Wien am Spiegelgrund
Kaposi Wilhelm: geb. am 22.10.1929 in Wien
Eltern: Edmund (Kaufmann) und Gertrude Kaposi.
Zuletzt wohnhaft in Wien 1, Postgasse 13.
Die Eltern snd laut Auskunft des Gesundheitsamtes Wien VIII am 07.08.1938 nach London ausgewandert.
Der kleine Wilhelm ist einige Zeit in Pflege bei Frau Manja Ruckhaus, wohnhaft Wien 18, Theresiengasse 7/8.
Er besucht die städtische Hilfsschule für Knaben und Mädchen (Vorschule) in Wien 18, Anastasia Grüngasse 10 und übersiedelt am 22.12.1938 in die Volksschule Wien 19, Pantzergasse 25.
Da Wilhelm bei der Geburt eine Verletzung erlitten hat, entwickelt er sich körperlich und geistig nur sehr langsam, auch leidet er sehr unter der Trennung seiner Eltern.
Eine Besserung seines Zustandes soll im Kinderheim St. Klemens in Grunsbach bei Znaim, N.D. (Niederdonau, heute Niederösterreich) ermöglicht werden, von dort kommt Wilhelm am 08.09.1941 in die Pflege und Beschäftigungsanstalt für
schwachsinnige Kinder nach Gugging in N.D.
Schließlich wird er am 27.05.1942 in die Heilpädagogische Klinik der Stadt Wien am Spiegelgrund in Wien 14, Baumgartnerhöhe 1 überstellt.
Einem Begleitbrief der Anstalt Gugging folgt noch eine Meldung der Kinderübernahmestelle (KÜST) – Anstaltenreferat der Gemeindeverwaltung des Reichsgaues Wien: Darin steht:
Kaposi Wilhelm geb. am 22.10.1929 wurde am 27.05.1942 von der Heil-und Pflegeanstalt Gugging am Spiegelgrund abgegeben. Ich teile dazu mit, dass das Kind Volljude ist.
Unterschr. Muth.
Dieses Schreiben langt am 04.09.1942 am Spiegelgrund ein.
Wilhelm kommt in den Pavillon 15. In der Euthanasieklinik Am Spiegelgrund wird er allen rassenhygienischen Untersuchungsmethoden der NS-Ärzte unterzogen, auch der Encephalographie. Dies ist eine sehr schmerzhafte Untersuchungsmethode, bei der Liquor aus dem Rückenmark abgenommen und Luft ins Gehirn gepumpt wird.
Dr. Heinrich Gross ist einer seiner behandelnden Ärzte. Er nennt den Buben aber nicht bei seinem Vornamen Wilhelm, sondern Israel.
Ein NS-Synonym für männliche Juden.
Am 01.09.1942 verschlechtert sich Wilhelms Befinden. Am 10.09.1942 um 5 Uhr 30 stirbt Wilhelm Kaposi im Alter von 12 Jahren an einer Lungenentzündung beider Unterlappen.
Jahre später wird sein Gehirn der Israelitischen Kultusgemeinde Wien zur Bestattung übergeben.