SS-Obergruppenführer

* 10.10.1900 in Krefeld
† 04.12.1969 in Hamburg

Sohn eines mittelständischen Wäschereibesitzers

Aufgewachsen in
Wuppertal-Elberfeld

Oberrealschule Elberfeld
(ohne Abitur)

1918
zum Kriegsdienst eingezogen, kam aber nicht mehr an die Front

1919
gehörte er der 2. Marinebrigade unter dem Freikorpsführer Korvettenkapitän Ehrhardt Hermann an

Eine Lehre im elterlichen Betrieb brach er nach Auseinandersetzungen mit seinem Vater ab. Er lebte dann mehrere Jahre von Hilfsarbeitertätigkeiten und heimlichen Zahlungen seiner Mutter.

ab 1920
Mitglied im Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund

1921
Nachfolge von Alfred Günther als Leiter der Jugendgruppe in Elberfeld

1922
Eintritt in die NSDAP (Mitglieds Nu. 95, bis 1935 hatte er die Nu. 32 667)

ab 1923
kämpfte in der illegalen Organisation „Heinz“ gegen die Ruhrbesetzung durch die Franzosen

09.11.1923
aktiv am Hitlerputsch beteiligt

1924 - 1928
Gauleiter von Rheinland-Nord.
(Gaugeschäftsführer wurde Joseph Goebbels, der damals einzige Freund Kaufmanns. Die Tagebuchaufzeichnungen von Goebbels schildern Kaufmann als innerlich zerrissenen Mann. Goebbels erwähnt sogar einige Nervenzusammenbrüche und einen Suizidversuch Anfang 1926.)

1928
Mitglied im Preußischen Landtag.
(Die Diätenzahlung war sein erstes regelmäßiges Einkommen)

27. 12.1928
Hochzeit mit Kaufmann Else geb. Speth
(Tochter eines Uhrmachermeisters und Juweliers aus Elberfeld und Schwägerin seines Vertrauten Hellmuth Elbrechter.)

ab 01.05.1929
Gauleiter in Hamburg

1930 - 1945
Mitglied im deutschen Reichstag

05.03.1933
am Abend des 5. März 1933 beauftragte er den nationalsozialistischen Polizeibeamten Peter Kraus mit der Leitung eines Fahndungskommandos der Hamburger Staatspolizei, das insbesondere in der Illegalität operierende kommunistische und sozialistische Gruppen zerschlagen sollte.

ab 16.05.1933
Reichsstatthalter in Hamburg. In dieser Funktion übernahm er 1936 die „politische Leitung“ der Hamburger Gestapo und übte so auf diese Verfolgungsinstanz erheblichen Einfluss aus. Er nutzte seine Machtstellung zur Bereicherung und Schaffung eines braunen Bonzentums, das auch Teil seines Herrschaftssystems wurde.

1933
Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP

1933
Im Herbst 1933 ließ Kaufmann das Konzentrationslager Fuhlsbüttel einrichten, dessen Wachmannschaften sich als Hilfskräfte des Gauleiters verstanden

27.01.1934
Beförderung zum SS-Gruppenführer

1934 - 1935
Verfahren wegen eines Tötungsdelikts im von ihm errichteten KZ Fuhlsbüttel rechtswidrig niederschlagen ließ, sammelten innerparteiliche Gegner Material gegen ihn, um sein auf „Unerfahrenheit und Verantwortungslosigkeit“ basierendes System zu beseitigen. Himmler wollte sich nicht damit befassen und entschied im Februar 1935, den Fall an das Oberste Parteigericht abzugeben. Kaufmann kam unbeschadet davon, denn auch Walter Buch verfolgte den Vorgang nicht weiter.

