Auschwitz, 15. Dezember 1943

1. Sammelergebnis des 3. Eintopfsonntages
Die Listensammlung für das KWHW am 4./5. 12.43 erbrachte den Betrag von RM 10.519,68
Ich spreche Führern, Unterführern, Männern und Gefolgschaft des SS-Standortes Auschwitz für ihre Spenden meine Anerkennung aus.

2. Belobigung
Der SS-Schtz.
Alois Kulowitz, 2. Komp, hat am 6.12.43 durch entschlossenes Handeln die Flucht eines Häftlings vereitelt. Ich spreche K. für sein umsichtiges Verhalten meine Anerkennung aus. Er erhält von mir 5 Tage Sonderurlaub.

3. Julfeier
Die letzte Julfeier am 11.12.43 veranlaßt mich, auf folgendes hinzuweisen:
1. Jedes befohlene kameradschaftliche Zusammensein von Einheiten, also hier auch die Julfeiern, sind Dienst.
2. Anfang und Ende jeder Feier werden befohlen.
3. Es ist selbstverständlich, daß jeder dienstlich nicht anders eingeteilte SS-Angehörige an der Feier teilzunehmen hat und diese keinesfalls vor Beendigung und ohne besondere Genehmigung seines Einheitsführers verlassen darf.
4. Weil ich das, wie am 11.12.43, nur einmalig erlebt haben möchte, verzichte ich auf eine nähere Untersuchung des Grundes. Wer den Sinn des kameradschaftlichen Beisammenseins noch nicht verstanden hat, muß dazu erzogen werden. Die Feste (Kameradschaftsabende) werden so gefeiert, wie sie fallen, einmal mit Bier, das andere Mal mit Darbietungen oder Zusammensein aus besonderem Anlaß ohne Zutaten zur Entspannung. In jedem Falle muß aber Zucht und Disziplin herrschen. Ich bitte die Einheitsführer, SS-Dienststellenleiterund alle SS-Unterführer das noch Fehlende in dieser Hinsicht nachzuholen.

4. Kinderjulfeier
Am Sonntag, dem 19.12.43, 15.00 Uhr, findet im Kameradschaftsheim eine Kinderjulfeier statt, zu der die im Standort Auschwitz wohnenden SS-Frauen mit ihren Kindern eingeladen sind.

5. Kameradschaftsabend der Führer
Am Dienstag, dem 21.12.43, 19.00 Uhr, findet, wie schon mündlich bekanntgegeben, der Kameradschaftsabend für Führer statt. Anzug: nach Möglichkeit lange Hose. Ich bitte um pünktliches Erscheinen.

6. Festtagsurlaub 1943/44
a) Die Bestimmungen über Kurzurlaub sind für die Zeit vom 20.12.43, 00.00 Uhr, bis 3.1.1944, 24.00 Uhr, außer Kraft gesetzt.
b) Dienstreisen dürfen in der Zeit vom 18.12.43 bis 4.1.44 nicht ausgeführt werden.
c) Der Festtagsurlaub erfolgt in 5 Raten:
1. Rate vom 22.12.43 9.00 Uhr - 28.12.43 9.00 Uhr,
2. Rate vom 23.12.43 9.00 Uhr - 29.12.43 9.00 Uhr,
3. Rate vom 24.12.43 9.00 Uhr - 30.12.43 9.00 Uhr,
4. Rate vom 30.12.43 9.00 Uhr - 5.1.44 9.00 Uhr,
5. Rate vom 31.12.43 9.00 Uhr - 6.1.44 9.00 Uhr.
Ich weise besonders darauf hin, daß der Reiseantritt bei jeder Urlaubsrate nicht vor 9.00 Uhr erfolgt. Die Urlaubsscheine der Beurlaubten haben das Kennwort .Festtagsurlaub 1943/44“, dazu die entsprechende Rate, z.B. 1. Rate, in der rechten oberen Ecke zu tragen. Außerdem ist auf jedem Kriegsurlaubsschein in die linke obere Ecke eine Zulassungsmarke aufzukleben, die mit dem Dienststempel der beurlaubenden Einheit zu versehen ist. Bei den Raten 3 und 4 ist auf dem Urlaubschein unter der Zulassungsmarke zu vermerken: ,Nr. der Rate geändert“. Die Änderung ist mit dem Dienststempel zu beglaubigen.

Folgende Züge dürfen benutzt werden:
bis 100 Bahn-km: PmW-, P- und WE-Züge:
bei Freifahrt weißer Fahrschein mit rotem Schrägstrich,

über 100-300 11 nur FS-, FSR-, PmW.-, P- und WE-Züge:
bei Freifahrt weißer Fahrschein mit blauem Schrägstrich; auf
Fahrscheinvordruck ist Benutzung von DmW.- und EmW. zu
streichen.

über 300 » FS-, FSR-, DmW.-, EmW., PmW.-, P- u. WE-Züge:
bei Freifahrt weißer Fahrschein mit blauem Schrägstrich.

