Aktenzahl des Gerichts (Geschäftszahl): LG Wien Vg 9 Vr 307/51

Prozess wegen NS-Gewaltverbrechen vor 1938

Opfer
Widerstand/Opposition

Tatland (Tatort)
Burgenland (Neustift)

Volksgerichtsverfahren gegen
U.T.

wegen
Fememord an Johann Weichselberger im Jahre 1937 in Neustift (Burgenland)

Verlauf der Vorerhebungen/Voruntersuchung bzw. des Gerichtsverfahrens
Die Anzeige gegen Johann Arnhold wegen Beteiligung an der Ermordung von Weichselberger wurde gemäß § 90 StPO am 16.10.1950 zurückgelegt.

Dieser Bericht ist nicht Bestandteil der Gerichtsa

Fememord an Johann Weichselberger
Johann Weichselberger stammte aus der NS-Hochburg Neustift bei Schlaining. Da sein Vater erkrankte und er den Hof alleine führen musste, konnte er sich der Parteiarbeit kaum mehr widmen und trat daher aus. Als kurz darauf einige illegale Nationalsozialisten auf Grund eines anonymen Schreibens verhaftet wurden, verdächtigte man Weichselberger, der Verfasser zu sein. Am 28. November 1937
wurde er tot aufgefunden. Da er privat keine Feinde hatte, ging die Polizei von einem Fememord in den eigenen Reihen aus und überprüfte seine ehemaligen Parteifreunde.

Neue Eisenstadter Zeitung vom 12. Dezember 1937
Im Zuge der Erhebungen zur Aufdeckung des an dem Landwirtssohn Johann
Weicheslberger begangenen Mordes wurde festgestellt, daß der wegen Verdachtes des Hochverrates kurrendierte Privatangestellte Helmut Breymann, der eine führende Rolle in der illegalen nationalsozialistischen Organisation des Burgenlandes spielt,sich einige Stunden nach Verübung des Mordes in Neustift aufgehalten haben soll. Da er nachgewiesenermaßen vor einiger Zeit den Johann Weichselberger, der ebenfalls der nationalsozialistischen Partei angehörte, mit dem Erschlagen bedroht hat, erscheint er verdächtig, an der Mordtat beteiligt gewesenzu sein. Breymann ist flüchtig und konnte bisher nichtausgeforscht werden. Hingegen wurde der postenlose Lehramtskandidat Karl Trattner aus Neustift. der vor kurzem behauptet haben soll, Weichselberger werde bald die Patschen ausstrecken, der Zimmermanngehilfe Adolf Gamauf aus Bergwerk, auf dessen Mantel Blutspuren gefunden wurden, sowie der illegale Sprengelleiter der NSDAP, der Landwirt Josef Leyrer aus Neustift, verhaftet. Die Erhebungen zur Ausforschung jener Personen, die mit Breymann In Verbindung standen, sind eingeleitet.

Diese Erhebungen wurden nie zu Ende geführt.
Nach der Besetzung Österreichs im März 1938 durch Nazi Deutschland, tauchten die von der Polizei Gesuchten plötzlich wieder auf. Breymann war ein SS-Standartenführer, deutscher Regierungskommissar und Hauptredner der Nazi geworden, ebenso der wegen Mordverdachtes verhaftete Trattner und alle anderenverherrlichten jetzt den Mord, konnte da von der Gestapo, die die Mordsache Weichselberger in die Hand genommen hatte, weitergeforscht
werden? Sie wären ja dahintergekommen, dass zu den Mördern Weichselbergeres auch der Gauleiter und Nazilandeshauptmann Dr. Portschy gehörte und auch sein Stellvertreter Arnhold.
Also durfte niemand etwas wissen, und die Zeugen mussten verschwinden. Der Freund des Ermordeten Weichselbergers, der Tierarzt Dr. Weiß aus Oberschützen, selbst illegales Mitglied der Nazipartei, hatte der Polizei nach dem Mord Angaben gemacht, die auf die Täter hinwiesen, um seinen Freund zu rächen.
Dr. Weiß wurde verhaftet und kam ins KZ Dachau. Er überlebte, und lebte nach 1945 in Salzburg. Der Nazigauleiter der Steiermark Dr. Portschy lebte nach 1945 in Graz. Er wurde zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, aber die Justiz ließ ihn
vorzeitig laufen. Er wurde später mehrmals in Oberschützen und Rechnitz gesehen.