SS-Obersturmbannführer

* 04.03.1900 in Bremen
† 00.00.1967 in
Hamburg

NSDAP Mitglieds Nu. 1 258 935

Berlin, den 25.02.1938
Das SS Zivilabzeichen Nr. 31 105, Inhaber: SS-Obersturmführer Wendland Otto, SS Nr. 56 330, SD OA. Nord, ging zu Verlust. Vor Mißbrauch wird gewarnt.
SS Ergänzungsamt

01.08.1940
Beförderung zum SS-Obersturmbannführer

Otto Wendland:
erster Führer des Stader SS-Sturms 1/88
– eine Spurensuche –
Am 01.09.1939 begann mit dem Überfall von Deutschland auf Polen der 2. Weltkrieg. Unmittelbar nach Kriegsbeginn war SS-Sturmbannführer Otto Wendland in den eroberten Gebieten um Bydgoszcz (Bromberg) im Einsatz. Wendland war zu diesem Zeitpunkt hauptamtlich beim Sicherheitsdienst (SD) der SS und Führer des SD-Oberabschnitts Nord.
Im Jahre 1930 war Wendland nach
Stade gezogen und begann hier 1933 seinen Aufstieg in der SS, der ihn bis ins mittlere Führungskorps dieser verbrecherischen Organisation bringen sollte.
Nach Kriegsende 1945 versteckte sich Wendland auf einem Bauernhof bei Harsefeld (Landkreis Stade). Im Sommer 1945 bis zum Frühjahr 1948 wurde er von der britischen Armee interniert. Nach einem Spruchkammerverfahren (Verurteilung zu einem Jahr Gefängnis wegen „Zugehörigkeit zu einer verbrecherischen Organisation“) und dem Entnazifizierungsverfahren in Lüneburg lebte Wendland in Hamburg.
Nach wechselnden kurzfristigen Tätigkeiten arbeitete er ab 1951 als Fachgruppenleiter beim DRK Suchdienst in Hamburg. Wendland starb 1967 in Hamburg.
Er sollte in der Bundesrepublik Deutschland nie wegen Kriegsverbrechen angeklagt oder belangt werden, sondern wurde lediglich in verschiedenen Verfahren als Zeuge befragt.
Ein Ermittlungsverfahren gegen Wendland als ehemaliger Angehöriger des Sonderkommandos 7a war allerdings noch im Jahre 1968 bei der Oberstaatsanwaltschaft Dortmund (Zentralstelle für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen) anhängig.
Diese Spurensuche versucht Teilbereiche des politischen und beruflichen Lebens von Otto Wendland zu rekonstruieren, seine privaten Verhältnisse werden nicht berücksichtigt.
Eingefügt sind jeweils Informationen über Organisationen, für die Wendland tätig war und Ereignisse, die zu Zeitpunkten stattfanden, an denen Wendland wahrscheinlich vor Ort gewesen ist.
Die Spurensuche soll erweitert und kann verändert werden, wenn es zu anderen Bewertungen kommt oder neue Fakten bekannt werden.
Otto Wendland, geboren 1900 in Bremen, besuchte dort die Realschule, die er 1917 mit der Mittleren Reife verließ. Er machte eine landwirtschaftliche Lehre auf verschiedenen Gütern, die durch seine Einberufung zum Heeresdienst unterbrochen wurde. Er war vom 21.06. bis zum 23.09.1918 beim Infanterie Regiment 163 in Neumünster und kam anschließend bis zum 28.11.1918 als Flugschüler zur Flieger Ersatzabteilung 11 nach Brieg.