Die Einheitsführer haben persönlich vor Urlaubsantritt die Urlauber eingehend über Verhalten auf der Bahn und am Urlaubsort zu belehren. Wenn mir trotz dieser Belehrung Beanstandungen gemeldet werden, werde ich unnachsichtlich bestrafen.

7. SS-Maiden
Dem KL Auschwitz I sind weitere 6 SS-Maiden für das Fernsprech- und Fernschreibwesen zugeteilt worden. Ich erwarte von allen SS-Angehörigen, daß den SS-Maiden in jeder Hinsicht die gebührende Achtung entgegengebracht wird.

8. Verdunklung
Nach Inkrafttreten der verschärften Luftschutzmaßnahmen für den Bereich Auschwitz wird hiermit die sofortige totale Verdunklung befohlen. Da das vorgesehene Verdunklungsmaterial noch in Arbeit bezw. in der Anlieferung ist, sind sämtliche Gebäude und Unterkünfte vorläufig behelfsmäßig zu verdunkeln. Die Sicherungszäune der Schutzhaftlager bleiben vorerst voll beleuchtet und werden bei Alarm abgeschaltet. Anforderungen für Batterie- und Handscheinwerfer für den Wachdienst sind sofort vorzulegen. Alle noch notwendig werdenden Luftschutzmaßnahmen werden von Fall zu Fall bekanntgegeben.

9. Gerichts-SS-Führer
Mit Wirkung vom 8.12.43 wurde für den bisherigen Gerichts-SS-Führer SS-Obersturmführer Ganninger, SS-Untersturmführer Wilhelm Beyer als Gerichts-SS-Führer zum KL Auschwitz I versetzt.

10. Entwesung
Ein Sonderfall gibt mir Veranlassung darauf hinzuweisen, daß alle Unterkünfte (SS Familienangehörige, SS-Truppenangehörige, Zivilarbeiter, Häftlinge), bei denen eine Entwesung durchgeführt wird, erst dann betreten werden, wenn sie durch den vom SS-Standortarzt Auschwitz beauftragten Desinfektor, SS-Oscha. Klehr, bezw. dessen Vertreter, zum Betreten freigegeben werden. Die Dienststelle, in deren Bereich eine Entwesung durchgeführt wird, hat vor der entwesten Unterkunft bis zur Freigabe einen Posten aufzustellen (für die Schutzhaftlager einen Blockältesten), der das Betreten der entwesten Unterkunft zu verhindern hat.

11. Imprägnierung der Dienstbekleidung
Zur Zeit werden die Uniformen der SS-Angehörigen mit Lauseto imprägniert. Ich weise darauf hin, daß die Dienstbekleidung für Führer ebenfalls mit Lauseto zu imprägnieren ist. Der SS-Standortarzt hat mir bis zum 21.12.1943 die Durchführung dieser Anordnung zu melden.

12. Häftlinge am Telefon
Es ist vorgekommen, daß sich beim Telefonieren ein Häftling am Apparat gemeldet hat. Daß dies eine Unmöglichkeit und strengstens verboten ist, brauche ich wohl nicht näher zu erläutern, ebensowenig die Folgen, die daraus entstehen können. In Zukunft werde ich den Schuldigen zur Verantwortung ziehen.

13. Brennmittelversorgung
a) Dienststellen:
Mit sofortiger Wirkung verlieren alle noch laufenden Daueranforderungen für die Beschaffung von Kohle, Koks, Brikett und Holz ihre Gültigkeit. Sämtliche Dienststellen, Fouriere usw. reichen ihren monatlichen Bedarf zwischen 1. und 5. eines jeden Monats ein. Die SS-Standortverwaltung behält sich jedoch die Zuteilung vor, d.h. es werden nur die Mengen genehmigt, welche auf Grund der Kontingentierung errechnet sind. Mit den zugewiesenen Brennstoffen ist unter allen Umständen auszukommen. Eine Nachlieferung kann auf keinen Fall erfolgen. Die Dienststellenleiter werden besonders darauf hingewiesen, den oben gestellten Termin genauestens einzuhalten, da sonst die gesamte Brennstoffversorgung in Frage gestellt ist.
b) Haushalte.
In Anbetracht der außerordentlich schwierigen Holzbeschaffung wird hiermit angeordnet, daß für die Haushalte der SS-Angehörigen nur noch 2 Fuhren Holz für das Kalenderjahr 1.1.44-31.12.44 abgegeben werden. Für Monat Dezember findet eine Ausgabe nicht mehr statt. Da Brennholz nur zum Anheizen verwendet werden darf und im Reichsgebiet auf 10 Familien 1 cbm ausgegeben wird, ist mit der zugeteilten Menge, die ohnehin sehr reichlich ist, unbedingt auszukommen.

