Transport

Tötungsfahrzeug

Die Organisation der so genannten Euthanasie erfolgte von Berlin aus, von dort erhielt die Gemeinnützige Kranken-Transport GmbH (Gekrat) ihre Listen mit den zur Vergasung Bestimmten.
Von Grafeneck fuhren die drei Busse und der Sanitätskraftwagen, meist in Kolonne, in die Behindertenanstalten. In den anfangs roten, später grauen Bussen mit den Milchglasscheiben befanden sich vorne, durch eine Kabinenwand abgetrennt, ein Fahrer und ein Beifahrer, außerdem fuhren zwei Pflegepersonen mit, die gewalttätige Kranke anschnallen oder ihnen notfalls Handschellen anlegen konnten.

Voraus fuhr in einem PKW der Transportleiter, der die Liste mit sich führte, nach welcher die Patienten in der Abgabeanstalt ausgesucht wurden. Auf dem Rückweg hatte er dann auch die Krankenakten bei sich. Im Ausnahmefall begleitete auch Personal der Abgabeanstalt den Transport in die Tötungsanstalt. Wenn die Liste mehr als 75 Personen umfasste, hatte die jeweilige Anstalt die Chance, wichtige Arbeitskräfte zu streichen und damit zu behalten.

In der Anstalt Mariaberg traf am 21.September 1940 eine Namensliste ein, der zufolge 97 Pfleglinge von den Bussen abgeholt und in eine andere, nicht genannte Anstalt verlegt werden sollten. Was diese Liste in Wirklichkeit zu bedeuten hatte, wusste die Anstaltsleitung inzwischen aus einem geheimen Rundschreiben der Inneren Mission.
Also reiste eine vier Mann starke Mariaberger Delegation zum Stuttgarter Innenministerium und sprach dort bei Obermedizinalrat Mauthe vor. Dieser eröffnete ihnen, dass es sich bei besagter Liste um solche Patienten handle, die am kränksten seien und am längsten in Mariaberg wohnten. Von ihnen wolle man die Anstalt erleichtern; ohnehin würden im Krieg wertvollere Menschen fallen.

Als Kriterium für die Auswahl nannte Mauthe die in den Fragebogen angegebenen Arbeitsleistungen. Auf das Eingeständnis des Mariaberger Direktors, wie diese Bewertung zustande gekommen sei, ließ sich Mauthe eine Neubewertung abringen, anhand der in zähen Verhandlungen 41 Namen von der Liste gestrichen wurden. Als lebensrettend erwiesen sich dabei Qualifizierungen wie diese: Schuhmacher, sohlt, flickt sämtliche Schuhe für 210 Leute oder In der Anstaltsküche geradezu unentbehrlich. Leutemangel! oder Schafft von morgens bis abends!

Bei den Patienten sprach sich der wahre Zweck des Abtransports schnell herum, zumal die Busse immer die Kleidung früher abgeholter Kranker in die Anstalt zurückbrachten und sich daraus Rückschlüsse ziehen ließen. Viele Kranke versuchten sich zu verstecken oder zu fliehen, andere flehten um ihr Leben, wieder andere verfluchten die Verantwortlichen. In Emmendingen beschimpften Patienten eine Ärzte-Kommission: So, sucht ihr wieder neue Opfer aus, ihr Massenmörder! Und eine Kranke sagte beim Abtransport: Wir sterben ja, aber den Hitler holt der Teufel!

Die meisten freilich wehrten sich nicht, nicht weil sie unfähig gewesen wären zu merken, was mit ihnen geschah, sondern einfach aus Resignation, dass ihnen letztlich kein Widerstand half.

Untersuchung der Patienten

Die Ankunft in Grafeneck

Zitat einer Schwester:
Die ankommenden Kranken wurden von dem Schwesterpersonal in Empfang genommen, ausgezogen, gemessen, fotografiert, gewogen, und dann zur Untersuchung gebracht. Jeder ankommende Transport wurde ohne Rücksicht auf die Tageszeit sofort untersucht und die zur Euthanasie bestimmten wurden sofort vergast.

Nach Eintreffen des Transports in Grafeneck wurden die Kranken in die Aufnahmebaracke geführt, dort vom Schwesternpersonal in Empfang genommen, ausgezogen, gemessen, gewogen, fotografiert und dann zur Untersuchung gebracht. Diejenigen Personen, die Goldzähne besaßen, wurden besonders gekennzeichnet. Schließlich führte man die Patienten den Ärzten zur letzten Untersuchung vor.

In manchen Fällen wurden dabei Beruhigungsspritzen gegeben, in den weitaus meisten Fällen dauerte die Untersuchung nur wenige Sekunden bis zu einer Minute. In Grafeneck nahmen sie die Ärzte Dr. Schumann, Dr. Hennecke und ab April Dr. Baumhardt vor. Sie diente aber in der Regel nicht dem Zweck einer nochmaligen Überprüfung des Krankheitszustandes, um sozusagen auf diese Weise eine letzte Auswahl zu treffen, sondern sie wurde dazu benutzt, die sachliche und personelle Richtigkeit der vorgestellten Kranken zu überprüfen und auffallende Kennzeichen zu notieren, die für die Erstellung einer späteren Todesursache von Bedeutung sein konnten.

