Kurzfassung

Kritische Reaktionen in der Bevölkerung bleiben trotz Geheimhaltung, Tarnung und Irreführung nicht aus, besonders nicht in der Nachbarschaft der Tötungsanstalten. So wird überliefert, dass die Kinder von Hadamar die Gekrat-Omnibusse als Mordkisten bezeichneten; sie sagen untereinander: Du bist nicht recht gescheit, du kommst nach Hadamar in den Backofen! Alte Leute sollen sich gegen eine Einlieferung in ein staatliches Krankenhaus gewehrt haben: Ja in kein staatliches Krankenhaus! Nach den Schwachsinnigen kommen die Alten als unnütze Esser an die Reihe! Die ersten Gerüchte aus dem Köln/Bonner Raum werden im Juni 1941 gemeldet:

dass jetzt in Berlin eine Anstalt errichtet sei, in der die unheilbar Geisteskranken mittels Gas in einer Zelle getötet würden;

in der Eisenbahn

habe eine Dame erklärt, dass die Geheime Staatspolizei in einer Heilanstalt in Grafenberg/Wttbg. sämtliche Insassen schmerzlos getötet habe, und dass die dortige Bevölkerung in großer Aufregung sei. Es habe tagelang gedauert, bis die Leichen im Krematorium alle verbrannt gewesen seien;

unter Kölner Arbeiterfrauen

erzählte man sich ebenfalls Fälle von Euthanasie, die in Idiotenheimen und Krüppelanstalten vorgekommen seien. So soll man an den Insassen einer solchen Anstalt in Freiburg neue Kampfgase versucht haben. Hinterher seien dann die Opfer verbrannt worden. Den Angehörigen dieser bedauernswerten Geschöpfe solle sogar Mitteilung davon gemacht worden sein, dass ihnen gegen Entrichtung einer bestimmten Summe die Urne mit der Asche zugesandt würde.

Und der Bürgermeister von Siegburg berichtet am 22. August 1941 an den Landrat, nachdem die Klöster in Geistingen und St.Augustin von den NS-Behörden geschlossen worden sind, zwar relativ spät, dafür aber zutreffend:

Es geht das Gerücht in der Bevölkerung um, wonach Nervenkranke, die in Heil- und Pflegeanstalten untergebracht sind, in der letzten Zeit in einer grösseren Anzahl plötzlich sterben und dann sofort einem Krematorium überwiesen würden. Die Benachrichtigung der Angehörigen erfolge erst nach der Verbrennung.


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