dieser Zeit in Jaworzno stationiert gewesen wäre. Dies hat zum Beispiel die Zeugin Wasserthal, auf deren weitere Aussage noch näher eingegangen wird, von ihrem Schwager Witowski, dem Leiter der politischen Abteilung des Lagers Jaworzno, berichtet. Daß Olejak nach der Aussage der Zeugin Hassel keinerlei Hilfeleistung bei Antritt der Flucht geleistet hat, spricht deshalb ebenfalls dafür, daß Olejak sich im Januar 1945 nicht in der unmittelbaren Nähe von Schakowa aufgehalten hat.
2. Auch die Aussage der Zeugin Rosa Zdunek spricht für die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten Olejak. Die Zeugin, eine Schwester des Angeklagten Olejak, bat ausgesagt, sie sei während des Krieges als Schwesternhelferin in der Nähe von Posen und Ende 1944 in Breslau eingesetzt gewesen. Mit ihrem Bruder habe sie während des Krieges in Briefverkehr gestanden. Den letzten Brief von ihm habe sie etwa 14 Tage nach seiner Hochzeit aus Blechhammer bekommen. Anfang Dezember 1944 habe sie von ihrer Mutter einen Brief erhalten, in dem diese ihr mitgeteilt habe, ihr Bruder sei nach Czechowitz versetzt worden. Diesen Brief habe sie erst 2 Jahre vor ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung vernichtet.
Zu der Aussage der Zeugin ist zu bemerken, daß ihre Angabe, Olejak habe ihr 14 Tage nach seiner Hochzeit noch aus Blechhammer geschrieben, nachdem von der Kammer über die Dauer des Aufenthaltes des Angeklagten Olejak in Blechhammer gemachten Feststellungen richtig sein kann.
3. Nicht unwesentliche Bedeutung kommt nach Meinung der Kammer der Aussage der Zeugin Franziska Wasserthal zu.
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Diese Zeugin war eine Jugendfreundin der Ehefrau des Angeklagten Olejak. Sie hat ausgesagt, im Spätherbst 1944 habe sie Frau Olejak getroffen und eingeladen. Frau Olejak habe ihr erklärt, sie habe keine Zeit, sie wolle an dem betreffenden Wochenende ihren Mann besuchen, der irgendwo in die Beskiden versetzt worden sei. Dabei wolle sie auch ihre Schwiegereltern aufsuchen.
Den Namen des Ortes, wohin Frau Olejak fahren wollte, konnte die Zeugin nicht nennen. Sie meinte aber, Frau Olejak habe gesagt, sie müsse bis Bielitz fahren, der Standort ihres Mannes liege in der Nähe dieser Stadt.
Die Kammer hat keinen Zweifel daran, daß die Aussage der Zeugin Franziska Wasserthal richtig ist. Unter Berücksichtigung der geographischen Lage der drei möglichen Stationierungsorte des Angeklagten Olejak im fraglichen Zeitraum, nämlich Jaworzno, Blechhammer und Czechowitz, kann nur geschlossen werden, daß sich der Angeklagte Olejak in Czechowitz aufgehalten hat. Denn von diesen 3 genannten Orten liegt nur Czechowitz in der Nähe von Bielitz und den Beskiden. Auch konnte die Ehefrau des Angeklagten ihre in der Nähe von Bielitz wohnenden Schwiegereltern gleichzeitig mit dem Angeklagten Olejak nur dann besuchen, wenn sich Olejak in Czechowitz aufgehalten hat.
Die Aussage der Zeugin Wasserthal ist nicht von vorneherein als unglaubwürdig anzusehen, weil der Angeklagte Olejak sich dahingehend eingelassen hat, seine Ehefrau habe seine Eltern anlässlich ihrer Besuche in Czechowitz nicht besucht.
Es erscheint durchaus möglich, daß Frau Olejak ihre ursprüngliche Absicht, die Schwiegereltern zu besuchen, während ihres Aufenthaltes in Czechowitz aufgegeben hat.
4. Schließlich sind hier nach die Aussagen der Geschwister Marianne und Gisela Konjor zu erwähnen, die diese bei ihrer Vernehmung durch den zuständigen Richter in Polen gemacht haben.
Beide Schwestern habe übereinstimmend bekundet, ihr zwischenzeitlich verstorbener Bruder Jan Konjor habe ihnen erzählt, Hans Olejak habe ihm in der Raffinerie in Czechowitz aus einer misslichen Lage geholfen, als er eines Diebstahls bezichtigt worden sei.
Aus diesen Aussagen der Geschwister Konjor kann zwar nur geschlossen werden, daß sich der Angeklagte Olejak an dem betreffenden Tag in der Raffinerie in Czechowitz aufgehalten hat. Sie stellen jedoch ein Indiz dafür dar, daß der Angeklagte Olejak bei den verantwortlichen Leuten der Raffinerie einen nicht unerheblichen Einfluß gehabt haben muß.
