Ghetto Theresienstadt (Terezín)

Transportliste

Dieser Transport bestand aus Nummer:
III/2-238, III/2-354, III/2-1018

Die Betroffenen wurden meist durch Boten verständigt und erhielten eine Transportnummer, die für die Dauer ihre Aufenthaltes in Theresienstadt gleichsam zu einem Bestandteil ihres Namens wurde und im amtlichen Verkehr angegeben werden mußte. Man hatte etwa die Transportnummer W 982 oder AA 475 oder Cv 13, was besagte, daß die Person mit dem Transport W oder AA oder Cv nach Theresienstadt gekommen war und in der entsprechenden Transportliste unter der Position 982, 475 oder 13 geführt wurde. Die Transportlisten wurden im Auftrag der Zentralstelle von der JKG zusammengestellt, mehrfach ausgefertigt und dem Kommandanten der deutschen Begleitmannschaft nach Theresienstadt mitgegeben, wo je ein Durchschlag an das Zentralsekretariat und an die Zentralevidenz, also an jüdische Stellen gelangte.

Auch die Transporte aus anderen Ländern nach Theresienstadt brachten in der Regel Verzeichnisse mit, aber ohne Bezeichnungen, die im Lager übernommen worden wären. Endgültige Listen aber wurden erst in Theresienstadt von der Transportabteilung oder in der Zentralevidenz angelegt. Die Transporte wurden benannt, die Deportierten bekamen ihre Transportnummer. Als Grundlage wählte man römische Ziffern von I bis XXVI, jede einem oder mehreren Ankunftsorten vorbehalten, die meist den einzelnen Gestapobereichen entsprachen. So besagte I Berlin, IV Wien und XXIV Holland. Den einzelnen Transporten wurde eine arabische Nummer zugesetzt, so war I/90 der neunzigste Transport aus Berlin. Die Transportnummern wurden diesen Deportierten in fortlaufender Reihenfolge zugewiesen, so daß sich die individuellen Nummern, z.B. unter römisch I, nicht wiederholten und die Personalziffern bei Berlin, Wien usw. in die Tausende gingen. Für jeden Alteingesessenen war die Nummer eines jeden Insassen Hinweis auf die Herkunft und Aufenthaltsdauer in Theresienstadt.

Die letzten im
Mucher Lager verbliebenen Juden wurden am 27. Juli 1942 um 8.00 Uhr zum Sammelplatz nach Köln-Deutz (Messehalle) gebracht. Der Bestimmungsort dieses Transportes, der die Nummer III/2 trug, war Theresienstadt. Wie sich aber nachweisen läßt, war für viele von ihnen das Judenparadies Theresienstadt nur ein Durchgangsort in das Ghetto Minsk oder direkt in ein Vernichtungslager des Ostens. Auch kranke Juden waren unter allen Umständen zum Gestellungsort zu transportieren.
Hatten die Juden bei den ersten Deportationen noch relativ gelassen die Reise angetreten, so nahm ganz offenkundig vor dem Abgang der letzten Transporte nach Theresienstadt die Verzweiflung der zur Deportation Bestimmten zu.

Dies geht eindeutig aus einem Brief hervor, den die Eheleute Moses Walter und Sanny Walter, früher wohnhaft in Siegburg, Holzgasse 24, wenige Tage vor ihrer Deportation nach Theresienstadt an ihre Kinder richteten.
Der Brief ist zugleich ein erschütterndes Zeugnis von jüdischer Elternliebe und Glaubenstreue und wird deshalb an dieser Stelle wortgetreu wiedergegeben werden.


Much 21. Juli 1942
Liebe Kinder!
Dein Brief lieber Alfred war vom 12. ds. Mts. und Ernst seiner vom 16. Juli und Liesel ihrer war vom 14. Juli die ich hiermit bestätige. Vor allen Dingen teile ich Euch mit, daß wir in einigen Tagen abreisen werden und schon gepackt haben, am vorigen Sonntag ist der größte Teil abgefahren und nur noch die ältesten und ganz Alten hier. Was Ernst von Schicken geschrieben hatte ist zu unterlassen da es uns absolut nicht erreichen würde. Von Geld kann überhaupt keine Rede sein da ich viel zu viel habe, auch sonst haben wir bisher keinen Mangel und hätten es aushalten können. Daß ich nun mit 82 Jahren noch verreisen muß ist ja sehr traurig, aber es ist Gottes Fügung wogegen man zu murren nicht das Recht hat. Wenn wir nur gesund bleiben werden wir auch dieses überstehen und auch so Gott will uns wiedersehen werden. Wenn es aber möglich ist gebt an Rudolph und Elly die Nachricht weiter vielleicht durch das rothe Kreuz. Nun meine lieben Kinder regt Euch nicht zu sehr auf, bleibt gesund an Leib und Seele, seid stark sowie es viele anderen im Vertrauen auf Gottes Hilfe auch sind. Einst wird doch das Wort des Propheten Iesaias in Erfüllung gehen was er in seinen Schriften gesagt hat. Nur einen Augenblick habe ich Euch verlassen aber mit großem Erbarmen werde ich Euch wieder heimführen. Sobald wir an Ort und Stelle sind werden wir schreiben, wenn wir können. Und nunmehr erteile ich Euch auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen Wege den priesterlichen und väterlichen Segen. Der Herr segne Dich und behüte Dich, der Herr lasse Dir leuchten sein Angesicht und sei Dir gnädig. Es erhebe der Herr sein Angesicht zu Dir und gebe Dir Frieden! Also lebt wohl meine lieben Kinder bis auf Wiedersehen. Ich küsse Euch alle im Geiste und grüße Euch herzlich.
Euer Vater

Geliebte Kinder!
Auch ich sage Euch auf diesem Wege Lebewohl, hoffentlich geht alles gut, da die Fahrt sehr unangenehm ist. Die Hoffnung Euch einmal wiederzusehen hält uns aufrecht. Unsere Nerven sind überreizt, wie Ihr Euch wohl denken könnt. Gleichzeitig mit unserem Transport fährt auch Tante Bille mit, ob wir uns unterwegs sehen ist fraglich. Sie freut sich so traurig es auch sei uns wiederzusehen d. h. wieder mit uns zusammen zu sein. O. Simon schreibt auch sehr traurig. Also liebe Kinder wir wollen tapfer sein, seit Ihr es auch. Umarme und küsse Euch inniglich. Bleibt gesund hoffentlich wir auch. Auf frohes Wiedersehen.
Hoffentlich rechtbald.
Eure Euch liebende Mutter
Soeben erhielten wir noch die Nachricht daß wir am Montag Vormittag abreisen Richtung Theresienstadt für d. 27.ten

Namensliste

Halberstadt Julius Jakob * 23.07.1876 Schupbach (Kreis Oberlahn)
Kaufmann, Geschäftsführer, „Frankfurter Damenkonfektion“
zog 1939 nach Köln-Ehrenfeld, zusammen mit seiner Frau Babette geb. Schneider, * 08.09.1876 Nenzenheim (Bayern)
am 27.07.1942 von Köln nach Theresienstadt deportiert und dort gestorben 11.03.1943 bzw. beide 1953 für tot erklärt