Der Tod des Hans Burg

Als im Frühjahr 1943 die Häufigkeit der Transporte nachzulassen begann, mussten die Arbeitsjuden des unteren Lagers auf dem Sortierungsplatz Erdarbeiten ausführen und zu diesem Zweck eine Kipplorenbahn anlegen.
Der sechzehnjährige Häftling Hans Burg, der kurz zuvor vom Fleckfieber genesen war, stellte sich hierbei ungeschickt an, und zog sich dadurch den Zorn des Angeklagten Franz zu. Der Angeklagte brüllte den Jungen heftig an und gab ihm mit einem Spaten einen so schweren Schlag auf den Kopf, dass Burg blutend zusammenbrach und wahrscheinlich bereits durch diesen Schlag getötet wurde.
Franz gab anschließend dem Mitangeklagten Miete den Befehl, den Burg, der kein Lebenszeichen mehr von sich gab, ins Lazarett zu bringen und dort zu liquidieren. Im Lazarett erhielt Burg einen Gnadenschuss.

Diese Feststellungen beruhen auf der eidlichen Bekundung des in Prag lebenden, jetzt 44 Jahre alten Ingenieurs Gl., der den gesamten Vorgang, den Franz freilich in Abrede stellt, aus allernächster Nähe beobachtet und anschließend seinem Freund, dem Zeugen Un., hiervon berichtet hat, was dieser wiederum bei seiner eidlichen Vernehmung durch den deutschen Konsul in Seattle bekundet hat.
Bei dem Ingenieur Gl. handelt es sich um einen besonders zuverlässigen, sehr intelligenten und überaus glaubwürdigen Zeugen. Seine Aussage, die er leidenschaftslos und sachlich gemacht hat, ist deshalb so wertvoll, weil er nicht nur einzelne der Angeklagten in konkreten Punkten belastete, sondern weil er andererseits wiederum von manchen deutschen SS-Leuten, so z.B. vom Angeklagten Suchomel, überwiegend Positives berichtete. Er hat überdies erklärt, dass es ihm, da er fließend Deutsch sprach und sehr auf ein adrettes Äusseres trotz widriger Umstände hielt, zum Teil besser ergangen ist als anderen Häftlingen.
Er hat z.B. darauf hingewiesen, dass er von keinem der Angeklagten jemals geschlagen oder gepeitscht worden ist. Er hat über das untere Lager, über das allgemeine Lagergeschehen und über das deutsche Lagerpersonal eine solche Fülle von Einzelheiten berichtet, dass die Angeklagten ihm hinsichtlich dieser Darstellung allgemeiner Dinge vollauf beipflichten mussten. Das gilt insbesondere von dem Angeklagten Suchomel, der sich an Gl. wegen seiner Körpergrösse und wegen seines Dialekts genau erinnerte.
Der Zeuge Gl. hat übrigens den Angeklagten Franz ohne jedes Zögern wiedererkannt.

Für das Schwurgericht gibt es keinen Zweifel daran, dass Gl. nicht nur bei der Schilderung allgemeiner Dinge, sondern wie im vorliegenden Falle bei der Bekundung von Einzeltaten die Wahrheit gesagt hat. Er ist der Zeuge mit den umfassendsten Kenntnissen über die Vorgänge des unteren Lagers und damit eine besondere Stütze des Schwurgerichts bei der Wahrheitsfindung.