Emil Alfred Vollert wird am 21. Oktober 1884 in Darmstadt als Sohn eines Ingenieurs und Maschinenfabrikanten geboren, durchläuft Studium und Lehrerausbildung (Fächer: Mathematik, Physik und Philosophie) und bewirbt sich als Studiendirektor in Halle an der Saale, um den vakanten Posten des Direktors der Luisenschule in Mülheim. Am 25.09.1925 wird er zum Nachfolger von Otto Rabes ernannt. Diesen Posten sollte er bis 1945 innehaben.
Während der Existenz der Weimarer Republik gehört Vollert keiner Partei an und ist Mitglied des Philologenverbandes.
Direktor Vollert tritt am 01.05.1933 der NSDAP bei und wird Mitglied des Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB), in den der Philologenverband zwangsweise eingegliedert wird.
Von den bekannten weiteren Mitgliedschaften wären zu nennen die in der SA (Funktion als Rottenführer), die im Verband für das Deutschtum im Ausland (VDA), einem rechtskonservativen Verband mit neokolonial-völkischen Ideen, und im Reichsbund deutsche Familie (ursprünglich: Reichsbund der Kinderreichen), wo er von 1936 bis 1938 Kreiswart und später Landesschulungsleiter des Gaus Essen ist.
Ab 1936 bekleidet Vollert das Amt eines Kreiskulturwarts, wobei es sich hier um ein Parteiamt im eigentlichen Sinn mit gestaltendem und kontrollierendem Aufgabenbereich handelt.
Bis 1936 ist Vollert nach seinen Angaben Mitglied der Deutschen Christenbewegung, einer NS-Kirchenorganisation, ohne aber aus der Evangelischen Kirche auszutreten. Soweit die sich aus dem Personalbogen zur Entnazifizierung ergebenden formalen Mitgliedschaften des damaligen Direktors.
Aus ihnen lässt sich nicht zwingend ableiten, dass dieser als Beamter über das übliche Maß hinaus der Diktatur diente.
Bemerkenswert ist die Teilnahme Vollerts am "Reichsparteitag der Ehre" 1935 in Nürnberg, für den er vom 10.-18.09 beurlaubt wurde und auf dem die diskriminierenden "Nürnberger Gesetze" proklamiert wurden. Im November des gleichen Jahres nimmt er als Redner auf einem Sonderschulungslehrgang, veranstaltet vom "Rassepolitischen Amt" der Reichsleitung der NSDAP, teil, wozu er 1937 sogar erneut eingeladen wird.
Auch die Beurlaubung zum Reichstreffen des Reichsbundes deutsche Familie erfolgt in diesem Jahr, wobei Vollert anführt, dass die Teilnahme für ihn in seiner Funktion als Landesschulungsleiter des Gaus Essen verpflichtend sei. Außerdem sei hier noch am Rande erwähnt, dass es sich beim Reichsbund deutsche Familie um keine einflussreiche Organisation im NS gehandelt hat.
Aus den Jahresberichten der Schule geht hervor, dass die Schülerschaft sich häufig zu kollektiven Versammlungen anlässlich von Führerreden oder Filmvorführungen (z.B. 1940 "Feldzug in Polen") einfinden musste. Das regelmäßige Hissen der Fahne, das Absingen des Deutschland- und Horst-Wessel-Liedes wurde jeweils von Tageslosungen und Reden des Schulleiters untermalt. "Heldengedenkfeiern" wurden in großem Stil zelebriert.
So beschreibt die Mülheimer Zeitung in ihrer Ausgabe Nr. 72 vom 15.3.1938 unter der Überschrift "Tod und Leben reichen sich die Hand" sehr anschaulich solch ein Ereignis zwei Tage zuvor: "Wohl selten war eine Heldengedenk- und Entlassungsfeier von so viel Ehrerbietung und Hoffnungsfreudigkeit getragen".
Vollert habe seine Ansprache unter das Eddawort "Ewig bleibt der Toten Tatenruhm" gestellt und geäußert: "Weh dem Volke, das verlernt hat, die wahre Größe des Todesopfers in Ehrfurcht zu sehen" und "Dass wir leben, ist nicht notwendig, das deutsche Volk muss leben!" Auf dieser Veranstaltung geht er auch auf die Rolle der deutschen Frau ein und beschreibt diese als die "Hüterin des Herdfeuers und die Trägerin des Lebensgedankens".
