Auschwitz, 27. Mai 1944

1. Chefbefehl Nr. 21
Bei der Untersuchung von Diebstählen im SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt ist festgestellt worden, daß mitschuldig oft diejenigen sind, die für die Verwahrung und Sicherung der diensteigenen gestohlenen Gegenstände verantwortlich waren, die aber die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen nicht oder nicht ausreichend getroffen haben. Es wird deshalb in Zukunft bei jeder gerichtlichen Untersuchung eines Diebstahlfalles diese Frage von amtswegen in das Verfahren hineingezogen. Die für die Sicherung Verantwortlichen erscheinen somit auf der Anklagebank. Ihr Versäumnis wird also in Zukunft nicht mehr disziplinär, sondern gerichtlich bestraft. Ich mache hierauf alle Verantwortlichen besonders aufmerksam und würde es sehr bedauern, wenn Unachtsamkeit und Nachlässigkeit die vielleicht sonst Makellosen auf das Ärgste treffen könnte.

2. Urlaubssperre
Wie bereits telefonisch durchgegeben, ist vom Reichsverteidigungskommissar Urlaubssperre verhängt worden. Diese Sperre bleibt bis auf Widerruf bestehen. Ausgang gestatte ich nur für die Stadt Auschwitz und das Haus der Waffen-SS bis zum Zapfenstreich und zwar bis höchstens 25% der dienstfreien Männer je Einheit oder Dienststelle. Bereitschaften kommen dafür nicht in Frage. Bei Überschreitung dieses Prozentsatzes werde ich den betreffenden Einheitsführer bezw. Dienststellenleiter zur Verantwortung ziehen. Die Männer sind zu belehren, daß sie sich bei Alarm auf schnellstem Wege ins Lager zu begeben haben. Die Erlaubnisscheine zum Betreten der Stadt Auschwitz und des Hauses der Waffen-SS sind durch die Einheitsführer und Dienststellenleiter, für die Abteilungen der Kommandantur I durch den Adjutanten zu unterzeichnen.

3. Belobigung
Ich spreche dem SS-Schützen
Albert Kling, 3. Komp. KL Au. I für sein am 5.5.44 als Wachposten bei der Häftlingsbegleitung gezeigtes aufmerksames und umsichtiges Verhalten meine Anerkennung aus. K. erhält 3 Tage Sonderurlaub. K. hat durch besondere Aufmerksamkeit den Schmuggel von Genußmitteln zwischen Zivilisten und Häftlingen verhindert und durch geistesgegenwärtiges Handeln den tätlichen Widerstand eines Häftlings gebrochen und die Flucht eines anderen verhindert.

4. Verhalten der Wachmannschaften im Kameradschaftsheim
Aus gegebener Veranlassung wird darauf hingewiesen, daß SS-Angehörige, die beim Mittagessen oder bei anderen Gelegenheiten im großen Saal des Kameradschaftsheimes ihre Waffen oder sonstigen Ausrüstungsgegenstände ablegen, auf diese genau aufzupassen haben und bei Verlust für die abhandengekommenen Gegenstände gemäß den gegebenen Bestimmungen haftbar sind. Bei kurzfristigem Verlassen des Kameradschaftsheimes (z.B. beim Austreten) ist ein Kamerad zu bitten, auf die abgelegten Gegenstände aufzupassen. Die Nichtbefolgung dieses Befehles ist strafbar.

5. Abgabe von Waffen und Gerät bei Arresteinlieferungen
Vor der Einlieferung von SS-Angehörigen in den Arrest sind Waffen und Gerät beim zuständigen Waffenwart abzugeben. Für die sichere Aufbewahrung sämtlicher gefaßter Gegenstände (auch Uniformen usw.) während der Haftzeit ist der Arrestant verantwortlich. Dieser wird bei Verlust von Ausrüstungsgegenständen ersatzpflichtig gemacht.