Nach dem Krieg beendete er seine landwirtschaftliche Ausbildung und arbeitete anschließend als Wirtschafter auf einem großen Gutshof. Der Lehrherr bescheinigte Wendland in einem Zeugnis: „Ich gebe demselben mit ganz besonderer Freude das Zeugnis eines sehr fleißigen, tüchtigen und umsichtigen jungen Menschen. Herr Wendland hat sich innerhalb dieser Zeit mit großem, gewissenhaften Eifer der praktischen Tätigkeit der Landwirtschaft hingegeben und es durch seine energievolle Art, die ihm bei jedermann Achtung einbrachte, verstanden, sich völlig die beruflichen Erkenntnisse zu erwerben, die ihn nunmehr zur Bekleidung eines Wirtschaftspostens berechtigten.“
Otto Wendland begann im Frühjahr 1921 ein, vom Vater finanziertes, Studium an der landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim, dass er unmittelbar darauf unterbrach, um sich vom Mai bis Juni 1921 dem Württembergischen Freikorps zum „Grenzschutz“ in Oberschlesien anzuschließen. Er wurde für seinen zweimonatigen Freikorpseinsatz mit dem Schlesischen Adlerorden II. Klasse ausgezeichnet. Im Frühjahr 1923 beendete Wendland sein Studium ohne Abschluss und war wiederum als Inspektor in der Landwirtschaft tätig.
Nachdem er vom Frühjahr 1924 bis zum Sommer 1925 als Pflanzer in Portugiesisch-Ostafrika (heute Mozambique) gearbeitet hatte, übernahm er den Bauernhof seines Vaters in Kajedeich/Kehdingen.
Wendland engagierte sich besonders für die Schweinezucht. Der Verband Stader Schweinezuchtgenossenschaften vermerkt in einem Empfehlungsschreiben: „Als passionierter Züchter hat Herr Wendland es verstanden, bei dem Widerstreit um die Rassenfrage im Kreise Kehdingen eine Schweinezuchtgenossenschaft ins Leben zu rufen, deren rühriger Vorsitzender er bis zur Verpachtung seines Hofes gewesen ist.“ Der Landrat des Kreises Kehdingen bescheinigte Wendland: „Insbesondere brachte Herr Wendland der Förderung der Viehzucht ganz besonderes Interesse entgegen. So war Herr Wendland z.B. auch bei der Gründung einer Schweinezuchtgenossenschaft ganz besonders führend tätig und hat nach erfolgter Gründung der genannten Genossenschaft den Vorsitz in dieser bis zu seinem Fortgang von hier inne gehabt.“
Der Bauernhof musste 1929 aufgegeben werden. Wendland gab hierfür wirtschaftliche Verhältnisse aber auch einen Erbschaftsstreit nach dem Tode des Vaters an.
Anfang 1930 bemühte sich Wendland um eine Stellung bei der Ostpreussischen Viehverwaltungs-Gesellschaft in Berlin, bei der er ein Volontariat absolvierte.
Wendland fand schließlich im Herbst 1930 eine Anstellung bei der Stadt Stade als auch beim Stader Schweinezuchtverband. Er war für die Schweinemärkte und die Beaufsichtigung und Verwaltung der Viehmärkte der Stadt Stade zuständig.
Im Stader Adressbuch findet sich 1932 der berufliche Eintrag „Marktinspektor“ und in frühen SS-Unterlagen die Berufsbezeichnung „Marktverwalter“.
Politisch engagierte sich Wendland 1928/29 zunächst im „Stahlhelm“, um sich dann am 01.07.1932 der NSDAP (Mitgliedsnummer 1258935) anzuschließen. Er wurde am 01.8.1932 Mitglied der SA (Sturmabteilung) und dort wenig später zum Scharführer befördert.

