Auschwitz, 7. Februar 1944

1. Häftlingstransporte
Wenn wir Menschen (Häftlinge) zu einem anderen Arbeitseinsatz transportieren müssen, so sind zur Erhaltung der Arbeitskraft auch für den Transport alle notwendigen Vorbedingungen zu treffen, damit die vor Abgang des Transportes festgestellte Arbeitsfähigkeit durch den Transport nicht leidet. Dazu befehle ich nochmals folgendes:
a) Die Gesamtverantwortung für jeden abgehenden Transport trägt der Lagerkommandant persönlich.
b) Das Aussuchen (Musterung) geschieht, wie befohlen, durch den Lagerarzt, den Schutzhaftlagerführer und den Häftlingseinsatzführer; bei Abgabe von Lager zu Lager gegebenenfalls auch in Gegenwart von entsprechenden Führern des neuen Lagers. Der Schutzhaftlagerführer ist allein für die ordnungsmäßige Transportvorbereitung bis zum Abgang des Zuges dem Lagerkommandanten verantwortlich. Hierzu gehört: Bereitstellung einer ausreichenden Transportbegleitung, Bewaffnung (MPi.) und ausreichende Verpflegung für diese; bei größeren Transporten (mehr als 4 Waggons) ist stets ein SS-Führer als Transportführer einzuteilen. Ebenfalls ist für die Häftlinge, wie befohlen, ordnungsmäßige Bekleidung und ausreichende Transportverpflegung mitzunehmen. Bei der Mitnahme der Verpflegung sind die derzeitigen Verkehrsverhältnisse zu berücksichtigen, also immer mehr mitgeben! Die Transportverpflegung darf den Häftlingen nicht auf einmal ausgehändigt werden. Der Transportzug muß für die Lagerung mit Holzwolle pp. ausgelegt werden. In jedem Waggon befindet sich ein Gefäß mit abgekochtem Wasser oder Tee, ein Abortkübel und gesichertes Licht (Stall-Laternen). Bei größerer Kälte müssen die Eisenbahnwaggons durch die Reichsbahn mit Öfen ausgestattet werden. Bei mäßig kalter Witterung genügt als Kälteschutz der bereits angedeutete Bodenbelag und das Umwickeln der Füße und der Brust mit Zeitungspapier. Die Lagerverwaltung bitte ich, die erforderlichen Transportgeräte, soweit noch nicht vorhanden, zu beschaffen und sie dem Schutzhaftlagerführer zu übergeben. Der Schutzhaftlagerführer übergibt die Transportausstattung dem jeweiligen Transportführer schriftlich, dieser sorgt nach Ablieferung des Transportes für vollständige Rückbeförderung des
Gerätes. Vor Beladung des Transportzuges sind die Waggons durch den Schutzhaftlagerführer und den Transportführer auf Sicherheit genauestens zu überprüfen. Festgestellte Fehler in dieser Hinsicht sind sofort durch geeignete Handwerkskräfte zu beseitigen.
c) Die Anmeldung des Transportzuges und die Erstellung der Transportlisten werden nach wie vor durch die Abteilung II gemacht.
d) Alle Dienststellenleiter, die an der Durchführung eines Transportes mit beteiligt sind, ersuche ich, sich für die ordnungsmäßige Erledigung der vorbeschriebenen Maßnahmen persönlich einzusetzen.

2. Dienststunden
Der Dienstbeginn und Dienstschluß (Bürostunden) muß, um ein ordnungsmäßiges Zusammenarbeiten aller Dienststellen im Standort zu gewährleisten, von mir einheitlich festgesetzt werden. Damit ist nicht gesagt, daß nun diese festgesetzten Zeiten nur pünktlich eingehalten werden, sondern daß erforderlichenfalls auch über diese Zeiten hinaus gearbeitet wird. Es ist vorgekommen, daß bei einer von mir befehlsgemäß durchzuführenden Angelegenheit diese nicht schnellstens erledigt werden konnte, weil nach Dienstschluß der betreffende Sachbearbeiter nicht mehr erreichbar war. Ich bitte die Dienststellenleiter daher, dafür Sorge zu tragen, daß die festgesetzten Zeiten nicht nur pünktlich eingehalten werden, sondern daß alle Dienststellen jederzeit, auch nachts, dringende Angelegenheiten, die keinen Aufschub dulden, erledigen können. Im KL-Dienst war das ja eigentlich schon immer so; im Kriege ist das überall als eine Selbstverständlichkeit zu fordern. Zur Zeit sind die Dienststunden wie folgt festgelegt:
Montag - Freitag 7.30-12.30 Uhr u. 14.00-18.00 Uhr
Sonnabend 7.30-13.30 Uhr
Die Arbeitszeiten in den Schutzhaftlagern und bei den einzelnen Arbeitsstellen regeln sich nach den gegebenen Bestimmungen und Jahreszeiten.

3. Bekleidung
Mir ist aufgefallen, daß einzelne Unterführer mit eigenen Reithosen, zum Teil sogar mit Lederreitbesatz umberstolzieren. Ich mache letztmalig darauf aufmerksam, daß ich verbotswidrige Bekleidungsstücke einziehen lassen und den Betreffenden bestrafen werde. Es werden von Nichtberechtigten noch andere Bekleidungsstücke getragen, die nur den zur Selbsteinkleidung verpflichteten SS-Führern Vorbehalten sind. Ich ersuche alle SS-Führer, die festgestellten Mängel umgehend abzustellen.

