Ghetto

Bezeichnung:

Gebiet:
Polen, Region Schlesien, Kreis Blachstädt, Bezirk Oppeln, Gemeinde Klobucko

Eröffnung: 08.10.1941

Liquidierung: 22.06.1942

Deportationen:
ab dem 22.06.1942 nach Auschwitz

Einsatz der Häftlinge bei:

Art der Arbeit:

Bemerkungen:

22.06.1942

Mit diesem Transport werden 25 männliche u. 1 weiblicher "Häftling" aus Oppeln (u. dem Ghetto Klobuck) ins KL Auschwitz deportiert. Die übernommenen männlichen "Häftlinge" erhalten die Häftlingsnummern 40636 - 40663. Der übernommene weibliche "Häftling" erhält die Häftlingsnummer 7958

Urteil vom 17. Juni 2005

LSG Nordrhein-Westfalen · Urteil vom 17. Juni 2005 · Az. L 13 RJ 31/02

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25. Februar 2002 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 13.01.2005 wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Altersruhegeld und in diesem Rahmen um die Anerkennung von Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten von April 1935 bis September 1939 und von Januar 1940 bis Juni 1942.

Die am 00.00.1920 in Klobuck, Polen, geborene jüdische Klägerin ist Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG). Sie wanderte 1948 nach Israel aus, wo sie nach einem Aufenthalt in Belgien in der Zeit von 1958 bis 1974 wieder als dortige Staatsangehörige lebt.

Am 19.01.1990 beantragte sie erstmals Rente aus der deutschen Rentenversicherung; nähere Angaben hierzu machte sie zunächst nicht.

Die Beklagte zog nach Abgabe der Sache an sie die Entschädigungsakten der Klägerin vom Bayerischen Landesentschädigungsamt bei. Hieraus ergibt sich u.a. folgendes:

Unter dem 27.05.1957 erklärte die Klägerin in einer eidesstattlichen Versicherung, sie habe noch bei Kriegsausbruch bei ihren Eltern in Klobuck in der T-gasse 0, gewohnt. Nach Einmarsch der Deutschen in Klobuck habe sie verschiedene Zwangsarbeiten verrichten müssen, die sie nach Einweisung in das Ghetto Klobuck habe fortsetzen müssen. Im Juni 1942 sei sie in ein Arbeitslager gebracht worden.

Eine D X und eine C X1 gaben 1957 ebenfalls an, dass die Klägerin nach der Besetzung von Klobuck durch die Deutschen verschiedene Zwangsarbeiten habe verrichten müssen. Dies gelte auch für die Zeit nach Einweisung in das Ghetto Klobuck.

Im Rahmen ihres Antrags auf Entschädigung für Schaden an Körper und Gesundheit vom 11.08.1957 gab die Klägerin an, sie habe mit den Eltern in Klobuck in der T1-gasse gewohnt, als der zweite Weltkrieg ausgebrochen sei. Ihre Eltern hätten eine Fabrik für Stoff- Woll- und Garnfärberei gehabt. Dort seien ständig 15 bis 20 Arbeiter beschäftigt gewesen. Im September 1939 habe die deutsche Wehrmacht Klobuck besetzt und man habe sofort zwangsarbeiten müssen. Im Jahre 1942 sie sei in ein Zwangsarbeitslager eingewiesen worden. Dies wird in Erklärungen von Oktober 1957 durch Zeugen E C und S H bestätigt. Ausweislich der Anamnese für ein ärztliches Gutachten von 1962 gab die Klägerin seinerzeit an, sie habe bis zum Alter von 14 Jahren die Volksschule besucht und mit 17 Jahren eine Schneiderlehre gemacht; bis 1939 habe sie als Schneiderin gearbeitet.

Nach einem psychiatrischen Gutachten von 1992 gab die Klägerin an, sie sei 1920 als drittes von fünf Kindern geboren worden; ihr Vater sei Arbeiter in einer Farbenfabrik, ihre Mutter Schneiderin gewesen. Bis zum Kriegsausbruch habe sie, die Klägerin, 7 Schuljahre absolviert und dann ihrer Mutter beim Schneidern geholfen. Im Jahre 1927 sei die Familie nach Lodz gezogen, denn die Mutter habe gewollt, dass die Kinder in einer Großstadt aufwuchsen. Bei Kriegsausbruch sei sie von Lodz deportiert worden und wieder in ihre Geburtsstadt gelangt, wo man bis 1943 - ohne besondere Ereignisse - gelebt habe. Es habe zwar ein Arbeitslager in der Nähe dieser Stadt gegeben und die jungen Leute hätten dort gearbeitet, doch im allgemeinen sei ihr Leben normal geblieben. 1943 sei der Ort "judenrein" gemacht worden und sie, die Klägerin, selbst sei nach Neusalz verbracht worden.

