Auschwitz, 19. Mai 1942

1. Haussammlung für das Deutsche Rote Kreuz
Bei der Haussammlung für das Deutsche Rote Kreuz am 25./26.4.42 wurde das erfreuliche Ergebnis von RM 2.005,95 erzielt. Ich spreche allen Spendern hierfür meine Anerkennung aus.

2. Lebensmittelkarten für Urlauber
Die jetzt gültigen Reichskarten für Urlauber treten mit Ablauf des 31. Mai 1942 außer Kraft. Es werden entsprechend der ab 6.4.42 geltenden Neuregelung der Verbraucherrationssätze neue Reichskarten für Urlauber für 1 Tag bis 7 Tage ausgegeben. Die Reichskarten für Urlauber enthalten künftig mit dem Aufdruck „R“ gekennzeichnete und nicht gekennzeichnete Brotabschnitte. Alle Brotabschnitte berechtigen zum Bezüge von Brot jeder Art einschl. Mischbrot, jedoch mit Ausnahme von Weizenbrot (Weißbrot). Daneben können auf diese Abschnitte an Stelle von Brot auch Roggenmehl, Roggenbackschrot, Roggenvollkornschrot und Weizenbrotmehl bezogen werden. Die nicht mit einem ,R“ gekennzeichneten Abschnitte berechtigen zum Bezüge aller brotkartenpflichtigen Waren einschl. Weizenmehl (Type 1050) und der anderen Weizenerzeugnisse (z.B. Weizenbrot, Kleingebäck, Feinbackwaren, Zwieback, Paniermehl, Suppeneinlagen aus Mehlteig usw.). Hinsichtlich des Abrechnungsgewichtes beim Bezüge von Mehl und anderen Getreideerzeugnissen sind die für die Reichsbrotkarten erlassenen oder noch ergehenden Vorschriften maßgebend.
Die neuen Urlauberkarten enthalten nicht mehr die Abschnitte über .Fett“. Die Karten für 1 Tag bis 3 Tage haben vielmehr nur Abschnitte über .Butter“, die Karten für 4 bis 7 Tage Abschnitte über .Butter" und über .Margarine“. Die Margarineabschnitte berechtigen im Rahmen der vorhandenen Vorräte auch zum Bezüge von Speiseöl und von Schweineschlachtfetten. Der Karteninhaber erhält auf jeden über 5 g lautenden Margarineabschnitt 4 g dieser Erzeugnisse. Die Margarineabschnitte berechtigen die Verteiler gegebenenfalls nach näherer Regelung durch die Ernährungsämter zum Bezüge der ihrem Absatz entsprechenden Erzeugnisse. Die bisher gültigen Karten treten mit Ende Mai 1942 außer Kraft. Vom 1.6.42 an können also Waren auf Abschnitte dieser Karten nicht mehr bezogen werden.

3. Zuteilung von Zählkarten
In Ergänzung zum Kommandanturbefehl Nr. 8/42, Ziffer 16, vom 29.4.42 ist zu beachten, daß Zählkarten nur an solche SS-Angehörige ausgegeben werden, die Umzugsberechtigung nach Auschwitz haben, mit Frau und Kindern im Interessengebiet bzw. in Auschwitz wohnen oder an solche, die aus luftgefährdeten Gebieten ausziehen mußten und hier Wohnungsrecht haben. Als Ausweis für die Entgegennahme von Zählkarten dient die polizeiliche Anmeldung.

4. Turmposten auf bestellten Äckern
Die Posten der Türme in den bestellten Äckern haben künftighin nur einen und denselben Weg zur Ablösung zu benutzen. Der Weg wird vom Schutzhaftlager ausgesteckt als unmittelbare Verbindung von dem dem Turm nächstgelegenen Wege aus. Postenkontrolle und Postenablösung außerhalb dieses Weges ist strengstens verboten.

