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Gespräch zwischen Oberst Hörl und Oberstleutnant Bauernfeind am 28. April 1945 im Divisionsstabsgebäude der 1. Gebirgsdivision in Garmisch-Partenkirchen
"28. April 1945 – Gespräch zwischen Oberst Hörl, Standortbereichsführer in Garmisch-Partenkirchen, mit Oberstleutnant Bauernfeind, Vorsitzender eines fliegenden Standgerichts und Sonderbeauftragter Hitlers - Divisionsstabsgebäude der 1. Gebirgsdivision in Garmisch-Partenkirchen, Bahnhofstraße
Oberstleutnant Hans Bauernfeind trifft in Penzberg ein. Ein Mann von dreißig Jahren und ungeheuren Vollmachten. Vorsitzender eines fliegenden Standgerichts. Er kommt von Garmisch-Partenkirchen, wo er in der Befehlsstelle des Obersten Hörl von den Penzberger Vorfällen gehört hat.
Bauernfeind hat Befehl, die ordnungsgemäße Absetzung der Truppen durch Oberbayern zu überwachen. Ein Befehl, der sehr dehnbar ist und den der Dreißigjährige auch ganz nach Belieben ausdehnt.
In Garmisch-Partenkirchen gerät er allerdings (in allzu weiter „Ausdehnung") mit Oberst Hörl, einem echten Bayern, aneinander.
„Ihre Maßnahmen sind lahmarsch und falsch, Herr Oberst", fährt Bauernfeind Hörl an.
„Wieso falsch, Herr Oberstleutnant?" fragt Hörl, der noch seine königlich-bayrische Ruhe behält, „morgen sind wir beide Zivilisten! Jede weitere militärische Aktion ist doch Unsinn. Eine Verteidigung Oberbayerns ist verbrecherisch. Die Bevölkerung-------"
„Dann schießen Sie auf die Bevölkerung, Herr Oberst!" schreit Bauernfeind.
„Das kann wohl kaum Ihr Ernst sein, Herr Oberstleutnant. Sie sind noch zu jung, um sich die Folgen ausmalen zu können", erwidert Hörl.
„Was hat das mit meinem Alter zu tun, Herr Oberst? Ich verbitte mir solche Unterstellungen!" brüllt Bauernfeind.
„Sie heißen nicht nur Bauernfeind, Sie sind es auch anscheinend, Herr Oberstleutnant? Jedenfalls können Sie mit solchen Methoden in Bayern nichts erreichen", meint Hörl, immer noch ruhig.
„Und das sagt ein Offizier?" ruft Bauernfeind.
„Ach", antwortet Hörl, „ich stehe bereits jenseits der üblichen Offiziersauffassung. Ich versuche es schon wieder mit der Vernunft!"
„Sie haben dem Führer einen Fahneneid geschworen, Herr Oberst!" schreit Bauernfeind.
„Dem Führer-------? Dem Volke, Herr Oberstleutnant!"
„Herr-------!" brüllt Bauernfeind, mit Schaum vor den Lippen, „das sagen Sie mir, dem Sonderbeauftragten des Führers?"
„Ich nehme an, dass es Sie interessiert!" entgegnet Hörl. „Wenn Sie aber weiter so schreien, schreie ich auch! Ich kann das sehr gut!"
„Sie werden mir Rechenschaft geben, Herr Oberst!" ruft Bauernfeind.
„Ich bin ja dabei, Herr-------? Nun habe ich Ihren Namen vergessen", antwortet Hörl.
„Ich befehle Ihnen, in die Penzberger Verhältnisse einzugreifen!" sagt Bauernfeind, einen Ton ruhiger.
„Penzberg-------?" Oberst Hörl lacht auf. „Penzberg liegt jenseits von gut und böse. Es ist zwar nur eine knappe Autostunde dahin, aber-------?"
„Sie weigern sich, Herr Oberst?"
Hörl verliert allmählich seine Ruhe, Hörl schaut diesen sehr jungen Oberstleutnant an und beginnt drohend: „Junger Mann, jetzt lassen Sie sich einmal etwas sagen-------"
„Ich bin nicht Ihr junger Mann", braust Bauernfeind erneut auf.
