Hundert Versteckte sind wir und noch mehr,
und die Soldaten rumoren und suchen,
sprengen die Tore und toben und fluchen
nächtlich im Haus, doch das Haus ist wie leer.
Tausende treten den Todesweg an,
Tausende, die sich aufs Glück nur verließen,
wird man noch heute im Ghetto erschießen.
Wer sich versteckt hält, kommt morgen dran!

Atmet nicht und flüstert nicht,
draußen stehn Soldaten,
und wer auch ganz leise spricht,
der wird uns verraten!

Unser Versteck wird zum Glück nicht gesehn;
plötzlich -beginnt laut ein Knabe zu weinen!
Aber es dürfen doch wegen des einen
heute nicht alle den Todesweg gehn!
Und nur die Mutter erkennt das Gebot
dieser Minute und tötet den Knaben
blutenden Herzens. Wir alle dann gaben
stumm ihr die Hand, und sie floh in den Tod!

Atmet nicht und flüstert nicht,
draußen stehn Soldaten,
und wer auch ganz leise spricht,
der wird uns verraten!

(Wilnaer Ghetto 1942)

Text: Hermann Adler