* 02.06.1895
geb. Ort
Stadtlohn (Kreis Ahaus)
Deportation
Aachen 15.06.1942 nach Izbica. Der Zug wurde direkt nach Sobibor geleitet, ohne zuvor noch das Durchgangsghetto von Izbica zu berühren.
1952 für tot erklärt
Familie August Rubens, Herzogenrath
August Rubens (geboren am 16.12.1886) lebte mit seiner Frau Hedwig Rubens, geborene Oppenheimer (geboren am 02.06.1895 in Stadtlohn) und seinem Vater Moses Rubens (geboren am 11.12.1858 in Pannesheide) in der Dammstraße 3, Herzogenrath. August Rubens war selbstständig und besaß einen Viehhandel und Metzgerei. Sie hatten keine Kinder.
August Rubens war ein anerkanntes Mitglied der Gemeinde Herzogenrath und in mehreren Vereinen (Feuerwehr, Gesangsverein) aktiv. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde offen gegen die Mitgliedschaft eines Juden in Herzogenrather Vereinen protestiert. Auch über August Rubens liegen Zeitzeugenberichte vor.
August Rubens wurde am Tag des Novemberpogroms, am 09.11.1938 in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Auch bei ihm ist davon auszugehen, dass er unter Zwang sein Geschäft verkaufte, um der grauenhaften Inhaftierung im Konzentrationslager Buchenwald zu entkommen. In dem Zeitraum zwischen dem 10. und 14. November 1938 wurden aus ganz Deutschland 9.845 Juden in das KZ-Buchenwald verschleppt.
Gustav Beutler, der nicht aus Herzogenrath stammt und in diesen Tagen ebenfalls in Buchenwald inhaftiert war, erinnert sich:
Wir mussten von dem Fahrzeug herunterspringen und durch ein Spalier von SS-Schlägern, die mit Stöcken und Eisenstangen ausgerüstet waren, bis zum Buchenwaldtor laufen. Bei dieser Prozedur wurden viele zusammengeschlagen. Vor mir lief ein älterer Kamerad aus Halle namens Walter Schwabach, dem das Ohr abgeschlagen wurde. Ich selbst bekam einen Schlag ins Auge, von dessen Folgen ich das Augenlicht auf diesem Auge verlor.
Vor dem Tor nahmen uns Häftlinge in Empfang, beruhigten und ordneten uns und führten uns in Gruppen auf den Appellplatz. Dort mussten wir bis in die tiefen Nachtstunden stehen, da die eigens für die Juden aufgestellten Baracken noch nicht fertig waren.
Die Zeitzeugenberichte über die unsagbaren Zustände sprechen Bände und machen zugleich deutlich, mit welchem Terror sich unbescholtene und angesehene Mitglieder unserer Gesellschaft konfrontiert sahen. August Rubens zählte mit 58 Jahren gewiss nicht zu den ältesten Häftlingen.
Julius Freund, der ebenfalls nicht aus Herzogenrath stammte und auch in das KZ-Buchenwald verschleppt wurde, berichtete über diesen Zeitraum.
Es gab einige hundert Schwerverletzte, auch Kranke, die zu Hause bereits in häuslicher Pflege waren, Irrsinnige, welche unter Aufsicht standen.
Juden durften nicht verbunden werden.
Drei Tage und Nächte dauerte dieser Zustrom. Ich habe im Weltkrieg auf manchem Hilfsplatz schon vieles erlebt, aber hier mitten im Frieden, unter einem Kulturvolk des 20. Jahrhunderts, war der Boden getränkt von Blut und Eiter, es roch nach Kot, Schweiß und Urin. es gab kein Wasser, keinen Verband und keine Medikamente.
Es war die Hölle auf Erden. Jeder Hilferuf erstickte an der Lagergrenze.
Nach der sogenannten Arisierung verließ August Rubens mit seiner Frau die Stadt Herzogenrath und zog nach Aachen, in die Bismarckstraße 96. Am 15.06.1942 wurden seine Frau und er von ihrem letzten gemeinsamen Wohnort, dem Lager Grüner Weg, nach Polen deportiert. Da von ihnen jede Spur fehlt, wurden sie 1952 für tot erklärt.
Moses Rubens war schon am 19.06.1938 in die Wallstraße 19 in Aachen verzogen und verstarb dort am 31.12.1940. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Aachen beerdigt.
Von August Rubens ist durch ein Zeitzeugeninterview bekannt, dass er, so wie sein Bruder Wilhelm im Ersten Weltkrieg Soldat war. Die Zeitzeugin Maria T. gab über beide folgende Auskünfte:
Ich weiss, dass August Rubens bei der Herzogenrather Feuerwehr war. Er besaß ein leichtes Motorrad. Ich habe selber schon gesehen, dass August Rubens im akuten Brandfall selbst Alarm ausgelöst hat.
