Die Ausschaltung der Juden aus der Wirtschaft in den Jahren 1936 bis 1938

In den relativ ruhigen Jahren 1936 und 1937 überlegte man in den zuständigen Ministerien ständig, wie man die Juden aus ihren wirtschaftlichen Stellungen verdrängen sollte und wie man ihres Vermögens habhaft werden könnte, ohne dass die deutsche Volkswirtschaft zu sehr in Mitleidenschaft gezogen würde.

Aber erst im Jahre 1938 kam es zu einschneidenden gesetzlichen Maßnahmen.

Am 22.April 1938 erging eine Verordnung gegen die Unterstützung der jüdischen Gewerbebetriebe.

Die Verordnung vom 26.April 1938 und eine Anordnung hierzu vom gleichen Tage zwangen die in Deutschland lebenden Juden dazu, ihr Vermögen anzumelden.
Der 7 dieser Verordnung gab dem Beauftragten für den Vierjahresplan, Hermann Göring, das Recht, alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig waren, um den Einsatz des Anmeldepflichtigen Vermögens in Einklang mit den Belangen der deutschen Wirtschaft sicherzustellen.

Am 6. Juli 1938 kam dann das Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung, durch das den Juden die Ausübung bestimmter wirtschaftlicher Berufe verboten wurde.

Nach Artikel II Absatz 1 dieses Gesetzes durften die Juden nur noch bis zum 31.12.1938 ihre bereits bestehenden Geschäfte, die den Handel mit Grundstücken, die gewerbsmäßige Vermittlung von Immobilienverträgen und Darlehen und die Haus- und Grundstücksverwaltung betrafen, weiterführen.

Nach Artikel III wurde eine Entschädigung für die persönlichen wirtschaftlichen Nachteile, die durch die Durchführung des Gesetzes entstanden, ausdrücklich ausgeschlossen.

Im Sommer 1938 kam nun Schlag auf Schlag eine Verschärfung der bisher bestehenden Bestimmungen.
Die 4. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25.Juli 1938 bestimmte, dass die Approbationen jüdischer Ärzte am 30.September 1938 erloschen, und aufgrund der 5. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 27.September 1938 mussten jüdische Rechtsanwälte ihre Tätigkeit am 30.November 1938 endgültig einstellen.

Weiter erging am 17.August 1938 die 2. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes vom 5.Januar 1938 über die Änderung der Familien- und Vornamen, die bestimmte, dass jüdische Menschen ihrem Familiennamen die Vornamen Israel oder Sara zusetzen mussten, sofern sie nicht bereits jüdische Vornamen, die in einer Liste aufgeführt waren, führten.

Nach der 3. Verordnung über den Kennkartenzwang vom 23.Juli 1938 mussten alle in Deutschland wohnenden Juden die Ausstellung einer Kennkarte unter Hinweis auf ihre Eigenschaft als Jude beantragen.

Noch härtere Maßnahmen gegen die Juden erfolgten im November 1938, nachdem der 17 Jahre alte Jude Herszel Grynspan in der deutschen Botschaft in Paris am 7.11.1938 den Legationssekretär vom Rath erschossen hatte.
Es kam daraufhin in der Nacht vom 9.11. zum 10.11.1938 als Reaktion auf das Attentat zur sogenannten Reichskristallnacht, einem von den Nationalsozialisten planmäßig organisierten, nach außen als spontane Volksreaktion hingestellten Pogrom gegen jüdische Bürger und ihr Eigentum, in deren Verlauf Geschäfte und Wohnungen von Juden beschädigt oder sogar völlig zerstört wurden, zahlreiche Synagogen in Brand gesteckt wurden und eine zahlenmäßig nicht mehr feststellbare Anzahl von Juden ermordet wurde. Etwa 20000 Juden wurden verhaftet und in Konzentrationslager gebracht.

Die schärfste Maßnahme gegen die Juden in diesem Zusammenhang aber war ihre nunmehr völlige Ausschaltung aus dem Wirtschaftsleben aufgrund der Verordnung vom 12.November 1938, durch die ihnen der Betrieb von Einzelhandelsverkaufsstellen, Versandgeschäften oder Bestellkontoren sowie die selbständige Ausübung jeglichen Handwerks untersagt wurde.

Mit der folgenden Verordnung über den Einsatz jdischen Vermögens vom 3.Dezember 1938 wurden die Juden schließlich hinsichtlich ihrer gewerblichen, landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebe, ihres Grundeigentums und ihres sonstigen Vermögens völlig entrechtet. Diese Verordnung vom 3.Dezember 1938 sah insbesondere vor, dass man den Juden die Auflage erteilen konnte, ihre Betriebe, sonstiges Eigentum oder bestimmte Vermögensteile innerhalb einer bestimmten Frist zu veräußern.

Dieser zweite Abschnitt der Judenverfolgung endete praktisch mit dem Jahre 1938.

Die Juden waren jetzt nicht mehr in der Lage, in der Öffentlichkeit mitzuarbeiten. Sie waren nicht mehr imstande in der Wirtschaft tätig zu sein, sie durften keine eigenen Betriebe mehr haben, sie durften nicht einmal Geschäftsführer eines Betriebes sein und durften auch sonst keine leitenden Stellungen mehr bekleiden. Es blieb ihnen also nur übrig, einfache Arbeit zu verrichten. Diese zu bekommen war für Juden schwer, ja fast unmöglich.

Ab Ende 1938 begann daher für die noch in Deutschland lebenden Juden eine furchtbare Notzeit.