Soweit die Zeuginnen als Datum für dieses von ihrem Bruder ihnen mitgeteilte Ereignis den Herbst bzw. Spätherbst 1944 angegeben haben, muß auch hier vermerkt werden, daß an solche Zeitangaben von Zeugen, die keine konkreten Anknüpfungspunkte haben, nach über 30 Jahren keine allzu strengen Anforderungen gestellt worden können.
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Die Hauptverhandlung hat keine Anhaltspunkte dahin erbracht, daß die in Polen lebenden Geschwister nur um dem in der Bundesrepublik wohnenden Angeklagten Olejak einen Gefallen zu erweisen, eine bewußt wahrheitswidrige Aussage gemacht haben.
G) Bei Abwägung mit dem unter D, E und F dargelegten Ergebnis der Beweisaufnahme hält die Kammer die Aussagen der Zeugen, die als Häftlinge im Lager Jaworzno inhaftiert waren und den Angeklagten Olejak im Sommer 1944, im Herbst 1944, im Dezember 1944 und bei der Evakuierung im Januar 1945 gesehen haben wollen, nicht für zutreffend.
I. In diesem Abschnitt sind die Aussagen der Zeugen zusammengefaßt, die vor Frühjahr 1944 in das Lager Jaworzno gekommen sind. Diese Zeugen können, wie bereits ausgeführt, den Angeklagten Olejak noch von dessen Aufenthalt von Juli 1943 bis Frühjahr 1944 in Jaworzno her kennen.
1. Der Zeuge Zejer, der, wie bereits ausgeführt, von Juli 1943 bis zur Auflösung des Lagers Jaworzno als Rapportschreiber eingesetzt war, hat bei seiner Vernehmung durch den zuständigen polnischen Richter ausgesagt, er habe den Angeklagten Olejak schon 1942 im Lager Birkenau kennengelernt. Als er selbst im Juli 1943 nach Jaworzno gekommen sei, sei Olejak dort schon als Rapportführer eingesetzt gewesen. In dieser Funktion sei Olejak bis Sommer 1944 tätig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei er von dem Unterscharführer Hablesreiter als Rapportführer abgelöst worden. Olejak sei weiter in Jaworzno geblieben und sei in der Folgezeit als Blockführer tätig gewesen. Seiner Erinnerung nach sei Hablesreiter bis Ende der Lagerzeit Rapportführer geblieben.
Er habe Olejak auch nach dessen Ablösung im Lager noch gesehen, dienstlich habe er mit ihm dann nichts mehr zu tun gehabt. Olejak sei bestimmt im Dezember 1944 in Jaworzno gewesen. Dies wisse er deshalb genau, weil in diesem Monat eine größere Zahl von Häftlingen nach einem gescheiterten Fluchtversuch gehängt worden sei. Bei dieser Hängung sei Olejak dabei gewesen. Seiner Erinnerung nach sei Olejak auch auf dem Evakuierungsmarsch dabei gewesen.
2. Der Zeuge Wiktor Pasikowski, der sich von Juni 1943 bis zu seiner Flucht aus Jaworzno am 29.11.1944 dort aufgehalten hat, gehörte zu den Häftlingen, die aufgrund ihrer Funktion im Lager - er war dem Lagerführer und dem Lagerältesten zur persönlichen Dienstleistung zugeteilt - persönlichen Kontakt zu den Angehörigen der SS. Lagerkommandantur hatte.
Pasikowski hat bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung ausgesagt, Olejak sei bis zu seiner Flucht am 29.11.1944 ununterbrochen in Jaworzno gewesen.
Bei Beginn des Evakuierungsmarsches habe er, Pasikowski, sich als Mitglied einer polnischen Widerstandsbewegung in der Nähe des Lagers Jaworzno aufgehalten. Von da aus habe er den Angeklagten Olejak unter den SS. Leuten gesehen, jedenfalls seine Stimme gehört.
3. Der Zeuge Smigielski, der von der Errichtung des Lagers im Juni 1943 an bis zu seiner Flucht im November 1944 als Kapo in der Bekleidungskammer tätig war, hat bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung ausgesagt, Olejak sei immer im Lager Jaworzno gewesen, solange er selbst dort gewesen sei. Allenfalls sei er für kürzere Zeit auf Urlaub von Jaworzno abwesend gewesen.
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In dieser Zeit sei er von Hablesreiter vertreten worden. Nach Vorhalt einer Vernehmung vom 7.5. 1972, in der es heißt, nach Olejak habe der SS. Unterscharführer Hablesreiter die Funktion des Rapportführers übernommen, erklärte der Zeuge Smigielski, früher habe er in diesem Punkt keine Sicherheit gehabt. Im Mai 1978 habe er mit dem Rapportschreiber des Lagers Jaworzno, dem Zeugen Zejer gesprochen. Dieser habe ihn von der ständigen Anwesenheit des Angeklagten Olejak in Jaworzno überzeugt. Für Zejer sei diese Frage nicht umstritten gewesen. Dieser müsse es auch im besten wissen, da er in seiner Stellung praktisch täglich mit dem Rapportführer zu tun gehabt habe. Er selbst sei sich heute auch sicher, daß Olejak bis zu seiner eigenen Flucht ohne größere Unterbrechungen immer im Lager gewesen sei. In seiner Erinnerung gehöre Olejak zum Bild des Lagers Jaworzno. Da er diesbezüglich keine Besonderheiten in Erinnerung habe, nehme er an, daß Olejak immer dagewesen sei. Der Rapportführer sei nach dem Lagerführer der wichtigste Mann für die Häftlinge im Lager gewesen. Wenn der Rapportführer Olejak aus Jaworzno verschwunden wäre, hätte dies für die Häftlinge ein erhebliches Ereignis dargestellt. Dies wäre ihm bestimmt im Gedächtnis geblieben.