Auf Nachfrage durch die Beklagte gab die Klägerin im Rentenverfahren an, sie habe vom 01.04.1935 bis September 1939 als Schneiderin bei dem Arbeitgeber B Konfektionsschneiderei gearbeitet. Die Höhe der Entlohnung sei ihr nicht erinnerlich. Es seien Beiträge zum ZUS Lodz entrichtet worden. Zudem gab die Klägerin an, sie habe sich in der Zeit von 1939 bis 1945 in verschiedenen Lagern in Haft befunden. Hierzu erklärte die Klägerin in einer eidesstattlichen Erklärung vom 05.08.1990 ausdrücklich, sie habe vor dem Krieg in Lodz als Schneiderin gearbeitet. Sie sei am 01.04.1935 in die Konfektionsschneiderei B eingetreten. Sie habe die Schneiderei bei ihrer Mutter gelernt. Als 1939 der Krieg ausgebrochen sei, habe sie die Stelle verloren und man sei nach Klobuck zurückgezogen.

Der polnische Versicherungsträger hat die von der Klägerin behaupteten Zeiten von 1935 bis 1939 nicht bestätigt; Unterlagen hätten nicht ermittelt werden können.

1992 legte die Klägerin zur Glaubhaftmachung ihres Beschäftigungsverhältnisses als Schneiderin Zeugenerklärungen vor: Frau F H, geb. C1, gibt an, die Klägerin habe in der streitigen Zeit als Schneiderin bei B1 B in Lodz gearbeitet; sie kenne die Klägerin seit ihrer frühesten Kindheit, denn sie sei mit ihr seitdem befreundet, habe sie öfters nach der Arbeit getroffen und sei über ihre Beschäftigung gut informiert gewesen. Die Klägerin habe die Stelle jahrelang gehabt. Es sei eine Ganztagsbeschäftigung, oft mit Überstunden, gewesen. Ein Q D gab an, die Klägerin sei in der streitigen Zeit als Schneiderin bei B1 B beschäftigt gewesen; er kenne sie, wie auch ihren Bruder, von Kindheit an. Er sei in ihrem Elternhaus ein- und ausgegangen und besonders mit ihrem Bruder eng befreundet gewesen.

Eine Anfrage der Beklagten beim Internationalen Suchdienst in Arolsen blieb ergebnislos.

Mit Bescheid vom 25.11.1995 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab:

Die Angaben zur Beschäftigung in der Zeit von 1935 bis 1939 stünden im Widerspruch zur eidlichen Erklärung der Klägerin von 1957, in denen diese angegeben habe, vor der Verfolgung in Klobuck und nicht in Lodz gewohnt zu haben.

Mit einem im Mai 1996 im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gegen den ablehnenden Bescheid eingegangenen Schreiben machte die Klägerin - zunächst ohne nähere Angaben - noch "Arbeitseinsätze in der Zeit der Verfolgung" geltend. Die Beklagte lehnte es mit einem weiteren Bescheid vom 01.07.1996 ab, Rente aus Beschäftigungszeiten während eines Ghettoaufenthalts im zweiten Weltkrieg zu zahlen. Sodann wies die Beklagte mit Bescheid vom 10.12.1996 den Widerspruch der Klägerin zurück.

Hiergegen richtete sich die am 13.12.1996 zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobene Klage, zu deren Begründung die Klägerin sich insbesondere auf die Zeugenerklärungen von F H und Q D bezogen hat. Die Klägerin hat weiter ausgeführt, selbst wenn ihr Wohnort zur damaligen Zeit Klobuck im Kreis Kattowitz gewesen sei, schließe dies nicht aus, dass ihr Beschäftigungsort in Lodz gewesen sei. Am 17.06.1999 erklärte die Klägerin persönlich, sie habe vor dem Krieg in Lodz gearbeitet, obwohl ihr ständiger Wohnort dort gewesen sei, wo ihre Eltern gewohnt hätten. Mit Kriegsausbruch habe sie die Arbeit verloren und sei in ihre Geburtsstadt zurückgekehrt. Dort sei sie dann ins Ghetto gekommen, wo sie bis 1942 an den Baustellen gearbeitet habe. Sie habe beim Bau geholfen, meistens jedoch beim Zubringen von Baumaterial. Im Juli 1942 sei sie nach Zagorze, was ebenfalls zu Klobuck gehört habe, gekommen und habe auch dort beim Bau gearbeitet (Bautrupp Nord). 1943 sei sie in verschiedene Lager verschickt worden, bis sie im April 1945 befreit worden sei.