Berlin, den 25.03.1938
Das SS Zivilabzeichen Nr. 90 026, Inhaber SS-Gruppenführer Kaufmann Karl, SS Nr. 119 495, Stab RFSS ist zu Verlust geraten. vor Mißbrauch wird gewarnt.
SS-Ergänzungsamt

09.11.1938
am Abend des 9. November, gab Kaufmann aus München die Befehle zur Zerstörung der Synagogen und der Geschäfte und Wohnungen der Hamburger Juden an die Parteiorganisation der Hamburger NSDAP.
Kaufmann sagte als Zeuge vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg 1946 falsch aus, er habe das Novemberpogrom in Hamburg verboten. Tatsächlich gingen die Zerstörungen der SA-Kommandos in Hamburg nach demselben Muster vonstatten wie andernorts.

1939 ließ sich Kaufmann im Garten des „neuen repräsentativen Hauptsitzes der Verwaltung“ in Hamburg einen Bunker bauen, der als „verbunkerte Befehlsstelle“ diente.

Die Fertigstellung des Bunkers erfolgte mit Verzögerung im Juni 1940. Bei Luftangriffen sollten Reichstatthalter Kaufmann, Staatssekretär Ahrens, SS-Gruppenführer Prützmann, Senator Dr. Ofterdinger, Senatsdirektor Dr. Bock von Wülfingen, der stellvertretende „Gauleiter“ Henningsen und Senatsdirektor Tiedt in dem Bunker Schutz finden.

16.09.1941
Kaufmann ergriff nach einem Bombenangriff am 16. September 1941 die Initiative und holte sich die Einwilligung Hitlers, die Hamburger Juden zu deportieren. In einem Brief an Hermann Göring schrieb er: „Im September 1941 war ich nach einem schweren Luftangriff an den Führer herangetreten mit der Bitte, die Juden evakuieren zu lassen, um zu ermöglichen, dass wenigstens zu einem gewissen Teil den Bombengeschädigten wieder eine Wohnung zugewiesen werden könnte. Der Führer hat unverzüglich meiner Anregung entsprochen und die entsprechenden Befehle zum Abtransport der Juden erteilt." Diese Deportation scheiterte am Widerstand des Generalgouverneurs Hans Frank, der die Juden aus Hamburg nicht aufnehmen wollte.

30.01.1942
Beförderung zum SS-Obergruppenführer

ab 30.05.1942
Reichskommissar für die Seeschifffahrt

03.04.1945
Kaufmann versucht im Führerbunker bei Hitler vorzufühlen, ob eine kampflose Übergabe Hamburgs als „offene Stadt“ möglich sei. Nach Kaufmanns Angaben soll dies eine sehr „frostige“ Unterredung gewesen sein. Generalfeldmarschall Ernst Busch und auch Großadmiral Karl Dönitz bestanden auf einer Verteidigung.

04.05.1945
verhaftet und interniert. Er wurde trotz seiner „politischen Verantwortung“ für die Verbrechen im KZ Neuengamme nicht von der britischen Militärgerichtsbarkeit angeklagt.

Mit der Behauptung, er habe sich aufgrund der Erfahrungen nach der “Operation Gomorrha“ (militärischer Tarnbegriff der britischen Luftwaffe für die Bombenangriffe auf Hamburg im Sommer 1943) und angesichts des Kriegsverlaufs entschieden, Hamburg am 3. Mai 1945 kampflos zu übergeben, versuchte Kaufmann sich nach Kriegsende - nicht ohne Erfolg - zu entlasten. Bis Oktober 1948 war er in britischer Haft im Internierungslager Neuengamme. Hier schloss er sich der “Bruderschaft” an, einer Untergrundorganisation aus ehemaligen NS-Aktivisten und SS-Offizieren. Kaufmann wurde aus gesundheitlichen Gründen aus der Haft entlassen, nachdem er auf dem Weg zur Zeugenaussage vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg bei einem Autounfall schwer verletzt worden war. Anfang der 1950er Jahre engagierte er sich im politisch rechts orientierten “Naumann-Kreis”, der eine explizit liberale Politik der FDP ablehnte. Außerdem scharte er in einem “Herrenclub” in Hamburg ehemalige NS-Führer um sich. Am 15. Januar 1953 wurde Kaufmann verhaftet. Die Hamburger Staatsanwaltschaft legte eine Anklageschrift vor, das Hauptverfahren wurde jedoch nicht eröffnet. Karl Kaufmann zog sich gut situiert als Privatier zurück, war Seniorchef eines Versicherungsunternehmens und Teilhaber einer chemischen Fabrik, die beide von ehemaligen Nationalsozialisten gegründet worden waren.