5. Beschädigung der Schlagbäume und des Drahtzaunes
Es wurde wiederholt beobachtet, daß die Schlagbaumposten die Schlagbäume als Schaukel benützen und somit mutwillig Schäden an diesen hervorrufen. Weiter wurde festgestellt, daß der Drahtzaun beim Führerheim immer wieder durch Heruntertreten beschädigt wird. Die Beschädigungen rühren daher, weil die dort diensthabenden Turmposten 22 und 23 bei der Ablösung zu bequem sind, um den Drahtzaun zu gehen, sondern durch den Draht schlüpfen. In wieder vorkommenden Fällen werden die Betreffenden für den Schaden haftbar gemacht.

6. Kontrolle der Zivilarbeiter
Sämtliche dem KL Auschwitz angeschlossenen Wirtschaftsbetriebe und Dienststellen, bei denen Zivilarbeiter beschäftigt werden, haben diese eingehend darüber zu belehren, daß es bei Androhung strengster Strafen verboten ist, innerhalb des Lagergebietes (große Postenkette) außer denjenigen Zivilkleidern, mit denen die Betreffenden bekleidet sind, weitere Kleidungsstücke aufzubewahren oder irgendwo niederzulegen.
Der SS-T-Sturmbann veranlaßt, daß sämtliche Straßenkontrollposten eingehende Belehrungen darüber erhalten, daß außer den erforderlichen Tagesverpflegungsmitteln durch Zivilarbeiter irgendwelche Pakete usw. weder in das KL herein noch aus dem KL hinausgenommen werden dürfen. Den Straßenkontrollposten ist zur Pflicht zu machen, daß Pakete und Kartons tragende Zivilpersonen angehalten und Pakete und Kartons durch die Straßenposten auf den Inhalt untersucht werden müssen. Es muß aus gegebener Veranlassung hierdurch vermieden werden, daß etwa Häftlingen auf die
hierdurch gekennzeichnete Weise mit Zivilkleidern zur Flucht verholfen werden kann.

7. Tragen von Drillich während der Sommermonate
Die aufs äußerste angespannte Rohstofflage erfordert schonendste Behandlung und Pflege der ausgegebenen Tuchbekleidungen. Aus diesem Grunde ist unbedingt darauf zu achten, daß während der Sommermonate die Drillichgarnituren getragen werden.

8. Schuhpflege
Über die Behandlung und Pflege des Dienstschuhwerkes sind schon wiederholt Anweisungen gegeben worden. Im Nachstehenden wird die Ziffer 4 der AHM vom 7.5.42 bekanntgegeben:
,,Die Rohstofflage läßt eine Beschaffung von Schuhkreme nur noch in kleinstem Umfange zu. Wehrmachtsschuhzeug aus Fahlleder und höhergefetteten Rindboxleder muß ausschl. mit Lederfett behandelt werden. Einwendungen über Mängel dünnflüssiger Lederöle sind inzwischen durch Entwicklung von konsistenten Lederfetten behoben. Damit entfällt allgemein das Blankputzen des Schuhzeuges aus Dienstbeständen, da hierfür Schuhkreme nicht mehr zur Verfügung steht.“

9. U.v.D. der Stabskompanie
Ab sofort ist die Stube 1, Baracke 3 der Kommandantur-Unterkunft als U.v.D. Dienstzimmer eingerichtet. Der jeweilige U.v.D. hat sich zu folgenden Zeiten dort aufzuhalten:
Montag - Freitag von 17.00- 6.00 Uhr
Sonnabend von 12.00 - 12.00 Uhr
Sonntag von 12.00- 6.00 Uhr.
Der U.v.D. holt sich um 17.00 Uhr bzw. Sonnabend um 12.00 Uhr das Urlaubsbuch und die noch nicht abgeholten Urlaubsscheine vom Kommandanturdienstzimmer ab. Die Ein- und Austragungen der Urlaubsscheine im Urlaubsbuch werden in Zukunft nicht mehr von der Hauptwache, sondern durch den U.v.D. in dessen Dienstzimmer vorgenommen. Die Übergabe des U.v.D. erfolgt nach wie vor täglich 12.00 Uhr beim Stabsscharführer der Kommandantur. Die Abteilungsleiter stellen den jeweiligen U.v.D. pünktlich 17.00 Uhr bzw. Sonnabend und Sonntag um 12.00 zum U.v.D.-Dienst
ab.