Zu seiner Flucht am 29.11.1944 erklärte der Zeuge Smigielski, er sei zusammen mit Pasikowski aus dem Lager geflohen. Die Flucht sei mit einer Lokomotive erfolgt, die von dem dafür eingesetzten polnischen Lokomotivführer gefahren worden sei. Mit Pasikowski, der keiner Widerstandsbewegung angehört habe, sei er bis zum 19.1.1945 in einem Dorf bei Krakau zusammen gewesen. Bis zu dieser Zeit seien sie nicht mehr in die Nähe des Lagers nach Jaworzno zurückgekehrt.
4. Der Zeuge Antoni Sicinski war, wie bereits ausgeführt, von Anfang an im Lager Jaworzno und zunächst als Rapportschreiber, dann als Gehilfe des neuen Rapportschreibers Zejer und ab April 1944 als Verwalter der Häftlingskantine eingesetzt. Er hat ausgesagt, Olejak sei von Anfang an Rapportführer gewesen. Manchmal sei er kurz weggefahren und dann von Hablesreiter auf diesem Posten vortreten worden. Nach dem Kriege habe er gehört, daß Olejak als Rapportführer nach Blechhammer versetzt worden sei. Er habe auch gehört, Olejak sei kurz vor der Evakuierung wieder in das Lager zurückgekehrt. Er selbst habe ihn jedoch nicht gesehen. Wahrscheinlich habe er das schon damals gehört, genau könne er sich nach so langer Zeit an alle Einzelheiten nicht mehr erinnern.
5. Der Zeuge Mieczyslaw Zewski, der mehrfach in der Hauptverhandlung vernommen wurde, kam nach seiner Aussage mit dem 1. Häftlingstransport am 15.6.1943 nach Jaworzno. In der Folgezeit war er als Kapo in der Häftlingsküche und zeitweise auch als Blockältester eingesetzt.
Er hat ausgesagt, seiner Erinnerung nach sei Olejak immer Rapportführer in Jaworzno gewesen. Nur gelegentlich sei er von einem großen starken Mann, der Hablesreiter geheißen haben könne, vertreten worden. Nach der Bombardierung der Küche kurz vor Beginn des Evakuierungsmarsches habe Olejak als Rapportführer die Aufräumungsarbeiten geleitet und die entsprechenden Befehle erteilt. Auch beim Evakuierungsmarsch sei Olejak dabei gewesen.
6. Der Zeuge Dr. Paul Heller, der durch den zuständigen Konsul des Konsulates der Bundesrepublik Deutschland in Chicago in Anwesenheit der gesamten Kammer vernommen worden ist, kam nach seiner Aussage im Sommer 1943 nach Jaworzno und war bis zur Evakuierung als Häftlingsarzt im Häftlingskrankenbau tätig. Gegen Ende der Lagerzeit war er, wie bereits ausgeführt, gleichzeitig Lagerältester des HKB.
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Dr. Heller hat ausgesagt, seiner Erinnerung nach sei Olejak immer Rapportführer im Lager Jaworzno gewesen. Er sei sich aber nicht sicher, ob er beim Evakuierungsmarsch dabei gewesen sei. Olejak gehöre für ihn zusammen mit dem Lagerführer Pfütze und dem Lagerältesten Bruno Brodnewicz zum Lagerbild, das er in Erinnerung habe. Deshalb meine er, daß Olejak auch am Ende der Lagerzeit in Jaworzno gewesen sei. An ein konkretes Erlebnis mit Olejak am Ende könne er sich aber nicht erinnern, auch nicht aus seiner Zeit als Lagerältester des HKB
7. Der Zeuge Dr. Boris Braun schließlich hat ausgesagt, er sei mit dem 1. Häftlingstransport im Sommer 1943 in das Lager Jaworzno gekommen. Die meiste Zeit habe er die Funktion eines Lagerelektrikers inne gehabt und sei tagsüber im Lager eingesetzt gewesen. Von da her habe er die im Lager tätigen SS. Leute gut gekannt. Olejak sei nach dem Lagerführer Pfütze der wichtigste Mann im Lager gewesen. Seiner Erinnerung nach sei er von Anfang bis Ende als Rapportführer tätig gewesen. An ein konkretes Erlebnis mit Olejak könne er sich im Jahre 1944 jedoch nicht erinnern. Lediglich 1943 habe es einen Vorfall mit Olejak gegeben, als er die Zaunbeleuchtung nicht eingeschaltet gehabt habe. Olejak habe ihn deswegen mit einem Stuhlbein bedroht, geschlagen habe er ihn jedoch nicht.