Am 10.01.2000 erklärte die Klägerin, sie sei, nachdem sie ihre Arbeit in Lodz wegen des Kriegsausbruchs verloren habe, in ihre Geburtsstadt zurückgekehrt. Dort sei sie Anfang 1945 ins Ghetto gekommen. Bis Juli 1942 habe sie beim Bau gearbeitet. Diese Arbeit habe sie vom Judenrat vermittelt bekommen, nachdem sie sich dort gemeldet gehabt habe, um der Verschickung zu entgehen. Sie habe hauptsächlich beim Zubringen von Baumaterial, manchmal auch beim Bau selbst, gearbeitet. Die Arbeitsstelle habe außerhalb des Ghettos gelegen. Da das Verlassen verboten gewesen sei, sei man zur Arbeit und zurück von der Wehrmacht begleitet worden. Sie sei für die Arbeit bezahlt worden, aber an Beträge könne sie sich beim besten Willen nicht mehr erinnern. Im Juni 1942 sei sie nach Zargorze, dies habe zu Klobuck gehört, gekommen und habe auch dort am Bau gearbeitet, bis sie im Sommer 1943 ins Lager verschickt worden sei.

Das SG hat die Streitakten des Verfahrens L 8 RJ 87/99, Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) , beigezogen, in welchem die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes einen Anspruch auf Altersruhegeld verfolgt hatte; insoweit war insbesondere streitig, ob dieser Zeiten im Ghetto Klobuck zurückgelegt hatte. Die Klägerin ist in diesem Rechtsstreit vom Friedensgericht Tel Aviv im Wege der Rechtshilfe angehört worden; des weiteren ist die Zeugin C1 X1 vernommen worden; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift des Gerichts vom 16.11.2000. Das LSG NRW habe mit Urteil vom 21.03.2001 die gegen das klageabweisende Urteil des SG Düsseldorf vom 18.03.1999 gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Im vorliegenden Verfahren hat das SG mit Urteil vom 25.02.2002 die Klage abgewiesen: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Altersruhegeld nach § 1248 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Es seien keine für die Wartezeit anrechenbaren Versicherungszeiten vorhanden, weil ein Übergang der behaupteten Beitragsleistung nach § 17 Abs. 1b des Fremdrentengesetzes (FRG) bzw. eine Beitragszeit nach § 1250 RVO nicht festgestellt werden könne. Es sei nicht glaubhaft gemacht, dass die Klägerin von April 1935 bis September 1939 als Schneiderin in Lodz beitragspflichtig beschäftigt gewesen sei. Die Klägerin habe im Entschädigungsverfahren mehrfach vorgetragen, dass sie vor dem Krieg bei ihren Eltern in Klobuck gelebt habe. Dies sei von mehreren Zeugen im Entschädigungsverfahren bestätigt worden. Insofern sei auch auf die wirtschaftlich guten Verhältnisse des Vaters hingewiesen worden. Zudem habe die Klägerin sich im Antragsvordruck für die Entschädigung an Schaden für Körper oder Gesundheit hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse vor Beginn der Verfolgung nur auf die Einkommensverhältnisse ihres Vaters, nicht aber auf eine eigene Berufstätigkeit bezogen. Auch in der Zeit von 1940 bis Juli 1942 könne nicht von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Klägerin ausgegangen werden. Zwar gehe die Kammer davon aus, dass die Klägerin tatsächlich während dieser Zeit die angegebene Tätigkeit im Ghetto Klobuck verrichtet habe. Insoweit deckten sich ihre heutigen Angaben mit denjenigem im Entschädigungsverfahren, die seinerzeit auch durch Zeugenerklärungen bestätigt worden seien. Bei diesen Tätigkeiten handele es sich aber nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht um ein rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Die Klägerin habe nicht angegeben, dass sie für konkrete Arbeitgeber gearbeitet habe, sondern allgemein von Arbeit für die Deutschen gesprochen. Im beigezogenen Vorprozess habe sie am 16.11.2000 vor dem Friedensgericht in Tel Aviv erklärt, dass sie während der Zeit ihres Ghettoaufenthalts von 1940 bis Juli 1943 für die Deutschen bei Reinigungsarbeiten und bei Drecksarbeit bei der Instandhaltung und Reparatur von Häusern gearbeitet habe. Für diese Arbeit, die sie durch den Judenrat erhalten habe, habe sie kein Geld, aber Essen erhalten.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 02.03.2002 zugestellte Urteil am 25.03.2002 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie insbesondere ausgeführt hat, mit der Angabe im Verfahren L 8 RJ 87/99, sie habe keine Entlohnung für die Arbeit bekommen, habe sie gemeint, dass sie Lebensmittelgutscheine, aber kein Bargeld erhalten habe. Dies müsse als Entlohnung genügen, zumal es nach dem "neuen Ghettogesetz" ausreichend sei, wenn als Entgelt Sachbezüge gewährt worden seien. Des weiteren hat sie darauf hingewiesen, dass sich in dem in der Entschädigungsakte befindenden Gutachten vom 04.04.1962 die Angabe finde, sie habe mit 17 Jahren eine Schneiderlehre gemacht und als Schneiderin bis 1939 gearbeitet. Auch in den Auskunftsschreiben des Internationalen Suchdienstes werde ihr Beruf regelmäßig mit Schneiderin angegeben. Die Klägerin hat zur Stützung ihres Vorbringens zunächst mehrere Zeugen benannt, später aber schriftsätzlich mitgeteilt, dass keiner der Zeugen mehr vernommen werden könne. Später hat die Klägerin eine eidesstattliche Erklärung der Zeugin S C2 vom 22.01.2003 vorgelegt. In dieser ist angegeben, die Zeugin habe die Klägerin in Lodz bei gemeinsamen Bekannten kennen gelernt und dann oft getroffen. Sie wisse, dass die Klägerin Schneiderin geworden und sodann in der Schneiderei B in Lodz gearbeitet habe ab ca. April 1935 bis September 1939.