Otto Wendland trat am 1.01.1933 auf Wunsch des SS-Sturmhauptführers Richard Jungclaus zur SS (Mitgliedsnummer 56330) über und wurde kurz darauf mit der Führung des Stader SS-Zugs beauftragt. Es folgten Beförderungen zum SS-Scharführer am 01.10.1933 und zum SS-Truppführer am 19.11.1933.
Über Vorfälle in Stade im Jahre 1933 mit Wendland berichteten zwei Beteiligte: „Im Garderobenraum befand sich der damalige Sturmführer Wendtland, als dieser Mann uns sah, ging er mit einigen Hilfsmännern sofort auf uns los und schrie: ‚Ihr Laumänner, ihr habt hier nichts zu suchen.‘ Wir wurden mit Faustschlägen und Fußtritten auf das Gelände vor dem Schützenhaus getrieben und wurden zu Boden geschlagen. … Von da ab begann für uns ein Martyrium. Wo wir auch nur auftauchten und Wendtland war da, wurden wir sofort aus dem entsprechenden Lokal herausgeprügelt.“
Wendland sagte hierüber aus: „Ich gebe zwar zu, dass ich während meiner SS-Tätigkeit mal einem oder dem anderen eine hinter die Ohren gehauen haben kann. Ich kann mich aber nicht mehr darauf besinnen.“
Das Komitee ehemaliger politischer Gefangener (Kreis Stade) vermerkte zu Wendland: „Nach dem hier vorliegenden Aktenmaterial von dem Obengenannten, hat derselbe seine Befehle gegenüber andersgesinnter Menschen in jeder Weise Geltung verschafft …“.
Das Spruchgericht Benefeld-Bomlitz stellt in seiner Anklageschrift gegenüber Wendland fest: „Dass ihm der Einsatz der SS zur Bekämpfung politisch Andersdenkender bekannt war, geht schon daraus hervor, dass er nach Berichten aus Stade, wo er nach 1933 einen SS-Sturm führte, durchaus aktiv an dieser Tätigkeit teilgenommen hat.“
Wendland wurde nach Aufstellung erster Führer des neuen Stader SS-Sturms. Der Sturm trug ab 05.04.1934 die Bezeichnung 1/88. In einer Eigendarstellung der SS heißt es: „Stade wurde ein selbstständiger Sturm. Die Führung des Sturmes übernahm der damalige Truppführer Wendland.“
Im Mai 1935 sollte der Stader SS-Sturm 1/88 schon knapp 120 Männer in mehreren Zügen zählen.
Im Juni und Juli 1934 nahm Wendland an einem Kursus an der SS-Sportschule Korbach teil.
Für Otto Wendland begann in Stade mit seiner Ernennung zum Untersturmführer am 09.11.1934 der Aufstieg in der SS-Hierarchie. Im Personalbericht, anlässlich seiner Ernennung, wird ihm eine „durchaus einwandfreie und gefestigte“ nationalsozialistische Weltanschauung und „fester Wille, der gefaßten Entschluß durchführt“ bescheinigt. Er ist ein „guter Kamerad“ und „bei seinen Männern sehr beliebt“, er „beherrscht die SS-Dienstvorschrift“ und ist ein „guter Geländeausbilder“. Der Führer des SS-Abschnittes XIV bescheinigte: „Wendland macht einen vorzüglichen Eindruck“. Der Personalbericht schließt mit der Aussage: „Wendland ist zur Beförderung zum SS-Sturmführer geeignet“.Wendland verließ Stade im Mai 1935. Er wurde von der „Allgemeinen SS“ hauptamtlich zum SD (Sicherheitsdienst) versetzt und übernahm in
Wilhelmshaven am 01.05.1935 die Stellung eines SD–Außenstellenleiters. Im Jahre 1935 sollte der SD erst 224 Angehörige haben und befand sich noch im Aufbau.
Otto Wendland: „Zum SD bin ich gegangen, weil ich gefragt wurde, ob ich Interesse hätte, es sei ein politischer Nachrichtendienst, der auf allen Lebensgebieten arbeitet.“
Am 07.03.1936 verlieh Heinrich Himmler an Otto Wendland den Totenkopfring der SS. In einem Standardschreiben wurde die Bedeutung des SS-Ehrenzeichens beschrieben, demnach war der Ring „Zeichen unserer Treue zum Führer, unseres unwandelbaren Gehorsams gegen unsere Vorgesetzten und unserer unerschütterlichen Zusammengehörigkeit und Kameradschaft. Der Totenkopf ist die Mahnung, jederzeit bereit zu sein, das Leben unseres Ichs einzusetzen für das Leben der Gesamtheit.“
Am 20.04.1936 wurde Wendland zum SS-Obersturmführer ernannt und übernahm am 01.05.1936 die Führung des SD-Unterabschnittes Ost-Hannover.
Im August 1937 wurde er mit der Führung des SD-Unterabschnitts Pommern-West beauftragt.
Wendland galt seinen Vorgesetzten als „zielbewusster Unterabschnittsführer, der seinen Unterabschnitt in kurzer Zeit erfolgreich neu aufgebaut“ hat. Seine Einstellung zur nationalsozialistischen Weltanschauung war „gefestigt“, er galt als „energisch und zielbewußt“.

