Bezeichnung: Judenhaus

Gebiet
Sachsen, Direktionsbezirk Dresden, Kreisfreie Stadt Dresden

Triersches Haus (Sporergasse 2)
Das vornehme dreigeschossige adlige Mietshaus vom Ende des 17. Jh.s mit sehr großzügigen Grundrissen und schön proportioniertem Hof wurde 1791 um ein viertes Geschoss in angepasster Bauweise erhöht. Die schlichten Fassaden mit Eckrustizierung über alle Geschosse wurden auch nach der Aufstockung von einem Walmdach bekrönt. Der Erker an der Straßenecke besaß Pilaster, Kapitelle, Schlusssteine und Dekor in den Brüstungszonen seiner Fenster. Im Hof fand sich die übliche einfache Spiegelbemalung

Gebiet heute

Eröffnung
Dem am 30. April 1939 in Kraft getretenen Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden, das den Mieterschutz für Juden aufhob und Juden verpflichtete, wohnungslose Juden bei sich aufzunehmen, folgte ab Herbst 1939 die Konzentration von Juden in sogenannten Judenhäusern. Es waren zunächst 37 Judenhäuser in Dresden bekannt. Durch die Verordnung über die reinliche Scheidung zwischen Juden und Ariern in Dresden von 1940 wurden Juden, die noch eigene Wohnungen innehatten, gezwungen, bis zum 31. März 1940 auszuziehen und sich Platz in den verbliebenen 32 Judenhäusern suchen (um Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu vermeiden).

Die Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3. Dezember 1938 verpflichtete jüdische Hauseigentümer, ihre Immobilien zu verkaufen. Hermann Göring teilte am 28. Dezember 1938 einschränkend mit, vordringlich sei die Arisierung der Betriebe und Geschäfte, die Arisierung des Hausbesitzes sei an das Ende der Gesamtarisierung zu stellen. Es sei nämlich erwünscht in Einzelfällen nach Möglichkeit so zu verfahren, daß Juden in einem Haus zusammengelegt werden, soweit die Mietverhältnisse dies gestatten würden.

Das Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden vom 30. April 1939 lockerte den Mieterschutz für Juden. Eine vertraglich vereinbarte langfristige Mietdauer mit jüdischen Mietern konnte vom deutschblütigen Vermieter auf die gesetzlichen Fristen reduziert werden.

In juristischen Kommentaren zum Wohnungssonderrecht für Juden hieß es zur Begründung.
Es widerspricht nationalsozialistischem Rechtsempfinden, wenn deutsche Volksgenossen in einem Hause mit Juden zusammenleben müssen.

Jüdische Mieter konnten angewiesen werden, weitere Juden als Untermieter in ihre Wohnung aufzunehmen. Den Mietvertrag sowie die Höhe der Miete konnte die Gemeindebehörde bestimmen.
Schon im Vorgriff hatte eine Verordnung über die Neugestaltung der Reichshauptstadt Berlin und der Hauptstadt der Bewegung München vom 8. Februar 1939 eine Meldepflicht für freiwerdende jüdische Wohnungen in Berlin und München eingeführt diese sollten als Ersatzwohnraum für deutschblütige Mieter dienen. Als die Konzentrationsbestrebungen in den Großstädten Berlin, München und Wien nicht den gewünschten Erfolg zeigten, wurde der Mieterschutz am 10. September 1940 dort auch für jüdische Mieter und Untermieter eingeschränkt, falls das Gebäude an einen arischen Eigentümer übergegangen war oder von der Kultusgemeinde oder der Reichsvereinigung verwaltet wurde.

Ab Herbst 1939 beginnend und zunehmend bis zu den Deportationen wurden Juden auf Anweisung der Gestapo von der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland in Judenhäuser eingewiesen und dort sehr beengt untergebracht. Der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland waren zahlreiche Gebäude überschrieben worden, weil kleinere Kultusgemeinden den Unterhalt nicht mehr finanzieren konnten oder sich auflösten.