Die Beklagte hat mit Bescheid vom 13.01.2005 noch einen Antrag der Klägerin vom 27.03.2003 auf Bewilligung von Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach Maßgabe des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) abgelehnt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25. Februar 2002 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 25.11.1995 und 01.07.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.12.1996 sowie des Bescheides vom 13.01.2005 zu verurteilen, ihr Altersruhegeld unter Anerkennung von Fremdbeitragszeiten von April 1935 bis September 1939 und von Januar 1940 bis Juni 1942 - ggf. nach erfolgter Nachentrichtung von Beiträgen - zu zahlen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat versucht Beweis zu erheben durch Vernehmung der Zeugin S C2 im Wege der Rechtshilfe durch das Amtsgericht Tel Aviv - Jaffa; die Zeugin war laut Sitzungsniederschrift des ersuchten Gerichts jedoch verhandlungsunfähig und konnte sich laut Auskunft ihrer Tochter nicht an die Klägerin erinnern.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakten der Beklagten, der die Klägerin betreffenden Entschädigungsakten sowie der Vorprozessakten L 8 RJ 87/99, LSG NRW Bezug genommen.
Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Auch die Klage gegen den Bescheid vom 13.01.2005, der nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden ist, ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Altersruhegeld. Ihr Anspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil der Rentenantrag bereits im Januar 1990 gestellt wurde und sich auf die Zeit vor dem 01.01.1992 bezog (§ 300 Abs. 2 des 6. Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VI -).

Gemäß § 1248 Abs. 5 RVO erhält Altersruhegeld ein Versicherter, der das 65. Lebensjahr vollendet hat und die Wartezeit nach Abs. 7 Satz 3 dieser Vorschrift erfüllt, mithin eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt hat. Diese Wartezeit kann die Klägerin nicht vorweisen.

Auf die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren werden nach § 1250 Abs. 1 RVO Beitragszeiten und Ersatzzeiten angerechnet. Anrechenbar sind u. a. Zeiten, für die nach Bundesrecht oder früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Invalidenversicherung Beiträge wirksam entrichtet sind oder als entrichtet gelten (Beitragszeiten).