Es folgten Beförderungen zum Hauptsturmführer der SS am 11.09.1938 und zum Sturmbannführer der SS am 09.11.1938. Mit der Verleihung des Ehrendegens am 30.01.1939 erhielt Wendland ein weiteres Ehrenzeichen der SS, das nach einem von Heinrich Himmler persönlich verfügten Regelwerk verliehen wurde.

Der „energische und zielbewusste SS-Führer mit guter weltanschaulicher Ausrichtung“ war unter seinen Kameraden „besonders beliebt“. Seine „gute soldatische Erscheinung“ und sein „tadelloses Auftreten“ prädestinierten ihn für höhere Aufgaben.
Ein Personalbericht der SS bescheinigt Wendland: „Eignung als Führer eines Leitabschnittes unbedingt vorhanden“.
Otto Wendland stieg zum Führer des SD-Oberabschnittes Nord (am 23.09.1939 umbenannt in SD-Leitabschnitt Stettin) auf, zu dem Stettin und die Provinz Pommern gehörten.

Unmittelbar nach dem Überfall auf Polen wurde Wendland kurzfristig in der Region Bydgoszcz (Bromberg), eingesetzt und besuchte dort „auch einige V-Männer“.
Nach Besetzung der Region Bydgoszcz (05.09.1939) durch deutsche Truppen setzte über Monate eine systematische Liquidierung tausender ansässiger Polen vorrangig durch Sicherheitspolizei und SD ein, besonders betroffen war die polnische Intelligenz, Mitglieder der polnischen Bürgerwehr und des Selbstschutzes (Westmarken-Verbandes).
Während Wendlands Dienstzeit als Führer des Leitabschnittes Stettin des SD gab es Deportationen von Juden, an denen der SD direkt beteiligt war. Hierzu äußerte er sich wie folgt: „In Stettin war während meiner dortigen Dienstzeit eine Judenevakuierung. Ich glaube mich erinnern zu können, daß diese einen Tag lang gedauert hat. Ich selber befand mich auf Dienstreise und habe erst nach meiner Rückkehr davon erfahren.“
In Wendlands Dienstzeit in Stettin fällt mit der Ernennung zum Obersturmbannführer (01.08.1940) ein weiterer Aufstieg in der SS und im SD.

