Auschwitz
Mit diesem Sammeltransport werden 705 "Juden u. unerwünschte Elemente" aus Luxembourg, Chemnitz, Leibzig u. Oberschlesien ins KL Auschwitz deportiert. In Auschwitz wurden fast alle Juden sofort nach Ankunft in den Gaskammern ermordet. Eine Überlebende des Transports aus Chemnitz, ein kleines Mädchen, wird in der Literatur erwähnt, darüber hinaus sind bis heute jedoch keine Überlebenszeichen überliefert.
Teil 1 Transport ab Luxembourg
Am 4. Juni 1942 erließ das RSHA Richtlinien für die Durchführung der Transporte während dieses Zeitraums. Offenbar verschickte das Einsatzkommando Luxemburg (EK) auf der Grundlage dieser Richtlinien am 12. Juli 1942 einen Transport von der Sammelstelle im Kloster Fünfbrunnen. In einem Protokoll vom 7. Dezember 1960, während des Eichmann-Prozesses sagte Alfred Oppenheimer als Zeuge für den Vorsitz im Ältestenrat der Luxemburger Juden aus, dass sein Transport als Teil einer Reihe von Strafmaßnahmen zusammengestellt worden war, die der Gestapo-Befehlshaber in Luxemburg, Fritz Hartmann gegen die luxemburgischen Juden verhängt hatte. Hartmann hätte die Juden gerne in ein KZ deportiert, suchte aber im RSHA um eine Genehmigung nach, da er nicht die Befugnis hatte, solche Entscheidungen zu treffen. Nachdem er die Erlaubnis dazu erhielt und die Vorgaben des RSHA eingetroffen waren, wurden diese Deportierten in einem Sammeltransport verschickt, der Auschwitz anscheinend erreichte. Organisation und Durchführung lagen, wie sonst üblich, in der Verantwortung von Kriminalsekretär Otto Schmalz, zuständig für jüdische Angelegenheiten im EK der Sipo und des SD Luxemburg. Die Liste der Deportierten wurde auch an die Abteilung IVa der Zivilverwaltung weitergeleitet, der Christian Neugebauer vorstand. Neugebauer war u.a. zuständig für die Beschlagnahme und den Verkauf des Vermögens der Deportierten. Am 7. Juli 1942 erhielt Oppenheimer Informationen über den bevorstehenden Sammeltransport: es würden Juden von mehreren Städten aufgelesen und einem Zug angehängt werden, der von Chemnitz aus in den Osten fuhr. Am 8. Juli benachrichtigte Oppenheimer seine Gemeinde über den bevorstehenden Transport und sandte denjenigen, die für die Deportation vorgesehen waren, folgende Aufforderung, die ihm vom EK übergeben worden war:
“Das Einsatzkommando der Sipo hat angekündigt, dass Ihr auf einer Liste von Personen steht, die für die Evakuierung vorgesehen sind und wir möchten Euch das Folgende empfehlen: Bringt Verpflegung für vier Tage mit. Wir werden Essenspakete vorbereiten, um Euch bei den ersten Tagen nach der Aussiedlung zu helfen. Dieses Paket, dass wir aus Luxemburg bereitstellen, beinhaltet folgende Grundnahrungsmittel: ein Kilogramm Mehl, ein halbes Kilogramm Marmelade, ein halbes Kilogramm Mehl, 2,5 Kilogramm Brot, 250 Gramm Nudeln, 250 Gramm Erbsen, 500 Gramm Zucker, eine Wurst, zwei Suppenwürfel, ein bisschen Salz, Zitronensaft, getrocknetes Gemüse, Schädlingsbekämpfungsmittel, Medizin; markiert Eure Rucksäcke und Koffer mit Eurem Namen, damit sie nicht vertauscht werden. Neben Kleidung sollte jede(r) ein Kopfkissen, zwei Wolldecken oder ein Federbett und eine Wolldecke mitbringen. Der Transport wird Chemnitz am 13. Juli um Mitternacht verlassen. Vor dem Transport müsst Ihr euch bei der Polizei und dem Ernährungsamt melden, die Vorladung bestätigen und Euch registrieren lassen. Jede Person bringt 50 Reichsmark mit.”