Die Kammer hat keinen Zweifel daran, daß die erwähnten 7 Zeugen infolge ihrer hervorgehobenen Stellung im Lager, aufgrund deren sie praktisch ständig mit den Angehörigen der Lagerkommandantur persönlichen Kontakt hatten, während der Zeit des Bestehens des Lagers genau wußten, welche SS. Leute jeweils der Lagerkommandantur angehört haben, insbesondere wer jeweils Rapportführer gewesen ist. Die Tatsache, daß sich keiner dieser Zeugen von sich aus an die aufgrund von Dokumenten nachgewiesene Versetzung des Angeklagten Olejak aus dem Lager Jaworzno erinnert hat, beweist, wie auch sichere und gefestigte Wahrnehmungen allein schon durch einen längeren Zeitablauf getrübt und verändert werden können. Sie beweist auch, wie schwierig es generell für einen Menschen ist, sich an bestimmte, ursprünglich genau bekannte Einzelheiten mit Bestimmtheit zu erinnern, wenn er erst nach vielen Jahren wieder damit befaßt wird. Müßte die Kammer ihrer Entscheidung über die einzelnen Stationierungsorte des Angeklagten Olejak allein die Aussagen dieser, von allen vernommenen Zeugen damals am besten informierten Leuten, zugrunde legen, so hätte die durch zahlreiche Dokumente belegte Einlassung des Angeklagten Olejak über seinen Aufenthalt im Lager Blechhammer als bloße Schutzbehauptung angesehen werden müssen. Denn keiner dieser Zeugen hat sich von sich aus an eine längere Abwesenheit des Angeklagten Olejak erinnert.
Die Aussagen dieser Zeugen zeigen zugleich auf, welche Fehlerquellen bei den Aussagen von Zeugen im vorliegenden Verfahren bestehen.
Der Zeuge Zejer zum Beispiel knüpft seine Behauptung, Olejak sei auch Ende 1944 in Jaworzno gewesen, in erster Linie daran, daß dieser bei der Erhängung von Mithäftlingen nach einem gescheiterten Fluchtversuch dabei gewesen sei. Trotz wiederholter Vorhalte, daß diese Erhängung im Dezember 1943 und nicht, wie der Zeuge meinte, im Dezember 1944 erfolgt sei, blieb der Zeuge bei seiner Meinung.
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Der Zeuge Smigielski stützt seine Aussage über die ständige Anwesenheit des Angeklagten Olejak in erster Linie auf ein im Mai 1978, also kurz vor seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung, geführtes Gespräch mit dem Zeugen Zejer. Bis zu diesem Gespräch sei er sich in dieser Sache nicht sicher gewesen. Zejer habe ihn davon überzeugt, daß Olejak immer im Lager gewesen sei. Dieser müsse es als ehemaliger Rapportschreiber am besten wissen, da er ständig mit dem jeweiligen Rapportführer zu tun gehabt habe.
Zu dem Zeugen Pasikowski ist zu bemerken, daß dieser dadurch, daß er seine Rolle im Lager und in der polnischen Widerstandsbewegung, sei es bewußt oder unbewußt in den Vordergrund stellen wollte, in mehreren Punkten die Unwahrheit gesagt hat. Im Zusammenhang mit dieser Rolle in der polnischen Widerstandsbewegung hat der Zeuge auch seine angeblichen Kenntnisse von der Anwesenheit des Angeklagten Olejak bei Beginn des Evakuierungsmarschs bekundet. Denn er will sich als Mitglied einer Widerstandgruppe mit dem Auftrag, das Lager Jaworzno zu befreien, in der Nähe aufgehalten haben. Hierzu hat der Zeuge Smigielski ausgesagt, am 17.1.1945, also am Beginn des Evakuierungsmarsches, habe er sich zusammen mit Pasikowski in einem Dorf bei Krakau und nicht in der Nähe von Jaworzno aufgehalten. Aufgrund der Aussage des Zeugen Smigielski sieht die Kammer auch die weitere Behauptung des Zeugen Pasikowski, er habe bei der Flucht aus dem Lager Jaworzno selbst die Lokomotive geführt, als widerlegt an.
Die Kenntnisse des Zeugen Sicinski über die Versetzung des Angeklagten Olejak nach Blechhammer und seiner Rückkehr nach Jaworzno vor der Evakuierung, beruhen, wie der Zeuge selbst eingeräumt hat, im Wesentlichen auf Informationen, die er von dritter Seite nach Befreiung aus dem Lager erhalten hat.
Der Zeuge Dr. Paul Heller hat ausgesagt, er erinnere sich an keinen anderen Rapportführer in Jaworzno und gehe deshalb davon aus, daß Olejak immer als Rapportführer in Jaworzno gewesen sei. Für ihn gehöre Olejak zusammen mit Pfütze und dem Lagerältesten Bruno Brodnewicz zum Lagerbild, das er heute in Erinnerung habe. Nur so ist auch die ursprüngliche Aussage des Zeugen Dr. Heller zu erklären, Brodnewicz sei immer Lagerältester in Jaworzno gewesen. Erst nach verschiedenen Vorhalten konnte sich Dr. Heller schließlich an einen 2. Lagerältesten erinnern, der aus dem Lager geflohen sei.
