Ablauf

Ende der 1950er Jahre, als mit großer Verspätung staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen SS-Personal des Lagers eingeleitet wurden, war Auschwitz, war das an diesem Ort verübte Menschheitsverbrechen, den Deutschen terra incognita.

Auschwitz war ein Weißer Fleck im Gedächtnis der Deutschen und erst der Frankfurter Prozess schuf ein Bewusstsein von den Verbrechen, erzeugte ein Wissen von dem Massenmord in Auschwitz.

Aktenzeichen der Justiz sind oft Ausdruck von Bürokratie und Kälte – und gelegentlich auch von Bedrohung. 4 Ks/63 war anders. Es war für die Überlebenden des Holocaust und die Angehörigen der sechs Millionen Toten der NS-Vernichtungslager ein Kürzel für eine späte Sühne.
Die beschauliche Provinzmetropole Frankfurt des Jahres 1963 war nicht vorbereitet auf den größten und bis dahin längsten Schwurgerichtsprozess der bundesdeutschen Justizgeschichte. Kein Frankfurter Gerichtssaal konnte die Beteiligten alle fassen. Georg August Zinn, der damalige hessische Ministerpräsident, vermittelte daher den Plenarsaal im Römer als Tagungsort. Am 20. Dezember 1963 schließlich sitzen dort 22 Männer auf gepolsterten Stühlen, wie Prozessbeobachter missbilligend notieren, und haben sich nichts vorzuwerfen in der "Strafsache gegen Mulka u.a.".

Beteiligte 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess

Transport der Angeklagten

Die Angeklagten waren in der Untersuchungshaft Preungesheim untergebracht und wurden mit Polizeiwagen, zwei Wagen für die Angeklagten und zwei für die Polizeibegleitung, über Hügelstraße/Eschersheimer Landstraße zum Gallushaus gebracht. Das Mittagessen kam aus Preungesheim. Zum Teil waren die Angeklagten ja auch auf freiem Fuß, es waren nicht alle in Haft. Das verlief eigentlich reibungslos, es gab keine Beanstandungen.

Generalstaatsanwalt Bauer Fritz

Fritz Bauer wurde 1903 in Stuttgart geboren, als Sohn eines jüdischen Textilhändlers. Hier besuchte er das Eberhard-Ludwigs-Gymnasium, zusammen mit Claus Schenk Graf von Stauffenberg; hier wurde er im Jahr 1930, im Alter von 27 Jahren, jüngster Amtsrichter Deutschlands; in Heidelberg, München und Tübingen hatte er Jura studiert.

"Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wird Fritz Bauer als politisch aktiver Sozialdemokrat verhaftet und für neun Monate im Konzentrationslager Heuberg und in der Strafanstalt Ulm eingesperrt. In dieser Zeit entfernen ihn die Nationalsozialisten aus dem Staatsdienst. Als ihn die Gestapo 1936 erneut verhaften will, flieht er nach Dänemark und 1943 vor der Deportation ins schwedische Stockholm. Dort gründet er mit Willy Brandt zusammen die Zeitschrift 'Sozialistische Tribüne'. . Im Exil in Dänemark und Schweden schrieb er sein Buch "Die Kriegsverbrecher vor Gericht". Hier ist bereits das Thema angelegt, das ihn bis zu seinem Tod beschäftigen sollte: die Frage, wie die Verbrechen der Nationalsozialisten juristisch und gesellschaftlich aufzuarbeiten seien.

1949 kehrt Fritz Bauer nach Deutschland zurück - mit großen Hoffnungen und konkreten Vorstellungen darüber, wie die neue demokratische Justiz und ein reformiertes Strafrecht in einem demokratischen Land aussehen sollten."


Am 1. Juli 1968 fand man Fritz Bauer tot in seiner Frankfurter Wohnung auf.
Er war allein gestorben, so wie er auch die letzten 18 Jahre seines Lebens allein verbracht hatte. Sein früher Tod, er war nicht einmal 65 Jahre alt geworden, kam für alle überraschend, außer für seine wenigen Freunde, die schon des längeren seinen kraftlosen Zustand mit Sorge verfolgt hatten.

Generalstaatsanwalt Fritz Bauer hat sich um die Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht.
Einen Verdienstorden war er ihr nicht wert.

Untersuchungsrichter Düx

Um die Zeugenaussagen zu überprüfen, unternimmt Untersuchungsrichter Düx eine sogenannte 'Privatreise' nach Auschwitz:

"Also ich hatte einen Antrag gestellt auf Genehmigung einer Dienstreise, der wurde erst mal liegen gelassen, und eine förmliche Genehmigung ist nie erteilt worden. Ich bin dann einfach unter der Hand selbst hingefahren, allerdings die Kosten der Reise sind mir erstattet worden."

Als Düx in Auschwitz ankommt, wird dort gerade ein Film gedreht:

"Ich traute meinen Augen nicht, da liefen Komparsen rum in SS-Uniformen, mit Wachhunden, es wirkte so, als ob noch die NS-Zeit im Gange gewesen wäre. Ich hab dann festgestellt, in Birkenau zur Sola hin, das ist ein kleiner Fluss, der fließt durch Auschwitz, in dem Uferbereich, bevor die Verbrennungen stattfanden, wurden da glaub ich die Leichname im Auenbereich der Sola abgelagert. Da hatte ich mal einen dicken Grasbüschel herausgezogen, kam gleich ein Menschenknochen mit hervor. Es war sehr beeindruckend, was man da zu sehen bekam. Ich hab ja in dem Kommandantenzimmer von dem Höß bzw. dem Baer habe ich ja zwei Nächte in Auschwitz geschlafen. Und von dem nahen Rangierbahnhof hörte man dann während der Nacht die Lokomotiven pfeifen, es war ja damals noch Dampflok-Betrieb, da wurde man zwangsläufig an die einlaufenden Transporte erinnert, die Juden-Transporte."

Staatsanwalt Kügler Joachim

Joachim Kügler, der auch Sachbearbeiter im Ermittlungsverfahren gegen den KZ-Arzt Josef Mengele war und 1965 nach Ende des Prozesses aus dem hessischen Justizdienst ausschied, zeigte Mulka wegen Beleidigung an, weil er von ihm als "Angehöriger eines uniformierten Mordkommandos" bezeichnet worden war.

22.10.1964

103 Verhandlungstag Vernehmung der Zeugin Erna Mulka [321 KB]

20.11.1964

114. Verhandlungstag Vernehmung des Zeugen Eugeniusz Motz [980 KB]

17.05.1965

159. Verhandlungstag
Plädoyer des Staatsanwalts Kügler

10.06.1965

166. Verhandlungstag
Plädoyer des Verteidigers Laternser