10. Verpflegung der Arrestanten
Es liegt Veranlassung vor, darauf hinzuweisen, daß die Versorgung der mit Arrest bestraften SS-Angehörigen mit Lebensmitteln ausschl. nach den bestehenden Bestimmungen, die seitens der Kommandantur den Angehörigen des Kommandantur Arrestlokales als auch dem KTD und dem SS-T-Sturmbann hierfür zur Verfügung gestellt wurden, zu erfolgen hat. Es ist den Einheiten und Kompanien verboten, entgegen diesen Vorschriften zusätzlich Nahrungsmittel für ihre Arrestanten in dem Arrestlokal anzuliefern und an die Arrestanten zur Austeilung gelangen zu lassen. Der KTD und der
SS-Oscha. Gehring sind für die genaueste Durchführung der erlassenen Versorgungsbestimmungen für die Arrestanten verantwortlich. Sollten weiterhin Verstöße hiergegen festgestellt werden, haben Letztere strengste Bestrafung zu gewärtigen.

11. Rundfunkempfänger innerhalb des Lagerbereiches
Lt. H.v.O. Blatt v. 4.4.42 müssen alle verheirateten SS-Angehörigen, die in ihren Wohnungen oder Privatquartieren Rundfunkempfänger in Betrieb haben, bei der Post eine Genehmigung zur Teilnahme an den Rundfunkdarbietungen beantragen und die übliche monatliche Gebühr entrichten. Hiervon befreit sind nur Empfangsanlagen, die in Truppenunterkünften jeder Art stehen und zur Belehrung, Unterhaltung usw. dienen.

12. Alarm bei Fluchtversuchen
Wenn bei Fluchtversuchen in der Zukunft der Einsatz der Fahrbereitschaft erforderlich ist, so stellt die Fahrbereitschaft auf Grund des vom Führer vom Dienst zu bezeichnenden Fahrzeuges bzw. Anzahl derselben die erforderlichen Fahrzeuge. Es ist selbstverständlich, daß bei Alarm keine Minute verloren werden darf. Wenn der Kommandant bzw. Adjutant zufällig bei Alarm im engeren Lagerbereich nicht anwesend sind, so würde eine unter diesen Umständen wichtige Suchaktion andernfalls völlig in Frage gestellt sein.

13. Gefolgschaftskantine der Stadt Auschwitz
Das mit Standortbefehl Nr. 1/41, Ziffer 1 vom 9. Juli 1941 ausgesprochene Verbot zum Betreten der Gefolgschaftskantine der Stadt Auschwitz (Kasino) wird mit sofortiger Wirkung aufgehoben.

14. Beschaffung von Lebensmitteln in der hiesigen Umgebung
Es ist in letzter Zeit erneut festgestellt worden, daß SS-Angehörige der Kommandantur KL Auschwitz Gelegenheit genommen haben, in dem ostwärts der Sola und westlich der Weichsel gelegenen Gebiet unter zum Teil unzulänglichen Mitteln versucht haben, sich von den dort ansässigen, zum Teil polnischen Bauern bewirtschaftete Lebensmittel zu beschaffen. Es handelt sich dabei u.a. um die Orte Bor, Wohlau, Jedlin, Neu-Berun usw. Es wird erneut auf den kürzlich bereits erlassenen Befehl hingewiesen, daß es für SS-Angehörige strengstens verboten ist, u.a. die Fähre zum Übersetzen über die Weichsel zu benutzen. Weiterhin wird nochmals strengstens darauf hingewiesen, daß für einen Einkauf von bewirtschafteten Lebensmitteln die dafür erforderlichen Lebensmittelmarken zur Verfügung zu stellen sind. Es ist versucht worden, diese zum Teil durch Erpressung von den polnischen Bauern herauszuholen. Ein derartiges Vorgehen wird unnachsichtlich zur Bestrafung gelangen und seitens der Kommandantur in jedem Fall an das SS- und Polizei-Gericht zur Aburteilung weitergereicht werden. Die Gendarmerie Neu-Berun ist durch die Kommandantur angewiesen, jeden SS Angehörigen, der in diesem Gebiet mit Paketen usw. angetroffen wird, anzuhalten und diese Pakete auf ihren Inhalt hin zu untersuchen. Die Kommandantur ist überzeugt, daß dieser Hinweis genügt, um derartige Beobachtungen für die Zukunft auszuschalten.