Schon in der Abschiedsfeier der Abiturientinnen im März 1934 hatte er ähnliches Gedankengut verbreitet, worüber die Mülheimer Zeitung unter der Überschrift "Wahre Bildung" am 27.3.1934 berichtet. Danach führt Vollert in seiner Ansprache an, dass "alles Tun nicht egoistisch sein darf und im Hinblick auf die Gemeinschaft, der wir aus Blut und Boden verbunden sind", zu erfolgen hat. Er bezeichnet "die Familie als Urzelle des Volkes und des Staates, als stilles Heiligtum und Quelle der Kraft". Seine Ansprache beendet er mit der Mahnung, "die große Aufgabe der Zeit zu sehen und aus echt deutscher Gesinnung zu handeln im Hinblick auf das Ganze des deutschen Volkes, mit festem Willen, starkem Glauben und germanischer Treue".
Im Juli 1943 schlägt der Mülheimer Oberbürgermeister Vollert für die Verleihung des Kriegsverdienstkreuzes II. Klasse vor. In seinem Empfehlungsschreiben, das einer Lobeshymne gleicht, betont Hasenjaeger, jener "habe sich bei der Durchführung seiner Kriegsaufgaben besonders hervorgetan" und die Luftschutzmaßnahmen gemeistert, die wegen "des großen und weitläufigen Schulgebäudes und der Nachbarschaft des Kasernengeländes mit außergewöhnlicher Umsicht und Sorgfalt erledigt werden mussten". Dem Ersuchen wird stattgegeben.
Nach Kriegsende erfolgt am 18.06.1945 die Suspendierung vom Schuldienst und am 24.06.1945 auf Anordnung der britischen Militärregierung die Inhaftierung Vollerts. Er wird am 22.03.1946 aus dem Internierungslager entlassen und anschließend aufgrund gesundheitlicher Gebrechen vom Amtsarzt für dienstunfähig erklärt.
In einem Fragebogen zur Entnazifizierung erklärt Vollert, er habe "Reden, Vorträge und Ansprachen fast ausschließlich zu wissenschaftlichen und kulturellen Themen gehalten." Das Material sei allerdings entweder "nicht aufgehoben worden bzw. durch Feindeinwirkung verloren gegangen". Des Weiteren beteuert er dort, er habe in seiner Funktion als Kreiskulturwart "lediglich allgemeine Kulturveranstaltungen gemeinsam mit der Stadtverwaltung koordiniert, mit Propagandaveranstaltungen der KDF (Pflichtfilme, Bunte Abende, etc.) aber nichts zu tun gehabt".
Er stellt außerdem heraus, dass er trotz des Druckes durch die Partei "aus unverändert grundsätzlicher Lebensauffassung" nicht aus der Kirche ausgetreten sei und Schulandachten und Tischgebete habe durchführen lassen "nachdem alle Schulen sie längst eingestellt hatten". Aus diesem Grunde sei er nach Kriegsende mit "einer dienstrechtlichen Maßregelung bedacht worden".
An gleicher Stelle weist er darauf hin, dass er sich "offen" gegen die Judenausschreitungen ausgesprochen habe, wobei er sich auf den Brand der Synagoge bezieht. Überprüft man die Schulberichte, so stellt man fest, dass der Rabbiner Dr. Neuhaus, der jüdischen Religionsunterricht erteilte, ab 1935/36 als Mitglied des Kollegiums - ohne jeglichen Kommentar - keine Erwähnung mehr findet.
Der Entnazifizierungshauptausschuss Mülheim an der Ruhr reiht Vollert im Juni 1947 aufgrund seiner Parteizugehörigkeit und "sonstiger Betätigungen für den Nationalsozialismus" in die Kategorie IV ("Mitläufer") ohne Vermögenssperre ein; er wird von den Briten als grundsätzlich für den Lehrerberuf geeignet bezeichnet. Jedoch stellt das Kultusministerium im gleichen Jahr klar, dass eine Wiedereinstellung in sein früheres Amt nicht möglich sei, weil Leiter von Gymnasien und anderen Anstalten nur parteipolitisch nicht belastete Personen sein dürfen.
Vollert stellt einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand, dem aus gesundheitlichen Gründen stattgegeben wird. Der Ausschuss für die politische Überprüfung der Versorgungsberechtigten stellt im November 1948 fest, dass ihm das volle gesetzliche Ruhegehalt als Oberstudiendirektor zusteht, weil er sein Amt nicht durch die Nationalsozialisten übertragen bekommen habe. Vollert zieht nach Stadtlohn und stirbt dort am 28.Juli 1964.
Soweit die mir bekannten Fakten. Die Widersprüchlichkeit der Behandlung Vollerts durch die Briten insgesamt gleichzeitig die Problematik in der Beurteilung der Rolle Einzelner im Nationalsozialismus, so dass die Frage, "Mitläufer oder Geselle der Macht", ohne zusätzliche Informationen, vor allem durch Betroffene (ehemalige Schüler und Kollegen), endgültig nicht zu beantworten sein wird."

Quelle
Constantin Körner