Der Zeuge Zewski stützt seine von ihm behauptete Sicherheit hinsichtlich der Anwesenheit des Angeklagten Olejak im Lager kurz vor der Evakuierung darauf, daß es Olejak gewesen sei, der nach der Bombardierung der Küche die Aufräumungsarbeiten geleitet habe. Hierzu hat der Zeuge Zejer erklärt, die entsprechenden Befehle habe der SS. Unterscharführer Hablesreiter gegeben.
Der Zeuge Dr. Boris Braun schließlich hat ausgesagt, er habe nach dem Kriege viel mit anderen Mithäftlingen über die Lagerzeit gesprochen. Er könne nicht ausschließen, daß durch solche Gespräche seine Erinnerung verändert worden sei. Zu diesem Zeugen, der aus Jugoslawien angereist war, ist noch zu bemerken, daß er in Begleitung des bereits vorher in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Bulaty zu seiner Vernehmung erschienen ist. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung geht die Kammer davon aus, daß Dr. Braun auch mit Bulaty über die Lagerzeit und das hiesige Verfahren gesprochen hat.
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Diese Ausführungen zu den Aussagen der Zeugen, auf die die Kammer für die Entscheidung der Frage, ob der Angeklagte Olejak nach seiner Versetzung nach Blechhammer wieder nach Jaworzno zurückgekehrt ist, die größte Hoffnung gesetzt hatte, beweisen, wie schwierig solche Entscheidungen sind, wenn sie nur auf Aussagen solcher Zeugen gestützt werden müssen, die erst viele Jahre nach den betreffenden Ereignissen damit wieder befaßt werden.
Die Kammer sieht deshalb aus den ausgeführten Gründen die Aussagen dieser Zeugen in Verbindung mit dem unter D, E und F dargelegten Ergebnis der Beweisaufnahme nicht als geeignet an, die Einlassung des Angeklagten Olejak über seinen Einsatz im Lager Czechowitz als Schutzbehauptung erscheinen zu lassen.
8. Der Zeuge Tadeusz Usielski hat bei seiner Vernehmung durch den zuständigen polnischen Richter ausgesagt, er sei im Juli oder August 1943 nach Jaworzno gekommen. Am Anfang sei er bei Rodungsarbeiten eingesetzt worden, dann habe er in der Rudolfsgrube gearbeitet. Nach etwa einem halben Jahr sei er erkrankt und in den Häftlingskrankenbau des Lagers Monowitz verlegt worden. Nach einem Aufenthalt von 2 Monaten, in deren Verlauf er wieder genesen sei, sei er nach Jaworzno zurückgekommen. In der Folgezeit sei er zu Ordnungsarbeiten im Lager selbst eingesetzt worden.
Olejak sei von Anfang bis Ende Rapportschreiber in Jaworzno gewesen. Er habe auch den Evakuierungsmarsch mitgemacht. Er erinnere sich noch daran, daß ihm Olejak beim Weitermarsch aus dem Lager Blechhammer unter einem Bett hervorgeholt habe, wo er sich versteckt gehabt habe.
Zu diesem Zeugen ist zu bemerken, daß er sich an einen anderen Rapportführer in Jaworzno und an die Versetzung des Angeklagten Olejak aus dem Lager Jaworzno nicht erinnert hat. Soweit der Zeuge Usielski ausgesagt hat, Olejak habe ihn in Blechhammer unter einem Bett hervorgeholt, ist diese Aussage nicht glaubhaft. Denn alle anderen Zeugen, die den Evakuierungsmarsch bis Blechhammer mitgemacht haben, haben übereinstimmend bekundet, daß kein Häftling in Blechhammer gezwungen worden sei, mit den SS. Leuten aus Jaworzno weiter zu marschieren und, wie bereits ausgeführt, ist auch der größte Teil der Häftlinge in Blechhammer zurückgeblieben.
9 Der Zeuge Walerian Redyk hat in seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung ausgesagt, er sei im August 1943 nach Jaworzno gekommen und bis zur Auflösung des Lagers dort geblieben. Ein SS. Mann namens Olejak sei während der gesamten Zeit, in der er selbst in Jaworzno gewesen sei, als Blockführer dort gewesen. Rapportführer sei ein anderer SS. Mann gewesen. Dieser sei etwa 32 Jahre alt, korpulent, und mit ca. 1,75 m ziemlich groß gewesen.
Auf Vorhalt, warum er sich bei einer früheren Vernehmung nicht an den Namen Olejak erinnert habe, erklärte der Zeuge, der Name sei ihm damals nicht eingefallen. Nach dieser Vernehmung habe er einen ehemaligen Mithäftling getroffen, mit dem er über die Lagerzeit gesprochen habe. Dieser habe ihm gesagt, er habe in Jaworzno am meisten unter Olejak zu leiden gehabt. Da sei ihm der Name Olejak auch wieder eingefallen. Diesen Olejak, den er meine, habe er auch beim Evakuierungsmarsch beim Schießen auf Häftlinge beobachtet.
