Für die überlebenden Patientinnen und Patienten in den Landesheilanstalten war die militärische Befreiung Deutschlands keine Stunde Null. Zwar endete 1945 die konkrete Bedrohung der Ermordung, die Ernährungslage aber blieb trotz verschiedener Anstrengungen gerade unter der allgemeinen Mangelsituation der Nachkriegszeit noch längere Zeit äußerst defizitär und führte zunächst weiterhin zu Sterberaten ungeahnten Ausmaßes. Weil bei den Euthanasie-Verbrechen so viele Patienten und Patientinnen ermordet worden waren, wurde die in Weilmünster ab 1947 als solche geschlossen und für andere Zwecke genutzt.
Die Patienten sahen sich in den Anstalten überwiegend demselben Personal gegenüber wie während der NS-Zeit. Beispielsweise versah die später wegen Mordes verurteilte Hadamarer Oberschwester Irmgard Huber diese Funktion bis zu ihrer Verhaftung am 7. Juli 1945; noch im April hatte Landesrat Schlüter eine Verfügung aufgesetzt, die Huber weiter mit der Wahrnehmung der Dienstgeschäfte der Oberschwester der Landesheilanstalt Hadamar beauftragen sollte. Selbst die 4 Berliner Pflegerinnen, also die bis zum Schluss von T4 bezahlten Kräfte, waren zunächst weiter in der Anstalt Hadamar tätig, wenngleich sie nach Einschätzung des Vorgesetzten einen gedrückten Eindruck machten.
Allerdings erhielten die Anstalten Hadamar, Eichberg und Weilmünster 1945 neue, zum Teil kommissarische ärztliche Leitungen. Auf dem Eichberg übernahm im Herbst 1945 wieder Dr. Hinsen sein früheres Direktorenamt, das er 1938 wegen der Anstaltspolitik des Bezirksverbandes aufgegeben hatte. Eine Welle von Dienstentlassungen aufgrund von Anordnungen der amerikanischen Militärregierung ab Juli 1945 betraf solche Mitarbeiter, die durch NS-Mitgliedschaften belastet waren; die Frage einer Beteiligung an NS-Euthanasie-Verbrechen spielte hierbei zunächst in den meisten Fällen keine Rolle. Viele der zunächst Entlassenen konnten wenig später ihre Arbeitsstellen wieder einnehmen.


Mißhandlungen