Über beide Brüder konnte die Zeitzeugin sagen:
Sie taten, was sie konnten, und ich könnte nicht sagen, dass sie irgendetwas gemacht hätten, was nicht gut war.
Nachdem schon im März 1933 auch die politische Gleichschaltung der Feuerwehr erfolgte, d.h. alle KPD-Angehörigen aus der Feuerwehr ausgeschlossen wurden und alle SPD-Mitglieder keine leitenden Ämter mehr ausüben durften, erscheint ein Schreiben, das Bezug auf das neue Feuerschutzgesetz nimmt, einen versteckten und doch klaren Hinweis auf unerwünschte Personen zu beinhalten.
Trotz seines Engagements bei der Freiwilligen Feuerwehr, war August Rubens auf Grund seiner Religionszugehörigkeit für die Freiwillige Feuerwehr Herzogenrath nicht länger tragbar.
Mitglieder, die ohne wichtigen Grund und vorherige Entschuldigung beim Unterzeichneten der Versammlung fern bleiben, können dem neuzubildenden Verein nicht eingegliedert werden und schließen sich selbst aus der Freiwilligen Feuerwehr aus.
Der Verfasser des vorliegenden Schreibens nimmt Bezug auf das am 15. Dezember 1933 von der Nationalsozialistischen Regierung erlassene Preußische Feuerschutzgesetz, durch das die Stellung der Feuerwehr im öffentlichen Leben neu geregelt wurde. Berufsfeuerwehr und Freiwillige Feuerwehr bezeichnete man im Gesetz als Polizeiexekutive besonderer Art und unterstellte sie gleichzeitig der Verwaltung durch die Ortspolizei. Die Freiwilligen Feuerwehren sollten gleichzeitig als rechtsfähige Vereine in das Vereinsregister eingetragen werden. Aufgrund der neu eingeführten Altersgrenze von 60 Jahren und der Überprüfung der politischen Einstellung schieden viele Führungskräfte zwangsweise aus dem aktiven Dienst.
Das Reichsgesetz über das Feuerlöschwesen vom 23. November 1938 bildete dann den Schlussstein für die seit 1933 von den Nationalsozialisten durchgeführte Einbindung des deutschen Feuerlöschwesens in die Polizei.
Nur vierzehn Tage nach den Pogromen an der jüdischen Bevölkerung, in deren Verlauf von den Faschisten neben ungezählten Grausamkeiten auch die Synagogen in Schutt und Asche gelegt wurden, erließ die nationalsozialistische Regierung ein Reichsfeuerlöschgesetz. Dieses Reichsfeuerlöschgesetz wurde in der Präambel u.a. mit der wachsenden Bedeutung des Feuerlöschwesens für Verteidigungszwecke und den Luftschutz begründet.
Wilhelm Rubens der gewiss schon seit vielen Jahren Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr war wurde mit dem Preußischen Feuerschutzgesetz die Möglichkeit verwehrt, sich für andere einzusetzen und im Notfall aktive Hilfe zu leisten. Bis zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten war er ein anerkanntes Mitglied der Herzogenrather Bevölkerung, ein Geschäftsmann und Vereinsmensch, dessen Religionszugehörigkeit bis 1933 scheinbar keine Rolle spielte.
Vielleicht gab es versteckte Ressentiments gegenüber dem wohlhabenden Geschäftsmann, der sich in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation sogar ein Motorrad leisten konnte.
Und doch stimmt eine Antwort der Zeitzeugin auf die Frage, Ob Familie Rubens wohl gerne aus Herzogenrath weggegangen sei? nachdenklich
Nein. Es waren ja, wie wir, Herzogenrather.
Weiterer Schriftverkehr aus den Archivunterlagen des Jahres 1936 macht ebenfalls deutlich, dass die Lebensumstände und die kontinuierlich zunehmende Einengung des Lebensumfeldes ständig zunahmen und schließlich alle Bereiche des täglichen Lebens beeinflusste.
Wie schon erwähnt, war August Rubens neben seinem aktiven Engagement für die Freiwillige Feuerwehr, dass er ab 1934 nicht mehr ausüben konnte, auch in einem Gesangsverein aktiv.
Hierbei handelte es sich um den Ritzerfeld-Afdener-Liederkranz, in dem August Rubens Ehrenmitglied war.
Die „Nachweisung“ ihres Vermögens nach der Pogromnacht ergab, dass sie und ihr Mann je nur mehr 867,50 RM besaßen.