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Da dieser Zeuge von einem Blockführer Olejak spricht und die Beschreibung, die er von dem Rapportführer gibt, auf den damals 1,69 großen und nur 64 kg schweren Angeklagten Olejak nicht paßt, sieht ihn die Kammer nicht als geeigneten Zeugen bei der hier zu entscheidenden Frage an. Im Übrigen ist seine Aussage zu Olejak stark durch ein Gespräch mit einem Mithäftling geprägt worden, wie der Zeuge selbst eingeräumt hat.
10. Der Zeuge Mieczyslaw Baran hat in seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung ausgesagt, er sei mit dem 1. Häftlingstransport im Sommer 1943 nach Jaworzno gekommen.
Zu Beginn seiner Vernehmung hat der Zeuge den Angeklagten Olejak im Sitzungssaal nicht erkannt. Im weiteren Verlauf meinte er dann, daß der Angeklagte Olejak „der Olejak“ sei, er sei sich jetzt sicher. Er habe ihn an seiner Figur wiedererkannt. Olejak sei in Jaworzno Rapportführer gewesen, den Namen habe er schon im Lager gewußt. Er sei immer in Jaworzno gewesen, an eine längere Abwesenheit könne er sich nicht erinnern.
Am 2. Tag seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung erklärte der Zeuge dann plötzlich, Olejak sei nicht Rapportführer gewesen; einen solchen habe es zwar gegeben, dessen Namen wisse er jedoch nicht mehr.
Beim Evakuierungsmarsch sei Olejak dabei gewesen. Er habe ihm befohlen, einen kleinen Wagen mit seinem Gepäck zu ziehen. Auch Pansegrau habe sein Gepäck auf diesen Wagen geworfen. Während des Marsches habe er von Olejak auch einmal Brot bekommen.
Auch dieser Zeuge erscheint nicht geeignet, die Einlassung des Angeklagten Olejak zu widerlegen. Soweit der Zeuge meint, er habe Olejak an seiner Figur wiedererkannt, ist dies kaum glaubhaft, da Olejak 1944 nur 64 kg gewogen hat, heute aber 85 kg wiegt.
11. Der Zeuge Motek Weltfreid wurde als 1. Zeuge in diesem Verfahren überhaupt in der Hauptverhandlung und, da seine Vernehmung nicht abgeschlossen werden konnte und er einer neuen Vorladung keine Folge leistete, zusätzlich im Wege der Rechtshilfe vor dem Amtsgericht in Tel Aviv vernommen.
Dabei hat er ausgesagt, er sei im Sommer 1943 nach Jaworzno gekommen. Zu Beginn seiner Vernehmung hat dieser Zeuge zunächst den Ergänzungsschöffen Flörchinger als Rapportführer Olejak bezeichnet. Zur Person des Angeklagten Olejak selbst sagte er, dieser könne in Jaworzno gewesen sein.
Auf den vorgelegten Lichtbildern hat er den Angeklagten Olejak im Wesentlichen richtig erkannt. Zu Bildtafel Nr. 19 (Hablesreiter) sagte der Zeuge, er glaube, daß dies der 1. Rapportführer des Lagers Jaworzno gewesen sei.
Zur Person des Rapportführers meinte der Zeuge, als er selbst nach Jaworzno gekommen sei, sei dort ein großer, dicker SS. Mann im Alter von 33 bis 35 Jahren Rapportführer gewesen. Dieser sei dann von dem Angeklagten Olejak in dieser Funktion abgelöst worden. Olejak habe er dann immer in Jaworzno gesehen, er habe auch den Evakuierungsmarsch mitgemacht. Dabei habe er ihn auch beim Schießen auf Häftlinge beobachtet. Den von Olejak abgelösten Rapportführer habe er dann nie wieder in Jaworzno gesehen.
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Soweit der Zeuge den nach seiner Meinung 1. Rapportführer beschreibt, ist wohl davon auszugehen, daß er den SS. Mann Otto Hablesreiter meint, den er auch auf einem entsprechenden Bild als den 1. Rapportführer bezeichnet hat.
Da der Zeuge sich in der zeitlichen Reihenfolge Olejak - Hablesreiter irrt und er auch meint, Olejak sei von Anfang 1944 an immer in Jaworzno gewesen, während Hablesreiter von diesem Zeitpunkt an nicht mehr in Jaworzno gewesen sei, erscheint die Aussage des Zeugen Weltfreid der Kammer nicht geeignet, die Einlassung des Angeklagten Olejak zu widerlegen.
Der Zeuge Lipa Dinur ist zweimal in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen worden.