„Dann darf ich Sie bitten, einmal den Tatsachen ins Auge zu schauen, Herr Oberstleutnant. Hier, die Karte von Oberbayern! Hier, an diesem Punkt stehen die Amerikaner. Sie können uns jederzeit abschneiden und einschließen. Ist Ihnen das klar? Warum sie es noch nicht getan haben, ist mir ein Rätsel. Das reinste Katz- und Mausspiel!"
„Durch Ihre Unentschlossenheit, Herr Oberst!"
„Durch was? Sagen Sie das noch einmal, junger Mann!"
„Sie können mich nicht bedrohen!"
„Nein, aber verprügeln, wenn Sie mich dazu herausfordern!"
Oberstleutnant Bauernfeind greift nach seiner Tasche. Oberst Hörl ruft ihm zu: „Lassen Sie Ihr Schießeisen sitzen! Ich könnte schneller als Sie sein. Außerdem kämen Sie hier nicht mehr heraus. Auch wenn Sie Sonderführer sind!"
„Herr Hörl-------?" Bauernfeind versucht einzulenken.
„Ach, sagen Sie ruhig Oberst zu mir, Herr Bauernfeind, ich bin alt genug dazu, und habe auch etwas Erfahrung im Leben gesammelt. Einmal noch Oberst! Oberst liegt nämlich im Rang noch etwas höher als Oberstleutnant, auch wenn Sie das Recht haben, Generäle zu erschießen. Oberst hat manchmal noch was mit Verstand zu tun, Herr Oberstleutnant-------", bemerkt Hörl trocken.
„Trotzdem kann ich Sie verhaften lassen, Herr Oberst!" schnaubt Bauernfeind.
„Verhaften schon, aber ich bezweifle, dass ich mitgehe! Ich würde Ihnen das auch gar nicht raten. Sie stehen allein — und ich und meine Offiziere, wir sind keine Feiglinge. Ich bin sogar Scharfschütze, Herr Oberstleutnant. Sie dürften also kaum als Endsieger diesen Raum verlassen. Vielleicht zahlen die Amerikaner, die ja bald hier sind, sogar einen hübschen Kopfpreis für Ihr Haupt? Denn so ein fliegender Sonderbeauftragter des Führers-------? Ich weiß nicht, sicher bekämen wir Verbandszeug für unser Lazarett dafür? Was meinen Sie, Herr Bauernfeind?"
„Sie drohen mir schon zum zweiten Mal, Herr Oberst!" „Nein", antwortet Hörl, „ich will Sie nur vor einer Riesendummheit bewahren, die Sie mit Ihrem Alter noch gar nicht übersehen können. Ich möchte auch morgen noch Herr Bauernfeind zu Ihnen sagen, morgen, Sie verstehen, wenn Uniformen nichts mehr wert sind-------"
Darauf maliziös: „------ im übrigen lassen sich heute so viele Menschen mit Herr anreden, dass ich für meine Person gern darauf verzichte."
Bauernfeind überhört den Einwurf.
„Herr Oberst", beginnt er, „wie kommt es, dass der von Ihnen eingesetzte Stadtkommandant von Penzberg, Leutnant Ruf, versagte?"
„Leutnant Ruf? Wieso hat er versagt? Wer hat Ihnen denn das erzählt?" ruft Oberst Hörl. „Wenn das Werferregiment 22 einen eigenen Stadtkommandanten für die paar Stunden braucht, die es in Penzberg ist, wenn Oberstleutnant Ohm, der als Hamburger überhaupt keine Einstellung zu uns Bayern hat, das verantwortet, kann es mir doch nur recht sein?"
„Herr Ohm hat eine ganze Widerstandsgruppe verhaftet."
„Ja, und Glück gehabt, dass ihn die Bayern dabei nicht umbrachten-------"
„Sie verteidigen die Penzberger Widerstandsgruppe?"
Oberst Hörl wird jetzt ungemütlich:
„Legen Sie mir keine Worte in den Mund, die ich nie gesagt habe-------"
„Sie behaupteten, der Fahneneid-------?"
„Können Sie schriftlich von mir haben, Herr Oberstleutnant!"
„Ist es da verwunderlich-------?"
„Jetzt halten Sie die Schnauze", brüllt Oberst Hörl.