Bezüglich des geltend gemachten Zeitraums April 1935 bis April 1939 können sich anrechenbare Versicherungszeiten für die Klägerin nur nach den Vorschriften des Fremdrentengesetzes (FRG) ergeben. Im Gebiet von Lodz wurde zwar das Recht der RVO durch die Verordnung über die Einführung der Reichsversicherung in den eingegliederten Ostgebieten vom 22. Dezember 1941 (RGBl I S. 777 - Ostgebiete-VO -) eingeführt, jedoch erst für die Zeit ab dem 01.01.1942. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, unter bestimmten Voraussetzungen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Entsprechendes gilt nach § 16 FRG für Beschäftigungszeiten in Vertreibungsgebieten. Nach § 17 Abs. 1b FRG in der bis zum 31.12.1991 geltenden alten Fassung (aF.) finden die §§ 15 und 16 Abs. 2 FRG auch auf Personen Anwendung, die nicht zu dem Personenkreis des § 1 a - d FRG gehören, wenn die Beiträge entrichtet sind an einen nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung und ein deutscher Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sie bei Eintritt des Versicherungsfalles wie nach den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze entrichtete Beiträge zu behandeln hatte. Dies gilt auch für Beiträge von Personen, deren Ansprüche nach der Ostgebiete-VO ausgeschlossen waren. § 17 Abs. 1b FRG aF. ist nach Artikel 6 § 4 Abs. 2 Fremdenrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) in seiner alten Fassung weiter anzuwenden, wenn vor dem 01.07.1990 ein Anspruch auf Zahlung einer Rente besteht; dies wäre bei der am 13.01.1920 geborenen Klägerin bei dem Vorliegen anrechenbarer Versicherungszeiten der Fall. Die Vorschrift ist für Beitragszeiten in Lodz auch einschlägig. Nach § 20 Abs. 1 Buchst. a Ostgebiete-VO wurden die in der ehemaligen polnischen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten von dem deutschen Versicherungsträger übernommen, wenn der Versicherte die letzten polnischen Pflichtbeiträge vor dem Stichtag auf Grund einer Beschäftigung in den eingegliederten Ostgebieten entrichtet hatte (vgl. zur Anwendbarkeit des § 17 Abs. b FRG aF. auf Beitragszeiten in Lodz: Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 18.06.1997, 5 RJ 66/95 in SozR 3-2200, § 1248 Nr. 15). Die Klägerin konnte nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen nicht glaubhaft machen (§ 4 FRG), dass tatsächlich Beiträge an einen polnischen Versicherungsträger für die Zeit von April 1935 bis September 1939 abgeführt worden sind, denn es ist bereits nicht glaubhaft, dass die Klägerin die behauptete Beschäftigung bei der Konfektionsschneiderei B verrichtet hat.

Der polnische Versicherungsträger konnte die Beitragszeit nicht bestätigen. Die Klägerin selbst hat noch 1957 im Rahmen ihres Antrags auf Entschädigung für Schaden an Körper und Gesundheit angegeben, sie habe zum fraglichen Zeitraum mit ihren Eltern in Klobuck, nicht in Lodz gewohnt. Ihre Eltern hätten eine Fabrik mit etwa 15 bis 20 Arbeitern gehabt; von einem eigenen Beschäftigungsverhältnis der Klägerin ist in dieser Erklärung nicht die Rede. Zwar gab die Klägerin gegenüber einem sie begutachtenden Arzt 1962 im Rahmen des Entschädigungsverfahrens an, sie habe mit 17 Jahren eine Schneiderlehre gemacht und bis 1939 als Schneiderin gearbeitet. 1992 gab sie für ein psychiatrisches Gutachten hierzu an, sie habe 7 Schuljahre absolviert und dann ihrer Mutter beim Schneidern geholfen. Damit ist es genausogut möglich, dass mit der Arbeit als Schneiderin diese Hilfeleistung für die Mutter gemeint war. Ein den Angaben im Rentenverfahren entsprechendes Vorbringen, es habe ein vollschichtiges Beschäftigungsverhältnis bei einem fremden Arbeitgeber bestanden, lässt sich diesen Einlassungen im Entschädigungsverfahren nicht entnehmen.

Zudem werden die eigenen Einlassungen der Klägerin im Rentenverfahren insbesondere dadurch entwertet, dass erhebliche Widersprüche bezüglich der Angaben zu den Aufenthaltsorten, wie sie insbesondere im Entschädigungsverfahren gemacht wurden, vorliegen. So kann bereits nicht im Rahmen der notwendigen guten Möglichkeit festgestellt werden, wo die Klägerin sich zum streitigen Zeitraum aufgehalten hat. Insofern hat sie im Entschädigungsverfahren mehrfach angegeben, sie habe in Klobuck gelebt. Wenig glaubhaft sind auch ihre Ausführungen im Rahmen der Klagebegründung, selbst wenn ihr Wohnort Klobuck gewesen sei, schließe dies nicht aus, dass ihr Beschäftigungsort in Lodz gewesen sei; immerhin beträgt die Entfernung zwischen diesen beiden Orten etwa 134 Kilometer. Zudem scheint die Klägerin selbst nicht mehr genau zu wissen, ab wann sie im fraglichen Zeitraum wo gewohnt hat. So hat sie im Klageverfahren hierzu auch vorgetragen, sie habe vor dem Krieg in Lodz gearbeitet, obwohl ihr ständiger Wohnort dort gewesen sei, wo ihre Eltern gewohnt hätten. Demgegenüber hat sie noch im Rahmen des Rentenantrags angegeben, sie sei bei Ausbruch des Krieges von Lodz nach Klobuck "zurückgezogen".

