Arzt in NS-Tötungsanstalten

Bunke Heinrich Dr. (Tarnnamen Dr. Rieper und Dr. Keller)
* 24.07.1914 in Wohlde
+ 00.09.2001 in Celle
letzter bekannter Wohnort: 29221 Celle Müllerstr.10
Tel.05141/25700

1934
Abitur an der Oberrealschule in Celle

1935/36
Medizinstudium in Kiel
Im Wintersemester ging er an die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

01.05.1937
zusammen mit Aquilin Ullrich Eintritt in die NSDAP

00.08.1940
Vertreter des Leiters der NS-Tötungsanstalt
Brandenburg, Irmfried Eberl

00.11.1940 - 00.08.1941
Vertreter des Leiters der NS-Tötungsanstalt
Bernburg an der Saale

Im April 1941 promovierte Bunke zum Dr. med., und absolvierte im Mai oder Juni 1941 eine vierwöchige Ausbildung bei Julius Hallervorden am Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung in Berlin-Buch

00.07.1945
Assistentenstelle an der Landesfrauenklinik in Celle

1951
selbständiger Frauenarzt und Belegarzt

12.04.1962
Bunke wird verhaftet

19.04.1962
Bunke wird unter diversen Auflagen aus der Haft entlassen

15.01.1965
Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/M. erhebt gegen die T4-Ärzte Heinrich Bunke, Kurt Borm, Klaus Endruweit und Aquilin Ullrich Klage.
(Aus der Klageschrift: heimtückisch, grausam, aus niederen Beweggründen, vorsätzlich und mit Überlegung jeweils mehrere Tausend Menschen getötet zu haben.)

00.09.1966
Der Regierungspräsident in Lüneburg ordnet an, die ärztliche Bestallung Bunkes ruhen zu lassen.
Mehr als 5000 Menschen aus Celle und Umgebung sowie der Ärzteverein Celle setzten sich daraufhin für Bunke bei der Niedersächsischen Landesregierung ein mit dem Ergebnis, dass Bunke weiter praktizieren darf.

03.10.1966
vor dem Schwurgericht des Landgerichts Frankfurt am Main beginnt der Prozeß gegen die T4-Ärzte Heinrich Bunke, Kurt Borm, Klaus Endruweit und Aquilin Ullrich

23.05.1967
Im ersten Ärzteprozess werden die Urteile gesprochen.
(Aus dem Urteil: „Die im Rahmen der Aktion ‚T4‘ durchgeführten Massentötungen erfüllen den Tatbestand des Mordes im Sinne des § 211 StGB in der zur Tatzeit geltenden und in der heute gültigen Fassung. Jedes menschliche Leben, auch das der Geisteskranken, genießt bis zu seinem Erlöschen den Schutz des § 211 StGB kein Kulturvolk jemals eine derartige Aktion durchgeführt“, in der Urteilsbegründung heißt es weiter, sie seien davon ausgegangen, „daß sie nur bei der Tötung von Geisteskranken ‚ohne natürlichen Lebenswillen‘ mitwirkten und daß deren Tötung erlaubt war“.
Für Bunke wird die Beihilfe zur Ermordung von mindestens 4 950 Geisteskranken festgestellt. Er wird jedoch wie alle anderen Mitangeklagten wegen des fehlenden „Bewusstseins der Rechtswidrigkeit“ (unvermeidbarer Verbotsirrtum) seines Tuns freigesprochen. Die Zuhörer im Schwurgerichtssaal spendeten prasselnden Applaus. Landgerichtsdirektor Zoebe, scharf: "Dieser Ort ist zu ernst für derartige Dummheiten." Doch es war auch der Ort. wo die bundesdeutsche Nachkriegsjustiz im Bemühen um Vergangenheitsbewältigung die richterliche Weisheit einmal mehr verfehlte.

07.08.1970
Der BGH hebt das Urteil wegen sachlicher Widersprüche auf

Am 16.12.1971 soll erneut verhandelt werden.
Bunke legt dem Gericht ein ärztliches Gutachten vor, wonach er im April 1968 einen schweren, lebensbedrohlichen Herzinfarkt erlitten habe, nachdem ihm die Revision der Staatsanwaltschaft gegen seinen Freispruch bekannt geworden sei. Er sei nicht mehr verhandlungsfähig.

26.11.1971
Das Verfahren gegen Bunke wird vorläufig eingestellt.
Trotz seiner Verhandlungsunfähigkeit ist er aber in der Lage weiterhin seine Praxis zu führen und Patienten zu behandeln.

29.01.1986
vor dem Landgericht Frankfurt/M. wird gegen Bunke erneut verhandelt. Er legt dem Gericht ein Gutachten vor, dass er nur einmal pro Woche für zwei Stunden vernehmungsfähig sei. Dr. Endruweit läßt sich dagegen entschuldigen: er habe eine Nierenkolik gehabt. Die Zuschauer im Gerichtssaal lachen, als sie das hören. Der Anwalt weist jeden Verdacht empört zurück und kann seine Sachen packen. Verhandelt wird fortan – einmal die Woche für zwei Stunden – nur gegen Ullrich und Bunke

18.05.1987
Das Landgericht Frankfurt/M. verurteilt Bunke wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 11 000 Fällen zu vier Jahren Haft.

14.12.1988
Der BGH ermäßigt im Revisionsverfahren die Strafe auf drei Jahre mit der Begründung, die Beihilfe zum Mord könne nur für 9 200 Menschen nachgewiesen werden.

Nach einer Haftzeit von 18 Monaten wird Bunke aus der Haft entlassen.