Da der Transport einem anderen Transport angehängt werden sollte, der Chemnitz als Startbahnhof vorsah, rief Oppenheimer Dr. Levy von der Reichsvereinigung in Berlin an sowie Dr. Grunsfeld aus Leipzig und Kurt Benjamin, welcher der jüdischen Gemeinde in Chemnitz vorstand. Diese drei Funktionäre erklärten Oppenheimer, dass sie den angehenden Transport aus Chemnitz vorbereiten würden, dass sie von einem zusätzlichen Transport aus Luxemburg jedoch nichts wüssten. Benjamin versprach Oppenheimer, dass er sich um die Juden aus Luxemburg kümmern würde, wenn sie Chemnitz erreicht hätten.
Am 12 Juli 1942, um 10 Uhr morgens versammelten sich die für die für die Deportation vorgesehenen Luxemburger Juden an einem Güterbahnhof. Es handelte sich um 24 Personen im Alter von 4 bis 77 Jahren. Sieben von ihnen waren von der Sammelstelle im Kloster Fünfbrunnen, 15 aus der Stadt Luxemburg, ein Jude aus Esch und einer aus Bascharage im Südwesten Luxemburgs.
Teil 2 Transport ab Leipzig (Chemnitz)
am 13. Juli 1942 verließ der dritte Transport Leipzig in Richtung Osten mit bis zu 180 Juden, darunter Personen aus Chemnitz und anderen Ortschaften aus Sachsen. Während bei den vorherigen Transporten das Ziel bekannt gewesen war, wurde bei dieser Deportation im Juli sowohl auf der Transportliste als auch in der Kartothek der Israelitischen Religionsgemeinschaft zu Leipzig lediglich “13.7.42 Osten” vermerkt.
Mit großer Wahrscheinlich wurden die Juden, nachdem sie Leipzig verlassen hatten, anderen Transporten angeschlossen, die in diesem Zeitraum, zwischen dem 10. und 12. Juli 1942, aus größeren Städten West- und Norddeutschlands sowie aus Luxemburg nach "Osten" abfuhren.
In den Zug, der Leipzig am 13. Juli 1942 verlassen hatte, mussten wahrscheinlich 53 Juden einsteigen, die am 13. Juli mit einem Transport ab Stuttgart über München gefahren waren. Ein Transport mit 24 Juden, der Luxemburg am 12. Juli verlassen hatte, wurde wahrscheinlich an den Zug aus Sachsen gekoppelt. Einen Tag nachdem der Ältestenrat der Juden in Luxemburg, Alfred Oppenheimer, die Informationen über einen anstehenden Transport erhalten hatte, der Juden aus verschiedenen Städten einsammeln und an einen Zug aus Chemnitz Richtung Osten gehängt werden sollte, wandte er sich an seine Gemeinde. Der Zug werde " Chemnitz am 13. Juli um Mitternacht verlassen". Letztlich wurden diese Transporte an andere gekoppelt, die zwischen dem 10. Und 11. Juli aus zahlreichen deutschen Städten, darunter auch Norddeutschland, etwa Bielefeld, Braunschweig, Köslin, Schwerin, Berlin, Magdeburg, Hamburg, etc. verlassen hatten. Diese einzelnen Transporte trafen alle als ein großer Sammeltransport zwischen dem 14. Und 16. Juli, mit insgesamt ungefähr 1.000 Deportierten, in Auschwitz ein.
Das RSHA hatte Ernst Kaussmann, Chef der Gestapo Leipzig, angewiesen, die Deportation zu organisieren und dieser koordinierte den Transport zusammen mit dem Oberbürgermeister von Leipzig, Alfred Freyberg, sowie mit anderen Bürgermeistern, Polizeibeamten und Landräten. Chef der Gestapo Chemnitz, zur Zeit dieses Transports Johannes Thümmler, beaufsichtigte die Deportation der Juden aus seinem Zuständigkeitsbereich. Die "Judenreferate" der Gestapo, in Leipzig unter der Leitung von Paul Zenner, zwang die jüdische Gemeinde, sich an der Organisation des Transports zu beteiligen. Sie musste die zur Deportation ausgewählten Juden schriftlich benachrichtigen und über die Abfahrtsmodalitäten informieren.
