Ausgedörrt sind die Gestalten, die dort in Treblinka stehen,
und Minuten vor dem Gastod fiebernd noch um Wasser flehen.
Doch die rohen Söldner lachen überlaut im Übermute:
Wenn du durstig bist, komm her dann!
Reichlich sollst du trinken, Jude!
Jude, komm und sauf die Jauche dort aus der Latrinengrube,
durch den Duft gewöhnst du dich dann an die Luft der Giftgasstube!
In den Schrei gequälter Menge kreischen laut Orchesterklänge,
laut und laut und immer lauter. Und doch können die Gesänge
aus der Stadt des Todes niemals das Gewissen übertönen!
Mancher darf jetzt Gott verfluchen und selbst Sterbende verhöhnen,
morden, morden stets aufs Neue. Aus Gewohnheit oder Reue
höre er sein ganzes Leben Blechmusik -und Todesschreie!
Alle müssen sich entkleiden! Männer zittern, Frauen jammern,
und schon treibt man ein paar Tausend in die leeren Giftgaskammern.
Sechsminutenlanges Schreien gellt ins Ohr dann ungeheuer,
und die todgeätzten Klumpen wirft das Rollband in das Feuer...
Freiheitsfahnen werden wehen... Aber nach der Schicksalswende
wird man nicht die Toten sehen. Was geschieht, heisst bald Legende!
Warschauer Ghetto 1943
Text: Hermann Adler