Dachau

Transportliste

Am 01. April 1938 ging der erste Transport, der so genannte Prominententransport mit Österreichern in das KZ Dachau. Unter den 151 Häftlingen befanden sich bekannte Politiker und Gegner des nationalsozialistischen Regimes: Christlichsoziale, Monarchisten, Sozialdemokraten, Kommunisten u. a. etwa 50-60 Menschen waren jüdischer Religion oder Herkunft. Von Anfang an waren die österreichischen Juden die vom nationalsozialistischen Regime am schärfsten verfolgte Gruppe. Zahlreiche Transporte nach Dachau folgten.
Der erste in Dachau umgekommene Österreicher war der am 28. April 1938 in den Selbstmord getriebene Hans Kotanyi, Gesellschafter der gleichnamigen Paprikamühle. Josef Kende wurde am 24. Oktober 1938 das erste österreichische Opfer im KZ Buchenwald.


Bei der SS, die die Häftlinge auf dem Westbahnhof brutal in Empfang nahm, handelte es sich um Angehörige der berüchtigten SS-Totenkopfstandarte 1 „Oberbayern“, die im KL Dachau als Wachmannschaft fungierte.

Stapo Wien

Staatliche Kriminalpolizei
KriminalpolizeileitstelleWien
Inspektion I E

Wien, am 1.April 11938

Transporte von Schutzhäftlingen
nach dem Konzentrationslager Dachau

I. Transport

Am 1. April 1938 erfolgte der I. Transport von Schutzhäftlingen nach dem Konzentrationslager in "Dachau.
Anzahl: 151 Mann.

Der grösste Teil der zum Abgange bestimmten Schutzhäftlinge bestand aus höheren Beamten des ehemaligen Bundeskanzleramtes, Minister, Bürgermeister von Wien, Beamte der Polizeidirektion und des Generalinspektorates, des Heimatdienstes, der Vaterländischen Front, der Gendermerie und Kaufleute aus der jüdischen Rasse stammend.
Die Zusammenstellung des Zuges hatte durch des Gefangenhauses zu erfolgen und erforderte - da keine Erfahrungen diesbezüglich vorhanden waren - einiges Kopfzerbrechen und Arbeit. Schwierigkeiten ergaben sich, durch das Einbringen der in anderen Einsatzstellen untergehrachten Scbutzhäftlinge. Durch Zusammenarbeit aller an dem Zuge interessierten Stellen gelang es jedoch alle Schutzhäftlinge rechtzeitig stellig zu machen. Auftragsgemäss mussten alle Schutzhäftlinge tags vorher Wagenweise und allein in eigenen Zellen untergebracht werden.
Der Abtransport erfolgte mit 9 Zellenwegen im Abständen von 5 - 6 Minuten, er erfolgte anstandslos in der Zeit zwischen 19 und 21.00 Uhr.
Der Abtransport hinterliess bei allen SWB. einen gewissen psychisch-. Eindruck, hervorgerufen durch das Dabeisein der eigenen ehemaligen hohen und höchsten Vorgesetzten.

Die Abfertigung erfolgte durch Polizeimajor Herzog.

Bericht

Laut Bericht der Kriminalpolizeileitstelle Wien vom 1. April 1938 wurde der Transport im Polizeigefangenhaus (in Wien 9., Elisabethpromenade, im Häftlingsjargon „Liesl“ genannt, heute Roßauer Lände) zusammengestellt und am Abend des 1. April in neun Zellenwagen zum Westbahnhof gebracht.

Die Gefangenen, die am 1. April 1938 im Polizeigefangenenhaus aufgerufen wurden, wussten vorerst nicht, was mit ihnen geschehen würde.

Die Häftlinge wurden in Überfallsautos gepfercht, die die Wiener Ringstraße entlang fuhren: „Da biegen die Wagen in die Mariahilfer Straße ein und nehmen Kurs zum Westbahnhof. Da plötzlich schreit einer mit Wahnsinnsstimme: ‚Nach Dachau! Ins Konzentrationslager!‘“
Am Abend des 1. April ging der Transport mit 150 österreichischen Häftlingen vom Wiener Westbahnhof ab, tatsächlich trafen am Morgen des 2. April nur 149 von ihnen im KZ Dachau ein: Ein Häftling, Johann Stern, wurde im KZ Dachau nicht registriert.
In der fortlaufenden Nummerierung des Zugangsbuches sind aber 150 österreichische Häftlinge in einem Nummernblock (13.780–13.929) angeführt; der zu den 149 hinzugekommene Dr. Ernst Mayer, vormaliger Landesgendarmeriekommandant von Oberösterreich, war möglicherweise auf der Strecke (am Bahnhof Linz?) dem Transport angeschlossen worden.