Trotzdem gelang es Patienten in Einzelfällen, der Todesmaschinerie zu entgehen. Nach den Ermittlungen des Amtsgerichts Münsingen sind in Grafeneck mindestens 29 der antransportierten Patienten nicht vergast worden. Tatsächlich liegt die wahre Zahl schon deshalb noch beträchtlich höher, weil einmal ein ganzer Kindertransport zurückgeschickt wurde.

Tötungsvorgang

Todesschuppen

Nach Eintreffen des Transports in Grafeneck wurden die eingelieferten Menschen in die Aufnahmebaracke geführt, dort vom Schwesternpersonal in Empfang genommen, entkleidet, gemessen, gewogen, fotografiert und dann zur Untersuchung gebracht. Diejenigen Personen, die Goldzähne besaßen, wurden besonders gekennzeichnet.

Schließlich führte man die Menschen den Ärzten zur letzten Untersuchung vor. In manchen Fällen wurden dabei Beruhigungsspritzen gegeben, in den weitaus meisten Fällen dauerte die Untersuchung nur wenige Sekunden bis zu einer Minute.

In Grafeneck nahmen sie die Ärzte Dr. Schumann, Dr. Hennecke und ab April Dr. Baumhardt vor.

Sie diente aber in der Regel nicht dem Zweck einer nochmaligen Überprüfung des Krankheitszustandes, um sozusagen auf diese Weise eine letzte Auswahl zu treffen, sondern sie wurde dazu benutzt, die sachliche und personelle Richtigkeit der vorgestellten Menschen zu überprüfen und auffallende Kennzeichen zu notieren, die für die Erstellung einer späteren Todesursache von Bedeutung sein konnten. Nachdem die Untersuchung abgeschlossen war, setzte sich der Zug der Ahnunglosen in Bewegung.

Den jetzt nur noch spärlich Bekleideten wurde zum Teil ein alter Militärmantel übergeworfen, dann ging es durch ein Tor im Bretterzaun, vorbei am rauchenden Krematorium, zum Todesschuppen. Die Tötung erfolgte durch Kohlenmonoxidgas, das der Anstaltsarzt durch Bedienen eines Manometersin den Vergasungsraum einströmen ließ. Die erforderlichen Stahlflaschen lieferte die Firma Mannesmann, die Befüllung besorgte die IG Farben-Industrie (BASF) im Werk Ludwigshafen. Beim Betreten des Vergasungsraumes wurden die Kranken, maximal 75 Personen, nochmals gezählt, sodann die Tore geschlossen. Anfangs schienen einige Opfer noch geglaubt zu haben, es gehe tatsächlich zum Duschen, andere begannen sich im letzten Augenblick zu wehren und schrien laut.
Die Zufuhr des Gases betrug in der Regel etwa 20 Minuten; sie wurde eingestellt, wenn sich im Vergasungsraum keine Bewegung mehr feststellen ließ. Daß Ärzte, die in nicht einmal einem Jahr über 10.500 Menschen durch Vergasung töteten, bei diesem Vorgang abstumpften und darüber zynische Bemerkungen wie

Jetzt purzeln sie schon?

machten, verwundert nicht.
Geraume Zeit nach der Vergasung öffneten Hilfskräfte, die Gasmasken trugen, die Flügeltore. Ihnen bot sich in der Regel ein schrecklicher Anblick: Die Körper der Toten und der Boden waren mit Stuhl, Menstruationsblut und Erbrochenem beschmutzt, manche Leichen waren ineinander verkrallt und mußten mit Gewalt voneinander getrennt werden. Dasjenige Personal, das die Krematoriumsöfen bediente, deshalb manchmal auch Brenner genannt wurde, war auch zuständig für den Abtransport der Leichen zu den Öfen beziehungsweise zu einer Zwischenlagerung, vermutlich imReitzirkel der Anlage.
Vorher wurden den mit einem Kreuz bezeichneten Patienten die Goldzähne ausgebrochen und bei der Verwaltung abgeliefert; das so gewonnene Rohmaterial wurde sodann bei Degussazu Feingold verarbeitet. Über die Tätigkeit der Brenner in Grafeneck gibt es keine genauen Kenntnisse, weil keiner von ihnen vor Gericht stand.
Es darf aber das, was über die Euthanasie-Anstalt Hartheim dazu ausgesagt wurde, zweifellos auch für Grafeneck angenommen werden: Jeweils zwei Heizer hatten 12 Stunden Schichtdienst, so dass die Öfen durchgehend brennen konnten. Dabei musste, laut der zynischen Aussage des Euthanasie-Arztes Dr. Renno in Hartheim, für eine magere Leiche eine längere Verbrennungszeit eingeplant werden als für eine wohlgenährte, nämlich 1-1,5 Stunden. Nach der Verbrennung wurden verbliebene Knochenreste aus den Öfen genommen und in eine Knochenmühle gegeben. Von Grafeneck ist auch bekannt, dass ein Angestellter Knochenstücke mit einem Hammer verklopfte. Man gewann daraus Knochenmehl, das man, mit Asche vermischt, in Urnen an die Angehörigen verschickte.