Riga

Am Montag den 19.10.1942 verläßt der von der Deutschen Reichsbahn eingesetzte Sonderzug ("21. Osttransport") mit 959 Menschen den „Güterbahnhof Putlitzstraße“ in Berlin-Moabit nahe dem Westhafen. Dieser Transport bestand ausschließlich aus Einwohnern Berlins, deren Durchschnittsalter mit 36,7 Jahren errechnet wurde.
Ziel der dreitägigen Fahrt war das etwa eintausend Kilometer entfernte
Ghetto Riga in Riga. Man kann davon ausgehen, das die meisten der Menschen nachdem sie durch die Gestapo aus ihrern Wohnungen abgeholt worden waren, in das Berliner Sammellager Große Hamburger Straße 26 gebracht wurden. In dem Sonderzug befanden sich zudem 140 Kinder im Alter bis zu zehn Jahren, so auch der Knabe Gert Rosenthal (geb. 26. Juli 1932), (Bruder des späteren Entertainers Hans Rosenthal), der als Vollwaise in dem – mit diesem Transport aufgelösten – Jüdischen Kinderheim an der Schönhauser Allee 162 gewohnt hatte.
Auf der handschriftlichen Titelseite der Liste steht am unteren Ende groß der Vermerk „Welle 34“, wobei eine „Welle“ die Bezeichnung für mehrere unmittelbar aufeinanderfolgende Transporte war, in diesem Fall aber nur für den Transport am 19. Oktober 1942 galt. Die Liste wurde von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo), Staatspolizeileitstelle
Berlin, an die Vermögensverwertungsstelle des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg gesandt; der zugehörige Begleitbrief ist auf den 23. Oktober 1942 datiert – den Tag nach dem Todestag der überwältigenden Mehrheit der am 19. Oktober nach Riga Deportierten. Das Geschäftszeichen lautet „Stapo IV C 3 -J.E.-“, und letztere Abkürzung ist vermutlich als „Juden-Evakuierung“ aufzulösen, da als Betreff angegeben ist: „Evakuierte Juden.“ Die Unterschrift ist unleserlich. Dem Brief beigefügt sei „eine Transportliste über diejenigen Juden, deren Vermögen im Rahmen der Abschiebung durch Einziehung dem Reiche angefallen ist.“ Das Vermögen sei „teils verfallen, teils durch Einziehung auf das Deutsche Reich übergegangen.“ Die entsprechenden „Vermögenserklärungen“ seien gleichzeitig beigefügt, heißt es abschließend.
Am 22. Oktober 1942 erreichte der Berliner Transport den Bahnhof Skirotava etwa 8 km südöstlich von Riga. Obwohl in diesem Zug 264 Menschen, zwischen 16 und 40 Jahre alt waren, wurden bei der nach ihrer Ankunft vorgenommenen Selektierung nur 81 Männer mit handwerklichen Berufen ausgesucht und anschließend sofort am Bahnhofsgelände zum Entladen von Kohlenwaggons eingesetzt. Anschließend wurden sie verschiedenen Arbeitskommandos, darunter einem Schlachthof, zugeteilt. Nur 17 von ihnen überlebten den Krieg. Alle anderen Insassen des Transports wurden sofort nach der Ankunft in die umliegenden Wälder gebracht und dort an Gruben ermordet.“

Riga nach 1945
Gedicht Ghetto Riga
Ghettolied (Ghetto Riga)
Das Lied von Rumbula

Namensliste

Berwin Ernst
* 25.11.1892
Naumburg a.d. Saale
Wohnort:
Berlin
+ 22.10.1942 Ghetto Riga
dep. 19.10.1942 21 Osttransport Berlin - Ghetto Riga
   
Epstein Ellen (Ella)
* 28.09.1898
Breslau
Wohnort:
Berlin-Schöneberg Innsbrucker Straße 5
+ 22.10.1942 Ghetto Riga
dep. 19.10.1942 21 Osttransport Berlin - Ghetto Riga
   
Epstein Margot Ruth
* 04.05.1890 in
Kattowitz
Wohnort:
Berlin-Schöneberg Innsbrucker Straße 5
+ 22.10.1942 Ghetto Riga
dep. 19.10.1942 21 Osttransport Berlin - Ghetto Riga
   
Rosenthal Gert
* 26.07.1932 Berlin
Wohnort:
Berlin Schönhauser Allee 162 (Baruch-Auerbachsches Waisenhaus)
+ 22.10.1942 Ghetto Riga
dep. 19.10.1942 21 Osttransport Berlin - Ghetto Riga