Botho Furch, zu dieser Zeit bereits Bürgermeister der Stadt Riesa, unterstrich am 14. Juli 1942, in einem Brief an Freyberg seinen Verdienst ob der Deportation von 170 Juden am 13. Juli 1942 (dem Tag, bevor er den Brief verfasste), seine Verbindung zur Leipziger Gestapo und seine Anstrengungen, die in Leipzig verbliebene Juden zu verschleppen, und das mit der Aussicht auf frei werdende Häuser. Furch bezog sich hier auf seine Zeit als Leiter des Leipziger "Amts zur Förderung des Wohnungsbaus”, das offensichtlich zugunsten der nicht-jüdischen Bürger tätig war.
Dieser Juli-Transport war der dritte von neun Deportationen aus Leipzig. Jetzt wurden zwischen 170 und 180 Juden verschleppt. Die überwiegende Mehrheit kam aus der Stadt Leipzig und Umgebung, darunter auch eine kleinere Gruppe aus Chemnitz, wahrscheinlich 18 Personen. Kopien der, nicht vollständigen Transportliste, die die jüdische Gemeinde Leipzig für die Gestapo zusammenstellen musste, enthält auch Namen und Adressen von Juden aus kleineren Städten und Ortschaften wie Magdeburg, Halberstadt, Serbs und Steckelsdorf.
Der Historikerin Ellen Bertram zufolge befanden sich eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Kindern auf dem Transport, ungefähr 50. Die jüngste Deportierte, die mit ihren zwei Geschwistern und ihren Eltern verschleppt wurde, war noch nicht einmal vier Monate alt. Auch 19 bis 20 Kinder aus dem Leipziger Waisenhaus in der Jacobstraße 7 befanden sich auf dem Transport. Sie wurden von Gertrud Herrmann, Direktorin des Kinderheims, begleitet. Etwa 20 der erwachsenen Juden hatten zuvor in der Leipziger Gemeinde geholfen: Ärzte, Krankenschwestern und weiteres Personal des jüdischen Krankenhauses und Altersheims sowie zwei Repräsentanten des religiösen Gemeinde, Kantor Max Jaffe und Samuel Lampel. Bis zu 20 Personen konnten eine Rückstellung vom Transport erwirken, allerdings bedeutete das für die meisten lediglich einen Aufschub, bevor sie wenig später nach Auschwitz oder Theresienstadt deportiert wurden.
Am Tag vor ihrer Abfahrt war es den Männer, Frauen und Kindern verboten, ihre Wohnungen oder eins der städtischen "Judenhäuser" zu verlassen, in sie zuvor hatten umziehen müssen. Anschließend wurde ihnen befohlen, in der Sammelstelle zu erscheinen oder sie wurden von der Gestapo dorthin gebracht.
Alle aus Deutschland deportierten Juden wurden automatisch enteignet. Nach Begleichung aller ausstehenden Rechnungen, mussten sie den NS-Behörden ihre Wohnungsschlüssel übergeben. Die Gestapo durchsuchte ihre Wohnungen und ihr Gepäck und beschlagnahmte alle Wertsachen. Der Enteignungsprozess fand in der Regel ein bis zwei Tage vor der Abfahrt statt, wurde in der Sammelstelle fortgesetzt, wo die Juden gezwungen wurden, gegenzuzeichnen, dass ihr Eigentum an den Staat überging, bis sie in den Zug stiegen und dabei ihrer verbliebenenn Habseligkeiten und ihres Bargeldes beraubt wurden.
Wie bei den vorangegangenen Deportationen benutzten die NS-Behörden die 32. Grundschule, in der Yorkstraße 2/4, als Sammelstelle. Von hier mussten die Juden am 13. Juli zum Deportationszug laufen. Da die vorherigen wie auch die anschließenden Transporte von Leipzigs Frachtbahnhof Engelsdorf abfuhren, ist davon auszugehen, dass dies auch im Juli der Fall war. Die Juden der anderen Transporte, aus Luxemburg und Stuttgart, wurden entweder in Leipzig oder Chemnitz, dem nächsten Halt des Zugs, in den Transport gezwungen.
In Auschwitz wurden fast alle Juden sofort nach Ankunft in den Gaskammern ermordet. Eine Überlebende des Transports aus Chemnitz, ein kleines Mädchen, wird in der Literatur erwähnt, darüber hinaus sind bis heute jedoch keine Überlebenszeichen überliefert.