6. Einreichung von Strafverfügungsdurchschlägen
Die der Kommandantur KL Auschwitz I unterstehenden Einheiten bringen, soweit dies bisher nicht geschehen ist, zukünftig bei jeder durch den Kompanieführer ausgesprochenen Bestrafung einen Durchdruck der Strafverfügung bei der Kommandantur I in Vorlage. Bei Streifenmeldungen durch die SS-Standortstreife, welche zur Erledigung in eigener Zuständigkeit an die Einheitsführer abgegeben werden, haben sämtliche Einheiten des SS-Standortes Auschwitz dem SS-Standortältesten einen Durchdruck der Strafverfügung zu überreichen bezw. das Veranlaßte zu melden.

7. Neue Anschrift des LwB.-Zerlegebetriebes
Der LwB.-Zerlegebetrieb Auschwitz ist in
LwB.-Rorück-Betrieb Auschwitz O/S
umbenannt worden.

8. Bekämpfen von Raubzeug
Im Gelände sind Fallen aufgestellt zur Bekämpfung von Raubzeug. In letzter Zeit sind verschiedene dieser Fallen mutwillig zerstört worden. Zum Schutz des Nutzwildes müssen die Fallen unbedingt erhalten bleiben. Alle SS-Angehörigen haben auf die pflegliche Behandlung dieser Geräte zu achten.

9. Abreißen von Laub und Zweigen
Es ist in letzter Zeit des öfteren festgestellt worden, daß in unverantwortlicher Weise das Abreißen von frischem Laub und blühenden Zweigen beginnt. Es wird erneut darauf hingewiesen, daß dies strengstens verboten ist und eine unverantwortliche Zerstörung darstellt. Die Schutzhaftlager haben beim Einmarsch darauf zu achten, daß dies seitens der Kommandos unterbleibt. Im übrigen haben alle SS-Angehörigen für die größte Schonung der Natur einzustehen.

10. Betreten der Viehweiden
Das Betreten der Viehweiden ist verboten! Durch das Offenlassen der Weidentore muß das Vieh ständig wieder eingefangen werden. Die Umzäunung ist auch beim Übersteigen bei Suchaktionen zu schonen und weiter darauf zu achten, daß sämtliche benutzte Tore geschlossen werden.

11. Verhalten der Suchkommandos bei Häftlingsfluchten
In letzter Zeit laufen Beschwerden ein, daß Suchkommandos bei Häftlingsfluchten durch gewaltsames Erbrechen der Türen und Fensterscheiben sich Zutritt zu den Kartoffelbunkern und dem Krautsilo verschaffen. Dabei sind in einem Falle ein Paar Gummistiefel sowie eine Anzahl Glühbirnen entwendet worden. Die gestohlenen Gegenstände befanden sich in einem verschlossenen Spind. Um derartigen Vorkommnissen vorzubeugen, ordne ich an, daß bei Suchaktionen in den Kartoffelbunkern und im Krautsilo stets ein verantwortlicher Angehöriger der SS-Standortverwaltung (SS-Uscha. Dietrich ) zugezogen wird. Die Anweisung gilt insbesondere für das Lager II.

12. Unerlaubtes Schießen im Gelände
Ein Sonderfall gibt Veranlassung, zum wiederholten Male darauf hinzuweisen, daß jedes nicht unbedingt notwendige Schießen verboten ist, da hierdurch die SS-Angehörigen im Lagerbereich gefährdet werden. Jedes willkürliche Umherschießen werde ich strengstens bestrafen.

13. Betreten der Praga-Villa
Es wird darauf hingewiesen, daß die Villa an der Praga-Halle Eigentum der Deutschen Reichsbahn und jedes unberechtigte Betreten verboten ist.

14. Vorzensur der SS-Feldpost
Auf Grund einer Beanstandung wird darauf hingewiesen, daß die Prüfung der SS-Feldpost durch die Einheiten verboten ist. Die Prüfung wird ausschließlich durch die zuständigen SS-Feldpostprüfstellen vorgenommen. Auch eine Vorzensur ist verboten (Siehe V.Bl.d.W.-SS Nr. 5, Ziffer 106, vom 1.3.44).