4. Truppenbetreuungsveranstaltungen im Februar
Dienstag, 8. Februar 1944, 20.00 Uhr:
Gastspiel des Schauspielhauses Breslau .Kupferne Hochzeit“; eine Komödie von Liebe von Svend Rindom.

Montag, 21. Februar 1944, 20.00 Uhr:
,,Musikalische Köstlichkeiten aus Oper und Operette“; es spielt das Stadt. Symphonieorchester Kattowitz unter Leitung von Generalmusikdirektor Dr. Wartisch. Solisten: Gerty von Elmpt, Olga Witt, Willi Popp, Willi Friedrich.

Dienstag, 22. Februar 1944, 20.00 Uhr:
Gastspiel des Raimonda-Ballets von der Skala Berlin. ,,Abend der Tanzkunst“.

6. Schulung
Für die Stäbe der Kommandantur I und II sowie für die SS-Standortverwaltung und für die Dienststelle SS-Standortarzt findet Mittwoch, den 9.2.1944, 20.00 Uhr, im kleinen Saal des Kameradschaftsheimes eine politische Schulung statt.
Thema: .Rußland und das Mittelmeer"

6. Ehebruch mit Soldatenfrauen
Der Befehl des Reichsführers-SS vom 30.1.1941 wird nochmals ins Gedächtnis gerufen.
Der Reichsführer-SS sagt in diesem Befehl u.a.:
,,Es ist für uns als SS-Männer so klar und so selbstverständlich wie für jeden anderen Deutschen, daß niemand der Frau eines im Felde stehenden Soldaten nahetritt. Dies ist einfachstes und selbstverständlichstes Anstands- und Kameradengesetz.“ Verstöße gegen diesen Befehl werden als militärischer Ungehorsam SS-gerichtlich geahndet.

7. Kenndecken für Diensthunde
Ab 1.2.1944 wird sämtlichen Schutzhunden vor jedem Dienstgang das Kennzeichen angelegt. Als Kennzeichen tragen die Schutzhunde der Waffen-SS eine gelbe Kenndecke mit den schwarzen Siegrunen in einem weißen Kreis.

8. Einrichtung berufsfortbildender Lehrgänge für aktive SS-Angehörige
Mit Wirkung vom 8. Februar 1944 werden für die aktiven SS-Unterführer und Männer der Kommandanturen I und II berufsfortbildende Lehrgänge in Deutsch und Rechnen eingerichtet. Die Abhaltung erfolgt, um den aktiven Soldaten die notwendige Fortbildung während ihrer Dienstzeit zu ermöglichen. Sie sollen dadurch in die Lage gesetzt werden, nach Ableistung ihrer aktiven Dienstzeit einen ihren Anlagen entsprechenden Beruf zu ergreifen. Der Unterricht findet jeweils Dienstag und Freitag von 6.30-7.30 Uhr im kleinen Saal des Kameradschaftsheimes statt. Die Teilnahme für alle aktiven Unterführer und Männer ist Dienst.

9. Häftlingseinsatz
Ich weise nochmals auf den Standortbefehl Nr. 53/43* Ziff. 6, vom 22.11.43 hin, in dem befohlen wurde, daß der Arbeitseinsatz zentral geleitet wird. Anforderungen von Häftlingen und dazugehöriger Bewachungsmannschaft sind grundsätzlich an die Abteilung lila zu richten, die sich beim SS-Standortältesten befindet. Anforderungen von Häftlingen beim Amt D II können ebenfalls nur über den Arbeitseinsatz durch mich zentral gemacht werden, damit ich feststellen kann, wieviel Häftlinge aus Auschwitz abgegeben werden können.

10. Anforderungen von Taschenlampenbatterien
Vom 1.-31.1.44 wurden von der Standortwaffenkammer auf Anforderung 607 Batterien ausgegeben. Die Batterien werden nur noch in geringen Mengen zugeteilt, da dieselben im 5. Kriegsjahr nicht mehr in beliebiger Anzahl zur Verfügung stehen. Die Dienststellenleiter und Einheitsführer haben bei Anforderung und Prüfung der Dringlichkeit einen strengen Maßstab anzulegen. Die Taschenlampe darf nur in wirklich notwendigen
Fällen zu dienstlichen Zwecken benutzt werden.

11. Verordnungsblatt der Waffen-SS Nr. 2 v. 15.1.44
Auf Ziffer 27 »Verhalten gegenüber dem weiblichen Personal in den öffentlichen Verkehrsmitteln“ und Ziffer 31 »Unberechtigtes Tragen von Orden und Ehrenzeichen“ wird besonders hingewiesen. Die Dienststellenleiter und Einheitsführer haben ihre Männer eingehend hierüber zu belehren.

12. Ungültigkeitserklärung
Die Ausweise:
Nr. 4086 auf den Namen Ladislaus Puzen, geb. 5.2.24 in Batzdorf, und
Nr. 4624 auf den Namen Paul Neumann, geb. 13.8.91 in Zottwitz
sind verlorengegangen und werden für ungültig erklärt.

gez. Liebehenschel
SS-Obersturmbannführer

F.d.R.
Zoller
SS-Hauptsturmführer und Adjutant