Die zur Deportation nach Theresienstadt ausgewählten Opfer wurden meist zwei Tage vor dem Abtransport notdürftig in einem Sammellager untergebracht. Durch einen Gerichtsvollzieher wurde ihnen eine Urkunde zugestellt, mit der ihr verbliebenes Eigentum zum staats- und volksfeindlichen Vermögen erklärt und beschlagnahmt wurde.
Mitarbeiter des Finanzamtes, des Wohnungsamtes und des städtischen Ernährungsamtes arbeiteten Hand in Hand und zogen Lebensmittelkarten, Rentenbescheide, Sparbücher und Wohnungsschlüssel ein. Die Gestapobeamten durchsuchten das Gepäck und die Opfer.

Viktor Klemperer schrieb in seinem Tagebuch:
Theresienstadt gilt als Vergünstigung und ist es wohl auch Polen gegenüber, trotzdem auch diese Deportation völligen Vermögensverlust und Sklaverei bedeutet. Was es in Wahrheit mit Theresienstadt auf sich hat, ob dort gehungert und gestorben oder halbwegs menschlich gelebt wird, weiß niemand genau.
Tatsächlich verbrachten die Ankömmlinge in Theresienstadt die ersten Tage in der so genannten Schleuse in ungeheizten Baracken und wurden dann in überfüllte Häuser eingewiesen, aus denen die Vorbesitzer alles entfernt hatten, was sie mitnehmen konnten. Sechs Wochen nach ihrer Ankunft waren rund ein Viertel der geschwächten Alten an Mangelernährung, Kälte und Krankheit durch mangelhafte Hygiene gestorben. Später konnte eine Veränderung der gegenwärtigen Unterbringungsform die Deportation ins Vernichtungslager Auschwitz bedeuten.

Schließung
Die Sporergasse mit ihren drei Hausnummern steht nicht mehr. Fromme Juden aus Galizien in Polen hatten den Verein Tomche Nizrochim gegründet, was soviel wie Hüter der Bedürftigen bedeutet. Arme Juden, die aus dem Osten vor Pogromen und Krieg geflohen waren, fanden hier Unterstützung. Etwa 1920 konnte der Verein das Haus kaufen und so auch die Wohnungen vergeben. Im 3. Stock befand sich der Betsaal des jüdisch-orthodoxen Vereins, in dem Gottesdienste nach orthodoxem Ritus gehalten wurden. Im Erdgeschoss besaß der Metzger Kleinmann eine koschere Fleischerei.
1933 begann die Verfolgung der Juden und bald wurden sie aus ihren Wohnungen verdrängt. Das Haus in der Sporergasse wurde eins dieser sogenannten Judenhäuser, in denen jüdische Familien in unbeschreiblicher Enge hausen mussten. Immer wieder wurden sie von der Gestapo kontrolliert und schikaniert. Am 23.11.1942 wurden die Bewohner im Judenlager Hellerberg interniert.
Ab 1940 gehörte das Haus der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, die als Rechtsnachfolgerin aller jüdischen Vereine und Gemeinden zwangsweise gegründet worden war. Am 11.6.1943 wurden ihr gesamtes Vermögen und somit auch dieses Haus beschlagnahmt.
Das Haus Sporergasse 2 verbrannte am 13. Februar 1945 und mit ihm seine letzten jüdischen Bewohner, die ihren Deportationsbefehl für den 16. Februar schon in den Händen hatten.

Unterstellung
Die Judenhäuser waren gekennzeichnet und standen unter Kontrolle der Gestapo. Klemperer schreibt in seinen Tagebüchern mehrfach über ihm berichtete wie auch selbst erlebte Haussuchungspogrome, bei denen die Bewohner von Gestapobeamten beleidigt, bespuckt, geohrfeigt, getreten, geschlagen und bestohlen wurden.