Vor dem Hintergrund der erheblichen Widersprüche in den Angaben der Klägerin reichen allein die schriftlichen Zeugenerklärungen von F H und Q D, die die behauptete Tätigkeit bei der Konfektionsschneiderei B bestätigen, zur Glaubhaftmachung nicht aus. Dies gilt nicht zuletzt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die im Berufungsverfahren weiter bezüglich der Tätigkeit als Schneiderin vorgelegte Erklärung der Zeugin S C2 durch deren über die Tochter der Klägerin gemachten Angaben vor dem Amtsgericht Tel-Aviv-Jaffa, die Zeugin wisse nicht, wer die Klägerin sei, entwertet ist. Jedenfalls spricht mehr dafür, so die Klägerin überhaupt in der streitigen Zeit Schneiderarbeiten verrichtet hat, was allerdings ihren ersten Erklärungen im Entschädigungsverfahren widersprechen würde, dass sie diese Tätigkeit bei ihrer Mutter erlernt hat und sie auch nur in der Familie, als Hilfe ihrer Mutter, ausgeübt hat.

Für den weiter streitigen Zeitraum, die Zeit von Januar 1940 bis Juni 1942, können sich anrechenbare Versicherungszeiten sowohl nach den Vorschriften des FRG, als auch nach denjenigen des ZRBG vom 20.06.2002 (BGBl I S. 2074) ergeben.

Auch in Klobuck, das zu Preußen, Provinz Oberschlesien, gehörte, wurde zum 01.01.1942 durch die Ostgebiete-VO das Recht der RVO eingeführt, so dass auf eine Beschäftigung der Klägerin seit diesem Zeitpunkt als frühere Vorschrift der reichsgesetzlichen Invalidenversicherung § 1226 Abs. 1 Nr. 1 RVO in der damals gültigen Fassung anzuwenden ist. Danach wurden in der Arbeitsrentenversicherung insbesondere Arbeiter versichert. Unter Arbeiter war nach dem damaligen Recht eine Person zu verstehen, die in derselben Bedeutung beschäftigt und auf Grund dieser Beschäftigung pflichtversichert war wie eine Person, die im Sinne der Nachfolgevorschrift des § 1227 Abs. 1 Nr. 1 RVO in der bis zum 31.12.1991 geltenden alten Fassung als Arbeitnehmer gegen Entgelt beschäftigt war, d. h. nicht selbstständige Arbeit verrichtete. Für die Zeit vor dem 01.01.1942 findet auf die behauptete Beschäftigung § 17 Abs. 1b FRG aF. Anwendung (s. o.). Zudem gelten nunmehr nach § 2 Abs. 1 ZRBG für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto Beiträge als gezahlt, und zwar 1. für die Berechnung der Rente als Beiträge nach den Reichsversicherungsgesetzen für eine Beschäftigung außerhalb des Bundesgebietes sowie 2. für die Erbringung von Leistungen ins Ausland als Beiträge für eine Beschäftigung im Bundesgebiet (Ghetto-Beitragszeiten). Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto liegen nach § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes vor, wenn 1. die Beschäftigung a) aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist, b) gegen Entgelt ausgeübt wurde und 2. das Ghetto sich in einem Gebiet befand, dass vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war, soweit für diese Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht wird.

Zu prüfen ist mithin, ob die Klägerin die behauptete Beschäftigung von Januar 1940 bis Juni 1942 glaubhaft gemacht hat. Dies ist ihr nicht gelungen.

Zwar ist im Gegensatz zu dem weiter streitigen Zeitraum von 1935 bis 1939 für diesen Zeitraum davon auszugehen, dass die Klägerin tatsächlich im Ghetto Klobuck eine Arbeitsleistung erbracht hat. Sie hat bereits im Rahmen des Entschädigungsverfahens immer angegeben, sie habe im Ghetto Klobuck arbeiten müssen. Insbesondere aus den Angaben der Klägerin im Vorprozess L 8 RJ 87/99 LSG NRW geht hervor, dass sie Hilfstätigkeiten bei Bauarbeiten verrichtete.

Bei diesen Arbeitstätigkeiten handelte es sich jedoch nicht um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis in rentenrechtlicher Hinsicht, bzw. um eine Beschäftigung, die aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist und gegen Entgelt ausgeübt wurde.