„Ich habe Sondervollmachten", brüllt Bauernfeind. „Damit können Sie sich morgen früh den Arsch abwischen, Herr Oberstleutnant! Sehen Sie nicht, sind Sie blind, oder wollen Sie nicht sehen? Unsere Truppen befinden sich in Auflösung, unser siegreicher Rückzug, wie es überall heißt, kotzt Land und Leute an, führt ins Chaos. Dass kein Regiment noch Munition hat-------? Das alles soll Ihnen nicht bekannt sein? Sie wollen nicht wissen, dass wir alle — Zivilbevölkerung und Soldaten — nur noch auf die Amerikaner warten? Gar nichts anderes mehr können als warten-------? Herr, wo kommen Sie denn her?"
„Ich stelle Ihnen eine Frist von fünf Minuten, Herr Oberst, und-------"
Jetzt ist es aus, jetzt verliert Hörl seine Geduld. Er kommt hinter seinem Schreibtisch hervor und geht den jungen Mann an:
„Sie-------? Mir-------? Eine Frist? Sie Fatzke! Raus mit Ihnen!" Hörl schreit so, dass die Wände zittern. "Raus! Raus! Oder ich vergesse, wer ich bin!"
Die Offiziere Hörls stürzen ins Zimmer, bleiben an der Tür stehen.
Kurzes Mienenspiel hin und her-------.
Dann erklärt Hörl mit beißendem Spott: „Treten Sie nur näher, meine Herren Offiziere! Dieser junge Oberstleutnant hier, ein Jüngling von dreißig Jahren, Sonderbeauftragter eines tollwütigen Führers, will mich, Oberst Hörl, und meinen Stab verhaften, weil wir uns weigern, auf die Zivilbevölkerung zu schießen! Einen anderen Grund hat er nicht in diesen Stunden, wo alles drunter und drüber geht. Wir können seinem Führer keinen Sieg mehr bringen! Die Tüte mit Sondervollmachten, die der junge Mann hat, ist ihm in den Kopf gestiegen! Veranlassen Sie, dass dieses fliegende Standgericht von einem Auch-Offizier sofort Garmisch-Partenkirchen verlässt! Bei einer etwaigen Rückkehr ist er sofort zu verhaften und mir vorzuführen!"
Die Offiziere Hörls nehmen eine drohende Haltung an.
Bauernfeind zischt: „Das werden Sie mir büßen, Oberst Hörl! Das werde ich Ihnen nicht vergessen!"
„Raus, oder ich prügele Sie selbst hinaus!" brüllt Hörl.
„Sie werden von mir hören!" krächzt Bauernfeind.
„Gewiss! Aber beeilen Sie sich, Herr Oberstleutnant! In einer Stunde werden mein Stab und ich wahrscheinlich schon in amerikanischer Kriegsgefangenschaft sein! Denn mit einer Pistole und sechs Schuss Munition werden wir kaum eine gut ausgerüstete Armee aufhalten können! Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist: Die Amerikaner haben Panzer! Und wir nur gedruckte Anleitungen zur Panzerfaust!"
Bauernfeind beginnt: „Herr Oberst-------?"
„Selig sind, die nichts vom Leben erwarten, sie werden nicht enttäuscht sein, Herr Bauernfeind!" ruft Hörl.
Bauernfeind beginnt erneut: „Herr Oberst-------?"
„Nehmen Sie unterwegs noch ein paar Fußgänger in Ihren Wagen auf, die mit zur Hölle wollen", brüllt Hörl.
Zum dritten Mal, blass vor Wut, ruft Bauernfeind: „Herr Oberst-------?"
Er kommt auch jetzt nicht weiter.
„Raus!" schreit Hörl schon. „Wenn ich sehe, wie gut es die Hunde in diesem Wirrwarr haben, und wie schlecht ein deutscher Oberst, der alles Ungeziefer ertragen muss-------"
Oberstleutnant Bauernfeind ist verschwunden.
„Ich werde ihn erschießen lassen, nein, aufhängen", keucht, schwört Bauernfeind, als er in sein Auto steigt, „ich erledige ihn, sobald ich ihn wieder treffe! Bestimmt! Dieses Frontschwein!"
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