Die Entnazifizierung Hamburger NS-Prominenz
Wie Amandus Brandt und die meisten anderen Kreisleiter zählte auch Karl Kaufmann zur Garde der „alten Kämpfer“. In Krefeld geboren, durchlief er ab 1920 seine politische Sozialisation in den paramilitärischen Organisationen der Freikorps. Seit 1922 Mitglied der NSDAP, avancierte er bereits 1925, fünfundzwanzigjährig, zum Leiter des Gaues Rheinland-Nord. Im Mai 1929 wurde Kaufmann von Hitler nach Hamburg beordert, um dort die Dauerquerelen in der Partei zu beenden. Unter Kaufmanns Führung wurde die NSDAP in Hamburg zur stärksten politischen Kraft und machte auch hier den geballten Einsatz von Terror gegen politische Gegner und Andersdenkende zum Markenzeichen der NS-Bewegung. Während der gesamten NS-Zeit vereinigte Kaufmann die wichtigsten politischen Ämter Hamburgs in seiner Person: NSDAP-Gauleiter, Reichsstatthalter, „Führer“ der hamburgischen Landesregierung, Chef der hamburgischen Staats- und Gemeindeverwaltung, Reichsverteidigungskommissar im Wehrkreis X. Vielfältig in die Expansions- und Vernichtungspolitik des „Dritten Reiches“ verstrickt, ging auch die Deportation der Juden aus Hamburg seit Herbst 1941 auf seine persönliche Initiative zurück. Bis kurz vor Kriegsende erwies er sich als treuer Vasall Hitlers, der erst in den letzten Kriegsmonaten die sich abzeichnende totale militärische Niederlage des „Dritten Reiches“ realisierte und die kampflose Übergabe Hamburgs am 3. Mai 1945 einleitete. Nach Kriegsende verhaftet und interniert, verbrachte Kaufmann einen großen Teil seiner Internierungszeit, wie bereits erwähnt, im Krankenhaus der Anstalt Bethel bei Bielefeld. Im Juni 1946 als Zeuge der Verteidigung zum Nürnberger Kriegsverbrecherprozess geladen, hatte Kaufmann auf dem Weg vom Civil Internment Camp No 1 in Neumünster-Gadeland nach Nürnberg schwere Kopfverletzungen erlitten, als das Transportfahrzeug in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde und sich überschlug. Offiziell bis Oktober 1948 interniert, verbrachte Kaufmann etliche Monate im Lazarett und Krankenhaus und wurde entlassen, nachdem ihn drei ärztliche Gutachten für haftunfähig erklärt hatten. 1950 wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr erneut inhaftiert, gelangte er bereits dreieinhalb Monate später aus gesundheitlichen Gründen wieder auf freien Fuß. Anlässlich seiner Entnazifizierung im Januar 1951 stufte ihn das Spruchgericht in die Kategorie III der „Minderbelasteten“ ein. Als er zu Beginn der 1950er Jahre Anstalten machte, sich erneut im rechtsradikalen Umfeld wie dem „Gauleiter-Kreis“ um den ehemaligen Staatssekretär im Reichspropagandaministerium, Werner Naumann, zu engagieren, verhaftete ihn die britische Militärverwaltung im Januar 1953 erneut und führte ihm damit unmissverständlich vor Augen, dass sie sein politisches Comeback nicht dulden würde. Auch wenn ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hamburg zur Formulierung einer Anklageschrift wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit führte, kam es nie zur Eröffnung eines Hauptverfahrens. Anschließend zog sich Kaufmann aus der Politik zurück, um Ende der 1950er Jahre als Seniorchef in ein Versicherungsunternehmen einzutreten, das der ehemalige NSDAP-Gauwirtschaftsberater Dr. Otto Wolff gegründet hatte. Bis zu seinem Tode lebte Kaufmann wohlsituiert und unbehelligt in Hamburg.

