dt. NS-Todesrichter

* 28.04.1911 in Oppenheim

Otfried Keller, ein NS-Todesrichter, brachte es zum höchsten juristischen Amt in Marburg. Keller war von 1957 bis 1976 Präsident des Landgerichts Marburg

vor 1945 Oberstabsrichter bei der 26. Infanterie-Division
seit dem 15.09.1936 beim Stab der 26. Infanterie-Division
Stellungnahme des Divisionskommandeurs der 26. Infanteriedivision an den Oberkriegsgerichtsrat beim Panzerarmeeoberkommando 2 vom 21.11.1942:
"Die Division schlägt Kriegsgerichtsrat Keller, Stab d. 26. Infanterie-Division, zur Verbesserung seines Rangdienstalters vor. Kriegsgerichtsrat Keller ist ein weit über dem Durchschnitt stehender Heeresjustizbeamter, der sich durch seine lange und erfolgreiche richterliche Tätigkeit in der Division außerordentliche Verdienste um die Aufrechterhaltung der Manneszucht erworben hat. Dank seiner guten geistigen Anlagen und seiner besonderen Tatkraft versteht er es, auch unter schwierigen Verhältnissen, wie sie in Rußland gang und gebe sind, alle Gerichtsverfahren schnell und sicher zum Abschluß zu bringen. Er genießt in der Division volles Vertrauen und ist ein geschätzter und geachteter Berater aller Kommandeure. Häufig wurde er während der Kämpfe als Ordonnanzoffizier und Verbindungsoffizier zur kämpfenden Truppe eingesetzt. Er hat dabei stets Einsatzbereitschaft und persönlichen Mut gezeigt. Ein Heeresrichter, wie er sein soll! ..."

01.07.1952
Oberregierungsrat im Hessischen Justizministerium

1954
immer noch als ORR im Hessischen Justizministerium

1957-1980 Landgerichtspräsident in Marburg

1974
Im Handbuch der Justiz 1974 erscheint Keller - ohne Dr. Titel - als Präsident des Landgerichts Marburg mit Datum vom 25.10.1957

1985
Im Justizreport des Landgerichts Darmstadt von 1985 beschäftigt sich LG-Präsident a. D. Otfried Keller in einem Aufsatz mit dem Thema "Das Wiedererstehen der Darmstädter Justizbehörden vor 40 Jahren - Einer, der dabei war, erinnert sich -". Ohne jede kritische Reflexion über die Rolle der Justiz im Nationalsozialismus oder gar die eigene - auch nicht im Ansatz. Er lässt in diesem Beitrag auch wissen, dass die "amerikanischen Militärbehörden schon in den Monaten März und April 1945 den Darmstädter Staatsanwalt Dr. Karl Specht "als Berater herangezogen" hätten. Dieser Dr. Specht habe gewusst, "daß ich `unbelastet` war, wie man das damals nannte, ... ". Er sei am 18.7.1945 als Staatsanwalt vereidigt worden. Sein beruflicher Werdegang habe ihn 1950 zur Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt und 1951 in das Justizministerium geführt. Erst 1955 sei er an das Landgericht Darmstadt zurückgekehrt. Schließlich sei er im Oktober 1957 nach Marburg versetzt worden.

Kriegsrichter
Die meisten Kriegsrichter verlegten sich hinsichtlich ihrer Vergangenheit auf Schweigen und überließen ihre Rechtfertigung anderen. Zu den Ausnahmen gehörte der spätere Marburger Landgerichtspräsident Otfried Keller. In seinen Lebenserinnerungen berichtet er mit unverhohlener Genugtuung über seine Tätigkeit als Divisionsrichter und damit in einer gehobenen Position, die neben vielen eigenen Urteilen auch die Überprüfung und Bestätigung der Keller unterstellten Kriegsrichter umfasste. Diese Tätigkeit stellte er in den Mittelpunkt seiner Erinnerungen, „zum einen weil ich mit Freude, Stolz und Dankbarkeit an diese Jahre zurückdenke, zum anderen um damit eine gerechtere Beurteilung einer Zeit zu ermöglichen, deren Darstellung augenblicklich in erschreckendem Umfang von ideologisch indoktrinierten und Pseudo-Wissenschaftlern, Hobbyforschern und Enthüllungsjournalisten betrieben wird.“ Folgt man seiner Darstellung, bestand die Tätigkeit eines Divisionsrichters und überhaupt der allermeisten anderen Kriegsrichter nahezu ausschließlich in der Verhängung maßvoller Freiheitsstrafen, die mit extrem seltenen Ausnahmen, auch in Fällen von Wehrkraftzersetzung, Selbstverstümmelung usw. zur Bewährung ausgesetzt wurden. Unter welchen lebensgefährlichen und grausamen Bedingungen die „Bewährung“ erfolgte, erfährt man nichts.
Vom militärischen Denken lösen konnte Keller sich auch nach Kriegsschluss nicht. Als das Bundesverteidigungsministerium für den damals möglich erscheinenden Dritten Weltkrieg eine neue Kriegsgerichtsbarkeit nach altem Muster installieren wollte[56], meldete er sich sofort freiwillig. Als Major der Reserve wurde er in den Monaten 1958 bis 1962 „auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn noch einmal, was ich zu dem Beginn über fast ein Jahrzehnt und im Grunde wohl auch geblieben war: Richter und Soldat“.

Einem solchen Verteidiger der Wehrmachtsjustiz musste denen, die eine Aufhebung der Todesurteile gegen Kriegsdienstverweigerer und Deserteure als unerträglichen Traditionsbruch ansahen, hoch willkommen sein. Von der CDU/CSU-Fraktion zum Gutachter bestellt, verteidigte Keller am 29. November 1995 vor dem Rechtsausschuss des Bundestages die Wehrmachtsjustiz als „echtes Organ der Rechtspflege“ mit einem „rechtsstaatlichen Verfahren“, das sich für die Angeklagten „segensreich“ ausgewirkt habe. Während des Hearings musste man Keller an seine eigenen Todesurteile erinnern.

Unter der Präsidentschaft des früheren Kriegsrichters Otfried Keller setzten weitere Kriegsrichter - Dr. Mannskopf am Amtsgericht Schwalmstadt, Ernst Wolff am Amtsgericht Biedenkopf sowie Valentin Sauer, Dr. Schwalbe und Dr. Frohwein am Landgericht Marburg - vor Ort ihre in der NS-Zeit begonnene Karriere fort.

Beschäftigung von Kriegsrichtern
Am Landgericht Marburg schaffte es ein ehemaliger Kriegsgerichtrat zum Präsidenten zu werden
nämlich Otfried Keller der sich übrigens 1995 als Gutachter im Bundestag erwartungsgemäß gegen die Rehabilitierung von Deserteuren aussprach]. Seine ihm untergeben „Kameraden“ beim
Landgericht Marburg tauchten, glaubhaften Zeitzeugenberichten nach, sogar bei Gericht in Uniform auf, um damit dem Präsidenten zu imponieren und das wohlgemerkt im Bezirk eines der wenigen bedeutenden nicht nationalsozialistischen Juristen in leitender Stellung, nämlich unter
Generalstaatsanwalt Fritz Bauer.

Auszeichnungen:
06.07.1940 Eisernes Kreuz 2. Klasse
19.12.1941 Kriegsverdienstkreuz 2. und 1. Klasse
05.08.1942 Ostmedaille

12.09.1990 Hessischer Verdienstorden
(Das Datum gibt das Datum auf der Urkunde an)