Der Tod des Starsze Lipchitz und eines anderen Häftlings im Anschluss an den sogenannten Sport

Dass der Angeklagte Miete sich auch an den Sportveranstaltungen beteiligt hat, ist bereits im Abschnitt
A.VI.11. des Zweiten Teiles der Gründe festgestellt worden. Miete bestreitet allerdings auch nur ein einziges Mal beim Sport beteiligt gewesen zu sein. Er räumt dagegen ein, in mehreren Fällen Häftlinge, die beim Sport zusammengebrochen seien, auf Befehl von Franz und von Kttner im Lazarett erschossen zu haben und hält es für möglich, dass sich unter den von ihm erschossenen Opfern des Sports auch Starsze Lipchitz und dessen Leidensgefährte befunden haben.
Dass Miete indessen mehrfach auch am eigentlichen Sport selbst teilgenommen und dass er hierbei sehr eifrig auf die im Kreis Laufenden mit seiner Peitsche eingeschlagen hat, wird von den Zeugen Gl., Zygmund und Oscar Stra., Lak., Kols. und Tu., die sämtlich vereidigt worden sind, bestätigt. Allerdings lässt sich nicht eindeutig klären, wie oft ein derartiger Sport veranstaltet wurde, wie oft Miete hieran beteiligt war und wie viele Häftlinge hierbei ihr Leben ließen, da die Zeugen mit Ausnahme des Zeugen Tu. konkrete Einzelfälle mit bestimmten Opfern nicht beschreiben konnten.

So lässt sich nur ein einziger Fall des Sports konkretisieren, bei dem der Häftling Starsze Lipchitz und ein anderer Häftling auf Anweisung des Angeklagten Franz von Miete im Lazarett erschossen wurden.

Diesen Fall hat der aus Czenstochau stammende 51 Jahre alte Mechaniker Tu., der jetzt in Bat Jam / Israel lebt, ausführlich geschildert.
Er hat durch ein Fenster der jüdischen Unterkunftsbaracke diese Sportveranstaltung, an der Franz, Kttner, Miete und der Ukrainer Rogossa teilnahmen, auf das Genaueste beobachtet, weil sich unter den Sport treibenden Häftlingen der Czenstochauer Starsze Lipchitz befand. An seinem Schicksal war er besonders interessiert, da er Lipchitz von Czenstochau her gut kannte. Er sah wie, neben Franz, Kttner und Rogossa auch Miete eifrig auf die Laufenden mit seiner Peitsche einhieb. Es entging ihm nicht, dass Starsze Lipchitz und ein anderer Häftling beim Sport hinfielen.
Er hörte schließlich die in lautem Ton gegebene Anweisung von Franz an Miete, die beiden hingefallenen Opfer zum Lazarett zu bringen und dort zu erschießen, und er sah zuletzt noch, wie man Lipchitz und seinen Kameraden in Richtung zum Lazarett schleifte.

Wenn er auch die Erschießung der beiden im Lazarett durch Miete nicht miterlebt hat, so spricht doch der Umstand, dass er Starsze Lipchitz und den anderen Häftling seit dieser Zeit nicht mehr im Lager gesehen hat, eindeutig dafür, dass diese beiden Männer im Lazarett getötet worden sind.

Dass Miete die Exekution vorgenommen hat, davon ist das Schwurgericht ebenfalls überzeugt denn Franz gab Miete den Befehl zur Erschießung der beiden, und Miete räumt ein, mehrere Male auf Befehl von Franz und Kttner Opfer des Sports erschossen zu haben. Miete vermag sich zwar nicht mehr an die Namen der Getöteten zu erinnern, er hält es aber für möglich, dass zu diesen Opfern auch Lipchitz und dessen Kamerad gehörten. Berücksichtigt man weiter, dass der normale Dienstbetrieb im Lazarett nur bis zum Abendappell ging, dann ist es höchst unwahrscheinlich, dass etwa ein anderer SS-Unterführer als Miete im Lazarett den Häftling Lipchitz und seinen unglückseligen Kameraden erschoss. Nach den gesamten Umständen ist das Schwurgericht vielmehr davon überzeugt, dass Miete diese beiden Häftlinge im Lazarett tötete.

Der eidlich vernommene Zeuge Tu. hat Miete sofort als Krime Kepel und Schiefkopf wiedererkannt. Obwohl er in Treblinka seine Frau und einen 4 Jahre alten Sohn verloren hat, war seine Aussage nicht von Hass und Rachegefühlen beeinflusst. Er hat seine Bekundung ruhig und sachlich gemacht.
Insbesondere hat er auch mit besonderer Sorgfalt zwischen dem unterschieden, was er persönlich erlebt, und dem, was er nur gehört hat.

Das Schwurgericht hält ihn für vollauf glaubwürdig und damit die von ihm bekundete Erschießung des Häftlings Starsze Lipchitz und dessen Kameraden durch Miete für bewiesen.

Der Angeklagte Miete hat zwar gestanden, noch mehrere andere Häftlinge, die ihm im
Anschluss an Sportveranstaltungen von Franz und Kttner übergeben worden sind, im Lazarett liquidiert zu haben. Aber diese Fälle lassen sich aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht konkretisieren, so dass hier präzise Feststellungen nicht möglich sind.