Landesirrenanstalt Valduna

Es ist möglich, daß die im folgenden zu schildernden Mißhandlungen von Pfleglingen auf das Konto von Personen gehen, deren Anstellung in der Anstalt gegen den Willen Dr. Vonbuns erfolgt war und die ihren Job lediglich als Pfründe und als Entgelt ihrer Verdienste um die Bewegung betrachteten.

Dr. Vonbun zeigte am 29. Dezember 1939 den Pfleger Johann Dietrich, einen im Februar desselben Jahres eingestellten ehemaligen SA-Mann aus Rankweil, bei der Landeshauptmannschaft und gleichzeitig bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch an. Dietrich hatte mehrfach Patienten mißhandelt und im Dezember 1939 einen Pflegling derart verbrüht, daß er einige Tage später starb. Zwei weitere von Dietrich mißhandelte Patienten starben bis zum März 1940 ebenfalls (an Lungenlähmung bzw. Altersschwäche).
Die Verbrühungen waren zunächst nicht bemerkt worden, was letale Konsequenzen hatte.
Dietrich hatte vorher mehrfach gesagt, er werde schon dafür sorgen, daß es Platz gebe. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft endeten wegen des Todes von Johann Dietrich.
In den ersten Monaten des Jahres 1941, also kurz vor den Deportationen, kam es zu erzwungenen sexuellen Kontakten zwischen zwei Pflegern und Patientinnen der Anstalt. Die Pfleger wurden am 16. Juni 1943 vom Landgericht Feldkirch zu zwei Jahren bzw. vier Monaten Gefängnis verurteilt. Gegen Vonbun wurde von beinahe allen Beteiligten der Vorwurf erhoben, er sei den Berichten des Personals und der Patienten über diese Vorfälle seinerzeit nicht nachgegangen und habe sie bagatellisiert

Nach 1945

Die Kriminalpolizei unternahm 1945 und 1946, zunächst auf Wunsch der französischen Besatzungsmacht, umfangreiche Nachforschungen über das Schicksal der psychisch Kranken und Behinderten in Tirol und Vorarlberg. 160 von 447 Personen, über deren Verbleib polizeiliche Ermittlungen geführt wurden, waren bei den Gemeindeämtern (angeblich) völlig unbekannt. Dies belegt die vollständige Isolation vieler Patienten der Valduna längst vor ihrer Deportation.
Von den vielen Beteiligten am Anstaltsmord im Gau Tirol-Vorarlberg wurde nur Hans Czermak, der Leiter des Gaugesundheitsamtes, verurteilt. Josef Vonbun, der Direktor der Valduna, kann nicht belangt werden, weil er die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hat.

In Konstanz wurde 1961 ein Ermittlungsverfahren gegen Josef Vonbun eingeleitet. Alle österreichischen Akten gelangen im Zuge der Rechtshilfe nach Konstanz. Das Verfahren wird, wie in jenen Jahren üblich, 1966 eingestellt, Vonbun quasi rehabilitiert. Alle am Massenmord Beteiligten, Amtsärzte, Pfleger, Bürgermeister, Heimleiter, belasten Vonbun schwer. Hinweise auf die Mitbeteiligung anderer liegen zuhauf vor, werden aber vom (nur für Vonbun zuständigen) Gericht ignoriert.
Josef Vonbun eignet sich zum Sündenbock. Er ist nicht greifbar, seine Verwicklung in die Anstaltsmorde hingegen ist evident. Er hat 1941 seine Kompetenzen eindeutig überschritten, als er die Bewohner der Versorgungshäuser selektierte. Noch 1974, in einer Publikation des Psychiaters Kaspar Simma, heißt es: Der (in die Mordaktion) eingeweihte Direktor Dr. Josef Vonbun lebt zwar heute noch irgendwo in Deutschland, sein Aufenthaltsort ist uns nicht näher bekannt und seine gerichtliche Verfolgung vor vielen Jahren wurde alsbald aufgegeben, in der irrigen Ansicht, er hätte dies alles nicht verhindern können, ohne selbst gerichtet zu werden.
Man könnte auch sagen: Indem Josef Vonbun zur allein verantwortlichen Person stilisiert wurde, fühlten sich alle anderen Beteiligten jeder Verpflichtung zur Reflexion enthoben.