Bei Beginn seiner ersten Vernehmung am 17.10.1977 erkannte der Zeuge, der nach seiner Aussage im Juli oder August 1943 nach Jaworzno gekommen ist, den Angeklagten Olejak wieder. Zur Funktion von Olejak im Lager erklärte der Zeuge, Olejak habe immer an den Rapporten teilgenommen und sei durch das Lager gegangen. Olejak sei im Sommer/Herbst 1944 einige Monate nicht im Lager gewesen. Zu dieser Zeit sei er von einem ca. 35 bis 40 Jahre alten Mann, der neu in das Lager gekommen sei, vertreten worden. Bei den täglichen Appellen habe er Ende 1944 gesehen, daß Olejak wieder ins Lager zurückgekommen sei. Bei der Evakuierung des Lagers habe er Olejak nicht gesehen. Außerdem schilderte der Zeuge Dinur die Tötung eines Häftlings im Lager durch den Angeklagten Olejak mit vielen Einzelheiten.
Außer an Olejak erinnerte sich der Zeuge Dinur bei dieser Vernehmung auch an die Namen Lapka, Lausmann, Markewicz und Mietliczka. Hinsichtlich des SS. Mannes Mietliczka schilderte der Zeuge auch die Erschießung eines Häftlings auf dem Evakuierungsmarsch.
Im September 1979, also etwa 2 Jahre später wurde der Zeuge Lipa Dinur nochmals in der Hauptverhandlung vernommen. Dabei sagte er aus, Olejak sei meistens in Jaworzno als Kommandoführer tätig gewesen. Er habe auch die Kommandos zu den Arbeitsstellen außerhalb des Lagers begleitet. Für ihn bestehe zwischen Kommandoführer und Rapportführer kein Unterschied. Einige Monate vor Ende der Lagerzeit, etwa im Februar oder März 1944 sei Olejak einige Zeit nicht in Jaworzno gewesen. Er vermute und erinnere sich auch, daß Olejak am Schluß der Lagerzeit wieder in Jaworzno gewesen sei. Olejak sei auch auf dem Evakuierungsmarsch dabei gewesen, er habe ihn während des Marsches selbst gesehen.
Zu dieser 2. Vernehmung des Zeuge Lipa Dinur kam es aus folgendem Grund: Der Zeuge Dinur hieß früher mit Familienname Drogoczinsky. Unter diesem Namen wurde der Zeuge als einer der ersten Zeugen überhaupt im Ermittlungsverfahren am 3.1.1965 vernommen.
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Die Vernehmung fand in der polnischen Sprache statt. Bei der Übersetzung in die deutsche Sprache wurde von dem Dolmetscher, der die Übersetzung angefertigt hat, versehentlich als Vorname des Zeugen Chaim und nicht Lipa angegeben. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß es sich bei dem Vornamen Chaim um den Vornamen des Vaters des Zeugen handelt, der bei Vernehmungen bei israelischen Behörden jeweils angegeben werden muß. Aus diesem Grund war die Vernehmung vom 3.1.1965 bei der ersten Vernehmung in der Hauptverhandlung dem Gericht noch nicht bekannt.
In dieser Vernehmung im Jahre 1965, die ihm im Rahmen seiner 2. Vernehmung in der Hauptverhandlung mehrfach vorgehalten wurde, hat der Zeuge Lipa Dinur ausgesagt, an der Spitze des Lagers habe ein SS. Kommandant gestanden, dessen Namen er nicht mehr wisse. Außer diesem habe es im Lager noch viele SS. Leute gegeben, von denen er sich namentlich nur noch an einen mit dem Namen Losmann erinnere. Weiter erinnere er sich an einen damals etwa 30 Jahre alten Kommandoführer, dem an einer Hand mehrere Finger gefehlt hätten.
Auf die Frage des israelischen Vernehmungsbeamten Edelsberg, ob es im Lager Jaworzno Mordtaten gegeben habe und, wenn ja, der Zeuge Augenzeuge gewesen sei, erklärte der Zeuge Dinur, es seien Mordtaten vorgekommen. Er sei aber nicht Augenzeuge gewesen. Von diesen Tötungen habe er nur nach der Rückkehr von seinen Arbeitsstellen außerhalb des Lagers gehört.
Auf mehrfachen Vorhalt dieser Niederschrift im Rahmen seiner 2. Vernehmung als Zeuge in der Hauptverhandlung erklärte der Zeuge Dinur, er könne sich die Widersprüche in diesen Aussagen nicht erklären Wahrscheinlich seien ihm die Namen, die er in der Hauptverhandlung genannt habe, damals nicht eingefallen. Dies gelte auch für die Tatsache, daß er im Jahre 1965 erklärt habe, keine Tötung eines Häftlings im Lager Jaworzno selbst gesehen zu haben.
Die Kammer sieht diese Erklärung des Zeugen Dinur nicht als ausreichend und deshalb die Aussage des Zeugen insgesamt nicht als glaubhaft an. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß es durchaus möglich ist, daß einem Menschen, wenn er sich längere Zeit wieder mit dieser lang zurückliegenden Zeit befaßt, neue Tatsachen und nähere Einzelheiten zu bestimmten Personen oder Ereignissen einfallen können. Damit läßt sich aber die Aussage des Zeugen Dinur im Jahre 1965, er sei nicht Augenzeuge von Tötungshandlungen in Jaworzno gewesen mit der genauen Schilderung einer Häftlingstötung durch den Angeklagten Olejak in der Hauptverhandlung nicht erklären.