Otto Wendland hatte nach Beendigung (01.12.1940) seines Dienstes als Führer der SD-Leitstelle Stettin eine verantwortliche Tätigkeit bei drei „Koloniallehrgängen“ der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes in Rom. Koloniallehrgänge wurden 1940/41 für SS-Führer angeboten, in Erwartung der Eroberung von Kolonien in Afrika. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion wurden diese Lehrgänge, durch Veränderung der Kriegsziele, eingestellt.
Am 01.05.1941 wurde Wendland „bis auf weiteres“ für den „hauptamtlichen Dienst des SD/RFSS“ (Sicherheitsdienst/Reichsführer SS) beurlaubt, um eine Stellung als Sicherheitsdirektor, Konzernabwehrbeauftragter und Hauptwerkschutzleiter bei der Junkers Flugzeug und Motorenwerke AG (JFM) in Dessau anzutreten.
Otto Wendland gab hierzu an: „Nach Teilnahme an einen Koloniallehrgang in Rom übernahm ich am 01.05.1941 auf Wunsch des RSHA (Reichssicherungshauptamtes) Berlin die Stellung des Sicherheitsdirektors und Abwehrbeauftragten bei den Junkers- Flugzeug- und Motorenwerken in Dessau. Diesen Posten habe ich bis zum Zusammenbruch bekleidet.“
Ihm unterstand in einem der größten Rüstungskonzerne Deutschlands der betriebsinterne Werksicherheitsdienst, der Werksschutz, Luftschutz, Feuerwehr und die Überwachung der ausländischen Zivil- und Zwangsarbeiter.
Dr. Roth, Betriebsarzt der JFM, äußerte sich 1947 über Wendlands Tätigkeiten: „Zu seinem Aufgabenkreis gehörte nicht nur die Abwehr von Spionage und Sabotage, sondern auch die Überwachung der Produktionssicherheit und des Arbeitsfriedens und die Überwachung der Gefolgschaft, soweit diese als Fremdarbeiter in Lagern untergebracht war. …Vom Sicherheitsleiter eingesetzte Kontrollorgane sorgten dafür, dass ungerechtfertigtes Fernbleiben von der Arbeit einzelner Fremdarbeiter vermieden wurde. … Aus alledem ist ersichtlich, dass Herr Wendland als verantwortlicher Leiter des Werksicherheitsdienstes, des Werkschutzes und des Werkluftschutzes der Dessauer Werke sowie der Zweigwerke eine umfassende Tätigkeit ausgeübt hat. … Seine Haltung kann vorbildlich genannt werden, sowohl der Werkleitung wie dem grossen Stab seiner Untergebenen gegenüber.“
Otto Wendland verfügte als Abwehrbeauftragter in den JFM über ein System von Spitzeln (V-Leute). Er äußerte sich über seine Arbeitsweise wie folgt: „Ich war dafür, alles geräuschlos zu erledigen, um auch in keinem Fall die kriegsnotwendige Produktion zu behindern. Diese Arbeitsweise lag auch im Sinne des RSHA und der Betriebsleitung der Junkerswerke.“
Vom 01.03.1942 bis zum 01.07.1943 wurde Wendland zusätzlich die kommissarische Führung des SS-Abschnittes XVI, Dessau, ehrenamtlich übertragen. Der SS-Abschnitt hatte am 31.12.1942 eine Stärkemeldung von 5.239 Mann, von denen 1.773 nicht einberufen waren.

Die Rüstungsproduktion der JFM konnte nur durch den massiven Einsatz von Zwangsarbeitern, Dienstverpflichteten und KZ-Häftlingen aufrecht erhalten werden. In Dessau umringte die Junkers Flugzeug und Motorenwerke ein Gürtel von Barackenlager für Zwangsarbeiter und ausländische Zivilarbeiter. Die „Ostarbeiter“ durften ihr streng bewachtes Wohnlager nur am arbeitsfreien Sonntag und in Gruppen verlassen.
Die JFM verfügten bei Kriegsende mit der Heimkehle und Mittelbau-Dora auch über unterirdische Standorte. Dort wurden Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge, unter unmenschlichen Bedingungen, beschäftigt.
Beim Junkers-Werk Halberstadt wurde 1944 ein Außenlager des KZ-Buchenwald für 400 bis 900 Häftlinge errichtet, die dort Zwangsarbeit leisten mussten.
Die JFM profitierten sogar von der Zwangsverschleppung und anschließender Zwangsarbeit von Kindern und Jugendlichen aus Weißrussland in den Jahren 1943/44, so waren u.a. in einem Sonderlager in Dessau etwa 300 Mädchen und Jungen im Alter zwischen 8 und 15 Jahren untergebracht. Sie stammten aus der Gegend von Witebsk und galten als vermutliche Kinder sowjetischer Partisanen. Die Mädchen und Jungen arbeiteten im Junkerswerk und wurden täglich unter SS-Bewachung ins Werk und zurückgebracht.

