Auschwitz, 23. Juli 1942

Auf Grund der im Bereich des Konzentrationslagers Auschwitz wieder aufgetretenen
Fleckfieberfälle wird zur Bekämpfung der Seuche Folgendes angeordnet:

1.) Es ist eine vollständige Lagersperre verhängt. Sämtliche innerhalb der großen Postenkette wohnenden SS-Angehörigen dürfen den Lagerbereich nicht verlassen.

2.) Sämtliche SS-Angehörige, die außerhalb der großen Postenkette wohnen, unterzeichnen einen auf dem Kommandanturgeschäftszimmer vorbereiteten Revers, mit welchem sie sich verpflichten, sich von ihrer Wohnung zu ihrer Dienststelle ständig auf direktem Wege und umgekehrt zu begeben. Weiterhin verpflichten sie sich, so oft wie möglich mindestens 1 mal wöchentlich die Wäsche zu wechseln und sich einer fortlaufenden gründlichen Reinigung zu unterziehen. Nach Unterzeichnung dieses Reverses ist derselbe im SS-Revier beim Standortarzt vorzulegen. Gegen Vorlage dieses Reverses wird ein Passierschein durch den Standortarzt mit befristeter Gültigkeit erteilt. Nach Ablauf dieses Passierscheines ist im SS Revier ein neuer Passierschein nach erfolgter Entlausung und Untersuchung abzuholen. Diese Anordnung erstreckt sich auf sämtliche SS-Führer, Unterführer und Männer. Die Passierscheine werden im SS-Revier während der Zeit von 9.00-11.00 Uhr und von 15.00-17.00 Uhr ausgegeben.

3.) Familienangehörige von SS-Angehörigen, die innerhalb der großen Postenkette wohnen, dürfen den Lagerbereich ebenfalls nicht verlassen. Familienangehörige von SS-Angehörigen, die außerhalb der großen Postenkette wohnen, dürfen den Lagerbereich innerhalb der großen Postenkette nicht betreten. Für die außerhalb der großen Postenkette wohnenden SS-Angehörigen und Famillen erhält eine Person jeder Familie die Berechtigung, zwecks Beschaffung der für die Familie erforderlichen Lebensmittel und sonstigen Gegenstände des täglichen Bedarfes, von ihrer Wohnung sich auf direktem Wege nach Haus und zurückzubegeben. Hierfür ist Bedingung, daß die betreffende Person einen gleichen Revers unterzeichnet, wie dieser oben angeführt ist für die im Lager diensttuenden SS-Angehörigen. Ebenso sind die gleichen Bedingungen zur Erneuerung des Reverses durchzuführen wie oben angeführt für SS-Angehörige.

4.) Familienangehörige von SS-Angehörigen, die in Auschwitz zum Besuch weilen und sich innerhalb der großen Postenkette befinden, unterliegen den gleichen Bestimmungen wie die hier ansässigen SS-Angehörigen, d.h., sie dürfen den Lagerbereich zunächst nicht verlassen. Die zum Besuch weilenden Familienangehörigen von SS Angehörigen außerhalb der großen Postenkette haben das Interessengebiet Auschwitz unter Zurücklassung ihrer Heimatadresse im SS-Revier alsbald zu verlassen und in ihre Heimat zurückzureisen.

5.) Für sämtliche SS-Angehörige, Führer, Unterführer und Männer ist eine sofortige Urlaubssperre angeordnet.

6.) Dienstreisen können nur dann durchgeführt werden, wenn die zur Dienstreise anzuziehenden Kleidungsstücke mindestens 36 Stunden vor Beginn der Dienstreise im SS-Revier an einer besonders bezeichneten Stelle abgegeben werden und derjenige, welcher die Dienstreise ausführt, vor Antritt derselben im Revier gebadet und entlaust wird und sich vom SS-Revier aus direkt auf die Dienstreise begibt.

7.) Auswärtige Besuche für Dienststellen sind zu vermeiden oder, wenn dringend, im Haus der Waffen-SS abzufertigen. In jedem Fall dürfen Besucher, die dienstlich hier zu tun haben, in den Zimmern der Dienststellenleiter (Kommandant, Verwaltungsführer, Bauleiter, Standortarzt und auch im Bereich des HWL usw.) empfangen werden. Sie haben das Lager auf direktem Wege ohne Aufenthalt wieder zu verlassen.

8.) Die bei der Bauleitung beschäftigten] Zivilarbeiter dürfen das Lager zwecks Arbeitens auf den in Frage kommenden Baustellen nur an den Kontrollposten des Gemeinschaftslagers Hutta-Lenz verlassen und wieder betreten, jedoch ausschließlich in geschlossener Formation und in Begleitung von SS-Angehörigen, die von der Bauleitung zur Begleitung dieser Arbeitstrupps zu stellen sind.

9.) Entlassung und Überstellung von Häftlingen nach anderen Lagern müssen bis zur Aufhebung der Sperre zurückgestellt werden.

10.) Familiensprechstunde durch den Arzt findet ab sofort Dienstags und Freitags, 15.00 Uhr, in der Lagerschule an der Sola statt.

11.) Die für den Verkehr mit Dienststellen außerhalb des Lagers tätigen SS-Angehörigen, wie Lebensmittel- und sonstige Transporte von und nach Kattowitz, Postempfänge in Auschwitz, oder SS-Angehörige die mit Eisenbahn, Zollbehörden usw. fortlaufend Dienstobliegenheiten zu erledigen haben, sind auf das geringste Maß zu beschränken und ausschließlich. Die dafür in Frage kommenden sich durch Unterzeichnung eines entsprechenden Reverses in der gleichen Form, wie in Ziffer 2 angeführt den dafür erlassenen Sonderbestimmungen und erhalten gegen Unterzeichnung des Reverses den oben genannten befristeten Passierschein. Sie haben sich in bestimmten Zeitabständen dem Arzt zur Kontrolle ihres Gesundheitszustandes vorzustellen. Die in Frage kommenden Dienststellenleiter haben diesen Angehörigen eine Bescheinigung auszuhändigen, daß ihre Tätigkeit mit Bezug auf die außerhalb
des Lagers auszuübenden Dienstobliegenheiten von unumgänglich lebenswichtiger Bedeutung für das Konzentrationslager Auschwitz ist. Als Dienststellenleiter sind insoweit nur zu betrachten: die Chefs der Abteilungen Ia, II, III, IV, V, Bauleitung, DAW, HWL, Kommando Zeppelin, Landwirtschaft und der Führer des SS-T-Sturmbannes. Die bisher am 2 1 . und 22. Juli 1 942 durch den Standortarzt ausgegebenen Passierscheine
verlieren mit der oben angeführten Neuregelung ihre Gültigkeit.

Der Standortälteste
gez. Höß
SS-Sturmbannfiihrer und Kommandant

F.d.R.
i.V. Mulka
SS-Hauptsturmführer u. Stabsführer