14. Kriegs- und Friedensbesoldung
Ein Sonderfall gibt Veranlassung, nochmals darauf hinzuweisen, daß sämtliche Angelegenheiten der Kriegs- und Friedensbesoldung über die Kompanie an die Verwaltung zu richten sind. Gehaltsempfänger haben auch ihre Angehörigen zu verständigen, daß diese nicht direkt mit der Besoldungsstelle verkehren dürfen.

15. Privatschuhmacherei
Die äußerst ernste und angespannte Lage in der Leder- und Gummiversorgung zwingt zu erheblichen Einschränkungen. Für die 4. Zuteilungsperiode des Jahres wurde der Verwaltung des KL Auschwitz von der Schuhmacherinnung des Kreises Bielitz für 279 in der Kundenliste erfaßte Personen insgesamt
3 kg Unterleder und 15 kg Gummimaterial zugeteilt. Das bedeutet pro Kopf im Vierteljahr ca. 12 g Leder und 50 g Gummi, praktisch also eine Besohlung (Gummi) pro Jahr. In Anbetracht dieser Tatsachen macht die Verwaltung darauf aufmerksam, daß künftig Schuhreparaturen nur in diesem Rahmen
durchgeführt werden können. Jeder Einzelne ist daher verpflichtet, die Schuhe schon bei den ersten Anzeichen des Verfalles und nicht erst nach völligem Ablaufen der Sohle zur Reparatur zu geben.

16. Kraftfahrzeugunfälle
Bei vorkommenden Kraftfahrzeugunfällen sind sofort auf schnellstem Wege die Kommandantur I, der Gerichts-SS-Führer und, wenn notwendig, der SS-Standortarzt zu verständigen. Sämtliche Fahrer sind nochmals eingehend über das Verhalten bei Unfällen zu belehren.

17. Weihnachtsbäume
Die von den Dienststellen und Abteilungen bestellten Weihnachtsbäume sind ab Sonnabend, den 18.12.43, im Holzhof abzuholen.

18. Untersuchung auf Infektionskrankheiten bei den in den Lebensmittelbetrieben des KL Auschwitz beschäftigten Personen
Alle männlichen und weiblichen Zivilangestellten in den Lebensmittelbetrieben haben sich sofort einer röntgenologischen Lungenuntersuchung zu unterziehen. Das schriftliche Untersuchungsergebnis ist dem SS-Standortarzt Auschwitz bis 23.12.43 einzureichen. Die Untersuchung kann durch einen Arzt nach freier Wahl erfolgen. Weiter wird befohlen, daß neueinzustellende Personen, ganz gleich, ob es sich um SS-Angehörige, Zivilangestellte oder Häftlinge handelt, vor ihrer Einstellung die erforderliche Untersuchungsgrundlage beizubringen haben.

19. Kasernenältester
Für die Truppenunterkünfte in den Steinbauten am Haus 7 wird SS-Hauptsturmführer Stoppel, Kompaniechef der 3. Kompanie, als Kasernenältester eingesetzt.

20. Diebstahl
In letzter Zeit sind nachstehende Gegenstände entwendet worden:
In der Zeit vom 22.11.43 abends bis 23.11.43 vormittags aus dem Fahrradständer beim Führerheim das Dienstfahrrad Lw. 45.

In der Zeit vom 4.12. 16.00 Uhr bis 6.12.43 7.00 Uhr vor der Werkstatt des TWL Auschwitz eine Feldschmiede.
Am Sonnabend, den 4.12.43 von 17.00-18.00 Uhr aus der Truppensauna Birkenau ein Koppel mit Seitengewehrtasche und deutschem Seitengewehr. Das Koppel ist mit den Buchstaben M.G. gekennzeichnet.
Zweckdienliche Angaben sind an die Kommandantur KL Auschwitz I zu richten.

21. Verloren
Auf dem Wege von der Truppenunterkunft bei Haus 7 zur Poststelle ging eine Geldtasche mit Inhalt, u.a. RM 106,- in Noten und Hartgeld, 4 Päckchenzulassungsmarken, verloren. Der Finder wird gebeten, die Geldtasche beim Stabsscharführer der Kommandantur KL Auschwitz I abzugeben.

22. Gefunden
Gefunden wurden:
am 1 .12.43 vor dem Kameradschaftsheim die Mauserpistole Nr. 304707 Kal. 7,65 mm.
Am 4.12.43 am Eingang zum SS-Revier ein goldener Ehering.
Ferner 1 Paar dunkelbraune Lederhandschuhe, eine schwarze Baskenmütze, ein Bund Schlüssel mit Schlüssel-Nr. 7 und 3 Patentschlüssel.
Die gefundenen Gegenstände können beim Stabsscharführer der Kommandantur I gegen Nachweis abgeholt werden.

23. Ungültigkeitserklärung
Der Ausweis Nr. 5400 auf den Namen Paul Gloss, geb. 16.6.94 zu Striegau lautend, ist verlorengegangen und wird für ungültig erklärt.

Der Standortälteste
gez. Liebehenschel
SS-Obersturmbannführer

F.d.R.
Zoller
SS-Hauptsturmführer und Adjutant