Vom 10.06.1942 bis 10.09.1942 meldete sich Wendland für den „freiwilligen Osteinsatz“. Die Firma Junkers beurlaubte ihn für diese Zeit, in der er das Einsatzkommando 9 (EK 9) und das Sonderkommando 7a (SK 7a) der Einsatzgruppe B im mittleren Frontabschnitt in der Sowjetunion „vertretungsweise“ führte. Otto Wendland führte hierzu aus: „In der Zeit von Juni 1942 bis September 1942 war ich für etwa 10 Wochen im Osteinsatz.“
Wendland meldete sich in Smolensk beim Kommandeur der Einsatzgruppe B Erich Naumann zum Einsatz: „Naumann war über mein Eintreffen erfreut weil er nun seine Kommandoführer in Urlaub schicken konnte.“
Naumann war vor Wendland Führer des SD-Oberabschnitts Stettin und sein damaliger Vorgesetzter und war Wendland aus seiner „Stettiner-Zeit“ her bekannt.
Der SS- Brigadeführer Naumann wurde nach dem Krieg im Nürnberger Einsatzgruppen-Prozess angeklagt und im April 1948 zum Tod durch den Strang verurteilt. Das Urteil wurde im Juni 1951 in Landsberg vollstreckt.

Wendland vertrat beim EK 9 der Einsatzgruppe B in Witebsk den SS-Obersturmbannführer Wilhelm Wiebens von etwa Mitte Juni bis Ende Juli 1942 und dann beim SK 7a bis September 1942 den ihm schon vorher bekannten SS-Obersturmbannführer Albert Rapp.
Wilhelm Wiebens wurde 1966 vom Schwurgericht Berlin wegen seinen Verbrechen in der Funktion als Kommandeur des EK 9 zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt, und Albert Rapp wurde1965 vom Landgericht Essen wegen gemeinschaftlichen Mordes aus „niedrigen Beweggründen“ als Führer des SK 7a zu lebenslanger Haft verurteilt.

Wendland verneinte in einer Vernehmung, etwas von systematischen Tötungen zu wissen: „Ich habe zwar davon gehört, daß nach den Einmarsch in Rußland von den Einsatzgruppen Exekutionen von Juden in Rußland erfolgten. … Ich war im übrigen der Meinung, daß die Zeit der Exekutionen, als ich in Rußland eingesetzt wurde, vorbei war.“

Die nachrichtendienstlichen Tätigkeits- und Lageberichte der Einsatzgruppe B belegen allerdings, dass auch zum Zeitpunkt von Wendlands „Osteinsatz“ systematisch Juden, Kommunisten, Roma, psychisch Kranke und „Bandenangehörige“ vom Einsatzkommando 9 und vom Sonderkommando 7a getötet wurden.

Das Einsatzkommando 9 ermordete nach eigener Aussage zwischen dem 28.02.1942 und den 31.08.1942 insgesamt 15.748 Menschen.
Die Mehrzahl (über 12.000 Juden) mordete ein Trupp des EK 9 zwischen dem 29.05. und dem 20.06.1942 in neun Kleinstädten im Gebiet Glebokie. Im Juli 1942 erfolgte eine weitere Mordaktion durch das EK 9 in einem kleinen Ort nördlich von Glebokie.
Wendland berichtet, dass er als Leiter des EK 9 alle Teilkommandos aufgesucht hätte, und dass er sich „dort über die Lage erkundigt“ hätte.
Eine Meldung der GFP-Gruppe 703 (Geheime Feldpolizei) vom 24.06.1942 besagt, dass dem EK 9 nicht nur Juden und Kommunisten, sondern auch Behinderte zur Erschießung übergeben wurden.
Wendland gab an, dass beim EK 9 „eine Art Haftzelle vorhanden war“ und „Vernehmungen von Personen durchgeführt“ wurden und dass auch beim SK7a „Vernehmungen von festgenommenen Personen durchgeführt worden sind.“ Weiterhin führt es aus: „Ich kann nicht sagen, was man mit den vernommenen Personen gemacht hat und wo sie letzlich verblieben sind.“
Dem Einsatzkommando 9 gehörte vom Sommer 1941 bis Herbst 1942 auch der Stader SS-Mann Gustav Wolters an, der schon 1933 im Stader SS-Zug unter Wendland diente.