Bewohner
Bewohner der Sporergasse 2 waren u.a.:
Gerson und Erna Bernstein mit den Kindern Wolfgang, Manfred, Wera und Eva
Salomon Baermann
Alfred Schwarz
Samuel Eichel
Henia Falck
Martha Erbisch
Aaron und Klara Binder mit Sohn Manfred
Peter Pinchas Kogan
Israel Feldmann
Iwan Israel Schwarz
Rosalie Sara Wechselberg
Nathan Kohn
Lina Juipäim
Hermann Biber (geb. am 8.12.1869 in Stargard/Preußen) absolvierte von 1884-1888 eine Lehre als Verkäufer beim Textilwaren-Einzelhandel. In Leipzig lernte er seine erste Frau Rosette (geb. Jacoby, 1871-1932) kennen und heiratete sie im Jahr 1895. Zusammen hatten sie drei Kinder Curt, Margarethe und Johanna.
Später zogen die Bibers nach Leipzig, dann nach Dresden, wo Hermann als Prokurist in einer Textilfirma arbeitete. Rosette verstarb in Dresden am 30.September 1932.
Im Jahr 1941 ging Hermann Biber eine zweite Ehe mit Ilse, geb. Michalowski ein, die er im Judenhaus auf der Kurfürstenstraße (heute Hoyerswerdaer Straße) kennen lernte. Später mussten sie zwangsweise in das Judenhaus Sporergasse 2 umziehen. Beide wurden am 28. Juli 1942 mit dem Transport V/3 nach Theresienstadt deportiert. Ilse arbeitete dort als Pflegerin. Sie erkrankte 1943 schwer an Thyphus und starb daran nach der Befreiung in Theresienstadt. Hermann betreute sie bis zu ihrem Tode am 30. Juli 1945 und zog anschließend zu seiner Tochter Johanna nach Freiberg. In der Jüdischen Gemeinde war Hermann Biber nach dem Krieg als Vorbeter aktiv, da es weder Rabbiner noch Kantoren gab. Solange es ihm möglich war, fuhr er zu jedem Gottesdienst nach Dresden, um dort sein Amt zu verrichten. Aus diesem Grund wird noch heute sein Grab vor der Gemeinde betreut. Er verstarb am 11. September 1951 in Freiberg.

Dresdner Transporte
Judenlager Hellerberg Dresden
Ghetto Terezin (Theresienstadt)

Geschlecht
Frauen, Männer und Kinder

Einsatz der Häftlinge bei

Art der Arbeit

Lagerausstattung

Ausstattung der Insassen

Lageralltag

Bemerkungen
Nach der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 verlor ein Jude beim Verlassen des Reichsgebietes seine deutsche Staatsangehörigkeit, zugleich verfiel sein Vermögen dem Deutschen Reich. Die Verwaltung und Verwertung des eingezogenen Vermögens wurde Aufgabe des Berliner Oberfinanzpräsidenten. Die Elfte Verordnung traf jedoch nicht auf die Transporte nach Theresienstadt zu, da das Reichsprotektorat Böhmen und Mähren nicht als Ausland galt. Daher wurde hier jeweils eine Einzelfallentscheidung erforderlich, um im Sinne des Gesetzes über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens von 1933 das jüdische Eigentum als volks- und staatsfeindliches Vermögen formaljuristisch legal einziehen zu können. Auch diese Vermögenswerte fielen dem Reichsfinanzministerium zu und waren dem Zugriff des Reichssicherheitshauptamtes entzogen. Dieses war daher bestrebt, die in Theresienstadt entstehenden Kosten anderweitig abzudecken, Teile des Vermögens vorher an sich zu bringen und Gewinne zu erwirtschaften.
Für Einzahlungen zugunsten der Reichsvereinigung wurde ein Sonderkonto H beim Berliner Bankhaus Heinz Tecklenburg & Co eingerichtet, auf welches das Reichssicherheitshauptamt zugreifen konnte. Die erwartete Vorauszahlung beim Heimeinkauf betrug 150 RM je Monat für die monatliche Verpflegung hingegen wurde im Jahre 1943 pro Person 11,13 RM aufgewendet.
Zur weiteren Vermögensabschöpfung wurde vom Reichssicherheitshauptamt ein Sonderkonto W eingerichtet. In einem internen Protokoll vom 9. März 1942 heißt es:
Es wird gebeten, die Juden in nächster Zeit zu erheblichen Spenden für das Konto W anzuhalten. Bisher seien, anscheinend durch das Missverständnis, dass den Juden der Fond unmittelbar zu Gute komme, wenig Beträge eingegangen.

Durch die Heimeinkaufsverträge kamen mindestens 125 Millionen RM zusammen, vermutlich lag der Gesamtwert der in diesem Zusammenhang eingesammelten Vermögenswerte bei 400 Millionen RM. Die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland wurde am 10. Juni 1943 aufgelöst, ihr Vermögen und der von ihr verwaltete Immobilienbesitz gingen an das Reichssicherheitshauptamt über.


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