15. Angelberechtigungsscheine
Die von mir ausgegebenen Angelkarten haben nur in Verbindung mit dem behördlichen Jahresfischereischein Gültigkeit. Alle in diesem Jahre ausgestellten Angelberechtigungsscheine sind unter Beifügung des Jahresfischereischeines zur Überprüfung bis zum 10.6.44 auf der Dienststelle des Standortältesten, Zimmer 13, nochmals vorzulegen. Wer noch nicht im Besitz des Jahresfischereischeines ist, kann diesen beim Landratsamt Bielitz unter Einreichung eines Lichtbildes und Angabe genauer Personalien beantragen. Falls der Besitz des Jahresfischereischeines bis zu dem genannten Termin nicht nachgewiesen wird, verlieren die Angelberechtigungsscheine ihre Gültigkeit und werden sofort eingezogen.

16. Besuch von Truppenbetreuungs-Veranstaltungen durch Lazarettkranke
Bei allen Truppenbetreuungsveranstaltungen im Kameradschaftsheim Auschwitz bleibt die 4. Sitzreihe der linken Seite für Lazarettkranke des SS-Lagerlazarettes Auschwitz reserviert. Der diensttuende SS-Führer hat dafür Sorge zu tragen, daß diese Stuhlreihe von anderen Besuchern der Veranstaltung in keinem Falle besetzt wird. Nach Einnahme der Plätze durch die Lazarettkranken und deren Pflegepersonal können die übrigen Plätze durch andere Besucher belegt werden. Der jeweilige Führer vom Saaldienst ist weiterhin dafür verantwortlich, daß die Männer ihre Plätze nicht eher verlassen dürfen, bis das Führerkorps mit seinen Gästen den Saal verlassen hat.

17. Benutzung der Kommandantursauna
Punkt 1 1 des Standortbefehles Nr. 1 1/44 vom 4.4.44 wird dahin ergänzt, daß die Sauna jeden Sonnabend von 12.00-15.00 Uhr für Führer freigehalten wird.

18. Wohnbaracken der IG-Farben-Industrie
Das mit Standortbefehl Nr. 3/44, Ziffer 3, vom 19.1.44 erlassene Verbot zum Betreten des Gemeinschaftslagers 8 (Karpfenteich) wird mit sofortiger Wirkung aufgehoben.

19. Ausweise zum Betreten des Interessengebietes KL Auschwitz
Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß Ausweise zum Betreten des Interessengebietes KL Auschwitz ausschließlich durch die Ausweisstelle beim SS-Standortältesten ausgestellt werden dürfen.

20. Sachbearbeiter der Sportgemeinschaft-SS Auschwitz
Nachdem SS-Oberscharführer Claussen als Rapportführer eingesetzt ist, erlauben es seine dienstlichen Belange nicht mehr, den Posten als Sachbearbeiter der Sportgemeinschaft-SS vollauf zu versehen. Ich setze hiermit den SS-Unterscharführer Winter als dessen Nachfolger ein.

21. Trageweise der Feldbluse Kleidung
Auf Ziffer 248 der AHM 10. Ausgabe vom 8. Mai 1944 wird hingewiesen.

22. Gestohlen
Aus der Garderobe des Kameradschaftsheimes wurden anläßlich der Veranstaltung am 8.5.44 entwendet:
1 Feldmütze,
1 Paar graue Wildlederhandschuhc.
In der Nacht vom 29.4. zum 30.4.44 wurde das Dienstfahrrad Nr. 94 aus dem Fahrradständer der Unterkunftsbaracken der Kommandantur I gestohlen. Zweckdienliche Angaben zum Verlust dieser Gegenstände sind an die Gerichtsabteilung zu richten.

23. Verloren / gefunden
Im Lagerbereich ging ein SA-Sportabzeichen verloren.
Gefunden wurden:
1 Totenkopfring mit der Inschrift ,S. M. Kober 21.6.40.“
1 Verwundetenabzeichen
1 Schlauchboot.
Die Gegenstände sind bei der Dienststelle des SS-Standortältesten, Zimmer 14, abzugeben bezw. gegen Nachweis abzuholen.

gez. Höß
SS-Obersturmbannführer

F.d.R.
Höcker
SS-Untersturmführer und Adjutant