Nach den Regelungen des FRG muss die Beschäftigungszeit, die angerechnet werden soll, dann, wenn, wie vorliegend, keine Beitragszeiten bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind (§ 15 Abs. 1 FRG) einer nach deutschem Recht dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigung entsprechen (§ 15 Abs. 3 Satz 1 FRG; siehe hierzu im Einzelnen Urteil des BSG vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R in SozR 4-5050 § 15 Nr. 1). Die Rechtsprechung des BSG hat den unbestimmten Rechtsbegriff der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne des deutschen Sozialversicherungsrechts in Bezug auf Arbeiten, die während eines Ghetto-Aufenthaltes verrichtet worden sind, näher konkretisiert (Urteile des BSG vom 21.04.1999, B 5 RJ 48/98 R in SozR 3-2200 § 1248 Nr. 16; vom 14.07.1999 B 13 RJ 61/98 R in SozR 3-5070 § 14 Nr. 2, vom 14.07.1999, B 13 Rj 75/98 R in SGb 1999, 557, vom 14.07.1999, B 13 RJ 71/98 R in SozR 3-5070 § 14 Nr. 3 und vom 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R in SozR -/2200 § 1248 Nr. 17). Danach ist eine von den Merkmalen der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit bestimmte Beschäftigung, die grundsätzlich der Versicherungspflicht unterliegt, von nicht versicherungspflichtiger Zwangsarbeit abzugrenzen. Ein Arbeits-/Beschäftigungsverhältnis beinhaltet den Austausch von Arbeit und Lohn; es handelt sich nicht um einen tatbestandlich scharf konturierten Begriff, sondern um einen Begriff, der ausgehend vom Normfall in der Form eines Typus beschrieben ist. Die den Typus kennzeichnenden Merkmale können in unterschiedlichem Maß und verschiedener Intensität gegeben sein. Maßgeblich ist das Gesamtbild der ausgeübten Tätigkeit. Gemessen hieran ist eine unter Zwang zustande gekommene und verrichtete Arbeit grundsätzlich nicht als versicherungspflichtige Beschäftigung einzustufen und von einem freiwilligen Beschäftigungsverhältnis abzugrenzen. Zur leichteren Abgrenzung sind die typischen Merkmale bzw. Indizien für das Vorliegen von Zwangsarbeit zu beachten. Diese sind nach der o. g. Rechtsprechung des BSG insbesondere:

I. die obrigkeitliche Zuweisung von Arbeitern an bestimmte Unternehmen, ohne dass die Arbeiter selbst hierauf Einfluss haben;

II. ein Entgelt für die individuell geleistete Arbeit wird nicht oder nur im geringem Maße einem Arbeiter ausgezahlt;

III. der Arbeiter wird während der Arbeit bewacht, um zu verhindern, dass er sich aus dem obrigkeitlichen Gewahrsam entfernt.

Diese Gesichtspunkte sind offenbar in der Vorschrift des § 1 Abs. 1 ZRBG im wesentlichen übernommen worden. Es wird der Begriff der Beschäftigung verwandt. Die Beschäftigung wird näher definiert als eine solche, die aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist (offenbar als Abgrenzungskriterium zur obrigkeitlichen Zuweisung) und die Ausübung der Beschäftigung gegen Entgelt wird verlangt. Das ZRBG beinhaltet entgegen der im Berufungsverfahren von der Klägerin vertretenen Ansicht auch keinen anderen Entgeltbegriff als das FRG bzw. die RVO. Es beansprucht nicht für andere Arten von Beschäftigungen in einem Ghetto Geltung als solchen, die nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG als versicherungspflichtige Beschäftigungen in einem Ghetto anzusehen sind (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 07.10.2004, aaO.).

Nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen sprechen mehr Indizien für das Vorliegen von Zwangsarbeit als für ein freies Beschäftigungsverhältnis, so dass weder die Voraussetzungen des FRG, noch des ZRBG, für eine Anrechnung als Beitrags- bzw. Versicherungszeit erfüllt sind. Insoweit nimmt der Senat zunächst nach § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils Bezug. Die Art der von der Klägerin verrichteten Tätigkeit, wie sie sie insbesondere während ihrer persönlichen Anhörung vor dem Friedensgericht Tel Aviv im Vorprozess L 8 RJ 87/99, LSG NRW, gemacht hat, sind i.ü. eher typisch für Zwangsarbeiten. Es gab keinen privaten Arbeitgeber in Gestalt einer Firma, eines Treuhänders, oder ähnlichem. Die Klägerin will für "die Deutschen" gearbeitet haben. Sie hat ihre Arbeit zudem mit "Drecksarbeit" bezeichnet.