Das Sonderkommando 7a, das Wendland ab Anfang August 1942 bis zum 10.09.1942 führte, operierte im Sommer 1942 im rückwärtigen Divisionsgebiet der 253. Infanteriedivision. Dort fielen ihm Kommunisten, Juden, Geisteskranke, „Bandenangehörige“ und Roma zum Opfer.
In den nachrichtendienstlichen Tätigkeits- und Lageberichten der Einsatzgruppe B wurde festgehalten, dass vom Sonderkommando 7a zwischen dem 16.08. und dem 31.08.1942 insgesamt 57 Juden, 9 Kommunisten, 18 Bandenzugehörige und Helfer, 8 Kriminelle, 30 Zigeuner, 2 Geisteskranke getötet wurden. Seit Beginn des Überfalls auf die Sowjetunion wurden somit vom Sonderkommando 7a bis zu diesem Zeitpunkt 6.281 Menschen „sonderbehandelt“, d.h. ermordet.
Der folgende Tätigkeits- und Lagebericht vom 01.09. bis 15.09.1942 vermerkt: „Sonderbehandelt wurden vom SK 7a 54 Zigeuner, 21 Banditen, 10 Kommunisten, 3 Kriminelle, 1 Geisteskranker.“

Otto Wendland gab über seine Leitungstätigkeit beim EK 9 und SK 7a der Einsatzgruppe B an: „Ich habe auch keinen Anlaß, nicht mein ganzes Wissen aus der Zeit meiner Zugehörigkeit zur EG B zu geben, denn ich habe wirklich nichts zu verbergen. Von den Exekutionen habe ich damals nichts gewußt, erst heute hier bei der Vernehmung (Anm.: 06.06.1962) habe ich zum Teil erfahren, daß auch von den Angehörigen des SK 7a in Rußland sehr viele Menschen ums Leben gebracht worden sind.“
In seiner Aussage für das Spruchgericht in Benefeld-Bomlitz betonte Wendland: „Mir war bekannt, dass es in den Ostgebieten Einsatzkommandos gab, über deren Tätigkeit bin ich aber nicht unterrichtet gewesen. Ich habe zwar gewusst, dass sie die politische Sicherung des Landes als Aufgabe hatten, und dass sie gegen Partisanen gekämpft haben sollen, dass sie aber unzählige Juden erschossen haben sollen, ist mir nicht bekannt gewesen.“

Nach seinem Einsatz in der Sowjetunion kehrte Wendland zu Junkers Flugzeug und Motorenwerke in Dessau in seine alten Funktionen zurück.
Der faschistische Staat zeichnete Otto Wendland im Dezember 1942 für seine Tätigkeit in der Zeit seiner betrieblichen Freistellung mit dem Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern, einer Auszeichnung für Verdienste im rückwärtigen Frontgebiet, aus.

Wendland kontrollierte 1943 und 1944 in seinen Funktionen mehrfach Junkerswerke und Frontreparaturbetriebe in Prag, in Frankreich und Belgien.

Er erhielt im Juli 1944 mit dem Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse mit Schwertern, dass in „Fällen ganz besonders hervorragender Bewährung“ verliehen wurde, eine weitere Auszeichnung des faschistischen Staates.

Wendland wurde nach eigener Aussage bei Kriegsende mit einer „Gruppe der Junkerswerke nach München verlagert“ zu BMW „.. und wollte mit den Fachkräften dort weiterbauen.“
Er begab sich anschließend „in meine Heimat in den Kreis Stade“. In Harsefeld tauchte er bei „einer bekannten Landwirtin“ unter und wurde „im Juni 1945 von den Engländern verhaftet und nach Falling-Bostel in Internierung“ verbracht wegen „meines Dienstgrades in der SS“.
Einer Akte ist allerdings zu entnehmen, dass Wendland sich bis zu seiner Inhaftierung auf dem Bauernhof eines Freundes in Lusthoop/Ohrensen, Landkreis Stade, aufhielt.