Auf die Aussage dieses Zeugen wird im Übrigen im Rahmen der Ausführungen zu dem Anklagepunkt I 1 nochmals eingegangen werden.
13. Der Zeuge Mosche Jachimowicz hat bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung ausgesagt, er sei im September 1943 als Häftling nach Jaworzno gekommen. Zu Beginn seiner Vernehmung erklärte er, den Rapportführer des Lagers Jaworzno könne er im Sitzungssaal nicht sehen. Auf eine weitere Frage des Vorsitzenden meinte er dann, der Angeklagte Olejak könne der Rapportführer sein. Weiter erklärte der Zeuge, er erinnere sich nur an einen Rapportführer, dieser sei seiner Erinnerung nach immer in Jaworzno gewesen. Der Rapportführer, den er meine, sei mittelgroß und 28 - 30 Jahre alt gewesen und habe ein rundes Gesicht gehabt. Ob er beim Evakuierungsmarsch dabei gewesen sei, könne er nicht sagen.
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Bei Vorlage der Bildtafeln erklärte der Zeuge, der auf den Bildern Nr. 14 und 15 (Bilder des Angeklagten Olejak) abgebildete Mann sei der Rapportführer, den er meine. Die Kammer hat keinen Zweifel daran, daß der Zeuge Mosche Jachimowicz den Angeklagten Olejak im Lager Jaworzno kennengelernt hat. Da er bereits im September 1943 nach Jaworzno gekommen ist, hatte er dazu auch ca. 7 Monate Gelegenheit.
Für die Frage, ob Olejak am Ende 1944 wieder in Jaworzno war, kann jedoch der Aussage dieses Zeugen keine Bedeutung zukommen. Zwar meint der Zeuge, der Angeklagte Olejak sei immer, also auch Ende 1944 und Anfan 1945 als Rapportführer in Jaworzno gewesen, eine sichere Bekundung konnte er hierzu jedoch nicht machen. Weiter ist darauf hinzuweisen, daß die Aussage des Zeugen, Olejak sei immer in Jaworzno gewesen, in dieser Form objektiv unrichtig ist
14. Der Zeuge Hillel Charlupski hat bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung ausgesagt, er sei im Oktober/November 1943 als Häftling nach Jaworzno gekommen. Er hat den Angeklagten Olejak sowohl im Sitzungssaal als auch auf den Lichtbildern als den Rapportführer des Lagers Jaworzno bezeichnet. Den Namen des Rapportführers konnte der Zeuge nicht nennen, den Namen Olejak kannte er im Lager nicht.
Weiter hat der Zeuge ausgesagt, dieser Rapportführer sei im Jahre 1944 einige Monate nicht in Jaworzno gewesen. Als Sommer bezeichnete der Zeuge die Monate April und Mai 1944. Kurz vor der Evakuierung des Lagers müsse er jedoch nach Jaworzno zurückgekommen sein Bei Beginn des Evakuierungsmarsches habe er ihn am Lagertor gesehen, im weiteren Verlauf des Evakuierungsmarsches dann nicht mehr.
Die Kammer verkennt nicht, daß die Aussage dieses Zeugen, der in der Hauptverhandlung einen guten Eindruck hinterlassen hat, ein gewisses Indiz dafür darstellt, daß Olejak nach seinem Aufenthalt in Blechhammer nach Jaworzno zurückgekehrt ist. Gegen die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen spricht aber neben dem unter D, E und F erörterten Ergebnis der Beweisaufnahme die Tatsache, daß er im Jahre 1975 gegenüber dem Polizeibeamten Edelsberg erklärt hat, ihm seien die im Lager Jaworzno eingesetzten SS. Leute namentlich nicht bekannt gewesen. Diese Erklärung des Zeugen ergibt sich aus dem insoweit in der Hauptverhandlung verlesenen Zwischenbericht Nr. 22 des Zeugen Edelsberg
vom 16.6.1975 (16, 129). Die Verlesung dieses Zwischenberichtes erfolgte, da der Verfasser, der Zeuge Edelsberg, zwischenzeitlich verstorben ist. Im Gegensatz dazu hat sich der Zeuge Charlupski in der Hauptverhandlung an die Namen Mietliczka, Markewicz, Lausmann und Lorenz erinnert. Auch hat sich der Zeuge Charlupski bei seiner polizeilichen Vernehmung vom 10.3.1976, die ihm wiederholt vorgehalten worden ist, an die Abwesenheit des Rapportführers aus dem Lager Jaworzno nicht erinnert.
15. Der Zeuge Jehoschua Krawicki ist nach seiner Aussage in der Hauptverhandlung im September 1943 als Häftling nach Jaworzno gekommen. Er hat den Angeklagten Olejak zu Beginn seiner Vernehmung, als dieser noch im Zuhörerraum saß, nicht erkannt, sondern erst als er bereits auf der Anklagebank Platz genommen hatte. Zu den Bildern des Angeklagten Olejak hat er teils richtige und teils falsche Angaben gemacht.
Aschaffenburg (Auschwitz Prozess) Teil 8