Auch die allgemeinen Umstände, wie sie die im Vorprozess vorm Friedensgericht Tel Aviv vernommene Zeugin C1 X1 schildert, sprechen dafür, dass dort, jedenfalls für die umfangreichen Baumaßnahmen, die in Klobuck vorgenommen wurden, eine obrigkeitliche Zuweisung von Arbeitern stattfand, ohne dass diese selbst hierauf Einfluss hatten. So hat die Zeugin ausgesagt, die Deutschen hätten vom Judenrat verlangt, ihnen Arbeiterkontingente zur Verfügung zu stellen und die Mitglieder des Rates hätten die jüngeren Leute angewiesen, zu den Arbeiten zu gehen, wie es die Deutschen verlangt hätten. Die jüdischen Arbeiter seien an einem bestimmten Ort im Ghetto in Gruppen zusammengestellt und von dort aus zur Arbeitsstelle geleitet worden. Es sei so gewesen, dass die Deutschen geplant hätten, an einer bestimmten Stelle Villen für Volksdeutsche zu bauen und zu diesem Zweck Häuser abgerissen hätten. Zudem hat die Zeugin ausgesagt, dass bei den Bauarbeiten, die außerhalb des Ghettos durchgeführt worden seien, eine Bewachung durch jüdische und deutsche Polizisten sowie durch deutsche Soldaten auf dem Weg zur Arbeitsstätte stattgefunden habe und dass auch während der Arbeitszeit auf die Arbeiter aufgepasst worden sei, damit sie nicht fliehen konnten. Dementsprechend hat die Klägerin selbst im Klageverfahren vor dem SG Düsseldorf erklärt, ihre Arbeitsstelle habe außerhalb des Ghettos gelegen und weil das Verlassen verboten gewesen sei, sei man zur Arbeit und zurück von der Wehrmacht begleitet worden.

Jedenfalls geht der Senat davon aus, dass die Klägerin entsprechend ihren ersten Einlassungen sowie ihrer ausdrücklichen Erklärung bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Friedensgericht Tel Aviv am 16.11.2000 im Vorprozess L 8 RJ 87/99, LSG NRW, für die von ihr im Ghetto verrichtete Arbeit keine Entlohnung, sondern vielmehr nur "Essen", mithin freien Unterhalt, erhalten hat. Eine Tätigkeit, für die nur freier Unterhalt in Form von Verpflegung gewährt worden ist, war jedoch nach dem damaligen Recht nicht versicherungspflichtig und kann mithin in der deutschen Rentenversicherung keine Berücksichtigung finden (vgl. hierzu insbesondere Urteil des BSG vom 07.10.2004, aaO.). Nur solchen freien Unterhalt hat die Klägerin erhalten. Soweit sie im Berufungsverfahren vorgetragen hat, sie habe Lebensmittelgutscheine erhalten, widerspricht dies ihren bisherigen Angaben und insbesondere ihrer eigenen Erklärung vom 16.11.2000. Zudem erfüllen auch Lebensmittelgutscheine nur dann den Entgeltbegriff, wenn sie zu Umfang und Art der geleisteten Arbeit noch in einem angemessen Verhältnis stehen, weil allzu geringfügige Leistungen außerhalb eines jeden Verhältnisses zur erbrachten Leistung schon nicht Entgeltcharakter haben (vgl. hierzu im Einzelnen Urteil des BSG vom 07.10.2004, aaO.). Zwar können Sachbezüge grundsätzlich den Entgeltbegriff erfüllen, in geringerem Umfang zur Befriedigung kleinerer Bedürfnisse zählen sie jedoch zum freien Unterhalt. Nur dann, wenn sie nicht unmittelbar zum Ver- oder Gebrauch sondern zur beliebigen Verfügung gegeben werden und mithin den eigenen unmittelbaren (Essens-)Bedarf übersteigen, können sie Entgelt darstellen. Zudem ist ein Entgelt in nur geringem Maß auch nach der bisherigen BSG-Rechtsprechung zur Abgrenzung von Zwangsarbeit zu freiwilligen Beschäftigungsverhältnissen (siehe die oben angegebenen Urteile) als Indiz für das Vorliegen von Zwangsarbeit gewertet worden. Dafür, dass die Klägerin Sachbezüge oder Lebensmittelgutscheine in einem Umfang erhalten hat, die ihren unmittelbaren täglichen Bedarf überschritten, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr liegt es nahe, dass die ausdrückliche Erklärung der Klägerin vom 16.11.2000 vor dem Friedensgericht Tel Aviv richtig ist, wonach sie eben für ihre Arbeit nur Essen bekam.

Vor dem Hintergrund der gewichtigen Indizien, die für Zwangsarbeit und gegen ein freiwilliges Beschäftigungsverhältnis der Klägerin im Ghetto Klobuck sprechen, kommt allein ihrer Angabe, sie habe die Arbeit vom Judenrat vermittelt bekommen, nachdem sie sich dort gemeldet habe, keine entscheidende Bedeutung zu, zumal auch der Judenrat im Auftrag der deutschen Besatzungsmacht an der obrigkeitlichen Zuweisung von Arbeitern beteiligt sein konnte, wie die Zeugin C1 X1 insbesondere für die Verhältnisse in Klobuck geschildert hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Es besteht kein Anlaß, nach § 160 SGG die Revision zuzulassen.