Otto Wendland wurde von den britischen Besatzungsbehörden vom 06.06.1945 bis 19.02.1948 interniert. Am 16.04.1948 wurde er in einem Spruchkammerverfahren in Benefeld-Bomlitz wegen seiner Rangstufe und Zugehörigkeit zur SS und zum SD zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, die durch die vorherige Internierung verbüßt war.

Im Frühjahr 1949 beantragte Wendland die Entnazifizierung an seinem damaligem Wohnort Lüneburg.
Die Entnazifizierung war zu diesem Zeitpunkt schon auf deutsche Behörden übergegangen und die Einstufungen (I: Hauptschuldige, II: Belastete (Aktivisten, Militaristen, Nutznießer), III: Minderbelastete (Bewährungsgruppe), IV: Mitläufer, V: Entlastete) und damit verbundene Beschränkungen (u.a. Entzug Wahlrecht und Wählbarkeit, Beschäftigungsverbot im öffentlichen Dienst) wurden nachweislich milder als unter der vorherigen britischen Besatzungsbehörde getätigt.
Der Entnazifizierungs-Hauptausschuß für den Kreis Lüneburg kam am 04.11.1949 nach mündlicher Verhandlung zu folgender Entscheidung.
„Der Betroffene hat den Nationalsozialismus wesentlich gefördert, indem er durch seine Tätigkeit zur Begründung, Festigung und Erhaltung erheblich beigetragen hat.“
Wendland wurde in Kategorie III („Minderbelastete“) eingestuft und ihm wurden etliche Beschränkungen auferlegt.

Der für die Entscheidungen bei dem Spruchkammerverfahren in Benefeld-Bomlitz und bei der Entnazifizierung in Lüneburg zugrunde gelegte Lebenslauf von Wendland beruhte auf Eigenaussagen und auf seinen Dienstgrad bei der SS. Wendland versuchte in beiden Verfahren den Eindruck zu erwecken, er wäre 1940 aus Gewissensgründen aus SS und SD ausgeschieden und führte hierzu als Beweis seine nachfolgende berufliche Tätigkeit bei den Junkers Flugzeug und Motorenwerke (JFM) an.
Er verschwieg, dass er auf „Wunsch des RSHA Berlin“ die herausragende Tätigkeit als Konzernabwehrbeauftragter, Sicherheitsdirektor und Hauptwerkschutzleiter bei den JFM übernahm und dass er hierfür nur aus dem „hauptamtlichen Dienst des SD/RFSS“ beurlaubt wurde.
Wendland verschwieg darüber hinaus in beiden Verfahren seine Leitungstätigkeit 1940/41 bei den Kolonialkursen, seinen „freiwilligen Osteinsatz“ als Führer des EK 9 und des SK 7a und die kommissarische Führung des SS-Abschnittes XVI, Dessau.

Wendland legte am 01.01.1950 schriftliche Berufung gegen die Einstufung ein. Im schriftlichen Verfahren wurde die Entnazifizierungs-Entscheidung dann am 08.01.1950 aufgehoben und es erging folgende Entscheidung:
„Auf die Berufung des Betroffenen wird die Entscheidung des Entnazifizierungs-Hauptausschusses für den Kreis Lüneburg (Polizei) vom 04.11.1949 aufgehoben.“
Der Betroffene habe „den Nationalsozialismus unterstützt“ und wird damit jetzt in Kategorie IV („Mitläufer“) eingestuft. „Die Wählbarkeit wird auf 2 Jahre aberkannt.“

Wendland stellte am 11.10.1950 und am 08.02.1951 erneute Anträge, um ihn jetzt in die Kategorie V („Entlastete“) einzustufen, dem wird am 02.03.1951 stattgegeben!
Michael Quelle