Ich bin, Geliebte, Gottes schmaler Spiegel,
In den er blickt, eh' er zur Ruhe geht.
Mein Herz ist seines Ringes rotes Siegel,
Das er dem Abend aufprägt, eh' er ganz verweht.

Ich bin, Geliebte, Gottes Silberschale,
Aus der er oft des Schlummers Rotwein trinkt,
Von deren tiefem Grunde wie aus einem Tale
Des bleichen Monds das Lied der Schwermut klingt.

Ich war, Geliebte, Gottes stummer Spiegel.
Nun sing ich in der Ferne leise Lieder
Zur Laute dir, wenn rings die Sterne steigen.

Mein Herz war Gottes abendrotes Siegel.
Nun spricht er zu mir aus der Sterne Schweigen:
„in meinem Garten sehet ihr euch wieder.

(Theresienstadt 1943)