Strafe für seine Mitwirkung bei der Massenvernichtung

Die überaus schwere Schuld, die Mentz als Mordgehilfe bei der Massenvernichtung von mindestens 300000 Personen insbesondere durch seine Tätigkeit im Lazarett auf sich geladen hat, kann nur durch die gleiche Strafe gesühnt werden, die auch einem Mörder nach 211 StGB zukommt, nämlich durch lebenslanges Zuchthaus.

Die Verhängung der vollen Täterstrafe auch für den Tatgehilfen ist aufgrund des 4 der Gewaltverbrecherverordnung vom 05.12.1939 und durch die Einarbeitung dieser Bestimmung in 49 StGB aufgrund der Verordnung des Reichsjustizministers vom 29.05.1943 zur Durchführung der Strafrechtsangleichungsverordnung vom selben Tage (RGBl. I, Seite 339) möglich, wie bereits früher dargelegt worden ist.
Das Schwurgericht hat bei der Bemessung der Strafe für den Angeklagten Mentz nicht außer acht gelassen, dass hier eine doppelte Möglichkeit besteht, die in 211 StGB vorgesehene lebenslange Zuchthausstrafe nach den Grundsätzen des Versuches (44 Absatz 2 und Absatz 3 StGB) zu mindern, und zwar einmal aufgrund des 49 Absatz 2, letzter Halbsatz StGB und einmal mit Rücksicht auf den verschuldeten Verbotsirrtum, dem der Angeklagte Mentz unterlegen ist, weil er die ihm erteilten Befehle zur Tötung von Menschen im Lazarett zwar als rechtswidrig, aber dennoch als verbindlich ansah.
Der vermeidbare Verbotsirrtum bei einer Beihilfe zum Mord gestattet es also sogar, die in 44 Absatz 2 StGB vorgesehene Mindeststrafe von drei Jahren Zuchthaus zu unterschreiten (vgl. dazu BGHSt. 2, 194, 209 bis 211 und das Urteil des BGH vom 9.April 1963 - 5 StR 22/63, unter C.II.4. sowie das Urteil des BGH vom 25.November 1964 - 2 StR 71/64, unter B.II.2.b.).

Obwohl sich das Schwurgericht dieses sehr weiten Strafrahmens bewusst gewesen ist, hat es die Verhängung einer lebenslangen Zuchthausstrafe gegen den Angeklagten Mentz als Sühne für seine Mitwirkung an den Massentötungen unbedingt für erforderlich gehalten, denn Mentz hat in mindestens 200 Fällen jüdische Männer, Frauen und Kinder, die aus Transporten ausgesucht und zu ihm ins Lazarett gebracht worden waren, eigenhändig mit seiner Pistole getötet.
Er hat dabei jede menschliche Regung vermissen lassen und mit erbarmungsloser Brutalität und mitleidsloser Kalte gehandelt.
Das geht auch daraus hervor, dass es ihm völlig gleichgültig war, ob die Opfer durch den Genickschuss getötet oder ob sie nur verwundet waren, da sie ja letzten Endes doch im ständigen Feuer der Lazarettgrube verbrannten. Die Blutschuld, die er dadurch auf sich geladen hat, ist sehr groß und erreicht fast die Schuld eines Täters. Mentz hat als ein seelenloser Roboter in Treblinka alles ausgeführt, was man von ihm verlangte und trotz der Scheußlichkeiten, die sich vor seinen Augen abspielten, trotz der Ströme von Blut und Tränen, die gerade im Lazarett von den Ärmsten und hilflosesten der Opfer, den Müttern mit kleinen Kindern, den Alten, Kranken und Schwachen vergossen wurden, nicht einen einzigen Augenblick gezaudert, sein blutiges Handwerk auszuüben.

Gegenüber diesen Tatsachen kann der Umstand, dass Mentz ein geistig wenig beweglicher Mann ist, nicht entscheidend ins Gewicht fallen.

Sein Bildungsniveau, mag es auch nicht allzu hoch sein, war immerhin ausreichend genug, um sich die ganze Perversion und Scheußlichkeit seines Verhaltens vor Augen führen zu können. Wurden doch die Opfer im Lazarett von ihm weitaus schlechter behandelt als Schlachtvieh, das vor der Schlachtung betäubt wird.
Die Lazarettopfer dagegen mussten sich sogar vor ihrer eigenen Tötung noch die brennenden Leichen ihrer zuvor erschossenen Leidensgenossen ansehen. Der Angeklagte ist so primitiv nicht, dass er das nicht alles hätte bemerken müssen, auch wenn er nach seiner ganzen geistigen Verfassung ein leicht beeinflussbarer und autorittsgläubiger Mensch ist, der sich fremdem Willen leicht beugte. Er machte es sich aber doch zu leicht, wenn er sein Anfangs zuweilen aufbegehrendes Gewissen damit beruhigte, dass er sich sagte, der Führer habe das alles befohlen und der werde dies alles verantworten müssen.

Das Schwurgericht ist nach sorgsamer Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände zu der Überzeugung gekommen, dass eine zeitige Zuchthausstrafe auch eine solche von 15 Jahren nicht ausreicht, um der Größe und der Schwere seiner Schuld gerecht zu werden, auch wenn man beachtet, dass er nur als Mordgehilfe und außerdem in einem verschuldeten Verbotsirrtum gehandelt hat.
Die Vielzahl der von ihm eigenhändig begangenen Erschießungen und seine hierbei zutage getretene kalte und gefühllose Einstellung zu jedem menschlichen Leben erfordern zur gerechten Sühne die Verhängung einer lebenslangen Zuchthausstrafe.