Spruchgericht
Einerlei ob es um die Judenverfolgung, die Misshandlung ausländischer Arbeitskräfte oder Kriegsgefangener ging, der ehemalige Kreisleiter Brand Amandus hatte von nichts gewusst, nichts veranlasst und ein notorisch gutes Gewissen, wobei er sich auf seinen einstigen Vorgesetzten, den ebenfalls jede Verantwortung weit von sich weisenden Gauleiter Karl Kaufmann, berufen konnte, der formal ebenfalls als interniert galt, tatsächlich aber im Krankenhaus Bethel bei Bielefeld behandelt wurde und somit einer Internierung entging. Kaufmann wie Brandt offenbarten erstaunliche Gedächtnislücken oder tischten der Spruchkammer dreiste Lügen auf. Wenn sich Tatbestände wie die Judenverfolgung oder der Einsatz von Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen auch nicht völlig verleugnen ließen, so belastete die einstige NS-Elite bevorzugt jene NS-Prominenz, die bei Kriegsende nicht mehr lebte oder infolge des Nürnberger Prozesses hingerichtet worden war, mithin Personen, denen ihre Aussagen nicht mehr schaden konnten. In seinen Ausführungen, die er der Spruchkammer Bielefeld zukommen ließ, sprach Kaufmann nicht nur seine früheren Kreisleiter, sondern vor allem sich selbst von jeder Schuld frei.


14/15.01.1953
Auf Anordnung des britischen Hohen Kommissars wurden nachts sieben ehemals führende Natinalsozialisten in Düsseldorf, Hamburg und Solingen unter dem Verdacht verhaftet, eine Verschwörung zur Machtergreifung in der Bundesrepublik organisiert zu haben. In dem von den britischen Behörden nach Abschluss der Verhaftungsaktion veröffentlichten Kommuniqué heißt es: »Es ist den britischen Behörden seit einiger Zeit bekannt, dass sich eine Gruppe ehemaliger führender Nazis mit Plänen zur Wiederergreifung der Macht in Westdeutschland befasste. Auf dem Gebiet der Außenpolitik war das Hauptziel dieser Gruppe die Verbreitung antiwestlicher Anschauungen und Richtlinien. Die Tätigkeit der Gruppe wurde von Zellen in der britischen Zone geleitet ..
Bei den Verhafteten handelt es sich um Dr. Werner Naumann, ehemals Staatssekretär im Reichspropaganda Ministerium, Dr. Gustav Scheel, ehemaliger Reichsstudentenführer und späterer Gauleiter von Salzburg, den früheren SS-Brigadeführer Paul Zimmermann, den ehemaligen Ortsgruppenleiter der NSDAP in Solingen, Heinz Siepen, den früheren Mitarbeiter der Rundfunkabteilung des Reichspropagandaministeriums Dr. Karl Scharping und den Teilnehmer am Marsch auf die Feldherrnhalle im November 1923, Dr. Heinrich Haselmayer« Nachträglich wird außerdem die Verhaftung des ehemaligen Gauleiters von Hamburg, Karl Kaufmann, bekanntgegeben.

Auszeichnungen
00.00.1921 Schlesicher Adler 2. Stufe
00.00.1933 Goldenes Ehrenzeichen der NSDAP
29.01.1939 Goldenes Hitler-Jugend Ehrenzeichen mit Eichenlaub
1931 Abzeichen des SA-Treffens Braunschweig 1931
1933 Schlageter-Gedächtnisabzeichen
00.02.1934 Ehrenwinkel für alte Kämpfer (SS)
16.12.1935 Julleuchter der SS
01.12.1936 Ehrendegen des Reichsführers-SS
01.12.1936 Totenkopfring der SS
1940 Dienstauszeichnung der NSDAP in Bronze
1940 Dienstauszeichnung der NSDAP in Silber
1941 Dienstauszeichnung der NSDAP in Gold-
00.00.1941 Ehrenwinkel für alte Kämpfer (NSKK)