Auschwitz, 31. August 1944
Im Vollzug des vom Reichsführer-SS erlassenen Befehles vom 20.7.43 ordne ich für den SS-Standort-Bereich Auschwitz folgendes an:
Die auf Veranlassung des Reichsführers-SS herausgegebene Broschüre ,,Die größten Moskitos der Welt“ erhalten sämtliche Einheitsführer und Dienststellenleiter sowie die für die Schädlingsbekämpfung verantwortlich Beauftragten gegen Empfangsbestätigung.
Die Einheitsführer und Leiter der Dienststellen haben an Hand der Broschüre die Führer, Unterführer und Männer eingehend über Schädlingsbekämpfung zu belehren. Sie haben besonders auch darauf hinzuweisen, daß die in der Broschüre enthaltenen Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung als Anordnungen gelten und bei Nichtbeachtung derselben entsprechende Strafen verhängt werden. Das Gleiche gilt sinngemäß auch für die Oberaufseherinnen und Aufseherinnen.
Im einzelnen ordne ich noch folgendes an:
1.) Alle Abfälle sind fliegensicher in dicht schließenden Gefäßen aufzubewahren, d.h. in Abfalltonnen, Abfallgruben mit dicht schließendem Deckel, Holzgefäßen mit dicht schließendem Deckel usw. Küchenabfälle müssen täglich der Verwertung zugeführt werden, die unverwertbaren Abfälle sind wöchentlich mindestens einmal abzufahren.
2.) Ich habe wiederholt Abfalltonnen mit offenstehendem Deckel gesehen. Hierdurch wird die Aufbewahrung der Abfälle in den Tonnen zwecklos. Dafür, daß die Deckel der Abfalltonnen stets geschlossen sind, sind die Einheitsführer und Dienststellenleiter verantwortlich.
3.) Misthaufen sind ordnungsgemäß zu stapeln, der frisch anfallende Mist ist unter den al-ten zu packen. Zur Fliegenbekämpfung müssen die Misthaufen in der Zeit vom 1. April bis 3 1 . Oktober regelmäßig alle 8 Tage mit 1 %iger Nirosanlösung überbraust werden. Mist aus Kleintierhaltungen ist in einer Erdgrube zu sammeln und in gleicher Weise zu behandeln. Für die Durchführung sind die Nutznießer der Tierhaltungen verantwortlich.
4. ) Da hier im allgemeinen ein hoher Grundwasserstand ist, müssen wegen Verseuchungsgefahr des Wassers Aborte und Latrinengruben stets ausgemauert und zementiert werden. Abortgruben und Latrinen müssen täglich mit Chlorkalklösung (40 g Chlorkalk auf 1 0 1 Wasser) begossen werden. Grubenlatrinen dürfen wegen ihrer Behelfsmäßigkeit nur dort angelegt werden, wo andere Möglichkeiten nicht bestehen, mindestens jedoch 100 m von jeder Unterkunft entfernt und niemals in der Nähe einer Wasserstelle. Wo Aborte mit Eimer- oder Kübelsystem vorhanden sind, ist für regelmäßige Abfuhr zu sorgen.
Bei Ausführung eines Bauvorhabens ist für die gesamte Bauzeit der zuständige Bauleiter
a) für die rechtzeitige Aufstellung von hygienisch einwandfreien Aborten oder Latrinen und zwar vor Beginn der Bauarbeiten,
b) für die regelmäßige Behandlung der Aborte und Latrinen mit Kalk oder Chlorkalk,
c) für die laufende Abfuhr von Fäkalien verantwortlich.
Nach Fertigstellung der Bauten und nach erfolgter Übernahme durch die SS-Zentralverwaltung ist diese hierfür verantwortlich.
5.) Kleine und kleinste Wasseransammlungen sind Mückenbrutstätten, sie müssen daher beseitigt werden. Leere Gefäße aller Art, Eimer, Kannen, Töpfe, alte Konservenbüchsen usw. dürfen nicht mit Wasser gefüllt herumstehen, (an Regenfälle denken!) kleine Pfützen, Tümpel usw. müssen zugeschüttet und eingeebnet werden. Regentonnen müssen alle 8 Tage völlig entleert und mit kochendem Wasser ausgespült werden. Langsam fließende verkrautete Gräben sind zu reinigen und zu entkrauten. Größere Wasseransammlungen, die nicht beseitigt werden können, sind in der Zeit vom 15. Mai bis 15. Oktober alle 14 Tage mit Noral oder Schnakensaprol zu übersprühen. Für die Entfernung der natürlichen Mückenbrutstätten sowie für die Vernichtung der Brut mit
chemischen Mitteln, ist der Nutznießer des betreffenden Geländes verantwortlich.
6.) Sämtliche Innenräume von Häusern und Viehställen, auch der leerstehenden, sind mit Wandimprägnierungsmitteln - z.B. Gix in 1,5 bis 3%iger Lösung - zu behandeln. Die Imprägnierung muß in der Zeit vom 1. April bis 31. Oktober alle 5-6 Wochen wiederholt werden. Durch die Wandimprägnierung wird eine Abtötungswirkung von Fliegen und Mücken für mehrere Wochen erreicht.
Für die Durchführung der einzelnen Bekämpfungsmaßnahmen sind mir bei den Einheiten und Dienststellen die mit der Schädlingsbekämpfung Beauftragten verantwortlich. Die benötigten Bekämpfungsmittel können bei der SS-Zentralverwaltung angefordert werden. Ich werde laufend Kontrollen durchführen lassen und Zuwiderhandelnde wegen Gefährdung der Gesundheit der Truppe zur Rechenschaft ziehen. Für die Zivilbevölkerung in den angrenzenden Gebieten erfolgt sinngemäß eine gleiche Anordnung durch den Amtskommissar im Einvernehmen mit dem Bürgermeister der Stadt Auschwitz.
gez. Baer
SS-Sturmbannführer
F.d.R.
Höcker
SS-Obersturmführer und Adjutant