Litzmannstadt (Lodz)

Die letzten Minuten der Charlotte Friedländer vor ihrer deportation aus Berlin

Sie hatte gewartet, zwei Tage lang. Charlotte Friedländer saß ruhig zwischen ihren Kindern und Enkeln, seit sie die Aufforderung erhalten hatte, sich zur Deportation bereitzuhalten. Ihre Enkelin überlieferte der Nachwelt, wie sie die letzten Minuten mit ihrer Familie in Berlin verbrachte: "Keine Träne, kein Wort. Was man sagen würde, wenn man etwas sagen wollte, wusste jeder, also konnte es unausgesprochen bleiben. ,Achte auf Dich, bleib gesund, gib uns Nachricht, wir werden schreiben, wir werden Dich vermissen, Mutter. – Wir sehen uns wieder, Kinder.’"
Dann kam die angegebene Zeit, der Lastwagen der Polizei war pünktlich. "Ein kurzer, ernster Abschied. Ein Blick von einem zum anderen, mehr nicht. Eine harte Stimme forderte den Brief und die Kennkarte."

Charlottes Schwiegersohn wollte ihren einzigen Koffer zum Lastwagen hinübertragen, doch nicht einmal das durfte er:

"Sie bleiben hier!"

Ein letztes Winken, dann folgte der Abtransport
Seine Tochter sah ihre Oma hinübergehen zum Wagen; sie stellte den Koffer auf die Ladefläche und kletterte selbst hinauf. "Großmutter hob die rechte Hand in Hüfthöhe und bewegte sie sacht. Ihr letztes Winken. Keine Träne, nur ein Gesicht, wie man es sich trauriger nicht vorstellen kann."

Lichtenstein Herta * 10.11.1905 in Fraustadt, letzte bekannte Adresse Ludwigkirchplatz 9, war Mitarbeiterin im “Büro Pfarrer Grüber”, sie wurde mit dem ersten Transport aus Berlin am 18.10.1941 über das Sammellager Synagoge Levetzowstr. 7-8 nach Litzmannstadt deportiert und dort ermordet.