15. Beschaffung von Lebensmitteln im Lagerbereich
Es wurde verschiedentlich festgestellt, daß der Versuch gemacht wird, in der Molkerei und Geflügelfarm landwirtschaftliche Erzeugnisse unter der Hand zu kaufen. Ein derartiges Vorgehen wird auf das strengste verboten. Zur Regelung des Verkaufs gelten die bereits ergangenen Bestimmungen. Es wird erwartet, daß sämtliche SS Angehörigen, Führer, Unterführer und Männer, diese Anweisungen genauestens beachten und die verantwortlichen Leiter der Nebenbetriebe nicht in irgendeiner Weise in Schwierigkeiten bringen. Die Leiter dieser Nebenbetriebe sind angewiesen, auf strengste Innehaltung der erlassenen Bestimmungen zu achten.

16. Erteilung von Aufträgen an die Werkstätten
Es besteht Veranlassung, nochmals darauf hinzuweisen, daß Aufträge an irgendwelche Werkstätten der Lederfabrik nur dann dahin erteilt werden können, wenn ein Auftragsschein durch die hiesige Verwaltung ausgestellt wurde. Demzufolge dürfen zukünftig weder direkte Aufträge erteilt, noch Anfragen es sei denn über die Verwaltung gehalten werden, widrigenfalls werden die Betreffenden zur Rechenschaft gezogen.

17. Angeln in der Sola und Weichsel
Es wird letztmalig darauf aufmerksam gemacht, daß das Angeln und Fischen in der Sola und Weichsel genau so verboten ist wie in den Fischteichen. Der SS-T-Sturmbann KL Auschwitz belehrt die SS-Angehörigen durch die Kompanien nochmals entsprechend und weist darauf hin, daß Zuwiderhandelnde mit strengsten Strafen zu rechnen haben.

18. Ausgabe von Eßbestecken
Ab sofort werden beim Mittagessen der Unterführer keine Eßbestecke mehr ausgegeben, sodaß sich auch sämtliche Unterführer ihr Eßbesteck zum Mittagessen mitbringen müssen.

19. Verhalten im Kameradschaftsheim
Seit Eröffnung des neuen Kameradschaftsheimes kommt es immer wieder vor, daß SS-Unterführer und Männer auf die Bühne des Kameradschaftsheimes und in die daneben liegenden beiden Garderoben sich begeben, um an dem aufgehängten weißen Vorhang herumzuziehen oder an den elektrischen Anlagen zu schrauben. Es wird hiermit angeordnet, daß kein SS-Angehöriger die Bühne und ihre Nebenräume zu betreten hat. Übertretungen sind umgehend der Kommandantur zu melden.

20. Abbruch von Scheunen
Es wird erneut ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es streng verboten ist, im gesamten Bereich des Interessengebietes des KL Auschwitz irgendwelche Abbrucharbeiten an Scheunen durchzuführen. Diese Scheunen werden im Herbst dringend zur Unterbringung der Ernte benötigt. Sollte zukünftig festgestellt werden, daß irgendwelche SS-Angehörigen oder im Lagerbereich tätige Personen auch nur ein einzelnes Brett von einer Scheune entfernen, so werden die Betreffenden strengstens bestraft werden.

21. Verloren
Am 16.5.42 wurde in der Wirtschaftsbaracke oder im Führerheim ein goldenes Damen Armband verloren. Bei Auffindung ist dasselbe umgehend auf der Kommandantur abzugeben.

gez. Höß
SS-Sturmbannführer u. Kommandant

F.d.R.
a.B.i.V. Mulka
SS-Obersturmführer u. Adjutant